Urteil des BPatG vom 30.04.2002

BPatG: beschreibende angabe, computer, englisch, unterscheidungskraft, datenverarbeitung, software, verbraucher, star, unternehmen, verkehr

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 126/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 300 70 640.5
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 30.
April
2002 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin
Dr. Schermer sowie der Richter Albert und Schwarz
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Wortmarke
OfficeHelp
soll für
"auf maschinenlesbaren Datenträgern gespeicherte Programme;
Druckereierzeugnisse; Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der
elektronischen Datenverarbeitung; Dienstleistungen eines Redak-
teurs oder Autors; Erstellen von Programmen für die Datenverar-
beitung"
in das Register eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Unter Be-
zugnahme auf den Zwischenbescheid vom 24. Januar 2001 ist ausgeführt, die An-
meldemarke enthalte lediglich den inhaltsbeschreibenden Hinweis, dass die bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen eine Hilfe für den Bürobereich darstellen
würden bzw "BüroHilfe" das Thema bzw die thematische Ausrichtung der Waren
und Dienstleistungen sei.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Ihrer Ansicht
nach ist die Zusammensetzung der beiden Bestandteile "Office" und "Help"
sprachunüblich; dies sei den angesprochenen Verkehrskreisen auch ohne weite-
res ersichtlich. Die Anmeldemarke stelle auch keine unmittelbar beschreibende
Angabe dar, weil "Office" mehrere Bedeutungen habe und zB für "Büro", "Behör-
de", "Funktion", "Dienst(leistung)", "Gottesdienst", "Wirtschaftsteil" oder "Wirt-
schaftsraum" stehe. Eine klare und unzweideutige Bedeutung könne dem ange-
meldeten Zeichen daher nicht entnommen werden.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat die Markenstelle die Anmeldung zurückgewiesen, weil die Anmelde-
marke jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entbehrt, dh der
einer Marke innewohnenden (konkreten) Eignung, vom Verkehr als Unterschei-
dungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen
anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Denn auch bei Anlegung des gebote-
nen großzügigen Maßstabes (vgl BGH GRUR 1995, 408 – PROTECH) kann der
Anmeldemarke nur ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vor-
dergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, so dass ihr
die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft
fehlt (vgl BGH, GRUR 1999, 1089 [1091] - YES; BGH, WRP 2000, 298 [299] - Ra-
dio von hier; BGH, WRP 2000, 300 [301] - Partner with the best; BGH,
GRUR 2001, 162 [163] – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Die beiden Bestandteile, aus denen das angemeldete Zeichen zusammengesetzt
ist, gehören zum einfachen englischen Grundwortschatz, der den angesprochenen
Verkehrskreisen, zu denen nach dem weiten Waren- und Dienstleistungsverzeich-
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nis nicht nur Fachleute, sondern alle inländischen Verbraucher zu zählen sind, ge-
läufig ist. Danach steht "Office" allgemein für "Büro" und "Amt" (vgl LANGEN-
SCHEIDTS Grundwortschatz Englisch, 4. Aufl, S 146) und "help" für "Hilfe" (vgl
LANGENSCHEIDTS Grundwortschatz Englisch, aaO, S 57). Weitere Bedeutun-
gen des Begriffs "office" liegen entgegen der Ansicht der Anmelder bei den hier
angemeldeten Waren und Dienstleistungen fern.
In der Grundbedeutung von "Büro" wird der Bestandteil "Office" auch im Rahmen
der angemeldeten Bezeichnung eindeutig und ohne weiteres verständlich verwen-
det. So bezeichnet der Begriff "Office" - bekannt insbesondere auf Grund des be-
schreibenden Gebrauchs durch die Firma Microsoft für entsprechende von ihr ver-
triebene Computerprogramme (vgl auch die entsprechenden Pakete anderer Her-
steller wie "Star Office 5.2" [vgl http://www.sun.com/software/star/staroffice/5.2/in-
dex.html], "Applixware Office" [vgl http://www.vistasource.com/products/ax-
ware/printer] oder "WordPerfect Office" [vgl http://www.corel.com/pro-
ducts/wpo2000.html]) - allgemein ein Programmpaket, in welchem verschiedene
Programme für Büroanwendungen wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation,
Kommunikationsprogramme (insbesondere für E-Mail), Präsentationswerkzeuge
und teilweise auch Datenbankmanagement zusammengefasst sind (vgl DATA
BECKER, Das große PC-Lexikon 2001/2002, S 678 ff; Microsoft Press, Computer
Lexikon, Ausgabe 2001, S 515 [unter "Officepaket"]; Irlbeck, Computer-Lexikon,
3. Aufl, S 589 [unter "Office-Paket"] und Computer-Englisch, 3. Aufl, S 430 f [unter
"Office Package"]). Und "Help" wiederum ist jedem PC-Benutzer als Ausdruck für
die elektronische Hilfefunktion bekannt, mit der Erläuterungen der einzelnen Funk-
tionen eines Computerprogramms abgerufen werden können (vgl DATA BECKER,
aaO, S 463 [unter "Hilfefunktion"], Microsoft Press, aaO, 339 [unter "Hilfe"], Irl-
beck, Computer-Englisch, aaO, S 289 [unter "Help Function"] und Computer-Lexi-
kon, aaO, S 376 [unter "Hilfefunktion"]).
Die beiden Bestandteile sind entgegen der Auffassung der Anmelder auch sprach-
üblich zusammengesetzt. So kennt die englische Sprache bereits jetzt Ausdrücke
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wie "office-bearer" für "Amtsinhaber", "office block" für "Bürogebäude", "office girl"
für "Bürogehilfin", "office hours" für "Dienststunden", "office job" für "Bürotätigkeit"
und "office junior" für "Bürogehilfe/-in" (vgl DUDEN OXFORD, aaO). Dem engli-
schen Muttersprachler ist daher die analog gebildete Anmeldemarke ohne weite-
res im Sinne "Bürohilfe" sprachlich verständlich. Erst recht gilt dies für den inländi-
schen Verbraucher - auf dessen Verständnis ohnehin allein abzustellen ist -, da in
der deutschen Sprache die Verbindung zweier Substantive gängig ist. Die
Schreibweise in einem Wort mit dem Binnengroßbuchstaben "H" steht dem eben-
falls nicht entgegen, da sich diese Wiedergabe insbesondere im Bereich der Da-
tenverarbeitung als moderne Form der bislang üblichen Schreibweisen, bei denen
zusammengesetzte Substantive getrennt geschrieben oder mit Bindestrich verse-
hen werden, weitgehend eingebürgert hat.
In der Bedeutung "Bürohilfe" wird der angesprochene Verkehr die Anmeldemarke
aber nur als Sachhinweis darauf verstehen, dass die damit gekennzeichneten Wa-
ren und Dienstleistungen typische Bürotätigkeiten elektronisch unterstützen oder
erledigen. Denkbar ist auch, dass ein Teil des Publikums die Kennzeichnung auf
die og Office-Pakete (oder einzelne von ihnen) bezieht und die mit der Anmelde-
marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen als (Hilfs-)Mittel zur Einfüh-
rung in diese Office-Anwendungen und beim alltäglichen Umgang mit ihnen an-
sieht. Auch bei einem solchen Verständnis der angemeldeten Kennzeichnung wer-
den die angesprochenen Verkehrskreise diese aber nicht als Hinweis auf die be-
triebliche Herkunft der einzelnen Waren und Dienstleistungen ansehen. Ohne ei-
nen solchen Hinweis ist die Anmeldemarke aber nicht geeignet, die mit ihr verse-
henen Produkte von denen anderer Unternehmen abzugrenzen, so dass sie man-
gels der nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft nicht
schutzfähig ist.
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Da die Markenstelle daher der Anmeldemarke zu Recht die Eintragung versagt
hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückzuweisen.
Dr. Schermer
Albert
Schwarz