Urteil des BPatG vom 13.08.2002

BPatG: neue medien, rückzahlung, beratung, vorschlag, gesellschaft, geschäftsführer, ausnahme, versuch, patentgesetz, internet

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 111/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenameldung 301 03 576.8
hat der 24. Senat des Bundespatentgerichts (Marken-Beschwerdesenat) in der
Sitzung vom 13.
August
2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele sowie der Richter Dr. Hacker und Guth
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der
Markenstelle für Klasse
42 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 23. Oktober 2001 aufgehoben.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurück
gewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Marke
"Projektionisten"
ist zunächst für die Dienstleistungen
"Multimediadienstleistungen, -beratung und –produktion"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden, wobei die Anmelderin
die Klassen 35, 38 und 42 angegeben hat.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluß vom 23. Oktober 2001
gemäß §§ 32, 36 MarkenG, §§ 3, 14, 75 MarkenV durch einen Beamten des höhe-
ren Dienstes zurückgewiesen, weil die in der Anmeldung verwendeten Dienst-
leistungsbegriffe unpräzise seien und damit den sonstigen Anmeldeerfordernissen
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des § 36 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht entsprächen. Außerdem sei nicht klargestellt
worden, ob als Anmelder der Geschäftsführer der P…-
GmbH, Herr W…, oder die Gesellschaft anzusehen sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die nach Einlegung der
Beschwerde das Verzeichnis der Dienstleistungen entsprechend einem Vorschlag
der Markenstelle beschränkt und klargestellt hat, daß Anmelderin die Gesellschaft
sei. Die Anmelderin trägt weiterhin vor, ihr Geschäftsführer habe als Laie den
Beanstandungsbescheid des Deutschen Patent- und Markenamts nicht verstan-
den und über längere Zeit hin vergeblich versucht, einen Mitarbeiter des Deut-
schen Patent- und Markenamts telefonisch zu erreichen, der ihm hätte Auskunft
geben können, was zur Beseitigung der Mängel der Anmeldung zu tun sei. Es sei
daher unbillig, daß die Anmelderin die Beschwerdegebühr zu tragen habe.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluß aufzuheben,
sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat in der Sache auch Erfolg,
weil im Beschwerdeverfahren klargestellt wurde, daß Anmelderin die P…-
GmbH ist, und das Verzeichnis der Dienstleistungen hinreichend präzisiert wurde.
Nach § 32 Abs. 3 MarkenG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 MarkenV ist das Ver-
zeichnis der Waren und Dienstleistungen so zu fassen, daß die Klassifizierung je-
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der einzelnen Ware oder Dienstleistung in eine Klasse der Klasseneinteilung (§ 15
Abs. 1 MarkenV) möglich ist. Außerdem muß dieses Verzeichnis die Waren und
Dienstleistungen so klar bestimmen, daß der Schutzumfang der Marke auch im
Registerverfahren schnell, umfassend und unmißverständlich feststellbar ist (vgl.
Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl. § 32 Rn. 37, 38). Dies ist hier nun-
mehr der Fall. Die Neufassung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistun-
gen:
"Erstellen von Software für Multimedia-Anwendungen;
technische Beratung im Bereich Neue Medien;
Schulungen im Bereich Neue Medien, ausgenommen Schulungen von Vorführern;
Dienstleistungen eines Grafik-Designers"
entspricht dem Vorschlag der Markenstelle. Auch der Senat hat keine Bedenken
gegen die Zulässigkeit dieser Begriffe.
2. Dem Antrag, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gem § 71 Abs. 3 iVm
Abs. 4 MarkenG anzuordnen, kann nicht stattgegeben werden.
Die Rückzahlung ist die Ausnahme gegenüber dem Grundsatz der vom Verfah-
rensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde und kann nur
erfolgen, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig wäre, die Beschwerde-
gebühr einzubehalten (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 71
Rn. 37 f). Solche besonderen Umstände sind hier nicht ersichtlich. So hätte es die
Anmelderin nicht bei dem Versuch bewenden lassen dürfen, telefonische Erkundi-
gungen bei der Markenstelle einzuholen. Vielmehr hätte sie ihre Bereitschaft zur
Einschränkung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen sowie das
Ersuchen um geeignete Formulierungshilfen schriftlich erklären müssen, nachdem
sie die Markenstelle telefonisch nicht erreicht hatte. In diesem Zusammenhang ist
nicht zu verkennen, daß das markenrechtliche Eintragungsverfahren grundsätzlich
der Schriftform unterliegt (vgl §§ 64 ff MarkenV). Für eine förmliche Eingabe der
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Anmelderin hätte auch deshalb Anlaß bestanden, weil bereits mit Bescheid vom
8. August 2001 die Zurückweisung der Anmeldung angedroht worden war. Die
Markenstelle hatte außerdem bereits im ersten Amtsbescheid auf die im Internet
abrufbaren Hinweise zur Abfassung von Waren- und Dienstleistungsverzeichnis-
sen hingewiesen, die Grundlage einer Neufassung des Dienstleistungsverzeich-
nisses der Anmeldung hätten sein können. Insoweit ist die Anmelderin frühzeitig
auf Möglichkeiten zur Beseitigung der Mängel der Anmeldung aufmerksam ge-
macht worden und hatte hinreichend Gelegenheit, innerhalb des langen Zeitraums
zwischen dem Beanstandungsbescheid und der Zurückweisung der Anmeldung
mit der Markenstelle wegen Rückfragen schriftlich in Verbindung zu treten sowie
die Mängel zu beseitigen. Letztlich hätte sie zur Vermeidung von Rechtsnachteilen
sich der Beratung seitens eines Rechts- oder Patentanwalts bedienen können.
Auch der Umstand, daß der Anmelderin vor Beschlußfassung von der Marken-
stelle nicht mitgeteilt worden ist, daß die Zurückweisung der Anmeldung nur mit
einer gebührenpflichtigen Beschwerde angegriffen werden kann, rechtfertigt eine
Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht. Abgesehen davon, daß die Gebühren-
pflichtigkeit von Rechtsbehelfen zum Allgemeinwissen insbesondere von Ge-
schäftsleuten gehört, muß sich ein Anmelder zumindest mit den wichtigsten
Grundsätzen des Markenverfahrens vertraut machen und gegebenenfalls einen
Rechtsanwalt oder Patentanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauf-
tragen (vgl. etwa Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 91 Rn. 14; Schulte, Pa-
tentgesetz, 6. Aufl., § 123 Rn. 96).
Ströbele Hacker
Guth
Hu/Ju