Urteil des BPatG vom 08.02.2000

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BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 133/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 19 472.6
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 8.
Februar
2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dipl.-Ing. Hellebrand, des Richters Albert und der Richterin Friehe-Wich
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
I. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der
Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 16. April 1999 aufgehoben und die Sache an
das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
II. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
G r ü n d e :
I.
Zur Eintragung als Wortmarke für "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und
Wiedergabe von Ton und Bild, Magnetaufzeichnungsträger, Bild/Tonträger jeder
Art, Schallplatten, CD's, bespielbare Miniatur-CD's, CD-ROM's, digitale Kasset-
tentonbänder, Videobänder, digitale Ton- und Datenträger, Verkaufsautomaten
und Mechaniken für geldbetätigte Apparate, Rechenmaschinen, Datenverarbei-
tungsgeräte, Kiosk-Computer-Terminalsysteme, bestehend aus einem oder meh-
reren Computerterminals, die in Verbindung mit einem Zentralrechner stehen und
über die von Kunden des Systemnutzers Informationen abgerufen oder Daten
eingegeben werden können, Computer, interaktive Multimediasysteme bestehend
aus Computersoft- und Hardware (je soweit in Klasse 9 enthalten) und audiovi-
suellen Produkten, nämlich Fotografien, Grafiken, Filmen, Videofilmen, Musik- und
Tonaufnahmen; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit
sie in Klasse
16 enthalten sind), Druckereierzeugnisse, Photographien,
Schreibwaren, Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Spiele,
Spielzeug, Turn- oder Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Werbung, Ge-
schäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Versicherungswesen, Fi-
nanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen; Telekommunikation; Erziehung,
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Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; wissenschaftliche
und industrielle Forschung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung
sowie Entwicklung von interaktiven Multimediasystemen, insbesondere Computer-
soft- und Hardware, Produktion von Sendungen für interaktives Fernsehen,
Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unternehmensberatung, Dienstleistungen
auf dem Gebiet der Computeranwendung, Dienstleistungen auf dem Gebiet der
Computer-Netzwerke und digitalen Datennetze, mit all diesen Dienstleistungen in
Zusammenhang stehende betriebswirtschaftliche, technische und finanzielle Be-
ratung" angemeldet ist die Wortfolge
Parallel World
Die Markenstelle für Klasse 9 hat durch Beschluß eines Beamten des höheren
Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und fehlenden
Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wird auf die vorange-
gangene Beanstandung Bezug genommen. Dort ist ausgeführt, die angemeldete
Marke stelle für die beanspruchten Waren/Dienstleistungen eine unmittelbar be-
schreibende Angabe dar, da sie lediglich auf deren Inhalt, eine Welt, die zur be-
reits bestehenden parallel existiere, hinweise. Sie sei deshalb zur Herkunftskenn-
zeichnung nicht geeignet und freizuhalten.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
Auf die zulässige Beschwerde war der Beschluß der Markenstelle aufzuheben und
die Sache zurückzuverweisen, weil der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist
und das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt damit an einem
wesentlichen Mangel im Sinne von MarkenG § 70 Abs. 3 Nr. 2 leidet.
Der angefochtene Beschluß, der gem. MarkenG § 61 Abs. 1 S. 1 einer Begrün-
dung bedurfte, läßt nicht erkennen, welche Überlegungen die Entscheidung tra-
gen, denn er bezieht sich allein auf den Beanstandungsbescheid, der wiederum
kaum mehr als den Gesetzeswortlaut enthält (vgl. Althammer/Ströbele, Markenge-
setz, § 61 RdNr. 6, § 83 RdNrn. 34 ff).
Inwiefern die angemeldete Bezeichnung für die einzelnen beanspruchten Waren
und Dienstleistungen jeweils beschreibend und damit freihaltebedürftig und nicht
unterscheidungskräftig ist, ist weder dem angefochtenen Beschluß noch dem zu
seiner Begründung herangezogenen Beanstandungsbescheid zu entnehmen.
Entgegen MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 2 wird nicht dargelegt, welche Merkmale der
einzelnen beanspruchten Produkte zu beschreiben die angemeldete Marke jeweils
geeignet ist, obwohl im Hinblick auf die völlig unterschiedlichen Waren und
Dienstleistungen hierzu offensichtlich Veranlassung gewesen wäre. Ausführungen
zu der isoliert im Raum stehenden und ohne weitere Erläuterung nicht nach-
vollziehbaren pauschalen Behauptung, die Anmeldung beschreibe die bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen, da sie lediglich auf deren Inhalt, eine Welt,
die parallel zur bereits bestehenden existiere, hinweise, enthält weder die
Beanstandung noch der Beschluß.
Da die fehlende Unterscheidungskraft (MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1) mit dem be-
schreibenden Charakter der Anmeldung begründet wird, erfaßt der Mangel der
fehlenden Begründung, inwiefern die Marke jeweils die einzelnen beanspruchten
Waren und Dienstleistungen zu beschreiben geeignet ist, auch diesen Aspekt.
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Der Senat hat es daher für angemessen erachtet, nicht selbst in der Sache zu
entscheiden, sondern von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, gem. MarkenG
§ 70 Abs. 3 Nr. 2 den Beschluß aufzuheben und die Sache an das Deutsche Pa-
tent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Die Markenstelle wird nunmehr hinsichtlich der einzelnen Waren und Dienstlei-
stungen zu prüfen haben, ob der angemeldete Begriff Merkmale dieser Produkte
zu beschreiben geeignet ist. Hierbei wird zu differenzieren sein. Denn der einer
Vermutung einzelner Wissenschaftler, die die Existenz von Paralleluniversen und
Parallelwelten für möglich halten und insoweit Forschungen anstellen, entstam-
mende Begriff, der insbesondere in Science Fiction-Filmen, -Büchern und Compu-
terspielen, bisweilen aber auch im Zusammenhang mit neuen Medien, insbeson-
dere dem Internet benutzt wird, ist ebenso sicher geeignet, die Art einzelner der
beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben, wie ihm bezüglich
anderer der beanspruchten Produkte diese Eignung fehlt.
Aus Billigkeitsgründen war es geboten, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr
anzuordnen, da der angegriffene Beschluß auf einem Verfahrensfehler beruhte
(MarkenG § 71 Abs. 3).
Hellebrand Albert
Friehe-Wich
Ko