Urteil des BPatG vom 05.09.2007

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BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 65/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
5. September 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 195 13 361
BPatG 154
08.05
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hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 5. September 2007 unter Mitwirkung des Vor-
sitzenden Richters Dipl.-Ing. Tödte sowie der Richter Eberhard, Dipl.-Ing. Frühauf
und Dipl.-Ing. Hilber
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist gegen den Beschluss der Patentabtei-
lung 13 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. August 2004 gerichtet,
mit dem das Patent 195 13 361 nach Prüfung der auf den Widerrufsgrund der
fehlenden Patentfähigkeit gestützten Einsprüche mit der Begründung widerrufen
worden ist, dass der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gemäß der zuletzt gel-
tenden Fassung der Patentansprüche vom 15. April 1997 nicht zulässig sei, da er
auf einer unzulässigen Erweiterung und der Patentanspruch 1 in der Fassung des
mit Eingabe vom 4. Juni 1998 gestellten Hilfsantrages nicht patentfähig sei, da
sein Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
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Die Patentinhaberin hat im Beschwerdeverfahren mit Eingabe vom
28. August 2007 gemäß eines Hauptantrags und eines Hilfsantrags jeweils einen
neuen Patentanspruch 1 vorgelegt.
Die Patentinhaberin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf-
rechtzuerhalten mit Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, hilfswei-
se nach Hilfsantrag, jeweils vom 28. August 2007,
Patentansprüche 2 bis 9, Beschreibung und Zeichnungen jeweils
gemäß Patentschrift.
Die Einsprechenden I und II stellen jeweils den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Einspruchsverfahren sind u. a. folgende Druckschriften eingeführt worden:
JP 05-44 845 A
JP 62-181 756 A.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag lauten:
Hauptantrag
Metallische Zylinderkopfdichtung für eine Brennkraftmaschine, mit
wenigstens einem Deckblech (2) und einem Trägerblech (1), die
übereinander angeordnet sind und die mit Schraubendurchtritts-
löchern (4) und mit einer Öffnung (3) oder mit mehreren nebenein-
ander angeordneten Öffnungen (3) entsprechend den Brennkam-
mern der Brennkraftmaschine versehen sind, wobei in dem
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wenigstens einen Deckblech (2) um jede Öffnung (3) herum mit
Abstand zu dieser unter Belassung eines geraden Blechabschnitts
(8) im Öffnungsrandbereich eine zum Trägerblech weisende Sicke
(7) vorgesehen ist, für deren Schutz benachbart zu dieser um jede
Öffnung (3) herum verlaufend ein innerer Verformungsbegrenzer
(9) vorgesehen ist, der zugleich zur Überhöhung der Dichtung ent-
lang des Brennraums dient,
dadurch gekennzeichnet, dass auf jeder Seite des Trägerblechs
(1), auf der sich ein Deckblech (2) befindet, auf der der jeweiligen
Öffnung (3) abgewandten Seite der Sicke (7) zusätzlich ein weite-
rer äußerer Verformungsbegrenzer (12) konzentrisch zum inneren
Verformungsbegrenzer (9) für die benachbarte Sicke (7) vorgese-
hen ist.
Hilfsantrag
Metallische Zylinderkopfdichtung für eine Brennkraftmaschine, mit
wenigstens einem Deckblech (2) und einem Trägerblech (1), die
übereinander angeordnet sind und die mit Schraubendurchtritts-
löchern (4) und mit einer Öffnung (3) oder mit mehreren neben-
einander angeordneten Öffnungen (3) entsprechend den Brenn-
kammern der Brennkraftmaschine versehen sind, wobei in dem
wenigstens einen Deckblech (2) um jede Öffnung (3) herum mit
Abstand zu dieser unter Belassung eines geraden Blechabschnitts
(8) im Öffnungsrandbereich eine zum Trägerblech weisende Sicke
(7) vorgesehen ist, für deren Schutz benachbart zu dieser um jede
Öffnung (3) herum verlaufend ein innerer Verformungsbegrenzer
(9) vorgesehen ist, der zugleich zur Überhöhung der Dichtung ent-
lang des Brennraums dient,
dadurch gekennzeichnet, dass auf jeder Seite des Trägerblechs
(1), auf der sich ein Deckblech (2) befindet, auf der der jeweiligen
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Öffnung (3) abgewandten Seite der Sicke (7) zusätzlich ein weite-
rer äußerer Verformungsbegrenzer (12) konzentrisch zum inneren
Verformungsbegrenzer (9) für die benachbarte Sicke (7) vorgese-
hen ist, der zumindest im Wesentlichen die gleiche Federwegsbe-
schränkung wie der innere Verformungsbegrenzer vornimmt für
eine im wesentlichen senkrecht zur Dichtungsebene erfolgende
Einfederung der Sicke (7) im eingespannten Zustand der Dich-
tung.
Laut Beschreibung (Patentschrift Sp. 1, Z. 39 bis 42) soll die Aufgabe gelöst wer-
den, eine metallische Zylinderkopfdichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1
zu schaffen, die eine verlängerte Lebensdauer aufweist.
Die jeweils auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 sind auf
Merkmale gerichtet, mit denen der Gegenstand des jeweiligen Anspruchs 1 weiter
ausgebildet werden soll.
Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Streitgegenstand stellt we-
der in der Fassung nach Hauptantrag noch in der Fassung nach Hilfsantrag eine
patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes § 1 bis § 5 dar.
Als Fachmann ist hier ein Ingenieur des Maschinenbaus mit Erfahrungen in der
Konstruktion von Zylinderkopfdichtungen für Brennkraftmaschinen anzusehen.
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1.1 Zum
Hauptantrag
Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist zulässig. Sein Gegenstand kann in der
Streitpatentschrift durch den Patentanspruch 1 sowie den Angaben in der Sp. 1,
Z. 17 bis 19 und 32 bis 37 als offenbart angesehen werden.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 mag neu sein, er beruht jedoch nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Gegenstand der JP 05-44 845 A zeigt die im Oberbegriff des geltenden Pa-
tentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag genannten Merkmale. Unter Berücksichti-
gung der Figuren 1 bis 6 ist in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Patentan-
spruchs 1 des Hauptantrages dieser Druckschrift eine metallische Zylinderkopf-
dichtung für eine Brennkraftmaschine zu entnehmen, mit wenigstens einem Deck-
blech (Hauptplatte 4) und einem Trägerblech (Nebenplatte 5), die übereinander
angeordnet sind und die mit Schraubendurchtrittslöchern (Öffnungen für Bolzen 3)
und mit einer Öffnung (Öffnung für Zylinder 1) oder mit mehreren nebeneinander
angeordneten Öffnungen (1) entsprechend den Brennkammern der Brennkraftma-
schine versehen sind, wobei in dem wenigstens einen Deckblech (4) um jede Öff-
nung (1) herum mit Abstand zu dieser unter Belassung eines geraden Blechab-
schnitts im Öffnungsrandbereich eine zum Trägerblech (5) weisende Sicke (Wulst
6) vorgesehen ist, für deren Schutz benachbart zu dieser um jede Öffnung (1)
herum verlaufend ein innerer Verformungsbegrenzer vorgesehen ist, der zugleich
zur Überhöhung der Dichtung entlang des Brennraums dient. Insbesondere zeigen
die Fig. 4 und 6 dieser Druckschrift den geraden Blechabschnitt des Deck-
bleches 4 im Bereich um die Öffnung 1 sowie jeweils eine Stufung der Nebenplat-
te 5, womit die Platte 5 im Bereich der Zylinderöffnung 1 dort neben der Verfor-
mungsbegrenzer- auch eine Überhöhungsfunktion für die Dichtung einnimmt, da
die Nebenplatte 5 im von der Öffnung 1 entfernten Bereich (in Fig. 4 und 6 links)
erkennbar dünner ausgebildet ist als direkt an der Öffnung 1.
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Die Streitpatentschrift weist zwar einleitend daraufhin, dass Brennraumüberhö-
hungen im Stand der Technik bekannt seien (Sp. 1, Z. 17 bis 19 und 32 bis 37),
erschöpfende Definitionen einer Überhöhung für eine Zylinderkopfdichtung im Be-
reich einer Brennraumöffnung oder über die radiale Erstreckung einer Überhöhung
ergeben sich aus der Patentschrift jedoch nicht.
So ist im Sinne des Wortlautes des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag auch
der JP 62-181 756 A, Fig. 1 im Bereich der Brennraumöffnung 7 eine Überhöhung
der Dichtung um den Betrag 2 x d zu entnehmen, wenn als Bezug für die Über-
höhung die Stärke des Trägerblechs (subplate 6) im Nutbereich (groove 11) her-
angezogen wird, zumal in den Figuren 1, 3 und 5 dieser Druckschrift, wie im übri-
gen auch in den Figuren 2 bis 6 der Streitpatentschrift, offen bleibt, welche Stärke
der übrige, außerhalb der Darstellung liegende Bereich der Dichtung aufweist, da
nur der Bereich um die Brennraumöffnung herum dargestellt wird.
Die im Kennzeichenteil des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag genannten
Merkmale ergeben sich zumindest in nahe liegender Weise aus dem o. g. Stand
der Technik.
So zeigt die JP 05-44 845 A davon bereits wesentliche Merkmale, nämlich dass
auf jeder Seite des Trägerblechs (Nebenplatte 5), auf der sich ein Deckblech
(Hauptplatte 4) befindet, auf der der jeweiligen Öffnung (1) abgewandten Seite der
Sicke (Wulst 6) zusätzlich ein weiterer äußerer Verformungsbegrenzer konzen-
trisch zum inneren Verformungsbegrenzer für die benachbarte Sicke (6) vorgese-
hen ist. Da der äußere Verformungsbegrenzer vom inneren Verformungsbegren-
zer durch die um die Öffnung 1 umlaufende Vertiefung 8 getrennt ist, ist auch das
Merkmal des zusätzlichen bzw. des weiteren Verformungsbegrenzers erfüllt. Zu-
mindest ergibt sich aus den Figuren 3 und 4, dass im Bereich der Öffnungen 2 der
äußere Verformungsbegrenzer konzentrisch zum inneren Verformungsbegrenzer
(und damit auch konzentrisch zur Öffnung 1) für die benachbarte Sicke 6 wirksam
angeordnet ist. Damit wird der Fachmann dann auch die in Umfangsrichtung zwi-
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schen den Öffnungen 2 radial um die Vertiefung 8 angeordneten Bereiche der Ne-
benplatte 5 als konzentrisch zum inneren Verformungsbegrenzer ansehen. Den
äußeren Verformungsbegrenzer, vollständig konzentrisch im Sinne von ringförmig
auszubilden, was aber in der Schärfe im Wortlaut des Patentanspruchs 1 gar nicht
gefordert wird, ist durch die Anordnung des aus der JP 05-44 845 A bekannten
Gegenstands nahe liegend, um damit eine geschlossen konzentrische innere und
äußere Einspannung der Sicke zu erhalten. Eine erfinderische Tätigkeit ist damit
nicht zu verbinden.
Aber auch der Gegenstand der JP 62-181 756 A gibt zumindest eine Anregung,
auf jeder Seite des Trägerblechs (subplate 6), auf der sich ein Deckblech (base
plate 4;5) befindet, auf der der jeweiligen Öffnung (7) abgewandten Seite der
Sicke (bead 8;9) zusätzlich einen weiteren äußeren Verformungsbegrenzer kon-
zentrisch zum inneren Verformungsbegrenzer für die benachbarte Sicke (8;9) vor-
zusehen, da der in den Figuren 1, 3 und 5 dargestellte Dichtungsbereich um die
Brennraumöffnung 7 dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag
entsprechend konzentrisch aufgefasst werden kann, die genannten Figuren eine
solche Deutung zulassen und die weiter entfernt vom Nutbereich 11 der Dich-
tung 1 vorhandenen Bereich nicht dargestellt wird.
Darüber hinaus bleibt festzustellen, dass die Streitpatentschrift keinerlei Angaben
oder Darstellungen in der Zeichnung enthält, die auf eine im Zusammenhang mit
einer Dichtungsüberhöhung stehende, zur Brennraumöffnung hin keilförmige Dich-
tungsausbildung oder auf einer Linienpressung im Bereich des äußeren Verfor-
mungsbegrenzers hindeuten.
Der zuständige Fachmann gelangt deshalb in nahe liegender Weise vom Gegen-
stand der JP 05-44 845 A oder der JP 62-181 756 A zu dem des Patentan-
spruchs 1 gemäß Hauptantrag.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
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1.2 Zum
Hilfsantrag
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich
vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag durch das Zusatz-
merkmal, dass der äußere Verformungsbegrenzer
zumindest im Wesentlichen die gleiche Federwegsbeschränkung
wie der innere Verformungsbegrenzer vornimmt für eine im we-
sentlichen senkrecht zur Dichtungsebene erfolgende Einfederung
der Sicke im eingespannten Zustand der Dichtung.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist zulässig. Das gegenüber dem Haupt-
antrag zusätzlich in den Patentanspruch 1 aufgenommene Merkmal ist in der Pa-
tentschrift Sp. 1, Z. 45 bis 51 dargestellt.
Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag beruht jedoch nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Da die Dichtung im Bereich der Brennraumöffnung beim Gegenstand der JP 05-
44 845 A, Figur 2 keinen prinzipiell anderen Aufbau als beim Streitpatentgegen-
stand zeigt, wird die durch ihren äußeren Verformungsbegrenzer erzielbare Fe-
derwegbeschränkung wie die des inneren Begrenzers ausfallen und damit zumin-
dest im eingespannten Zustand der Dichtung, d. h. nach ihrer Montage zwischen
Zylinderkopf und -Block in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des o. g. Zusatz-
merkmales eine im wesentlichen senkrecht zur Dichtungsebene erfolgende Einfe-
derung der Sicke entfalten. Hinweise darauf, dass insbesondere das Zusatzmerk-
mal nicht wie es im Wortlaut expressis verbis zum Ausdruck kommt für den ein-
gespannten Zustand der Dichtung (statischer Lastfall) sondern auf den dynami-
schen Lastfall der Dichtung (Betrieb des Motors) zu lesen ist, finden sich in der
Patentschrift nicht, da die Streitpatentschrift dem dynamischen Lastfall keinen
Raum in der Beschreibung des Streitpatentgegenstandes gibt. Die Patentschrift
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stellt in der Zeichnung eine Zylinderkopfdichtung im unverbauten Zustand dar. Die
darauf gerichtete Beschreibung geht auch nur auf den eingespannten Zustand
bzw. auf die Montage der Zylinderkopfdichtung ein (Sp. 2, Z. 40 bis 44, Sp. 3,
Z. 28 bis 35).
Da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag bezogen auf das
Zusatzmerkmal nicht über den in der JP 05-44 845 offenbarten Gegenstand hin-
ausgeht, ergibt er sich wie der des Hauptantrages in nahe liegender Weise aus
dem Stand der Technik.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist somit ebenfalls nicht gewährbar.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
Tödte Eberhard
Frühauf
Hilber
Hu