Urteil des BPatG vom 25.01.2002

BPatG: radio, unterscheidungskraft, patent, verkehr, wortmarke, datenträger, form, verbraucher, musik, sicherheit

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 123/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 49 079.5
hat der 32.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
25. September 2002 durch Richter Dr.
Albrecht als Vorsitzenden, Richter
Sekretaruk und Richterin k.A. Bayer
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 25. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als
die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
BPatG 154
6.70
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die Anmeldung der Wortmarke
disco-radio
für ein umfangreiches Waren und Dienstleistungsverzeichnis hat die Markenstelle
für Klasse 41 mit Beschluss vom 25. Januar 2002 teilweise zurückgewiesen und
der Marke den Schutz für folgende Waren und Dienstleistungen versagt:
elektrische und elektronische Geräte, soweit in Klasse 9 enthalten;
Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Form von Disket-
ten, CDs, CD-Roms, Audio- und Videokassetten und andere Da-
tenträger, soweit in Klasse 9 enthalten; magnetische und optische
Datenträger, Musikunterricht.
Zur Begründung heißt es, "disco-radio" beschreibe den Gegenstand der Radio-
sendungen bzw. den Inhalt von Datenträgern, die auch für Musik und Tanzunter-
richt einsetzbar seien.
Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er ist der
Ansicht, "disco-radio" sei für Waren ohne Hörfunkbezug niemals beschreibend.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
25. Januar 2002 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurück-
gewiesen wurde.
- 3 -
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungs-
hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch ein Freihaltungsbedürfnis im
Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die
einer Marke innewohnende Eignung, dem Verkehr als Unterscheidungsmittel für
die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber
solchen anderer zu dienen. Weist eine Wortmarke keinen für die fraglichen Waren
bzw. Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt
auf und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deut-
schen oder einer sonst gängigen Sprache, das die Verbraucher - etwa wegen ei-
ner entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht
als Unterscheidungsmittel verstehen, fehlt es nicht an der erforderlichen Unter-
scheidungseignung (vgl. BGH GRUR 2000, 722 – LOGO).
Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch
noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um dieses Schutzhindernis zu
überwinden (vgl. BGH MR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the
Best).
"disco-radio" kommt im Hinblick auf die noch strittigen Waren und Dienstleistungen
kein ohne weiteres erkennbarer beschreibender Begriffsinhalt zu. Die Verwendung
von "disco-radio" als im Vordergrund stehende Sachangabe ist nicht nachweisbar.
Ohne lexikalischen Eintrag und ohne Nachweis einer beschreibenden Verwen-
dung ist dem Zeichen "disco-radio" allein wegen seiner sprachüblichen Form kein
solcher Begriffsinhalt zu entnehmen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Ver-
kehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm
entgegentritt, und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht.
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Empfangsgeräte für Radiosendungen werden nicht für bestimmte Musik (hier Dis-
komusik, Tanzmusik o.ä.) angeboten, so dass "disco-radio" als Beschreibung für
elektrische und elektronische Geräte ausscheidet.
Dass Tanzmusik zu Lehrzwecken (Tanzkurse) auf Datenträgern angeboten wird,
hat zunächst mit Radio-Sendungen wenig zu tun. Das Verständnis von "disco-ra-
dio", dass unter dieser Marke der musikalische Inhalt von Radiosendungen auf
den Disketten etc. – die zum Teil zu Lehrzwecken (Tanz- und Musikunterricht die-
nen könnten - beschrieben werden soll, erfordert weitreichende analysierende
Denkprozesse, was für Unterscheidungskraft spricht (vgl. BGH GRUR 1997, 627
- á la Card).
Es handelt sich bei "disco-radio" auch nicht um eine gebräuchliche Wortkombina-
tion, die der Verbraucher stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel
versteht (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; 1999, 1093 – FOR YOU).
Ohne beschreibende Aussage fällt die angemeldete Marke auch nicht unter § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Dieser Vorschrift verhindert nämlich nur die Eintragung von
Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Be-
schaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographischer Herkunft, Zeit der Her-
stellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung
sonstiger Merkmale dienen (vgl. BGH GRUR 2002, 64 – Individuelle).
Es ist auch keine Tendenz, "disco-radio" mit beschreibender Bedeutung für die
strittigen Waren und Dienstleistungen zu verwenden, mit hinreichender Sicherheit
prognostizierbar.
- 5 -
Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückwei-
sung der Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernissse. Dem Deutschen
Patent- und Markenamt bleibt es unbenommen, das Waren- und Dienstleistungs-
verzeichnis auf seine Bestimmtheit zu überprüfen.
Dr. Albrecht
Sekretaruk
Bayer
Hu