Urteil des BPatG vom 24.02.2003

BPatG: bestandteil, gleichbehandlung im unrecht, verkehrsdurchsetzung, unterscheidungskraft, gestaltung, datenbank, begriff, werbung, geschäftsführung, anbieter

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 82/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 302 22 037.2
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 24. September 2003 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, die
Richterin Pagenberg und die Richterin k.A. Fink
beschlossen:
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Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 24. Februar 2003 wird aufgehoben, so-
weit die Anmeldung für die Dienstleistungen „Werbung; Geschäfts-
führung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Unterhaltung;
sportliche und kulturelle Aktivitäten“ zurückgewiesen wurde.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
XtraSMS-Spaß
ist am 30. April 2002 für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 9:
Elektrische und elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichts-
apparate und –instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeich-
nung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild und/oder Daten;
maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger, Chip-Karten; Datenverarbeitungs-
geräte und Computer;
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten;
Klasse 38:
Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Geräten und Einrichtungen für
die Telekommunikation;
- 3 -
Klasse 41:
Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 42:
Gestaltung von Telefonansagen für Dritte; Erstellen von Programmen für die Da-
tenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung von
Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken; Projektierung und Planung von
Einrichtungen für die Telekommunikation
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 24. Februar 2003 wegen fehlender Unterschei-
dungskraft zurückgewiesen. Bei dem Bestandteil „Xtra“ handele es sich um die
lautmalerische Schreibweise des Wortes „extra“, das in Wortverbindungen etwas
Zusätzliches, Besonderes ausdrücke. Der Bestandteil „SMS“ sei die allgemein
bekannte Abkürzung des Begriffs „Short Message Service“, der die Möglichkeit
der Übermittlung kurzer Textmitteilungen über das Handy beschreibe. Der weitere
Bestandteil „Spaß“ sei aus sich heraus verständlich. Die sprachüblich gebildete
Kombination bedeute in ihrer Gesamtheit daher soviel wie „besonderer SMS-
Spaß“. In Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ver-
stehe der angesprochene Verkehr das Zeichen daher lediglich als beschreibenden
Hinweis auf deren Inhalt und Zweckbestimmung.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zwar handele es sich bei „SMS“ um
die verbreitete Abkürzung des Begriffs „short message service“, der die Möglich-
keit bezeichne mittels Mobilfunk schriftliche Mitteilungen zu versenden und zu
empfangen. Hingegen stelle „Xtra“ nicht die gebräuchliche Abwandlung des Wor-
tes „Extra“, sondern ein Wortspiel dar, bei dem die inhaltliche Bedeutung in den
Hintergrund trete. Als phantasievoller Kombination englisch- und deutschsprachi-
ger Elemente sei „XtraSMS-Spaß“ daher weder freihaltebedürftig noch fehle dem
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Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft. Dementsprechend gebe es so-
wohl hinsichtlich aller drei Bestandteile einschlägige Voreintragungen. Zu berück-
sichtigen sei außerdem, dass die Anmelderin seit 1997 einen großen Teil ihrer
Waren und Dienstleistungen mit Marken kennzeichne, die mit dem Präfix „Xtra“
gebildet seien. Angesichts der Marktstellung der Anmelderin und der erheblichen
Werbeaufwendungen für die Einführung und Marktdurchsetzung der „XtraCard“
genieße die „Xtra“-Markenfamilie bei den beteiligten Verkehrskreisen eine über-
durchschnittliche Bekanntheit. Zum Nachweis der Verkehrsdurchsetzung des
Stammbestandteils „Xtra“ hat die Anmelderin das Ergebnis einer im Februar 2001
durchgeführten Verkehrsbefragung vorgelegt. Danach gaben 51% der Gesamtbe-
völkerung und 75% der 14- bis 29-jährigen an, die Bezeichnung „Xtra“ im Bereich
Mobilfunk schon einmal gehört oder gesehen zu haben. Die Frage, ob die mit
„Xtra“ bezeichneten Produkte und Dienstleistungen im Mobilfunkbereich von ei-
nem ganz bestimmten Anbieter kämen, wurde von 33% der befragten Gesamtbe-
völkerung und 54% in der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen bejaht. Die Anmelderin
ist der Auffassung, dass der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen infolge der
Bekanntheit des Bestandteils „Xtra“ eine Abwandlung dieses Bestandteils bzw
eine Abwandlung der eingetragenen Marke „XtraCard“ erkenne und das Zeichen
daher ohne weiteres als Unternehmenshinweis verstehe.
Sie beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Dem ange-
meldeten Zeichen fehlt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit
Ausnahme der im Tenor genannten die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8
Abs 2 Nr 1, § 37 Abs 1 MarkenG).
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Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke inne-
wohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die an-
gemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen
anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bei der Prüfung der Unterschei-
dungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so
dass auch ein geringes Maß ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden.
Die Unterscheidungskraft einer Wortmarke fehlt nur dann, wenn das Zeichenwort
eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende
Sachaussage darstellt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen
oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH GRUR 1999, 1089 – YES; GRUR
2002, 64 - INDIVIDUELLE). Ersteres ist hier der Fall.
1. Maßgeblich für die Prüfung der Unterscheidungskraft eines Zeichens sind die
Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen Schutz begehrt, und die Wahr-
nehmung der Verkehrskreise, an die sich diese Waren und Dienstleistungen rich-
ten (vgl EuGH GRUR 2001, 1148 - Bravo; EuG WRP 2002, 426 - LITE). Als Ab-
nehmer bzw Empfänger der beanspruchten Waren und Dienstleistungen kommt
der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Endverbraucher in
Betracht (vgl EuGH GRUR Int 1998, 795 - Gut Springenheide; BGH GRUR 2002,
812 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II).
2. Das angemeldete Zeichen ist sprachüblich aus den beiden Bestandteilen
„XtraSMS“ und „Spaß“ zusammengesetzt. Die Bedeutung der Begriffe „SMS“ und
„Spaß“ haben Anmelderin und Markenstelle insoweit übereinstimmend dargelegt.
Bei „Xtra“ handelt es sich um eine werbeübliche Abwandlung des Wortes „extra“.
Die Verkürzung der Vorsilbe „Ex“ auf den Buchstaben „X“ ist ein in der Werbe-
sprache häufig verwendetes Gestaltungsmittel (vgl BPatG 24 W (pat) 270/97
- XPERTWARE; 26 W (pat) 46/01 - X-TRA; 27 W (pat) 153/97 - X-tra; 28 W (pat)
159/99 - XTREME; 28 W (pat) 59/00 - XPERT; 30 W (pat) 3/02 - PlantXpert). In
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Kombination mit Substantiven kennzeichnet der Begriff „Extra“ eine Sache als et-
was Zusätzliches, Besonderes, zB Extrablatt, Extraklasse, Extrawurst (vgl Duden,
Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl 2001, CD-ROM) und gehört damit zu ei-
nem der sehr häufig in der Allgemeinsprache vorkommenden und in ihr verwur-
zelten Wortbildungselemente. Dementsprechend dient er auch als allgemeines
Werbeschlagwort und findet für Waren und Dienstleistungen jedweder Art Ver-
wendung, so auch im beanspruchten Waren- und Dienstleistungsgebiet.
3. Als eine Kombination schutzunfähiger Begriffe fehlt dem Zeichen die erforderli-
che Unterscheidungskraft. In der Gesamtheit bedeutet „XtraSMS-Spaß“ nämlich
soviel wie „Extra-SMS-Spaß“ und enthält damit auch in der Verbindung der beiden
Bestandteile keinen Aussagegehalt, der über eine beschreibende Bedeutung hi-
nausgeht. Aus den der Anmelderin übersandten Rechercheunterlagen geht her-
vor, dass der Begriff „Spaß“ ebenso wie das englische Synonym „Fun“ im Zu-
sammenhang mit Mobilfunkkommunikation häufig verwendet wird (vgl zB
s mit deinem Handy“; wwww,sms-donkey.com
- „Bist du bereit für den totalen SMS-Fun?“; www.t-mobile.de - „So macht Daten-
senden Spaß“). Darüber hinaus werden im Internet eine Vielzahl sogenannter
SMS-Sprüche angeboten, die nach Rubriken wie „Humor“ oder „Fun“ geordnet
sind. Angesichts dieser Verwendungen weist das angemeldete Zeichen hinsicht-
lich der Dienstleistung des Mobilfunks sowie der zugehörigen Geräte lediglich dar-
auf hin, dass sie einen Extra-SMS-Spaß ermöglichen. Wegen des engen sachli-
chen Zusammenhangs zwischen SMS als einem Datendienst und dem Erstellen
der Software, die die Datenübermittlung technisch ermöglicht, bzw der Projektie-
rung und Planung der zugehörigen Netzwerke und Vermittlungsstellen, erschließt
sich auch bezüglich dieser Dienstleistungen der beschreibende Aussagegehalt
ohne weiteres. Hinsichtlich der „Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Ver-
mietung von Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken“ erschöpft sich das
Zeichen in einer Inhaltsangabe. Das angesprochene Publikum ist bei Datenban-
ken an thematische Bezeichnungen gewöhnt und wird angesichts der großen
Sachnähe zwischen dem Erstellen einer Datenbank und deren Betrieb auch inso-
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weit nur den thematischen Hinweis auf Texte für den Extra-SMS-Spaß erkennen.
Gleiches gilt für die Dienstleistung „Gestaltung von Telefonansagen für Dritte“,
denn auch dabei ist es naheliegend, dass es sich um eine Gestaltung mittels SMS
handelt. In Verbindung mit den nicht im Tenor genannten Waren und Dienstleis-
tungen wird der Verkehr „XtraSMS-Spaß“ daher lediglich als Sachhinweis auf ei-
nen zusätzlichen SMS-Spaß auffassen und nicht als einen Hinweis auf einen be-
stimmten Anbieter. Aus der Tatsache, dass die Abkürzung „SMS“ sowohl zur Be-
zeichnung des Mobilfunkdienstes als auch für die Textmitteilung selbst verwendet
wird, ergibt sich nichts anderes. Auf dem hier einschlägigen Gebiet der Informa-
tions- und Kommunikationstechnologie erschöpfen sich beide Bedeutungen in
einem beschreibenden Aussagegehalt, den der Verkehr unmittelbar erfasst.
Ebenso wenig steht die begriffliche Unschärfe des Begriffs „XtraSMS-Spaß“ der
Annahme einer beschreibenden Angabe entgegen. Denn auch wenn sich daraus
nicht konkret entnehmen lässt, worin das Besondere des SMS-Spaßes besteht, ist
der betroffene Themenbereich durch den Begriff „SMS-Spaß“ eingegrenzt und
damit ausreichend beschrieben (vgl BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bes-
sere Welt). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das angesprochene Publikum
im Bereich der SMS infolge der technischen Gegebenheiten in besonderem Maße
an eine sprachliche Verkürzung auf das Wesentliche gewöhnt ist (vgl Der Spra-
chendienst 3/03, S 118 - Zur Sprache der SMS-Kommunikation).
4. Der Hinweis der Anmelderin auf die zahlreichen Voreintragungen von Kombina-
tionsmarken mit den Bestandteilen „Xtra“, „SMS“ und „Spaß“ führt zu keiner ande-
ren Beurteilung. Aus der Eintragung gleicher oder vergleichbarer Marken kann
kein Eintragungsanspruch hergeleitet werden, da es sich bei der Entscheidung
über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine
gebundene Entscheidung handelt. Zudem muss die Beachtung des Grundsatzes
der Gleichbehandlung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns der Erteilungsbe-
hörde in Einklang gebracht werden, wonach niemand einen Anspruch auf Gleich-
behandlung im Unrecht hat (vgl EuG MarkenR 2002, 260 - SAT.2).
- 8 -
5. Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass ein zusammengesetztes
Kennzeichen in seiner Gesamtheit schutzfähig sein kann, wenn eines der von
Haus aus schutzunfähigen Elemente sich im Verkehr gemäß § 8 Abs 3 MarkenG
durchgesetzt hat, wie die Beschwerdeführerin dies für den Bestandteil „Xtra“ in
Anspruch nimmt, wird der angesprochene Verkehr in der Bezeichnung „XtraSMS-
Spaß“ keinen Herkunftshinweis erkennen (vgl BGH GRUR 1983, 245 - BEKA Ro-
busta; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl 2001, § 8 Rdn 434; Ingerl/Rohnke, MarkenG,
2. Aufl 2003, § 8 Rdn 325; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl 2003, § 8 Rdn 468).
Weder aus der von der Anmelderin vorgetragenen intensiven Benutzung einer
Vielzahl von „Xtra“-Marken mit anderen Wortverbindungen, noch aus einer etwai-
gen Durchsetzung des Bestandteils „Xtra“ alleine kann die Schutzfähigkeit abge-
leitet werden.
5.1. Die von der Anmelderin vorgelegte Verkehrsbefragung zum Nachweis der
Verkehrsdurchsetzung des Bestandteils „Xtra“ bezieht sich ausschließlich auf den
Mobilfunkbereich, so dass die Verkehrsdurchsetzung grundsätzlich nur für die
Dienstleistung des Mobilfunks und die Mobilfunkgeräte in Betracht kommt. Aller-
dings genügt die Verkehrsbefragung nicht den von der ständigen Rechtsprechung
für die Durchsetzung eines Zeichens geforderten Ansprüchen. Die Produkte und
Dienstleistungen im Mobilfunkbereich richten sich an die Allgemeinheit der Bevöl-
kerung. Da sich das Spektrum möglicher Nutzer von Mobilfunkdienstleistungen
und –geräten von Kindern und Jugendlichen über die gesamte berufstätige Bevöl-
kerung bis hin zu Seniorinnen und Senioren erstreckt, kann das Ergebnis der
Befragung unter den 14- bis 27jährigen nach Auffassung des Senats nicht
entscheidungserheblich sein. Diese Altersgruppe mag zwar als die begehrteste
Zielgruppe derartiger Waren und Dienstleistungen in Betracht kommen, sie ist
jedoch nicht ausschlaggebend für die Bestimmung der Verkehrskreise im
markenrechtlichen Sinne. Soweit das Ergebnis der Verkehrsbefragung vom
Februar 2001 unter der sogenannten erwachsenen Gesamtbevölkerung ab
14 Jahren einen Zuordnungsgrad von 33% für die Bezeichnung „Xtra“ als Hinweis
auf einen Anbieter im Mobilfunkbereich ergibt, liegt dieser Prozentsatz deutlich
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unter dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung verlangten
Durchsetzungsgrad von mindestens 50%, die auch auf Zustimmung in der
Literatur trifft (vgl BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; Fezer,
Markenrecht, 3. Aufl 2001, § 8 Rdn 432; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl 2003,
§ 8 Rdn 336; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl 2003, § 8 Rdn 468).
5.2. Aber selbst wenn man nicht auf einen bestimmten, fest fixierten Prozentsatz
für die Annahme der Verkehrsdurchsetzung abstellen (vgl EuGH GRUR 1999, 723
- Chiemsee Rdn 52), sondern weitere maßgebliche Kriterien für eine Verkehrs-
durchsetzung, insbesondere den Marktanteil der Anmelderin, den Werbeaufwand
und die Dauer der Benutzung, berücksichtigen wollte, können die hierzu von der
Beschwerdeführerin gemachten Angaben nicht stützend für die Annahme einer
Verkehrsdurchsetzung von „Xtra“ herangezogen werden. Nach dem Vortrag der
Anmelderin und ausweislich des vorgelegten Werbematerials verwendet die An-
melderin den Bestandteil „Xtra“ stets in Kombination mit anderen Begriffen zur
Kennzeichnung ihrer Produkte und Dienstleistungen. Marktanteil, Höhe der Wer-
beaufwendungen sowie Dauer der Benutzung beziehen sich daher nicht auf den
Bestandteil „Xtra“ alleine, sondern gelten zum einen für alle von der Beschwerde-
führerin benutzten Marken mit dem Bestandteil „Xtra“ und zum anderen eben nur
für diese Wortverbindungen und nicht für die isolierte Verwendung des Bestand-
teils „Xtra“. Auch soweit der für die Marke „XtraCard“ getätigte Werbeaufwand ge-
sondert ausgewiesen ist, gilt Gleiches. Diese Aufwendungen können nicht als
Nachweis für eine isolierte Verkehrsdurchsetzung von „Xtra“ gelten.
5.3. Eine Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Durch-
führung eines Verkehrsdurchsetzungsverfahrens kam nicht in Betracht, da die Be-
schwerdeführerin die Verkehrsbefragung vom Februar 2001 bereits als Nachweis
der Verkehrsdurchsetzung vorgelegt hatte und der Senat sie auch als solchen
nach den fachlichen Kriterien einer demoskopischen Umfrage behandelt und in
das Verfahren miteinbezogen hat. Ein darüber hinausgehender Vortrag der Be-
schwerdeführerin dafür, dass die Durchführung einer erneuten Umfrage aufgrund
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möglicher veränderter Umfrageergebnisse seit Februar 2001 zu einem anderen
Ergebnis führen könnte, lag nicht vor. Für den Senat ergaben sich auch keine an-
deren Anhaltspunkte, denen nachzugehen die Amtsermittlungspflicht geboten
hätte. Insbesondere erscheint der Zeitraum von zweieinhalb Jahren als nicht zu
weit zurückliegend um hier vernünftigerweise von deutlich anderen Ergebnissen
zugunsten der Beschwerdeführerin ausgehen zu müssen.
6. Im Übrigen stünden der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens unter Ein-
beziehung der in der Entscheidung „BEKA Robusta“ des Bundesgerichtshofs zum
Ausdruck kommenden Grundsätze noch folgende Überlegungen entgegen:
6.1. Im vorliegenden Fall ist die Bezeichnung „Xtra“ nicht selbständiger Teil eines
mehrgliedrigen Kennzeichens, sondern bildet mit dem weiteren Bestandteil „SMS“
eine Wortverbindung. Die Binnengrossschreibung des Bestandteils „SMS“ ist eine
übliche grafische Gestaltung, aus der sich nicht die Mehrteiligkeit des Zeichens
ableiten lässt (vgl BPatG 29 (W) pat 208/01 - TeleOffice; 30 (W) pat 244/01 – or-
derView; 32 (W) pat 281/02 - kochSensor; 33 (W) pat 142/00
-
EasyTrade). Bereits
aus diesem Grund ist der Fall nicht ohne weiteres übertragbar.
6.2. Die Verbindung der beiden schutzunfähigen Bestandteile ergibt ein neues
Wort mit einem eigenständigen und für die beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen als Sachaussage geeigneten Sinngehalt, in dem der Verkehr das als ver-
kehrsbekannt unterstellte Element „Xtra“ nicht mehr als Herkunftshinweis erkennt.
Der in der Entscheidung „BEKA Robusta“ formulierte Grundsatz, wonach ein aus
zwei schutzunfähigen Bestandteilen zusammengesetztes Zeichen in der Regel
dann schutzfähig ist, wenn sich ein Bestandteil im Verkehr durchgesetzt hat, be-
ruht hingegen auf der Annahme, dass der Verkehr auch im Nebeneinander eines
verkehrsbekannten Elements mit einem weiteren schutzunfähigen Bestandteil re-
gelmäßig den Herkunftshinweis erkennt. Bei den von der Rechtsprechung ent-
wickelten Erfahrungssätzen zur Wahrnehmung von Zeichen kommt es aber stets
auf die Umstände des Einzelfalls an. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof
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wiederholt diese Einzelfallprüfung zur Wahrnehmung mehrgliedriger Zeichen
durch den Verkehr betont (zB BGH GRUR 1999, 241 - Lions; GRUR 2000, 233
- RAUSCH/ELFI RAUCH; WRP 2003, 1228 – City Plus). Dabei ergibt sich für den
Senat im vorliegenden Fall Folgendes: Der Bestandteil „Xtra“ ist in seiner Verbin-
dung mit der Abkürzung „SMS“ zu einem neuen Gesamtbegriff mit einem eigen-
ständigen, die Waren und Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt geworden,
der vom angesprochenen Publikum nur als solcher und nicht als Kombination ei-
nes Herkunftshinweises mit einer beschreibenden Angabe verstanden wird. Denn
als allgemeiner und werbeüblicher Ausdruck der Verstärkung lässt sich das Wort
„extra“ zu einer beliebigen Anzahl von Begriffen verbinden, bei denen jeweils der
weitere Bestandteil die Sachaussage enthält. Dementsprechend ergab die Re-
cherche des Senats in der Wortschatz-Datenbank der Universität Leipzig rund
1.500 Treffer für Wortverbindungen mit dem Begriff „Extra“ und rund 1.100 Treffer
für Zusammensetzungen mit dem Bestandteil „Extra-„ (ohne Mehrfachnennung,
vgl www.wortschatz.uni-leipzig.de). Auf Grund der sprachüblichen Wortbildung
und der Häufigkeit der Verwendung von „extra“ im allgemeinen Sprachgebrauch
erkennt der Verkehr den Bestandteil „Xtra“ daher in dem angemeldeten Zeichen
nur in seiner beschreibenden Bedeutung. Sein unter Umständen möglicher Cha-
rakter als herkunftshinweisender Stamm einer Serienmarke ist darin untergegan-
gen und tritt in der Wahrnehmung des Verkehrs vollkommen zurück.
6.3. Des weiteren handelte es sich bei BEKA um ein bereits seit langem im Wege
der Verkehrsdurchsetzung eingetragenes Zeichen, dh es ging um die Besitz-
standswahrung und nicht - wie hier - um die Anerkennung der Verkehrsdurchset-
zung für einen schutzunfähigen Bestandteil einer Wortverbindung im Rahmen des
Eintragungsverfahrens.
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7. Hinsichtlich der Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung, Unternehmens-
verwaltung, Büroarbeiten; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ ist
jedoch die Unterscheidungskraft zu bejahen. Zwar handelt es sich dabei um
Dienstleistungen, die auch mit Hilfe von SMS angeboten oder in Anspruch ge-
nommen werden können und damit auch grundsätzlich Gegenstand eines Extra-
SMS-Spaßes sein können. Insoweit besteht aber zum SMS als einer besonderen
Kommunikationsform nur ein mittelbarer Zusammenhang, denn diese Dienstleis-
tungen sind ihrer Art nach unabhängig von der Kommunikationsmitteln, mit den sie
erbracht werden. Das Wort „XtraSMS-Spaß“ bezeichnet oder beschreibt daher
weder wesentliche Merkmale dieser Dienstleistungen noch lässt sich ihm für diese
Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender Begriffsgehalt zuordnen, der die
Verkehrskreise von der Vorstellung wegführen könnte, es mit einem Unterneh-
menshinweis zu tun zu haben.
Grabrucker Pagenberg
Fink
Cl