Urteil des BPatG vom 13.06.2001

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, werbung, patent, wortmarke, zukunft, unternehmen, gestaltung, verfügung, aufmerksamkeit

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 19/01
_______________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 49 663.3
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. Juni 2001 unter Mitwirkung des Richters Kraft als Vorsitzendem
sowie des Richters Reker und der Richterin Eder
BPatG 152
10.99
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 6. September 2000 in der Fassung des Berichtigungsbe-
schlusses vom 14. November 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Mit dem vorgenannten Beschluß hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deut-
schen Patent- und Markenamts die für die Waren
"Möbel, insbesondere Stühle, Tische, Schränke, Regale"
angemeldete Wortmarke
NO LIMITS
gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen des Bestehens eines Freihaltebe-
dürfnisses und wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß die englische Wort-
folge "NO LIMITS" in der deutschen Übersetzung "keine Grenzen", "ohne Gren-
zen" bzw "grenzenlos" bedeute. Die angemeldete Bezeichnung weise mithin un-
mittelbar darauf hin, daß die beanspruchten Möbel ein Wohnen ohne Grenzen er-
möglichten, dh besondere Gestaltungsmöglichkeiten eröffneten. Entgegen der
Auffassung der Anmelderin sei ein werbender Hinweis auf grenzenlose Gestal-
tungsmöglichkeiten in bezug auf Möbel durchaus üblich. Zwar handele es sich bei
der angemeldeten Marke um eine fremdsprachige Wortfolge, die nicht unmittelbar
- 3 -
der deutschen Übersetzung gleichgestellt werden könne, derartige beschreibende
Angaben fielen jedoch unter das Eintragungsverbot, wenn sie von den angespro-
chenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres als beschreibende Angabe
verstanden würden. Die Wortfolge "NO LIMITS" gehöre zu diesen verständlichen
beschreibenden Angaben. Aufgrund ihrer Eignung, in der Werbung auf die Art der
Waren hinzuweisen, sei "NO LIMITS" im Interesse der Mitbewerber der Anmelder
freizuhalten, denn diese müßten mit dieser Wortfolge ebenfalls für ihre Waren
werben können. Aufgrund ihres rein beschreibenden Charakters fehle der Anmel-
dung als sprachübliche Wortkombination auch das erforderliche Mindestmaß an
Unterscheidungskraft.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach steht
die angefochtene Entscheidung nicht im Einklang mit der jüngeren, einschlägigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Eintragungshindernis nur
dann bestehe, wenn die angemeldete Bezeichnung die beanspruchten Waren
selbst unmittelbar beschreibe. Dies treffe auf "NO LIMITS" in Bezug auf "Möbel"
nicht zu. Der Begriff "grenzenlos" deute Eigenschaften oder Verwendungsmög-
lichkeiten der "Möbel" allenfalls an. Dem angefochtenen Beschluß beigefügten
Internetauszug könne nichts Gegenteiliges entnommen werden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der be-
gehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 Mar-
kenG nicht entgegen.
- 4 -
1. Nach §
8 Abs
2 Nr
2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung
ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur
Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung
sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist da-
von auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Be-
nutzung der Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den
gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 –
PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausge-
schlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich ausgeführten,
sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen
Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die be-
treffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 – CHANGE;
BlPMZ 1999, 410 – FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die
angemeldete Bezeichnung "NO LIMITS" jedoch nicht.
Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende
Angabe hat die Markenstelle nicht belegt. Soweit sie in diesem Zusammenhang
auf einen Internetauszug mit dem Titel "Bürowelt im Trend" verweist, vermag der
Senat diesen Artikel nicht als Nachweis für eine Verwendung von "NO LIMITS" für
eine eindeutige, konkrete Beschreibung von "Möbel" zu werten. Wie der betreffen-
den Veröffentlichung zu entnehmen ist, wird dort mit "No Limits" ein zukunftwei-
sendes Einrichtungssystem der Firma MBT beschrieben, das besonders wir-
kungsvoll neue Arbeitsformen und –strukturen wie Desk-Sharing und Telearbeit
unterstütze. So stünden zB innerhalb der "No Limits-Systematik" verschiedenste
Elemente zur Verfügung , die sich nach Belieben kombinieren oder variieren lie-
ßen. Damit wird in dem Internetauszug mit "No Limits" nur ein Einrichtungssystem
bezeichnet, das mit seinen intelligenten Komponenten die flexible Gestaltung zu-
kunftsorientierter Büros unterstützt, über die konkrete Verwendung der dabei ver-
wendeten Raumgliederungselemente und insbesondere Möbel sagt "No Limits"
nichts Eindeutiges aus. Von einem auf gegenwärtige Benutzung als Sachangabe
für "Möbel" beruhenden Freihaltebedürfnisses kann deshalb nicht ausgegangen
- 5 -
werden. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang
mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachan-
gabe erfolgen könnte: Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird,
daß der angesprochene inländische Verkehr der englischsprachigen Anmeldung
"NO LIMITS" überwiegend die Bedeutungen "ohne Grenzen" bzw "grenzenlos"
beimißt, sagen die angenommenen Sinngehalte nichts Konkretes darüber aus,
welche besonderen Merkmale die unter dieser Bezeichnung angebotenen Möbel
auszeichnen könnten. Selbst wenn "NO LIMITS" als werbender Hinweis darauf
aufgefaßt wird, daß die betreffenden Möbel ein Wohnen ohne Grenzen ermög-
lichten, ist völlig offen, durch welche konstruktiven Maßnahmen diese Möbel wel-
che besondere Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen könnten. Damit liegen keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den bean-
spruchten Waren in Zukunft eine Benutzung der angemeldeten Wortfolge als ein-
deutige Sachangabe erfolgen wird.
2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser
Vorschrift ist die in einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als
Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren eines
Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt werden. Hier-
bei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so
geringe Unterscheidungskraft reicht, um dieses Schutzhindernis zu überwinden,
zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel aufnimmt,
wie es ihm entgegentritt und er keine analysierende Betrachtungsweise unterzieht.
Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vorder-
grund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es
sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im
Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer entspre-
chenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495 – Today) – stets
nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es kei-
nen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen
- 6 -
die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl
BGH MarkenR 1999, 349 – YES).
Hiervon ausgehend kann der Wortfolge "NO LIMITS" nicht die erforderliche Unter-
scheidungseignung abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende Sachaus-
sage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Möbel selbst Be-
zug nimmt, stellt diese Bezeichnung nicht dar (siehe oben). Ebenso wenig liegen
Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der an-
gemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran
gewöhnt sein könnte, in ihr keine Marke mehr zu sehen. Für ein Verständnis als
Herkunftshinweis spricht vielmehr, daß die Bezeichnung "NO LIMITS" als schlag-
wortartige Aussage wirkt, die die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs
wecken und auf die so gekennzeichnete Ware lenken soll. Darin liegt eine über
das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage, die es verbietet, dem Zeichen
jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl dazu BGH aaO – FOR YOU), so
daß der angefochtene Beschluß aufzuheben war.
Kraft Reker Eder
prö