Urteil des BPatG vom 28.01.2003

BPatG (marke, klasse, kennzeichnungskraft, kunststoff, gesamteindruck, beschwerde, verkehr, umfang, verwechslungsgefahr, einschränkung)

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 134/01
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke 398 56 881
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Winkler, der Richterin Dr. Hock und des Richters k. A. Kätker
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke 398 56 881
siehe Abb. 1 am Ende
unter anderem eingetragen für die Waren
Baumaterialien aus Metall, Schienenbaumaterial aus Metall, Schlos-
serwaren und Kleineisenwaren, Metallrohre, Waren aus Metall, so-
weit in Klasse 6 enthalten;
Waren, soweit in Klasse 20 enthalten;
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ist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 858 462
FISCHER
die seit dem 26. Juni 1969 unter anderem für folgende Waren eingetragen ist:
Befestigungselemente, nämlich Dübel aus Metall und Zubehörteile
dazu, nämlich Spezialschrauben, insbesondere Hakenschrauben,
Ösenschrauben, Schrauben mit zwei Gewindeabschnitten unter-
schiedlichen Durchmessers;
Befestigungselemente, nämlich Dübel aus Kunststoff oder teilweise
aus Kunststoff und teilweise aus Metall und Zubehörteile dazu,
nämlich Bundmuttern, Dichtungskappen und Abdeckkappen, alle
aus Kunststoff; Kabel und Rohrschellen aus Kunststoff; Behälter
aus Kunststoff für diese Teile.
Nach dem Inhalt der Widerspruchserklärung ist der Widerspruch auf die oben ge-
nannten Waren der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen die oben-
genannten Waren der angegriffenen Marke.
Mit Beschluss vom 30. Januar 2001 hat die Markenstelle für Klasse 7 durch ein
Mitglied des Patentamts die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für fol-
gende Waren angeordnet:
Schlosserwaren und Kleineisenwaren, Waren aus Metall, soweit in
Klasse 6 enthalten;
Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Kunststoffen.
Im Übrigen ist der Widerspruch zurückgewiesen worden.
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Nach Auffassung der Markenstelle sind die für die Widersprechende geschützten
Waren teilweise von den von der Löschungsanordnung betroffenen Oberbegriffen
der jüngeren Marke umfasst, so dass insoweit Identität oder eine hohe Ähnlichkeit
der Waren bestehe. Außerdem seien die Marken hochgradig ähnlich. Die ange-
griffene Marke werde vom Wortbestandteil "FISCHER" geprägt, während sich die
graphischen Elemente nicht zur Benennung der Marke eigneten und der Zusatz
"Fertigungstechnik" nur eine beschreibende Erläuterung der Tätigkeit der Mar-
keninhaberin darstelle. Obwohl es sich bei dem Wort "Fischer" um einen ge-
bräuchlichen Familiennamen handele, sei von einer zumindest normalen Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, da sie eine starke Bekannt-
heit am Markt aufweise. "Fischer-Dübel" und damit zusammenhängende Pro-
dukte seien praktisch jedem, der derartige Produkte verwende, bekannt. Daher
liege teilweise eine Verwechslungsgefahr vor, während für die übrigen Waren
keine Ähnlichkeit und damit keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden
könne.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der ange-
griffenen Marke. Sie hat die streitgegenständlichen Warenbegriffe wie folgt einge-
schränkt:
"Schlosserwaren und Kleineisenwaren sowie Waren aus Metall,
soweit in Klasse 6 enthalten, mit Ausnahme von Befestigungsele-
menten (insbesondere Dübeln) und Zubehörteilen von Befesti-
gungselementen;
Waren aus Kunststoffen, soweit in Klasse 20 enthalten, mit Aus-
nahme von Befestigungselementen (insbesondere Dübeln) und Zu-
behörteilen von Befestigungselementen sowie Behältern hierfür."
Die Markeninhaberin hat ferner die Benutzung der Widerspruchmarke hinsichtlich
aller Waren außer für Befestigungselemente bestritten und geltend gemacht, dass
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es sich bei diesen Waren nicht um Schlosserwaren oder Kleineisenwaren han-
dele.
Zur Begründung trägt sie im übrigen vor, dass es sich beim Wort "Fischer" um ei-
nen überdurchschnittlich bekannten deutschen Familiennamen wie "Meier",
"Schulz" usw. handele und ihm damit nur eine geringe Unterscheidungskraft zu-
komme. Im berechtigten Interesse der anderen Namensträger, in der Nutzung ih-
res eigenen Namens nicht über Gebühr beeinträchtigt zu werden, könne solchen
Familiennamen nur in engen Grenzen Markenschutz eingeräumt werden. Schon
geringfügige Zusätze müssten ausreichen, um die Verwechslungsgefahr zu ver-
neinen. Hierfür reichten der in der jüngeren Marke befindliche Zusatz "Ferti-
gungstechnik" und der Bildbestandteil aus. Darüber hinaus sei zu beachten, dass
die Widerspruchsmarke für Befestigungselemente eingetragen sei, während die
von der Löschungsanordnung erfassten Waren nicht als Befestigungselemente
eingeordnet werden könnten.
Die Markeninhaberin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit die Löschung
der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und den Wider-
spruch in vollem Umfang zurückzuweisen.
Sie regt schließlich die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses, dem
sie nicht entnehmen könne, dass der Widerspruchsmarke ein über Gebühr hi-
nausgehender Schutzumfang zugebilligt worden sei. Der Widerspruchsmarke
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komme jedenfalls eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu. Darüber hinaus besitze
die Widersprechende eine Reihe von Markeneintragungen mit dem Bestandteil "fi-
scher".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
1. Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist nicht be-
gründet.
Unstreitig wird die Widerspruchsmarke für Befestigungselemente, nämlich Dübel
aus Metall oder Kunststoff, sowie bestimmte Zubehörteile rechtserhaltend benutzt.
Geht man von diesen Waren aus, besteht trotz der im Beschwerdeverfahren vor-
genommenen Einschränkung der streitgegenständlichen Warenbegriffe der jünge-
ren Marke weiterhin die Gefahr von Verwechselungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage einer
markenrechtlichen Verwechselungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter
Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist
von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-
/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit
und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen,
dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen
höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älte-
ren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR
2001, 544, 545 = WRP 2002, 537 – BANK 24, m.w.N.; GRUR 2002, 1067
- DKV/OKV).
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a) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen liegen nach Ein-
schränkung der streitgegenständlichen Waren der angegriffenen Marke zwar nicht
mehr im Identitätsbereich, jedoch besteht noch eine zumindest mittelgradige Ähn-
lichkeit. Die für die jüngere Marke eingetragenen Schlosserwaren, Kleineisenwa-
ren, Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, und Waren aus Kunststoffen,
soweit in Klasse 20 enthalten, weisen schon im Hinblick auf die inhaltliche Weite
dieser Oberbegriffe selbst dann noch erhebliche wirtschaftliche Berührungspunkte
mit den für die Widersprechende geschützten Befestigungselementen und deren
Zubehörteilen auf, wenn die letztgenannten Waren von den erstgenannten aus-
drücklich ausgenommen werden. Denn nach wie vor umfassen die streitgegen-
ständlichen Warenbegriffe der angegriffenen Marke auch Waren, die mit Dübeln
und deren Zubehörteilen aus Metall oder Kunststoff nach Kriterien wie dem Ver-
wendungszweck, der stofflichen Beschaffenheit, den Vertriebswegen und den Ab-
nehmerkreisen erhebliche Gemeinsamkeiten aufweisen können. Hierbei war auch
der insoweit unbestrittene Vortrag der Widersprechenden zu berücksichtigen, wo-
nach Befestigungselemente auf der Eisenwarenmesse in Köln ein Schwerpunkt-
gebiet darstellten, Profile, Beschläge sowie Befestigungselemente typische
Schlosserwaren seien und Schlosser ebenso wie Kleineisenwarenhändler zu den
wichtigsten Zielgruppen für die von der Widersprechenden produzierten Befesti-
gungselemente gehörten.
Ergänzend wird auf Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistun-
gen, 12. Aufl., S. 192, 294 verwiesen, wonach in einer 1976 ergangenen Ent-
scheidung des 28. Senats des Bundespatentgerichts sowohl Kleineisenwaren als
auch Schlosserwaren als gleichartig i.S.d. § 5 Abs. 2 WZG mit Befestigungsele-
menten aus Metall für industrielle Zwecke angesehen worden sind.
b) Den danach erforderlichen zumindest mittleren Abstand zur Widerspruchs-
marke hält die angegriffene Marke wegen der klanglichen Übereinstimmung ihres
Bestandteils "FISCHER" mit der Widerspruchsmarke nicht ein. Zwar ist von der
registrierten Form der Marken auszugehen, wobei es grundsätzlich nicht zulässig
ist, aus der angegriffenen Marke ein Element herauszugreifen und dessen Über-
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einstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen. Dies zwingt indessen nicht
dazu, die Marken stets in allen jeweiligen Merkmalen zu vergleichen. Vielmehr
kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeu-
tung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, indem
er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist (vgl. Altham-
mer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., Rz. 174 f., m.w.N.).
Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird durch den Bestandteil
"FISCHER" geprägt, der mit der Widerspruchsmarke klanglich identisch ist. Die
übrigen Markenbestandteile treten nämlich derart zurück, dass sie für den Ge-
samteindruck vernachlässigt werden können. So lässt sich der Bildbestandteil bei
der mündlichen oder schriftlichen Benennung der Marke kaum oder nur durch eine
umständliche Umschreibung wiedergeben. Gegenüber den Wortbestandteilen,
denen erfahrungsgemäß als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine
prägende Bedeutung zukommt (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., Rdn. 192),
tritt er jedenfalls bei der mündlichen Benennung zurück und ist für den Gesamt-
eindruck zu vernachlässigen.
Dies gilt entgegen der Auffassung der Inhaberin der jüngeren Marke auch für den
Wortbestandteil "Fertigungstechnik". Hierfür spricht vor allem der Charakter dieses
Wortes als rein beschreibender Bezeichnung des technischen Gebiets, auf dem
die Markeninhaberin tätig ist und in dem die streitgegenständlichen Waren produ-
ziert werden. Schon aus diesem Grund werden erhebliche Teile des Verkehrs dem
Markenelement "Fertigungstechnik" keine eigentlich kennzeichnende Funktion
beimessen. Darüber hinaus ist das Wort gegenüber dem weiteren Wortbestandteil
"FISCHER" optisch deutlich untergeordnet. Letzterer nimmt sowohl nach seiner
Größe und Position oberhalb des zweiten Wortelements als auch nach seiner
-
wenn auch werbeüblichen
- graphischen Ausgestaltung die dominierende
Stellung innerhalb der Gesamtmarke ein. Er allein prägt daher den Gesamt-
eindruck der angegriffenen Marke.
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Hiergegen kann die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht mit Erfolg einwenden,
dass es sich bei dem Wort "Fischer" um einen häufig vorkommenden Nachnamen
handele, so dass nur die Wortfolge "FISCHER Fertigungstechnik" vom Verkehr als
die eigentlich kennzeichnende Bezeichnung aufgefasst werde. Auch wenn es sich
bei "Fischer" um einen sogenannten Allerweltsnamen handelt, so gibt es keinen
markenrechtlichen Grundsatz, nach dem solchen Namen von Haus aus eine ge-
minderte Kennzeichnungskraft zukommt. Außerdem wird ein Nachname, mag er
auch noch so häufig vorkommen, vom Verkehr traditionell als das klassische be-
triebliche Kennzeichnungsmittel aufgefasst. Ob und in welchem Maße der Verkehr
– etwa bei Vornamen - den weiteren Wortbestandteilen von Gesamtmarken eine
Bedeutung beimisst, nach der die Marke ihre eigentliche Individualisierungsfunk-
tion erst zusammen mit diesem weiteren Element erhält, kann hier dahingestellt
bleiben. Denn angesichts des rein beschreibenden Begriffsinhalts und der optisch
untergeordneten Stellung des Markenbestandteils "Fertigungstechnik" kann von
einer erst durch ihn bewirkten markenrechtlichen Individualisierungsfunktion keine
Rede sein.
c) Als weiterer der zueinander in Wechselwirkung stehenden Faktoren der Ver-
wechselungsgefahr ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu be-
rücksichtigen. Wie die Widersprechende unwidersprochen vorgetragen hat, wird
ihre Marke seit mehreren Jahrzehnten in erheblichem Umfang benutzt und verfügt
für ihre Waren über einen hohen Bekanntheitsgrad. Es ist daher von einem er-
höhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen.
d) Da es sich bei den streitgegenständlichen Waren in beachtlichem Umfang um
preiswerte, von Endverbrauchern erworbene Waren handelt, ergibt sich für den
Senat unter Würdigung der zumindest mittelgradigen Ähnlichkeit der Waren, der
klanglichen Identität der Marken bzw. ihrer prägenden Bestandteile und der er-
höhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke insgesamt eine beachtliche
Gefahr von Verwechslungen. Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.
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2. Für die von der Markeninhaberin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde
sieht der Senat keinen Anlass.
Zwar wirft das Recht der Gleichnamigen immer wieder Rechtsprobleme auf, hier
jedoch liegt keine offene Rechtsfrage vor, die einer Klärung bedarf. Die obenste-
hende Beurteilung der Markenähnlichkeit hält sich im Rahmen der Rechtspre-
chung zu Mehrwortmarken, die einen oder mehrere beschreibende Wortelemente
aufweisen. Einerseits fehlt solchen kennzeichnungsschwachen oder gar -unfähi-
gen Elementen grundsätzlich die Eignung, den Gesamteindruck einer Marke zu
prägen, andererseits stellt dies zugleich ein Indiz dafür dar, dass die kennzeich-
nungskräftigeren anderen Markenelemente als für den Gesamteindruck prägend
angesehen werden, da sich die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf sie konzentriert
(vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., Rdn. 188f. m.w.N.). Unter Zugrundelegung
dieser Grundsätze ist hier auch das Verhältnis der Markenbestandteile "FISCHER"
und "Fertigungstechnik" zueinander beurteilt worden. Daher war weder eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG) noch ist erkennbar, inwiefern die Rechtsbeschwerde der Fortbildung
des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen könnte
(§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Winkler
Hock Kätker
Cl
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Abb. 1