Urteil des BPatG vom 03.12.2009

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
12 W (pat) 342/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
3. Dezember 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 102 26 725
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hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2009 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Ipfelkofer, sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr.rer.nat.
Frowein Knoll und Dr.-Ing. Krüger
beschlossen:
Das Patent wird widerrufen.
G r ü n d e
I
Gegen das am 14. Juni 2002 angemeldete und am 3. Juni 2004 veröffentlichte
Patent 102 26 725 mit der Bezeichnung
"Steuereinrichtung zur Geschwindigkeitsregelung einer
Verarbeitungsmaschine in einer Abfüllanlage"
hat die Einsprechende am 30. Juli 2004 Einspruch erhoben.
Das Patent umfasst fünf Patentansprüche. Anspruch 1 lautet:
Steuereinrichtung zur Geschwindigkeitsregelung einer Verarbei-
41
3
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42
17
27
17, 27
zu einer folgenden Verarbeitungsmaschine transportiert werden,
9
41
41
29
15
41
15
41
der minimalen Anzahl auf eine erste feste Produktionsge-
schwindigkeit und bei Erfassung der maximalen Anzahl auf eine
zweite feste Produktionsgeschwindigkeit, die größer ist als die
erste Produktionsgeschwindigkeit, schaltbar ist.
Patentansprüche 2 bis 5 sind direkt oder indirekt auf Anspruch 1 rückbezogen.
Im Verfahren sind u. a. folgende Entgegenhaltungen:
D1 Jorgen Draebel: "Controlling the Unit Flow - High-Speed Bottle and Can
Conveying Systems" in "The Brewers Digest", Dezember 1970
D3 DE-AS 1 108 133
D6 DE 31 31 352 C2
D7 EP 0 190 090 A1
Die Einsprechende hat u. a. vorgetragen, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei
gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift D3 nicht neu. Die
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Gegenstände der Unteransprüche 2 bis 5 seien nicht neu bzw. beruhten nicht auf
erfinderischer Tätigkeit.
Die Einsprechende beantragt,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaber haben keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht
geäußert.
II
Der Einspruch ist zulässig.
Das angegriffene Patent betrifft eine Steuereinrichtung zur Geschwindigkeitsre-
gelung einer Verarbeitungsmaschine in einer Abfüllanlage, wobei die Abfüllanlage
mehrere Verarbeitungsmaschinen umfasst.
In der Patentschrift des angegriffenen Patents wird in Absatz [0004] geschildert,
dass bei bekannten Abfüllanlagen mit mehreren Verarbeitungsmaschinen durch
Ausfall einer Verarbeitungsmaschine die stromabwärts liegenden Maschinen nicht
mehr arbeiten könnten. Es entstünden dadurch Produktionsausfälle. Die theo-
retisch mögliche Produktion werde nicht erreicht.
Dem Patent ist die Aufgabe zugrundegelegt, eine Steuereinrichtung zu schaffen,
die eine wesentlich höhere Produktionsrate im Verlauf einer Arbeitsschicht er-
reicht, siehe Absatz [0005] der Patentschrift.
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Zur Lösung dieser Aufgabe gibt Anspruch 1 des angegriffenen Patents eine
Steuereinrichtung mit folgenden Merkmalen an:
1
Steuereinrichtung zur Geschwindigkeitsregelung einer Verarbei-
tungsmaschine (41) in einer Abfüllanlage (3),
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wobei die Abfüllanlage (3) mehrere Verarbeitungsmaschinen (19,
23, 25, 28, 41, 42) umfaßt,
3
die durch eine Transporteinrichtung (21) für in der Abfüllanlage zu
verarbeitende Gegenstände wie Flaschen (17) oder Kisten (27)
miteinander verbunden sind,
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so dass die Gegenstände (17, 27) automatisch von einer Ver-
arbeitungsmaschine zu einer folgenden Verarbeitungsmaschine
transportiert werden,
5
wobei in einem Zuführbereich (9) vor der Verarbeitungsmaschine
(41) Sensoren (11, 13, 35) zum Erfassen einer minimalen und einer
maximalen Anzahl von vor der Verarbeitungsmaschine (41) be-
findlichen Gegenständen (29) angeordnet sind
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und eine Steuereinheit (15) mit den Sensoren (11, 13, 35) und der
Verarbeitungsmaschine (41) verbunden ist,
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wobei durch die Steuereinheit (15) nur zwei feste Produktions-
geschwindigkeiten schaltbar sind
8
und die Verarbeitungsmaschine (41) bei Erfassung der minimalen
Anzahl auf eine erste feste Produktionsgeschwindigkeit und bei
Erfassung der maximalen Anzahl auf eine zweite feste Produk-
tionsgeschwindigkeit schaltbar ist,
9
die zweite feste Produktionsgeschwindigkeit ist größer ist als die
erste feste Produktionsgeschwindigkeit.
Als Fachmann ist vorliegend ein Dipl.-Ing. (FH) des Maschinenbaus der Fach-
richtung Fördertechnik mit Erfahrungen in der Konstruktion und Entwicklung von
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Fördereinrichtungen, speziell von Fördereinrichtungen von Abfüllanlagen in der
Getränkeindustrie anzusehen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist gegenüber dem Stand der Technik nicht
patentfähig, weil er nicht neu ist. Denn sämtliche Merkmale dieses Anspruchs
gehen bereits allein aus der Druckschrift D3 hervor.
Die Entgegenhaltung D3, DE-AS 1 108 133, zeigt und beschreibt eine Ver-
arbeitungsmaschine in einer Abfüllanlage, nämlich eine Maschine zum Etikettieren
von Gegenständen, beispielsweise Flaschen. Diese Etikettiermaschine ist in einer
Reihe mit anderen Verarbeitungsmaschinen, d. h. in einer Anlage gemäß dem
2
Spalte 3, Zeilen 15 bis 19.
Die Druckschrift D3 behandelt im Wesentlichen das gleiche Problem wie das
angegriffene Patent, nämlich, dass durch Ausfall einer Verarbeitungsmaschine
einer Anlage stromabwärts dieser Verarbeitungsmaschine liegende Maschinen
nicht mehr arbeiten können und die Anlage angehalten werden muss, siehe z. B.
Spalte 4, Zeile 65, bis Spalte 5, Zeile 3.
Bei der bekannten Verarbeitungsmaschine ist auch eine Steuereinrichtung zur
Geschwindigkeitsregelung vorgesehen, siehe Kennzeichen des Anspruchs 1. Da-
1
Die Verarbeitungsmaschinen der offenbarten Anlage sind durch eine Transport-
einrichtung (Förderer S) für die in der Abfüllanlage zu verarbeitenden Ge-
genstände, wie Flaschen, miteinander verbunden. Die Flaschen werden auto-
matisch von einer Verarbeitungsmaschine zu einer folgenden Verarbeitungs-
maschine transportiert, siehe Spalte 3, Absätze 2 und 3, in Verbindung mit den
3
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In dem Zuführbereich vor der Etikettiermaschine sind Sensoren (Fühler 162 und
163) zum Erfassen einer minimalen und einer maximalen Anzahl von vor der
5
angegeben.
Es sind Überwachungseinrichtungen (160, 161) gezeigt und beschrieben. Wie sich
für den Fachmann aus Spalte 5, Absatz 2, ergibt, bilden diese eine Steuereinheit,
die mit den Sensoren (162 und 163) und der Verarbeitungsmaschine verbunden
6
7
Produktionsgeschwindigkeiten schaltbar, siehe Anspruch 1 in Verbindung mit
Spalte 5, Zeilen 43 ff.
8
Erfassung der minimalen Anzahl von vor der Verarbeitungsmaschine befindlichen
Gegenständen auf eine erste feste Produktionsgeschwindigkeit und bei Erfassung
der maximalen Anzahl auf eine zweite feste Produktionsgeschwindigkeit ge-
schaltet, wobei die zweite feste Produktionsgeschwindigkeit größer ist als die erste
Produktionsgeschwindigkeit, siehe Spalte 5, Zeilen 43 ff. Hierzu sind in Spalte 5,
Zeile 7, und in Spalte 4, Zeile 63, die Werte von 70 Gegenständen pro Minute als
niedrige Produktionsgeschwindigkeit und von 300 Gegenständen pro Minute als
hohe Produktionsgeschwindigkeit genannt.
Nach Wegfall von Anspruch 1 fallen auch die Unteransprüche 2 bis 5. Diese
Ansprüche lassen nichts Patentwürdiges erkennen. Die Gegenstände dieser An-
sprüche sind durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt
oder betreffen handwerkliche Maßnahmen:
Zu Anspruch 2 - Varianten 1 und 3 - wird auf den Artikel von Jorgen Draebel (D1)
verwiesen. Figur 5 mit zugehöriger Beschreibung offenbart eine Lichtschranke,
Figur 2 mit zugehöriger Beschreibung einen Gewichtssensor. Eine Kamera als
Sensor - Variante 2 des Anspruchs 2 des angegriffenen Patents - ist in der EP 0
190 090 A1 (D7) gezeigt, siehe Video-Kameras (13, 18) in den Figuren 2 und 4.
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Die Maßnahme nach Anspruch 3 ist dem Artikel von Jorgen Draebel (D1),
entnehmbar, siehe Einheiten U1 und U2 in Figur 8 in Verbindung mit Seite 53,
mittlere Spalte, Absatz 3.
Eine zentrale Steuereinrichtung einer Verarbeitungsmaschine in einer Abfüllanlage
nach Anspruch 4 und deren in Anspruch 5 beanspruchte Ausbildung sind z. B. in
der DE 31 31 352 C2 (D6) beschrieben, siehe dort Spalte 3, Absätze 2 und 3,
sowie Anspruch 1.
Dr. Ipfelkofer
Dr. Frowein
Knoll
Dr. Krüger
Me