Urteil des BPatG vom 28.03.2001

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, begriff, zukunft, freihaltebedürfnis, patent, wortmarke, gleichstellung, werbung, unternehmen

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 74/00
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
28. März 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 397 51 993.1
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 28. März 2001 unter Mitwirkung des Richters Kraft
als Vorsitzendem sowie des Richters Reker und der Richterin Eder
BPatG 154
6.70
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der
Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 15. Dezember 1999 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Mit dem vorgenannten Beschluß hatte die Markenstelle für Klasse 20 des Deut-
schen Patent- und Markenamts die für
"Lattenroste aus Metall; Lattenroste, nicht aus Metall; Matratzen,
insbesondere Federkernmatratzen, Taschenfederkernmatratzen,
Latexmatratzen; Matratzen-Auflagen, Matratzen-Schoner; Bett-
zeug (ausgenommen Bettwäsche), insbesondere Kopfkissen,
Nackenstützen, Unterbetten, Einziehdecken, Steppdecken, Tages-
decken, Daunendecken, Wolldecken; Bettwäsche, insbesondere
Bettlaken, Spanntücher, Kissenhüllen und Deckenhüllen"
angemeldete Wortmarke
perfect wash
gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft
zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß der
englische Begriff "perfect wash" eine unmittelbar warenbeschreibende Angabe
darstelle, denn er sei sprachüblich gebildet und bringe für den deutschen Verkehr
in allgemein verständlicher Form zum Ausdruck, daß die Anmelderin Waren anbie-
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te, die sich perfekt reinigen ließen, dh pflegeleicht seien. Die Gleichstellung von
"perfect wash" mit der deutschen Übersetzung "perfekt waschen" sei hier gerecht-
fertigt, weil die beschreibende Bedeutung von den angesprochenen inländischen
Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt werde. Für die angemeldeten Waren wie
Bettzeug; Matratzen verstehe der Verkehr den Hinweis "perfect wash" ohne weite-
res als Beschaffenheitsangabe, denn Textilien müßten häufig gewaschen werden,
so daß es eine sehr wesentliche Eigenschaft darstelle, wenn diese pflegeleicht
seien. Die Reinigung von Decken und Kissen sei teilweise sehr aufwendig, so daß
die Möglichkeit einer einfachen Reinigung für die Abnehmer von besonderem Inte-
resse sein könne. Auch im bezug auf "Lattenroste" werde der Verkehr "perfect
wash" nur im Sinne von "perfekt abwaschbar" verstehen, da diese Waren meist
aus abwaschbaren Materialien wie lackiertem Holz oder Kunststoff gefertigt seien.
Daß es sich bei "perfect wash" nicht um eine grammatikalisch einwandfreie engli-
sche Wortbildung handle, rechtfertige keine andere Beurteilung, denn derartige
schlagwortartigen Begriffe würden vom Verkehr ohne weiteres verstanden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach besitzt
die Wortkombination "perfect wash" für die beanspruchten Waren die erforderliche
Unterscheidungskraft, denn gegenüber dem korrekten, möglicherweise entfernt
warenbeschreibenden Begriff "perfect washable" falle die Abweichung des ange-
meldeten Zeichens deutlich auf. Der Teil des angesprochenen Verkehrs, der die
englische Sprache beherrsche, erkenne ohne weiteres die auffällige Abweichung
zum grammatikalisch korrekten Begriffspaar; der Teil, der des Englischen nicht
mächtig sei, werte die Anmeldung als Phantasiebezeichnung, die von sich aus Un-
terscheidungskraft besitze. Eine Gleichstellung des Wortzeichens mit der Überset-
zung eines erst noch durch gedankliche Vervollständigung zu bildenden beschrei-
benden Begriffs sei nicht zulässig. Darüber hinaus sei der von der Markenstelle
unterstellte Sinngehalt nicht eindeutig. Bei dem Begriff "perfect wash" müsse es
sich nicht um einen Hinweis auf die leichte Pflegemöglichkeit der beanspruchten
Waren handeln. Wie sich aus dem englischen Begriff "stone washed" ergebe,
könnten derartige Hinweise auch auf bestimmte Behandlungsweisen des Materials
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im Verlauf des Produktionsprozesses hinweisen. Im Zeitalter einer zunehmenden
Allergieempfindlichkeit erscheine eine derartige Interpretation durchaus nahelie-
gend. Aufgrund dieser Mehrdeutigkeit könne der Anmeldung deshalb nicht die er-
forderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Ein Freihaltebedürfnis sei
ebenfalls zu verneinen, da eine aktuelle Benutzung der Bezeichnung nicht nach-
gewiesen sei und Anhaltspunkte für eine zukünftige Verwendung als warenbe-
schreibende Angabe nicht vorlägen.
Dementsprechend beantragte die Anmelderin sinngemäß die Aufhebung des an-
gefochtenen Beschlusses.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der be-
gehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2
MarkenG nicht entgegen.
1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Be-
zeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung
sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist da-
von auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Be-
nutzung der Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den
gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl
BGH
GRUR 1995, 408, 409
- PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausge-
schlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten,
sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen
Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die be-
treffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE;
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BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört
die angemeldete Bezeichnung "perfect wash" jedoch nicht.
Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende
Angabe hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat keine entsprechen-
den Nachweise ermitteln können. Weder im Internet, noch in einschlägigen Kata-
logen von Textilfirmen war eine Verwendung von "perfect wash" als beschreiben-
de Angabe etwa für besonders pflegeleichte Eigenschaften von Matratzenbezügen
oder sonstiger Bettwäsche feststellbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung
als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen
werden. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zu-
sammenhang mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Benutzung der Marke
als Sachangabe erfolgen könnte: Die Anmeldung ist aus den beiden Wortbestand-
teilen "perfect" und "wash" gebildet. Während der englische Wortbestandteil "per-
fect" mit dem deutschen Begriff "perfekt" nahezu übereinstimmt, hat der weitere,
ebenfalls englische Bestandteil "wash" jedenfalls für den englischkundigen deut-
schen Verkehr überwiegend die Bedeutung "waschen, Wäsche; waschbar" (vgl
Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch, Englisch-Deutsch 6. Aufl 1981,
S 1631). Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß der an-
gesprochene inländische Verkehr der Anmeldung überwiegend die Bedeutungen
"perfekt waschen; pflegeleicht" beimißt, sagen die angenommenen Sinngehalte
nichts Konkretes darüber aus, welche besonderen Merkmale die unter dieser Be-
zeichnung angebotenen Bettwaren auszeichnen. So läßt sich der Bezeichnung
"perfect wash" zB nicht entnehmen, durch welche Oberflächenbehandlung (Ausrü-
stung) die betreffenden Bettextilien über welche besonderen pflegeleichten Eigen-
schaften verfügen und sich insofern von gängiger Bettwäsche unterscheiden. Da-
mit liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang
mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Benutzung der angemeldeten Wort-
kombination als eindeutige Sachangabe erfolgen wird.
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2. Ebensowenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser
Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als
Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren eines Un-
ternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hier-
bei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so
geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwin-
den, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so auf-
nimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungswei-
se unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren
im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und
handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder ei-
ner sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen ei-
ner entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495
- Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden
wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten
Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft
fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).
Hiervon ausgehend kann der Wortkombination "perfect wash" die erforderliche Un-
terscheidungseignung nicht abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende
Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Bettwaren
selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung nicht dar (siehe oben). Ebensowenig
liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der
angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran
gewöhnt sein könnte, in ihr keine Marke mehr zu sehen. Für ein Verständnis als
Herkunftshinweis spricht vielmehr, daß die Bezeichnung "perfect wash" nicht nur
als Hinweis auf eine perfekt waschbare, sondern auch als allgemeiner Hinweis auf
pflegeleichte (Bett-)Wäsche" aufgefaßt werden kann.
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Diese Mehrdeutigkeit und die in den möglichen Wertungen enthaltenen Anpreisun-
gen verbieten es, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen, so
daß der Beschluß aufzuheben war.
Kraft
Reker
Richterin Eder ist infolge
Erkrankung an der Unter-
schriftsleistung gehindert
Kraft
Ko/prö