Urteil des BPatG vom 05.08.2003

BPatG: unterscheidungskraft, mitbewerber, begriff, verkehr, patent, gesellschaft, name, englisch, zusammensetzung, freihaltebedürfnis

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 267/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 05 848.2
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
9. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Schermer sowie die Richter
Dr. van Raden und Schwarz
BPatG 152
6.70
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle
für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 5. August 2003 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
Fun tribe
soll für
„Bekleidungsstücke, Regenschutzbekleidung, Schuhwaren, Kopfbede-
ckungen, alle Waren auch als Sportbekleidung, für Damen, Herren und
Kinder; Turn- und Sportartikel und –geräte, soweit in Kl. 28 enthalten,
Spiele, Spielzeuge; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus
(soweit in Klasse 18 enthalten), insbesondere Taschen, Koffer, Etuis,
Futterale, Kleidersäcke aus Leder, Textil oder Kunststoff“
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat
mit Beschluss vom 5. August 2003 durch einen Beamten des höheren Diens-
tes die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, die angemeldete Marke werde im Zusammen-
hang mit den beanspruchten Waren lediglich als Sachbegriff aufgefasst, der
für die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibenden Charakter besitze.
Die Bezeichnung „Fun tribe“ beschreibe eine bestimmte Zielgruppe, nämlich
eine als „Tribe“ bezeichnete Sub-Gruppierung des „jungen Marktes“, die sich
durch „Fun“ definiere. Auf jeden Fall werde ein markenrechtlich relevanter Teil
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des Verkehrs mit der leicht verständlichen Bezeichnung „Fun tribe“ aus-
schließlich beschreibende Vorstellungen assoziieren, auch wenn sie eine be-
stimmte Stilrichtung nicht im Einzelnen konkret beschreibe. Der angemeldeten
Marke fehle daher die erforderliche betriebliche Hinweiswirkung; ob sie dar-
über hinaus auch zugunsten der Mitbewerber der Anmelderin einem Freihal-
tebedürfnis unterliege, könne dahingestellt bleiben.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist
der Ansicht, dass der Verkehr in der angemeldeten Marke keine sachbezo-
gene Aussage erblicken werde. Für die in Frage stehenden Waren sei ihr kein
im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zuzuordnen. Die
Wortfolge „Fun tribe“ sei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht ohne
weiteres verständlich; auch sei sie in der konkreten Zusammensetzung voll-
kommen ungebräuchlich. Die von der Markenstelle vorgenommene Interpreta-
tion erfordere mehrere Gedankenschritte; selbst dann sei der Begriff noch
mehrdeutig, was für hinreichende Unterscheidungskraft spreche. Auch ein
Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber sei nicht gegeben, da die
Marke nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben bestehe.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil der Eintragung der an-
gemeldeten Marke die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1
und 2 MarkenG nicht entgegenstehen.
Der Markenstelle ist darin zuzustimmen, dass die von der Anmelderin geltend
gemachte Wortneuschöpfung allein noch nicht die erforderliche Unterschei-
dungskraft einer Bezeichnung zu begründen vermag. Es ist auch nicht auszu-
schließen, dass möglicherweise noch erhebliche Teile des Verkehrs den aus
den englischen Wörtern zusammengesetzten Gesamtbegriff „Fun tribe“ im
Sinne von einer Gruppierung der „Spaßgesellschaft“ verstehen, denn diese
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Bezeichnung ist im Gegensatz zur Ansicht der Anmelderin völlig sprachüblich
gebildet. Es entspricht den Regeln der englischen Sprache, aus zwei Sub-
stantiven, deren erstes den Oberbegriff des zweiten kennzeichnend ein-
schränkt, einen neuen Gesamtbegriff zu bilden, wobei insbesondere im Ame-
rikanischen auf die Hinzufügung eines im klassischen britischen Englisch übli-
chen Bindestrichs häufig verzichtet wird.
Gleichwohl vermag die angemeldete Bezeichnung dem angesprochenen Ver-
kehr keinen Hinweis auf ein Merkmal der in Frage stehenden Waren zu ver-
mitteln; sie ist vielmehr von nicht fassbarer Bedeutung. Sie mag zwar andeu-
ten, dass die mit ihr gekennzeichneten Waren im Zusammenhang mit einem
Lebensstil stehen, der einer Spaß-orientierten Jugendkultur entspricht; kon-
krete Vorstellungen lassen sich damit aber nicht verbinden. Es geht nicht um
mögliche Merkmale von Kleidungsstücken, Sportartikeln und den anderen be-
anspruchten Waren, sondern allenfalls um vage Assoziationen, die die ange-
sprochenen Verkehrskreise möglicherweise auf sich und auf ihr Lebensgefühl
beziehen können. Die potenziellen Abnehmer der Waren wissen, dass die Be-
zeichnung „tribe“, also Volksstamm, nur in einem übertragenen Sinn für be-
stimmte Gruppierungen der Jugendkultur verstanden werden kann. Diese sind
aber nicht generell durch bestimmte Kleidungs- oder sonstige Merkmale ge-
kennzeichnet, wie dies etwa bei regional bestimmten Volksgruppen – „Stäm-
men“ - der Fall ist, die eine bestimmte Tracht tragen, auf die der Name der
Volksgruppe bzw. der betreffenden Region hinweisen würde. Dies gilt um so
mehr für eine „Fun“-Gruppierung. „Fun“ ist über die im angefochtenen Be-
schluss mit „Spiele“ wiedergegebene Bedeutung hinaus als kulturelles Phä-
nomen ein weiter, vielschichtiger Begriff, der auch mit „Spaß“ nur unvollkom-
men übersetzt werden kann; er hat eher eine emotionale Gestimmtheit als ei-
ne Sachaussage zum Inhalt.
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Da der Marke kein beschreibender Begriffsinhalt zukommt, entbehrt sie weder
jeglicher Unterscheidungskraft noch bestehen Anhaltspunkte für die Annahme
eines Freihaltungsbedürfnisses zugunsten der Mitbewerber.
Dr. Schermer
Richter Schwarz
Kann wegen Urlaubs
nicht unterschreiben
Dr. Schermer
Dr. van Raden
Na