Urteil des BPatG vom 05.05.2003

BPatG: beschreibende angabe, begriff, verkehr, unterscheidungskraft, computer, medizin, freihaltebedürfnis, patent, bestandteil, firma

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 43/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 78 776.3
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 5.
Mai
2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Buchetmann, des Richters Schramm und der Richterin Hartlieb
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist
"PALMSCAN"
für
"Optische Meß-, Signal- und Kontrollapparate und -Instrumente,
Datenverarbeitungsgeräte und Computer und deren Peripherie-
geräte, insbesondere Galvanometer-Scanner sowie Systeme zur
Ablenkung und Positionierung von Laser- und optischen Strahlen;
chirurgische, ärztliche Instrumente und Apparate, insbesondere für
die Anwendungen in Dermatologie und Oberflächen-Behandlung;
Druckereierzeugnisse, insbes Dokumentationen".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung zurückgewiesen mit der Begründung, für die angemeldete Bezeich-
nung bestehe ein Freihaltebedürfnis. Es handele sich um eine sprachüblich ge-
bildete Zusammensetzung aus den englischen Worten "palm" für Hand und dem
Bestandteil "scan", einem gängigen Begriff im Zusammenhang mit Abtastver-
fahren. Bei "PALMSCAN" handele es sich um eine sprachüblich gebildete Sach-
aussage, die trotz fehlenden lexikalischen Nachweises für den Fachverkehr er-
kennbar sei.
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Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die an-
gemeldete Marke verfüge über die erforderliche Unterscheidungskraft. Dem in-
ländischen Verkehr sei "palm" als Bezeichnung für handliche Waren nicht geläufig,
da die gängigen Abkürzungen für handliche und kleine Waren "pocket..., Mini...
oder Taschen..." seien. Im übrigen ergäben sich wegen der zahlreichen ver-
schiedenen Bedeutungen der beiden Bestandteile für die angemeldete Marke
zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten und Bedeutungsinhalte. Ferner existiere
die Abkürzung "Scan" für "Scanner" oder "scanning" nicht, PALMSCAN" sei somit
eine phantasievolle Wortneuschöpfung. Für die Herstellung eines Zusammen-
hangs der angemeldeten Marke mit den fraglichen Waren seien mehrere gedank-
liche Schritte erforderlich, so daß nicht mehr von einer glatten Beschreibung ge-
sprochen werden könne. Ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht, da der Verkehr
"PALMSCAN" nicht als unmittelbare Bezeichnung benötige, er könne auf stärker
beschreibende Bezeichnungen zurückgreifen, wie "Miniscanner", "Handscanner".
Der Verkehr mache sich auch keine Gedanken über die Bildung des Fachbegriffs
"palmtop", der Bestandteil "palm" gehöre nämlich nicht zum Grundwortschatz der
englischen Sprache und sei daher inländischen Verkehrskreisen nicht bekannt.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 7. Dezember 2001 aufzuheben.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Beschluß der Marken-
stelle Bezug genommen.
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II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg. Die
angemeldete Marke "PALMSCAN" ist für die beanspruchten Waren nach den Vor-
schriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen. Sie ist eine
beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 2 Markengesetz, der auch
jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs 2 MarkenG).
Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 Markengesetz sind solche Marken von der Eintragung
ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im
Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder
sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Diese Vor-
aussetzungen liegen bei der angemeldeten Marke vor.
Die angemeldete Bezeichnung ist aus den Wörtern "palm" und "scan" zusammen-
gesetzt.
Das englische Wort "palm" bedeutet "Handfläche, Handteller, hohle Hand, Hand
(breite)" und hat sich im Bereich der Computersprache zu einem Fachbegriff in der
Bedeutung von "Hand" entwickelt wie die Begriffe, insbesondere "palmtop"
(Hand/Mikrocomputer), "palm rest" (Handauflage), "palm tabulation" (Handballen-
tabulator) belegen (vgl IBM Wörterbuch, Fachausdrücke der Informationsver-
arbeitung; Irlbeck, Computerenglisch).
Insbesondere der Begriff "palmtop" hat sich als Begriff für "die kleinste Art eines
Mikrocomputers, der auf einer Handfläche Platz hat" durchgesetzt, dies nicht zu-
letzt, weil die erfolgreichsten palmtops von der gleichnamigen Firma Palm herge-
stellt werden (vgl Irlbeck, Computerenglisch).
Im Bereich der Medizintechnik finden sich zahlreiche Kombinationen mit
"Palm(ar)" in der Bedeutung von "Hand" (vgl Thiele, Handlexikon der Medizin).
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Die englische Abkürzung "scan" steht als inzwischen gebräuchliche Kurzbe-
zeichnung für "scanning" (vgl BPatG PAVIS PROMA - Kliems 30 W (pat) 210/99)
und steht auf dem medizinischen Gebiet für "die Oberfläche oder einen Quer-
schnitt bildhaft unter Benutzung eines Scanners darstellen, (einen Patienten) mit
einem Scanner untersuchen". Der Begriff existiert in zahlreichen Kombinationen
und ist in verschiedenartigen Zusammensetzungen derart üblich in der englischen
medizinischen Sprache, daß er von den angesprochenen Verkehrskreisen auf den
ersten Blick verstanden wird (vgl HABM PAVIS - PROMA - Bender, R 0 265/00-3).
Die angemeldete Bezeichnung "PALMSCAN" bedeutet somit in ihrer Gesamtheit
wörtlich übersetzt "Handabtaster". In bezug auf die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen ergibt sich damit die sinnvolle und zur Beschreibung geeignete
Sachaussage, daß die Apparate, Instrumente und Geräte so klein sind, daß sie in
der Hand gehalten für Abtastvorgänge verwendet werden können und daß die ent-
sprechenden Dienstleistungen hierfür erbracht werden.
Wegen der hier auch gerade für medizinische Fachkreise einzig sinnvollen Be-
deutung von "palm" im Sinne von "Hand (fläche)" und nicht im Sinne von "Palme,
Krone oder Sieg" und der auch in der deutschen Sprache existierenden Be-
deutung von "scan" im Sinn von "Abtastgerät, Scanner" ergeben sich für die Marke
PALMSCAN auch nicht Kombinationsmöglichkeiten oder Bedeutungsinhalte, die
möglicherweise das Interesse der Mitbewerber entfallen lassen könnten, den Be-
griff beschreibend einzusetzen.
Die Kombination "PALMSCAN" ist zwar lexikalisch (noch) nicht nachweisbar, stellt
jedoch eine sprachübliche Wortverbindung dar. Wie bereits dargelegt, ist der Ver-
kehr im Computer- und EDV-Bereich an Begriffskombinationen gewöhnt, die mit
"palm" gebildet werden, insbesondere "palmtop", wobei in diesem Bereich Kombi-
nationen mit "pocket, "Mini" oder "Taschen" nicht verwendet werden, da sie eher
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für untechnische Alltagswaren verwendet werden wie Taschenspiegel oder Mini-
schirm.
Diese Wortbildung ist auch für die maßgeblichen speziellen Verkehrskreise von
hoch qualifizierten und gut ausgebildeten Personen auf dem Gebiet der Medizin
naheliegend, da neben dem Begriff "Palma" für Handfläche auch dort die Begriffe
"palmtop" und "scan" vertraute Fachbegriffe sind und stellt damit keine phantasie-
volle Wortneuschöpfung dar.
Wegen des in bezug auf die beanspruchten Waren für die angesprochenen Fach-
verkehrskreise erkennbar im Vordergrund stehenden rein beschreibenden Be-
griffsinhalts der angemeldeten Wortzusammensetzung hat die angemeldete Marke
auch keine Unterscheidungskraft nach § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG.
Dr. Buchetmann
Schramm
Hartlieb
Hu