Urteil des BPatG vom 11.11.2003

BPatG (marke, kennzeichnungskraft, verwechslungsgefahr, klasse, bestandteil, lager, beschwerde, verwendung, haushalt, abstand)

BPatG 154
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 308/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
11. November 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 300 38 779
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 11. November 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Winkler, des Richters Baumgärtner und der Richterin Dr. Hock
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Wa-
ren
„Waschmaschinen; elektrische Wäschetrockner; Kühlapparate und
-anlagen; Kühlschränke; Gefrierschränke; Gefriertruhen; Geräte
und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder
plattiert); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21
enthalten“
am 22. Mai 2000 angemeldeten und am 5. September 2000 registrierten (nachfol-
gend verkleinert abgebildeten) Marke 300 38 779
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aufgrund der Marke 398 59 465
siehe Abb. 1 am Ende
am 2. Januar 2001 Widerspruch erhoben worden. Die Widerspruchsmarke ist
nach verschiedenen Teillöschungen noch für folgende Waren eingetragen:
„elektrische Reinigungsgeräte für den Haushalt einschließlich
Fensterputzgeräte und Schuhputzgeräte; elektrische Müllentsor-
gungsgeräte einschließlich Müllzerkleinerer und Müllverdichter; Ge-
schirrspülmaschinen; elektrische Maschinen und Geräte zur Be-
handlung von Wäsche- und Kleidungstücken einschließlich
Waschmaschinen, Wäscheschleudern, Bügelpressen, Bügelma-
schinen; Staubsauger; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in
Klasse 7 enthalten, insbesondere Schläuche, Rohre, Staubfilter und
Staubfilterbeutel, alle für Staubsauger; elektrische Bügeleisen,
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elektrische Folienschweißgeräte, elektrothermische Lockenwickler;
Küchenwaagen, Personenwaagen; Hausrufanlagen; elektrische
und elektronische Alarmgeräte und -anlagen; Gefahrenmelde- und
Schutzgeräte für Wasser- und Brandschäden für die Anwendung im
Haushalt; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 9 ent-
halten; Trockengeräte, insbesondere auch Wäschetrockner, Wä-
schetrockenmaschinen, Händetrockner, Haartrockengeräte; Lüf-
tungsgeräte, insbesondere Ventilatoren, Dunstfilter, Dunstabzugs-
geräte und Dunstabzugshauben, Klimaapparate sowie Geräte zur
Verbesserung der Luftgüte, Luftbefeuchter; Wasserleitungsgeräte
sowie sanitäre Anlagen, insbesondere auch Armaturen für Dampf-,
Luft- und Wasserleitungsanlagen, Warmwassergeräte, Speicher-
wassererhitzer und Durchlaufwassererhitzer; Geschirrspülbecken,
Wärmepumpen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse
11 enthalten.“
Die Markenstelle für Klasse 7 hat den Widerspruch durch Beschluss vom
25. Juni 2002 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die sich
gegenüberstehenden Marken zwar teilweise zur Kennzeichnung identischer Wa-
ren bestimmt seien, der erforderliche Abstand werde jedoch noch eingehalten.
Dabei sei von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus-
zugehen, da die von der Widersprechenden gemachten Angaben zu den Ausga-
ben für Werbemittel allein nicht ausreichten, um eine gesteigerte Verkehrsbe-
kanntheit der Widerspruchsmarke zu beweisen. In einem Gesamtvergleich unter-
schieden sich die Marken in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht
offensichtlich. Es könne dahingestellt bleiben, ob dem Wortbestandteil
„LAGERMAXX“ innerhalb der angegriffenen Marke eine den Gesamteindruck prä-
gende Bedeutung zukomme. Selbst wenn man davon ausgehe, könne eine Ver-
wechslungsgefahr mit „MAXX“ nicht bejaht werden, da für den Verkehr kein An-
lass bestehe, „MAXX“ aus der angegriffenen Marke herauszugreifen und den
Bestandteil „LAGER“ zu vernachlässigen. Auch die Gefahr, dass der Verkehr die
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Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringen könnte, bestehe nicht. Die
Widersprechende trage nicht vor, mehrere mit „Maxx“ gebildete Serienmarken zu
benutzen. Auch sonstige Umstände, beispielsweise charakteristisches Hervor-
stechen oder erhöhte Verkehrsgeltung, die für den erforderlichen Hinweischarak-
ter sprächen, seien nicht ersichtlich.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Sie trägt vor, dass angesichts der Warenidentität bzw engen Ähnlichkeit der Wa-
ren der hier gegebene Abstand nicht ausreiche, um Verwechslungen auszu-
schließen. Hierbei sei von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke auszugehen. Die Widersprechende verweist in diesem Zusammen-
hang auf ihre Werbeausgaben, zu denen sie bereits im Verfahren vor dem Patent-
amt Ausführungen gemacht habe. Der Bestandteil „MAXX“ der angegriffenen
Marke stimme mit der Widerspruchsmarke identisch überein. Durch ihn werde
auch die Wortkombination und darüber hinaus die gesamte angegriffene Marke
geprägt, da der weitere Bestandteil „LAGER“ rein beschreibend sei, was noch
durch den Zusatz „zu Lagerverkaufspreisen“ unterstrichen werde.
Selbst wenn die Verkehrsteilnehmer die die Unterschiede zwischen „LAGER-
MAXX“ und „Maxx“ erfassten, würden sie die Vergleichsmarken zumindest ge-
danklich miteinander in Verbindung bringen. Dies gelte insbesondere im Hinblick
auf die erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.
Die Widersprechende beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 7
vom 25.
Juni 2002 die Löschung der angegriffenen Marke
300 38 779 anzuordnen.
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Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bestreitet die erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und trägt
vor, dass die Widerspruchsmarke lediglich als „die Maxx von Bosch“ beworben
werde, was bereits einen erheblichen Unterschied zu der von der Inhaberin der
angegriffenen Marke gewählten Bezeichnung „der LAGERMAXX“ bedeute. In die-
sem Zusammenhang könne „Maxx“ in der angegriffenen Marke insbesondere
auch als Vorname aufgefasst werden. Insgesamt sei daher weder von einer un-
mittelbaren noch von einer assoziativen Verwechslungsgefahr auszugehen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Senat hält die Gefahr von Ver-
wechslungen für nicht gegeben, so dass die Markenstelle den Widerspruch zu
Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen hat.
Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der
Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und
andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken er-
fassten Waren ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten auf-
merksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchs auszugehen ist (vgl EuGH
GRUR 1999, 734, 836 - Lloyd; BGH 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).
Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die
Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft
der älteren Marke. Die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsge-
fahr heranzuziehenden Faktoren stehen dabei in einer Wechselwirkung, so dass
zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungs-
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kraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Ähnlichkeit ausgegli-
chen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach
diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht
bejaht werden.
1. Nachdem Benutzungsfragen nicht angesprochen worden sind, ist für die
Frage der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Die Waren der
beiden Marken befinden sich im engen Ähnlichkeitsbereich bis hin zur Identität bei
Waschmaschinen (Klasse 7).
2. Zugunsten
der
Widersprechenden geht der Senat davon aus, dass die Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke zum Anmeldungszeitpunkt noch normal
gewesen ist, wenngleich auch die häufige Verwendung des Begriffes „MAXX“ auf
verschiedenen Waren- und Dienstleistungsgebieten, wie sie auch die Inhaberin
der angegriffenen Marke durch Vorlage einer G…-Recherche in der mündli-
chen Verhandlung belegt hat, für eine eher etwas geringere Kennzeichnungskraft
spricht. Durch die von der Widersprechenden behaupteten Werbemaßnahmen,
die allein im Jahr
2000 DM
… betragen haben, und dem Grunde nach
von der Markeninhaberin auch nicht bestritten worden sind, hat sich die Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke möglicherweise über den Normalbereich
hinaus erhöht. Allerdings hat die Markeninhaberin soweit eingewandt, dass in den
Werbeaufwendungen der Widersprechenden immer „die Maxx von Bosch“ bewor-
ben worden ist. Dies hat die Widersprechende auch nicht bestritten. Insgesamt
geht daher der Senat davon aus, dass eine erhöhte Kennzeichnungskraft der
Marke allenfalls in Verbindung mit der femininen Form der Marke unter Verwen-
dung des Artikels „die“ angenommen werden kann.
3. Der insoweit im Hinblick auf die Warenidentität dennoch erforderliche erhebli-
che Abstand wird von den sich gegenüberstehenden Marken in jeglicher Hinsicht
eingehalten. Dabei ist davon auszugehen, dass die jüngere Marke ein einheitlicher
Gesamtbegriff ist, der nicht durch den Einzelbestandteil „MAXX“ geprägt wird.
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Grundsätzlich ist es nicht zulässig, aus einer angegriffenen jüngeren Marke ein
Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchs-
marke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Etwas
anderes kann nur dann gelten, wenn einem der Markenteile eine so eigenständig
kennzeichnende, insgesamt dominierende Bedeutung zukommt, dass darin der
markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens gesehen werden kann (BGH
GRUR 1996, 775 - SaliToft; GRUR 1998, 930 - Fläminger). Dafür gibt es im vor-
liegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Die angegriffene Marke stimmt zwar mit der Widerspruchsmarke in dem Bestand-
teil „MAXX“ überein. Insgesamt besteht die angegriffene Marke jedoch aus neun
Wörtern, wobei „MAXX“ nicht als hinreichend eigenständiger Begriff in der Marke
verwendet wird, sondern in der Zusammensetzung als Gesamtbegriff
„LAGERMAXX“. Es kann nicht angenommen werden, dass die angesprochenen
Verkehrskreise, hier das allgemeine Publikum, sich nur an dem Bestandteil
„MAXX“ der angegriffenen Mehrwortmarke als allein prägend orientieren werden.
Auch für das Vorliegen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr gibt es keine aus-
reichenden Anhaltspunkte. Die Widersprechende hat nicht dargetan, dass sie die
Widerspruchsmarke in der Art einer Serie verwendet. Darüber hinaus setzt die
Feststellung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr voraus, dass der als Stamm-
bestandteil in Betracht kommende Markenteil in beiden Marken identisch oder
zumindest wesensgleich enthalten ist. Insoweit reichen bereits relativ geringfügige
Unterschiede aus, um eine diesbezügliche Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Letztlich ist auch in diesem Zusammenhang die Kennzeichnungskraft des fragli-
chen Bestandteils der Widerspruchsmarke von ausschlaggebender Bedeutung
(BGH GRUR 2000, 886, 888 - Bayer/BeiChem).
Wie bereits ausgeführt, ist die jüngere Marke in ihrem Bestandteil „der
LAGERMAXX“ maskulin gebildet. Ein erheblicher Teil der angesprochenen Ver-
kehrskreise wird annehmen, dass „MAXX“ im Sinne des entsprechenden männli-
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chen Vornamens auf einen männlichen Verkäufer in einem Warenlager hinweisen
soll. Soweit „MAXX“ als Größenbezeichnung angesehen wird, kann auch insoweit
dem Markenbestandteil keine klare eindeutige Aussage entnommen werden.
„MAXX“ kann in diesem Zusammenhang auf ein besonders großes Lager, auf ein
besonders leistungsfähiges Unternehmen oder aber auch auf die Größe und damit
spezielle Eignung der in diesem Lager angebotenen Waren hinweisen. Im Zu-
sammenhang mit der Verwendung des Artikels „der“ liegt allerdings der Schwer-
punkt nach Auffassung des Senats in der Personifizierung dieses Markenbe-
standteils.
Demgegenüber ist eine derartige Festlegung in der Widerspruchsmarke „Maxx“
nicht ersichtlich. Im Gegenteil ist, soweit eine erhöhte Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke aufgrund der Werbeaufwendungen angenommen werden
kann, davon auszugehen, dass diese erhöhte Kennzeichnungskraft für die als „die
Maxx“ (von B…) beworbenen Produkte unterstellt werden kann. Insgesamt
weicht daher die Art der Zeichenbildung auch hinsichtlich des übereinstimmenden
Markenbestandteils soweit voneinander ab, dass nicht mehr von einer Wesens-
gleichheit und damit auch nicht von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus-
gegangen werden kann.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der
Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens
gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.
Winkler Baumgärtner Dr.
Hock
Cl
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Abb. 1