Urteil des BPatG vom 22.06.2004

BPatG: marke, unterscheidungskraft, eugh, werbung, patent, beratung, form, verbraucher, unternehmen, gestaltung

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 207/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 09 400.5
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 18. Oktober 2006 durch …
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beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 22. Juni 2004 aufgehoben, soweit die Anmel-
dung für die Dienstleistungen „Organisatorische und betriebs-
wirtschaftliche Beratung bei der Planung, der Einrichtung und
dem Betrieb von Fitnessstudios“ zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse
28
Trainingsgeräte für Sport-, Fitness, Rehabilitations- und medizini-
sche Zwecke, insbesondere für den Heimsportbereich, insbeson-
dere Hanteln, Hand- und Fußgelenkgewichte, Scheiben, Hantel-
stangen sowie Ablagen und Ständer hierfür; Tubes (elastische
Bänder); Laufbänder; Ellipsentrainer; Bauchtrainer; Workbenches;
Bizepsmaschinen; Dipsmaschinen; Drückerbänke; Flyingmaschi-
nen; Beinpressen; Hyperextension - Roman Chair Kombinationen;
Power Racks; Schulterpressen; Utility Benches; Fahrrad-Ergo-
meter, Hometrainer;
Klasse
35
organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung bei der Pla-
nung, der Einrichtung und dem Betrieb von Fitnessstudios;
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Klasse
42
Technische Beratung bei der Planung, der Einrichtung und dem
Betrieb von Fitnessstudios; technische, insbesondere innenarchi-
tektonische Planung von Fitnessstudios; Betrieb von Fitness-
studios.“
bestimmten Marke
gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen, weil diese zur Beschrei-
bung der Beschaffenheit und Bestimmung der Waren und Dienstleistungen dienen
könne und ihr wegen ihres beschreibenden Charakters außerdem jegliche Unter-
scheidungskraft fehle. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die
sprachüblich aus den Begriffen „Power“ (=Kraft, Stärke, Leistung) und „tec“ (=
Kurzform für „Technik/Technologie“) gebildete Wortkombination „POWERTEC“
bezeichne eine Technik bzw Technologie, die selbst besonders leistungsfähig sei
oder dazu diene, bei ihrem Nutzer Kraft zu erzeugen. Damit beschreibe die ange-
meldete Marke unmittelbar die Beschaffenheit bzw. die Bestimmung der bean-
spruchten Waren. Kraftsportgeräte könnten selbst besonders leistungsfähig sein
und beim Benutzer die Muskelkraft stärken. Weil die Qualität eines Fitnessstudios
im Wesentlichen von der dort vorhandenen „Powertec“ in Gestalt verschiedener
Fitnessgeräte abhänge, könne die angemeldete Marke auch ein Merkmal der be-
anspruchten Dienstleistungen beschreiben. Eine schutzbegründende Mehrdeutig-
keit liege nicht vor, weil die angemeldete Marke einen festen Begriffsgehalt auf-
weise. Die grafische Ausgestaltung der Marke sei nicht geeignet, das in Folge des
glatt beschreibenden Begriffsgehaltes bestehende Freihaltungsbedürfnis an der
Bezeichnung „Powertec“ entfallen zu lassen oder die erforderliche Unterschei-
dungskraft zu begründen, weil sie sich in einem werbeüblichen Rahmen bewege.
Die gewählte Schriftart und die sich durch die Wölbung der Buchstaben erge-
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bende dreidimensionale Wirkung verließen nicht den herkömmlichen Formen-
schatz der Werbe- und Gebrauchsgrafik. Sowohl die angemeldete Bezeichnung
selbst als auch die Bezeichnung „POWERTECH“ und andere, unter Verwendung
der Bestandteile „POWER“ bzw „TEC“ gebildete Zeichen seien wiederholt durch
die Senate des Bundespatentgerichts von der Eintragung als Marke ausgeschlos-
sen worden.
Dagegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, bei
der angemeldeten Marke handele es sich nicht um eine Bezeichnung, die die in
der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen unmittelbar in Bezug auf
deren Art, Beschaffenheit oder Bestimmung beschreibe. Zudem weise sie eine
schutzbegründende grafische Gestaltung auf. Ein Freihaltungsbedürfnis könne -
wenn überhaupt - allenfalls an dem Wort „POWERTEC“, nicht jedoch an der be-
anspruchten Wort-Bild-Marke bestehen. Das hochwertige gestalterische Design
der Schrift verhelfe der Marke zudem zu der erforderlichen Unterscheidungskraft,
selbst wenn es ähnliche Schriftarten im Bereich der Werbe- und Gebrauchsgrafik
bereits gebe; denn die gewählte natürliche und gerundete Schrift kontrastiere zu
dem Begriffsgehalt des Wortes „POWERTEC“, bei dem der Verkehr eher eine
eckige Schrift erwarte. Der Verkehr sei durch andere eingetragene „POWERTEC“-
Marken auch bereits an eine markenmäßige Benutzung dieses Wortes gewöhnt.
II
Die zulässige Beschwerde ist begründet, soweit sie sich gegen die Zurückweisung
der Anmeldung für die Dienstleistungen der Klasse 35 wendet, im Übrigen jedoch
unbegründet.
Für die in der Anmeldung aufgeführten Waren der Klasse 28 und Dienstleistungen
der Klasse 42 fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft (§ 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
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Unterscheidungskraft i. S. d. vorstehend genannten Bestimmung weist eine Marke
dann auf, wenn sie geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen als von ei-
nem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von
denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH Mar-
kenR 2005, 22, 25 f., Rdn 33 - Das Prinzip der Bequemlichkeit; BGH
BlPMZ 2004, 30 f. - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte
des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin be-
steht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805
und 809 - Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum,
soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekenn-
zeichneten Waren und/oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Her-
kunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO).
Kann demnach einer Marke ein für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistun-
gen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden
oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache
oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher An-
halt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH a. a. O. - Cityservice).
Eine ausschließlich aus beschreibenden Einzelelementen bestehende Wort(neu)-
bildung ist im allgemeinen ebenfalls als beschreibend anzusehen, sofern kein
merklicher Unterschied zwischen der Wortkombination und der bloßen Summe ih-
rer Bestandteile besteht. Ein derartiger relevanter Unterschied setzt sprachliche
oder begriffliche Besonderheiten voraus, welche die gewählte Verbindung als un-
gewöhnlich erscheinen lassen. Maßgeblich ist letztlich, ob der durch die Kombina-
tion bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung der beschreibenden
Elemente hinausgeht oder sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (BGH
GRUR 2004, 680, 681, Nr. 39-41 - BIOMILD).
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Die angemeldete Marke besteht aus den für die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen der Klassen 28 und 42 gebräuchlichen beschreibenden Be-
standteilen „POWER“ und „TEC“. Sie weist auch insgesamt für diese Waren und
Dienstleistungen, wie die Markenstelle insoweit zutreffend festgestellt hat, einen
im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf.
Da der Markenbestandteil „TEC“ eine auch in Deutschland geläufige und umfang-
reich verwendete Abkürzung der Begriffe „technology“ und „Technologie“ sowie
„tecnic“ und „Technik“ ist, wird der für die Beurteilung der Unterscheidungskraft
maßgebliche normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige in-
ländische Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen
das Wort „POWERTEC“ als Abkürzung der beiden gleichermaßen beschreibend
verwendeten Begriffe „POWERTECHNOLOGIE“ und/oder „POWERTECHNIK“
verstehen, wobei die Bedeutung, dass die Technologie zur Erlangung und zum
Erhalt von Kraft dienen kann und soll, eindeutig im Vordergrund steht. Dieses be-
schreibende Verständnis wird dem Verkehr im Hinblick auf die Waren und Dienst-
leistungen der Klassen 28 und 42 auch dadurch besonders nahegelegt, weil es
auf dem Fitnesssektor seit langem rein beschreibende Begriffe wie „Kraftraum“,
„Kraftmaschinen“ etc. gibt, und dem Durchschnittsverbraucher zudem bekannt ist,
dass in Fitnessstudios Technik in Form technischer Geräte eingesetzt wird, die zur
Erzielung oder Erhaltung von Kraft beim Nutzer dient. Da sämtliche in der Anmel-
dung aufgeführten Waren der Klasse 28 technische Geräte sind, die für ein Kraft-
training geeignet und bestimmt sind, und auch die Dienstleistungen der Klasse 42
sich auf die Ausstattung und den Betrieb von Fitnessstudios mit solchen Geräten
beziehen, steht die rein beschreibende Sachaussage der Bezeichnung
„POWERTEC“ eindeutig im Vordergrund. Eine darüber hinausgehende semanti-
sche oder syntaktische Besonderheit weist die Bezeichnung „POWERTEC“ nicht
auf, so dass der Verkehr in diesem Wort insoweit kein betriebliches Herkunfts- und
Unterscheidungsmittel sehen wird.
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Aus Voreintragungen des Wortes „POWERTEC“ durch das Deutsche Patent- und
Markenamt, noch dazu für andere Waren, kann ein Anspruch auf erneute Eintra-
gung dieses Wortes nicht hergeleitet werden, weil selbst die Eintragung einer
identischen Marke weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu
einer anspruchsbegründenden Selbstbindung des Amtes führt; denn die Entschei-
dung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine
reine Rechtsfrage (BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; ebenso zum Gemein-
schaftsmarkenrecht: EuGH GRUR Int 2005, 1012, 1015, Nr. 47 - BioID).
Die farbige grafische Gestaltung der angemeldeten Marke vermag die Unterschei-
dungskraft ebenfalls nicht zu begründen. Um die Unterscheidungskraft eines als
solches nicht unterscheidungskräftigen Wortes herbeizuführen, muss die konkrete
Gestaltungsform nicht nur grafisch ansprechend sein, sondern eine kennzeich-
nungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der an sich schutzunfähigen
Angabe bewirken (EuGH a. a. O. - BioID; BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK), die
von dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher auch ohne analysierende Be-
trachtungsweise ohne weiteres festgestellt werden kann (BPatG
BlPMZ 2000, 423, 425 - COOL-MINT). Deshalb vermögen einfache und ge-
bräuchliche oder nicht genügend ins Auge fallende grafische Gestaltungen oder
Verzierungen des Schriftbildes, an die der Verkehr aus der Werbung auch bei rein
beschreibenden Wörtern gewöhnt ist, das rein beschreibende Verständnis des
Durchschnittsverbrauchers nicht in Frage zu stellen (BGH a. a. O. - antiKALK).
Sowohl die Schriftart als auch die Farbgebung der angemeldeten Marke entfernt
sich nicht derart von den im Verkehr und in der Werbung üblichen Gestaltungen,
dass der Durchschnittsverbraucher deswegen in der angemeldeten Form des be-
schreibenden Wortes „POWERTEC“ einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen
würde. Insbesondere stellt der Verbraucher die von der Anmelderin in den Mittel-
punkt ihrer Argumentation gestellten analytischen Erwägungen bezüglich des Ver-
hältnisses von Technik und gerundeten Schrifttypen erfahrungsgemäß nicht an,
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sondern nimmt eine Marke ohne gedankliche Analyse so auf, wie sie ihm auf den
ersten Blick entgegentritt.
Für die Waren der Klasse 28 und die Dienstleistungen der Klasse 42 musste der
Beschwerde daher der Erfolg versagt bleiben, weil der angemeldeten Marke inso-
weit die Unterscheidungskraft fehlt. Die Frage, ob die angemeldete Marke insoweit
darüber hinaus auch vom Schutz auszuschließen wäre, weil sie zur Bezeichnung
von Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen auch von den Mitbewer-
bern des Anmelders benötigt wird, konnte dahin gestellt bleiben, weil eine Schutz-
versagung immer schon dann zu erfolgen hat, wenn auch nur eines der in § 8
MarkenG aufgeführten Schutzhindernisse vorliegt.
Für die organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Beratungsdienstleistungen
der Klasse 35 stehen der Eintragung dagegen keine Schutzhindernisse entgegen,
weil es insoweit an einem unmittelbaren beschreibenden Bezug der Bezeichnung
„POWERTEC“ zu diesen Dienstleistungen, die selbst keinen technischen Cha-
rakter aufweisen, fehlt, so dass der Beschwerde insoweit stattzugeben war.
gez.
Unterschriften