Urteil des BPatG vom 31.05.2000

BPatG: verkehr, beschreibende angabe, unterscheidungskraft, werbung, schüler, wortmarke, patent, eigenschaft, vogel, geschäftsführung

BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 53/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 10 890.0
hat der 29. Senat des Bundespatentgerichts (Marken-Beschwerdesenat) in der
Sitzung vom 31. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Meinhardt, den Richter
Dr. Vogel von Falckenstein und den Richter Guth
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 30. Oktober 1998 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
"
SCHÜLERLAND
"
soll nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung des Verzeich-
nisses der Waren und Dienstleistungen noch für die Dienstleistungen
"Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluß vom 30. Oktober 1998 zurückgewiesen, weil der ange-
meldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle. Das angemeldete Wort sei
zwar lexikalisch nicht nachweisbar. Es sei aber analog zu bestehenden
zusammengesetzten Substantiven wie "Bettenland" "Kinderland" oder
"Küchenland" gebildet, die eine Vertriebsstätte von Waren und Dienstleistungen
lediglich der Art nach bezeichneten. Bei der angemeldeten Marke handele sich
daher um eine sprach- und werbeübliche Wortneuschöpfung, die als
werbemäßiger Hinweis auf die Zielgruppe der angemeldeten Waren und
Dienstleistungen wirke.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ein Freihaltungsbedürfnis
sei nicht festzustellen. Die Wortkombination "SCHÜLERLAND" sei bisher noch
nicht von der Werbung oder vom Verkehr verwendet worden, was darauf hindeute,
daß der Verkehr dieses Wort gerade nicht benötige. Der Verkehr werde
"SCHÜLERLAND" aufgrund seiner unklaren, nicht unmittelbar verständlichen
Bedeutung in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen als
Marke auffassen. Der Marke fehle daher auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. An der angemeldeten Marke
läßt sich für die jetzt noch angemeldeten Dienstleistungen weder ein Freihal-
tungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr jegliche Un-
terscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Ein gegenwärtiges Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Marke ist nicht
ersichtlich. Die angemeldete Wortzusammensetzung "SCHÜLERLAND" stellt kei-
nen hinreichend konkreten sprachüblich beschreibenden Hinweis auf die bean-
spruchten Dienstleistungen "Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensver-
waltung; Büroarbeiten" dar. Zwar ist der Begriff "SCHÜLERLAND" sprachüblich
gebildet und kann vom Verkehr als Bezeichnung für ein Geschäftslokal, das ein
großes und vielfältiges Angebot von Bedarfsartikeln und Dienstleistungen anbietet,
die besonders für Schüler bestimmt oder geeignet sind, verstanden werden. In
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Verbindung mit den noch angemeldeten Dienstleistungen ergibt sich jedoch
lediglich ein mittelbarer Zusammenhang (vgl. zur Problematik BGH BlPMZ 1999,
365, 366 "HOUSE OF BLUES"). Es mag zwar sein, daß die Dienstleistungen unter
anderem auch für derartige Geschäftslokale erbracht werden.
Jedoch stellt die
Wortmarke insoweit keinen konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf
eine hinreichend eng mit den Dienstleistungen zusammenhängende Eigenschaft
im Sinne einer Bestimmungsangabe dar. Es handelt es sich nicht um eine
wesentliche Eigenschaft der Dienstleistungen, für die üblicherweise geworben wird
und die für den Kunden im Vordergrund steht, sondern lediglich um einen
Umstand, der mit den für den Verkehr wesentlichen Eigenschaften in einem
gewissen entfernteren Zusammenhang steht (vgl. dazu etwa auch BGH BlPMZ
1998, 249 "BONUS"), der jedoch Eigenschaften, die Qualität und die Ver-
wendbarkeit der angemeldeten Dienstleistungen als solche nicht betrifft. Noch
ferner liegt der Gedanke daran, die Dienstleistungen würden von einem derartigen
Geschäftsbetrieb erbracht, denn erstens werden Bezeichnungen mit dem
Bestandteil "Land" meist in Verbindung mit der Verkaufsstätten verwendet, bei
denen der Schwerpunkt auf dem Vertrieb von Waren liegt, und zweitens ist es
nicht üblich, daß Schüler - etwa im Rahmen von Testfirmen - derartige Dienstlei-
stungen erbringen. Im übrigen bedarf es in Verbindung mit diesen Dienstleistun-
gen bei jeder möglichen Interpretation mehrerer Gedankenschritte, um zu einer
sachbezogenen Deutung zu kommen.
Auch Anhaltspunkte dafür, daß Dritte künftig ein legitimes Interesse an der werbe-
lichen Verwendung der angemeldeten Wortkombination für die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen haben könnten, sind nicht ersichtlich. An ein solches
potentielles Freihaltungsbedürfnis sind strenge Anforderungen zu stellen, wobei
die bloße theoretische Möglichkeit nicht genügt (vgl. BGH GRUR 1990, 517, 518
"SMARTWARE"; 1992, 515, 516 "VAMOS"). Die Wortkombination
"SCHÜLERLAND" stellt - wie oben erläutert - in Zusammenhang mit den ange-
meldeten Dienstleistungen keine, eindeutige und klare Sachangabe dar. Es ist
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darum nicht ersichtlich, daß das diese Wortkombination als rein beschreibende
Angabe vom Verkehr benötigt werden könnte.
Bei dieser Ausgangslage ist auch die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) gegeben. Da der Verkehr mit der angemeldeten Marke in
Bezug auf die Dienstleistungen keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden
Begriffsgehalt (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348 f "ABSOLUT"; BGH WRP 1999,
1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES") verbindet, fehlen
hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr die Marke als reinen Sach-
hinweis und nicht als betriebliche Herkunftskennzeichnung auffassen wird (vgl.
BGH GRUR 1997, 627, 628 "à la carte"). Es handelt sich auch nicht um einen
sonst gebräuchlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdspra-
che, der vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der
Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden
wird (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348 f "ABSOLUT"; BGH WRP 1999, 1169,
1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES").
Meinhardt
Dr. Vogel von Falckenstein
Guth
E.