Urteil des BPatG vom 09.07.2003

BPatG: unterscheidungskraft, organisation, patent, verkehr, dienstleistung, wortmarke, zukunft, internetseite, musik, werbung

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 226/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 02 811.0
hat der 32.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
9.
Juli
2003 durch die Vorsitzende Richterin Winkler, Richter
Viereck und
Richter Sekretaruk
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beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen
Patent- und Markenamtes – Markenstelle für Klasse 41 -
vom
30. Dezember 1999 / 24.
Januar
2000 und vom
21. Mai 2001 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung
hinsichtlich der Waren "Magnetaufzeichnungsgeräte" zurück-
gewiesen wurde.
2.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für
Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haar-
wässer; Ton- und Bildtronträger, Schallplatten, Videos, Magnet-
aufzeichnungsgeräte; Bekleidungsstücke einschließlich Schuhe
und Kopfbedeckungen; Tanzveranstaltungen, Tanzunterricht,
Ballettunterricht, Filmproduktion, Durchführung von Tanzwett-
bewerben, Musikaufführungen, Dienstleistung eines Choreo-
graphen, Discoveranstaltungen, Organisation und Durchführung
von Tanzbällen
ist die Wortmarke
Friesenrock.
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Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung durch die Beschlüsse vom 30. Dezember 1999 berichtigt durch
Beschluss vom 24. Januar 2000, und vom 21. Mai 2001 hinsichtlich der Waren
und Dienstleistungen
Ton- und Bildton-Träger, Schallplatten, Videos, Magnetaufzeich-
nungsgeräte, Tanzveranstaltungen, Tanzunterricht, Ballettunter-
richt, Filmproduktion, Durchführung von Tanzwettbewerben, Mu-
sikaufführungen, Dienstleistungen eines Choreographen, Disko-
veranstaltungen, Organisation und Durchführung von Tanzbällen
und in einem weiteren Beschluss vom 26. Juni 2001 hinsichtlich der Waren
Bekleidungsstücke, einschließlich Schuhe und Kopfbedeckungen
zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich um eine nicht unterschei-
dungskräftige und freihaltebedürftige Angabe handele. Soweit die Anmeldung
hinsichtlicht der oben eingangs genannten Waren zurückgewiesen wurde, wurde
zur Begründung ausgeführt, dass der "Friesenrock" ein schnell zu erlernender
Tanz sei, der spektakulär aussehe und bei dem es keine Tanzschritte im
klassischen Sinne gebe.
Gegen die Entscheidungen vom 30. Dezember 1999 / 24. Januar 2000 und vom
21. Mai 2001 richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie weist darauf hin,
dass es sich gerade um keinen internationalen Tanz handele und es
dementsprechend nur zwei Anbieter im Bereich dieses Tanzes gebe. Hinzu
komme, dass Ton- und Bild-Ton-Träger, Schallplatten, Videos, Magnetauf-
zeichnungsgeräte oder Filmproduktionen mit Friesenrock nicht beschrieben
werden könnten.
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II.
Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet.
1. Der Eintragung der Marke steht das Eintragungshindernis der fehlenden Unter-
scheidungskraft nicht entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die
von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens
gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Haupt-
funktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren
oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterschei-
dungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh,
jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutz-
hindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und
handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder
einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt
dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche
Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. vgl. BGH BlPMZ 2003, 183, 184-Buchstabe
Z). Die noch in Frage stehenden Waren richten sich an die allgemeinen deutschen
Verkehrskreise. Große Teile davon werden den Tanz "Friesenrock" nicht kennen
und deshalb einen unterscheidungskräftigen Phantasiebegriff in der Marke
erblicken.
2. a) Soweit die Marke für "Magnetaufzeichnungsgeräte" beansprucht wird, steht
der Eintragung auch nicht das Eintragungshindernis einer Angabe im Sinne
von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
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Soweit diese Waren betroffen sind, besteht die Marke nicht ausschließlich aus
Angaben, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit,
der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen
können. Dabei ist die Eintragung zwar auch dann zu versagen, wenn die
fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, aber eine
solche Verwendung jederzeit in Zukunft erfolgen kann. Zur Bejahung der
Voraussetzungen dieses Schutzhindernisses bedarf es allerdings der Fest-
stellung, dass eine derartige zukünftige Verwendung vernünftigerweise zu
erwarten ist. Weder der Senat noch das Deutsche Patent- und Markenamt
konnte Feststellungen treffen, dass Magnetaufzeichnungsgeräte für bestimmte
Arten von Tanzmusik angeboten oder entwickelt werden.
Auch sonstige auf das Tanzen bezogene Merkmale von Magnetaufzeich-
nungsträgern sind nicht erkennbar.
b) Soweit die Marke für die übrigen noch streitigen Waren und Dienst-
leistungen
Ton und Bildtonträger, Schallplatten, Videos, Tanzveranstal-
tungen, Tanzunterricht, Ballettunterricht, Filmproduktion, Durch-
führung von Tanzwettbewerben, Musikaufführungen, Dienst-
leistung eines Choreographen, Diskoveranstaltungen, Organisa-
tion und Durchführung von Tanzbällen
geschützt werden soll, steht der Eintragung der Marke das Eintragungshindernis
des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Der Friesenrock ist ein sehr freier, aber
bestimmter Tanz, der viele Variationen erlaubt und aus vielen Drehungen und
(Grundschwung, Körbchen, Gordi, Fliege und freier Fall) werden zB auf der
Internetseite
beschrieben. Der
Friesenrock wird von verschiedenen Tanzschulen angeboten, zB von der
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Tanzschule für Frie
), von der
Tanzschule Stefan und Monika Bongartz (
Dienstleistungen Tanzveranstaltungen, Tanzunterricht, Ballettunterricht, Durch-
führung von Tanzwettbewerben, Dienstleistungen eines Choreographen, Disko-
veranstaltungen und der Organisation und Durchführung von Tanzbällen. Be-
sonders hierfür geeignete Musik kann ein Merkmal von Musikaufführungen sein,
sowie für Ton- und Bildton-Träger und Schallplatten. Es ist allgemein bekannt,
dass Tanzveranstaltungen Gegenstand von Filmproduktionen und damit von
Videos sein können. Dem entsprechend kann "Friesenrock" auch insoweit zur
Merkmalsbezeichnung dienen.
Winkler Viereck
Sekretaruk
br/Na