Urteil des BPatG vom 19.04.2007

BPatG: verpflegung, verwechslungsgefahr, verkehr, wein, kennzeichnungskraft, gesamteindruck, inhaber, bestandteil, wiedergabe, bildmarke

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 100/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
08.05
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betreffend die Marke 300 11 686
hat der 25.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
19. April 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Marke
ist am 26. Oktober 2000 unter der Nummer 300 11 686 für die Waren
„Alkoholische Getränke, nämlich Weine und Sekt; sportliche und
kulturelle Aktivitäten; Verpflegung, insbesondere mit Weinen und
Sekten“
in das Markenregister eingetragen worden.
Dagegen hat die Inhaberin der für die Waren
„Alkoholische Getränke, soweit in Klasse 33 enthalten; Geräte und
Behälter für Haushalt und Küche, insbesondere Gläser, Glaswa-
ren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten“
geschützten älteren Marke 399 57 222
VINOBLE
Widerspruch erhoben.
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Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschluss vom 19. Mai 2004 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke,
nämlich für die Waren
„Alkoholische Getränke, nämlich Weine und Sekt; Verpflegung,
insbesondere mit Weinen und Sekten“
angeordnet.
Insoweit bestehe nach der hier maßgeblichen Registerlage eine erhebliche Ähn-
lichkeit zu den für die Widerspruchsmarke registrierten Waren „Alkoholische Ge-
tränke, soweit in Klasse 33 enthalten“. Die Widerspruchsmarke könne daher einen
deutlichen Abstand beanspruchen, den die angegriffene Marke in Bezug auf die
gelöschten Waren jedoch nicht einhalte.
Zwar unterscheide sich die angegriffene Marke in ihrer Gesamtheit von der Wi-
derspruchsmarke durch ihre grafische Ausgestaltung und den zusätzlichen Wort-
bestandteil „Pfälzer Weine sinnlich erLeben“. Zu beachten sei jedoch, dass der
Verkehr sich bei Wort-/Bildmarken in aller Regel an den Wortbestandteilen als
einfachster und kürzester Wiedergabeform orientieren werde. Innerhalb der Wort-
bestandteile der angegriffenen Marke komme dem Begriff „VINOBEL“ aber eine
den Gesamteindruck der Marke prägende Bedeutung zu, da es sich bei dem
weiteren Bestandteil „Pfälzer Weine sinnlich erleben“ in Bezug auf die hier maß-
geblichen Waren nur um einen kennzeichnungsschwachen Slogan handele, der in
seiner werbeüblichen Bedeutung auf ein mit Pfälzer Weinen verbundenes beson-
deres Geschmackserlebnis hinweise.
Die beiden danach zu vergleichenden Begriffe „VINOBLE“ bzw. „ViNobel“ unter-
schieden sich jedoch nur durch eine Buchstabenumstellung „-LE“ bzw. „-el“ am
Ende beider Markenwörter. Da sich diese Umstellung zudem klanglich nicht
auswirke, weil auch die Widerspruchsmarke wie „Vinobel“ ausgesprochen werde,
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sei der Abstand zwischen beiden Begriffen zu gering, um eine Verwechslungsge-
fahr auszuschließen.
Die dagegen gerichtete Erinnerung der Inhaber der angegriffenen Marke, die
diese nicht begründet haben, wurde seitens der Markenstelle durch Beschluss der
Erinnerungsprüferin vom 21. Februar 2005 unter Bezugnahme auf die Begrün-
dung im Beschluss vom 19. Mai 2004 zurückgewiesen.
Die Inhaber der angegriffenen Marke haben Beschwerde erhoben. Eine ange-
kündigte Beschwerdebegründung ist ausgeblieben. Die Widersprechende hat sich
im Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da mit der
Markenstelle davon auszugehen ist, dass zwischen beiden Marken in Bezug auf
die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen
„Alkoholische Getränke, nämlich Weine und Sekt; Verpflegung, insbesondere mit
Weinen und Sekten“ Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG be-
steht.
Auszugehen ist von einer nach der hier maßgeblichen Registerlage aufgrund der-
selben Warenoberbegriffe bestehenden möglichen Identität zwischen den Waren
der Widerspruchsmarke „Alkoholische Getränke, soweit in Klasse 33 enthalten“
und den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Alkoholische Ge-
tränke, nämlich Weine und Sekt“ der angegriffenen Marke. Ferner besteht eine
erhebliche Ähnlichkeit zwischen diesen Waren der Widerspruchsmarke und den
von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen „Verpflegung, ins-
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besondere mit Weinen und Sekten“, weil - wie die Markenstelle zutreffend ausge-
führt hat - es nicht ungewöhnlich ist, dass die Hersteller von Wein und Sekt gleich-
zeitig bzw. daneben auch Verköstigungen ihrer Erzeugnisse anbieten.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist noch als durchschnittlich ein-
zustufen, wenngleich nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Teil des Ver-
kehrs in dem Markenwort „VINOBLE“ eine fantasievolle Kombination der beiden in
ihrer Bedeutung auch im Inland bekannten französischsprachigen Begriffe „vin“
und „noble“ erkennen und der Marke daher einen beschreibenden Anklang i. S.
von „edler Wein“ entnehmen wird. Aber selbst wenn man von einem etwas re-
duzierten Schutzumfang der Widerspruchsmarke ausgeht, weisen beide Marken,
soweit sie sich auf identischen oder erheblich ähnlichen Waren und Dienstleis-
tungen begegnen können, keinen hinreichenden Abstand auf, um eine klangliche
Verwechslungsgefahr in einem markenrechtlich relevantem Umfang auszuschlie-
ßen.
Entscheidend dafür ist, dass - wie die Markenstelle mit zutreffender Begründung
festgestellt hat - dem deutlich herausgehobenen und der Widerspruchsmarke
hochgradig ähnlichen Wortbestandteil „ViNobel“ in der Gesamtgestaltung der an-
gegriffenen Marke unter Beachtung der Grundsätze der sog. Prägetheorie (vgl.
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 233) ein den Gesamteindruck
dieser Marke prägende Bedeutung zukommt, weil der Verkehr sich zum einen
nach dem Grundsatz „Wort vor Bild“ bei Wiedergabe einer grafisch ausgestalteten
Wort-/Bildmarke in aller Regel an kennzeichnungskräftigen Wortbestandteilen
orientiert (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 296) - was vor-
liegend angesichts der geringen Eigenart dieser grafischen Ausgestaltung umso
näher liegt - und zum anderen in der weiteren Wortfolge „Pfälzer Weine sinnlich
erleben“ keinen Herkunftshinweis, sondern lediglich einen anpreisenden Werbe-
slogan erkennen wird, zumal dieser auch der Größe nach dem Bestandteil
„ViNobel“ gegenüber deutlich nachgeordnet ist.
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Die Ähnlichkeit der danach zu vergleichenden und sich nur durch die Buchstaben-
umstellung „-el“ bzw. „-LE“ am Wortende unterscheidenden Begriffe „ViNobel“ und
„VINOBLE“ ist aber so hoch, dass selbst bei Berücksichtigung einer eingeschränk-
ten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr in
Bezug auf die Waren und Dienstleistungen „Alkoholische Getränke, nämlich Wei-
ne und Sekt; Verpflegung, insbesondere mit Weinen und Sekten“ der angegriffe-
nen Marke nicht ausgeschlossen werden kann, zumal sich die Abweichungen am
ohnehin weniger beachteten Wortende befinden (vgl. Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 133) und auch zu keiner erheblichen Änderung im Ge-
samtklangbild beider Marken führen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der
Verkehr die Marken in aller Regel nicht zeitgleich oder in unmittelbarer zeitlicher
Abfolge wahrnimmt und seine Auffassung daher erfahrungsgemäß von einem
eher undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (vgl. EuGH, MarkenR 1999, 236,
239 – Lloyd/Loints). Nachdem eine Begründung der Beschwerde nicht vorliegt, ist
auch nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht die Widersprechende den Beschluss der
Markenstelle für angreifbar hält. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen (§ 43
Abs. 2 Satz 2 MarkenG).
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass,
§ 71 Abs. 1 MarkenG.
gez.
Unterschriften