Urteil des BPatG vom 23.08.2006

BPatG: rom, eugh, verkehr, herkunft, base, unternehmen, medien, serie, begriff, bestandteil

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 99/06
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 306 14 713.0
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
15. März 2007 durch …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Be-
schluss vom 23. August 2006 die Anmeldung der Wortmarke
Baseline
für verschiedene Waren der Klassen 9, 11, 15 und 20 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die
angesprochenen Verkehrskreise diese als üblichen Hinweis auf die Zugehörigkeit
der beanspruchten Waren zu einer Grundausstattung bzw. grundlegenden Pro-
duktlinie ansähen und damit in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der bean-
spruchten Waren erkennen könnten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 23. August 2006
aufzuheben.
Sie hält die Anmeldemarke weiterhin für schutzfähig, weil sie die beanspruchten
Waren nicht unmittelbar beschreiben könne und weist im Übrigen auf die Ent-
scheidung 32 W (pat) 291/01 hin, mit welcher die Kennzeichnung „Baseline“ für
schutzfähig erachtet wurde. Im Hinblick darauf regt sie die Zulassung der Rechts-
beschwerde an.
- 3 -
II.
A.
Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht
und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wieder-
holungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die
Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerde-
begründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.
Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass der angemeldeten Be-
zeichnung ungeachtet der Frage eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses
nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8
Abs. 1 Nr. 1 MarkenG fehlt, also nach der ständigen Rechtsprechung des Euro-
päischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR
2003, 187, 190 [Rz.
41]
- Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington) und des Bun-
desgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2000,
720, 721 – Unter Uns) die Eignung, von den Abnehmern, an welche sich die be-
anspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, als Unterscheidungsmittel für
die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber
solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Trotz des grundsätzlich ge-
botenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 1995, 408 [409]
- PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) ist nämlich davon auszuge-
hen, dass die durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Ab-
nehmer (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944
- SAT.2) in ihr keinen Hinweis mehr auf die Herkunft der beanspruchten Waren
aus einem Unternehmen sehen, sondern ihr nur einen für diese Wa-
ren im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen werden
(vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-
Service; BGH GRUR
2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE
CORPORATION).
- 4 -
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, besteht die Anmeldemarke für den
Verkehr ohne Mühe erkennbar aus den beiden zum englischen Grundwortschatz
gehörenden Worten „base“, welches für „Basis, Fundament, Ausgangsbasis,
Grundbestandteil, Grundlage“ steht (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch Eng-
lisch, 3. Aufl. Mannheim 2005 [CD-ROM] Stichwort „base“ und „line“, welches im
geschäftlichen Verkehr nach ständiger nationaler und europäischer Rechtspre-
chung die Produkt- oder Sortimentslinie bzw. -serie bezeichnet (vgl. BGH
GRUR
1996, 68, 69 -
COTTONLINE; BPatGE
30, 227, 228 -
LADYLINE;
BPatGE 34, 11 - Glass-Line; s. a. von den zahlreichen auf der PAVIS CD-ROM
veröffentlichten Zurückweisungen von Marken mit dem Bestandteil „Line“ u. a.
BGH I
ZB
7/95 und 8/95 -
Active
Line;
BPatG
25 W (pat) 9/95
und
24 W (pat) 76/95 - Topline; 30 W (pat) 53/95 - POWERLINE; 24 W (pat) 237/95
- TRENDLINE; 32 W (pat) 89/96 - ComfortLine; 32 W (pat) 157/96 - TOPLINE;
32 W (pat) 171/96 - Profiline; 29 W (pat) 209/96 - SALES LINE; 28 W (pat) 190/98
- Trendline; EuG T 0019/99 - COMPANYLINE; HABM R0741/99 1 - EUROLINE;
R0690/99 3 - TOP-LINE). In ihrer Zusammenfügung wird der Verkehr der Anmel-
demarke daher nur den ihm aus zahlreichen Verwendungen für jegliche Art von
Waren geläufigen schlichten Sachhinweis darauf entnehmen, dass es sich bei den
beanspruchten Waren um solche handelt, welche zur Grundproduktserie des je-
weiligen Warenanbieters gehören, bei denen es sich also um eine (erweiterbare)
Grundausstattung handelt. Soweit die Anmelderin geltend macht, damit würden
nicht Merkmale der beanspruchten Waren beschrieben, irrt sie; denn mit dem
Hinweis auf die Angehörigkeit zur Grundausstattung wird eine Aussage über ihre
Eignung und Verwendbarkeit und damit über ein für die Kaufentscheidung we-
sentliches Merkmal getroffen (ähnlich EuGH GRUR 2003, 58 - Companyline; BGH
GRUR
1998, 394 -
Active Line; BPatG 24
W
(pat)
262/99 -
babyline;
28 W (pat) 117/95 - BIOLINE; 32 W (pat) 78/95 - BLUE LINE; 25 W (pat) 134/01
- c@rline;
29 W (pat) 12/99
- Colorline;
32 W (pat) 89/96
- ComfortLine;
32 W (pat) 157/95 - TOP-LINE; 33 W (pat) 45/01 - TopLine; 25 W (pat) 9/95
- Topline; 24 W (pat) 76/96 - Topline; 28 W (pat) 41/05 - CREATIVE LINE;
33 W (pat) 210/03 - creative line; 27 W (pat) 235/00 - CyberLine; 25 W (pat) 34/05
- 5 -
- Danceline;
32 W (pat) 154/96
- ecoLINE;
32 W (pat) 59/98
- EUROLINE;
28 W (pat) 24/98
- EUROLINE;
28 W (pat) 133/96
- Fantasy-Line;
32 W (pat) 108/05
- GOURMET
LINE;
33 W (pat) 122/97
- Green-Line;
33 W (pat) 144/99 - GREENLINE; 30 W (pat) 187/03 - Handyline; 30 W (pat) 6/02
- HighQLine; 28 W (pat) 378/03 - Hobby Line; 32 W (pat) 18/97 - Kitchenline;
25 W (pat) 126/03
- Language
Line;
32 W (pat) 411/02
- LearnLine;
27 W (pat) 103/03 - magic line; 27 W (pat) 336/03 - MEGALINE; 24 W (pat) 30/95
- NEURON-LINE; 30 W (pat) 53/95 - POWERLINE; 32 W (pat) 171/96 - Profiline;
27 W (pat) 306/00 - STARLINE; 28 W (pat) 190/98 - Trendline; 24 W (pat) 237/95
- TRENDLINE; 27 W (pat) 46/01 - FUNLine; sämtliche Entscheidungen veröffent-
licht auf der PAVIS CD-ROM).
Dem steht auch nicht die Entscheidung des 32.
Senats in der Sache
32 W (pat) 291/00 entgegen, in welcher die Schutzfähigkeit der Marke „Baseline“
bejaht wurde; denn diese Entscheidung beruht - abgesehen davon, dass es sich
dabei um eine bloße Tatsachenbeurteilung handelt, der nicht einmal indizielle Be-
deutung zukäme - im Wesentlichen darauf, dass dem Begriff „baseline“ für „Me-
dien im weiten Sinne“ - die vorliegend nicht in Rede stehen - keine beschreibende
Bedeutung beigemessen wurde.
Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintra-
gung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat,
war die Beschwerde zurückzuweisen.
B.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage
von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG)
noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-
sprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG). Zu befinden war vielmehr allein auf der Grundlage der höchstrichterli-
chen Rechtsprechung über die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke aufgrund
der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falls. Auch soweit sich die
- 6 -
Anmelderin auf die Entscheidung BPatG 32 W (pat) 291/00 beruft, rechtfertigt dies
nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde, weil diese Entscheidung nicht bei den
Rechtsfragen, welche der hier erkennende Senat beantwortet, sondern - wenn
überhaupt - allenfalls in Bezug auf bloße Tatsachenfragen von der vorliegenden
Entscheidung abweicht; letztere sind aber der Rechtsbeschwerde grundsätzlich
nicht zugänglich.
gez.
Unterschriften