Urteil des BPatG vom 04.05.2009

BPatG (marke, beschwerde, antragsteller, festsetzung, höhe, teil, antrag, interesse, zpo, austausch)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 138/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke …
Kostenfestsetzung in dem Löschungsverfahren
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch
den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Metternich und die Richterin
Dr. Hoppe am 28. September 2010
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der vormalige Mar-
keninhaber und Kostenschuldner zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Kostenbeschwerdeverfahren wird
festgesetzt auf 1.679,80 €.
G r ü n d e
I .
Mit Beschluss vom 4. Mai 2009 hat die Markenabteilung 3.4 die Löschung der
Marke
Nr.
(…
…)
angeordnet
und
dem
vormaligen
Markeninhaber
die
Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Zur Begründung hat die Markenab-
teilung ausgeführt, dass die Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bösgläubig
angemeldet worden sei.
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Gegen diesen Beschluss hat der vormalige Markeninhaber keine Rechtsmittel
eingelegt. Mit Antrag vom „21. Mai 2008“, eingegangen am 20. Juli 2009, hat der
Antragsteller sodann die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten wie folgt be-
antragt:
Gegenstandswert: 50.000,00 €
1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG
1.359,80 €
1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG
1.359,80 €
Anrechnung der Geschäftsgebühr i.H.v. 0,65
- 679,90 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG
20,00 €
Nettobetrag
2.059,70 €
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG
397,34 €
Gesamtbetrag
2.451,04 €
Diesem Antrag ist der vormalige Markeninhaber mit Schriftsatz vom
10. September 2009 entgegengetreten. Er hat hierzu die Auffassung vertreten,
dass gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG bei Verfahren vor dem DPMA im Re-
gelfall jeder Beteiligte seine Kosten selbst trage. Es seien keine Gründe erkenn-
bar, warum von diesem Grundsatz abgewichen werden solle.
Mit Beschluss vom 29. September 2009 hat die Markenabteilung 3.4 die von dem
vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner an den Antragsteller und Kos-
tengläubiger zu erstattenden Kosten sodann festgesetzt auf 1.679,80 €. Dabei ist
die Markenabteilung von dem Regelgegenstandswert in Höhe von 50.000,00 €
ausgegangen und hat folgende Gebühren festgesetzt:
1,3 Geschäftsgebühr § 13 RVG - Nr. 2300
1.359,80 €
Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV
20,00 €
Löschungsantragsgebühr
300,00 €
insgesamt
1.679,80 €
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Sie hat hierzu erläutert, dass die von dem Antragsteller begehrte Gebühr nach
Nr. 3100 VV - RVG nicht berechtigt gewesen und daher durch die Löschungsan-
tragsgebühr in Höhe von 300,00 € ersetzt worden sei. Diese Gebühr habe ange-
setzt werden dürfen, weil die von dem Antragsteller genannte Größenordnung des
zu erstattenden Betrages nicht überschritten worden sei.
Gegen die Kostenfestsetzung richtet sich die Beschwerde des vormaligen Mar-
keninhabers und Kostenschuldners vom 15. Oktober 2009, die er nicht begründet
hat.
II.
Die Beschwerde ist erfolglos.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 3 Mar-
kenG statthaft und gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 MarkenG auch fristgerecht eingelegt
worden.
2.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
a)
Soweit der vormalige Markeninhaber und Kostengläubiger im Löschungs-
verfahren eingewendet hat, dass keine Veranlassung für eine Kostenauferlegung
nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bestehe, steht dieses Argument der
vorgenommenen Kostenfestsetzung nicht entgegen. Das Kostenfestsetzungs-
verfahren, in dem nur über die Höhe der erstattungsfähigen Kosten zu entschei-
den ist, ist von der vorausgegangenen - hier rechtskräftigen - Entscheidung über
die Kostengrundentscheidung nämlich strikt zu trennen. Die Begründetheit der
ergangenen Kostengrundentscheidung kann daher im Kostenfestsetzungsverfah-
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ren grundsätzlich nicht überprüft werden (BPatG 28 W (pat) 4/02; Ströbele/Hacker,
Markengesetz, § 63 Rd. 10).
b)
Der von der Markenabteilung für die Gebührenbemessung angesetzte Ge-
genstandswert von 50.000 € ist nicht zu beanstanden, da dies dem Regelge-
genstandswert in Löschungsverfahren entspricht (vgl. BPatG, 27 W (pat) 68/02;
BPatG MarkenR 2006, 172; BPatGE 41, 100; 26 W (pat) 128/03; BPatG
17 W (pat) 182/04; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 26; v. Schultz,
MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 11; Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 71 Rd. 13). Da es im
markenregisterrechtlichen Verfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren
fehlt, ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in entsprechender An-
wendung von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (früher § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO) regelmäßig
nach billigem Ermessen zu bestimmen. Grundlage für die Bewertung bildet im
Markenlöschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG das Interesse der Allge-
meinheit an der Löschung (BPatG 28 W (pat) 4/02; BPatG 24 W (pat) 240/03;
BPatG MarkenR 2006, 172; BPatGE 41, 100; BPatGE 21, 140). Bei einem Lö-
schungsverfahren wegen bösgläubiger Anmeldung einer Marke, die - wie hier -
einen Bezug zu einer bundesweit bekannten Marke aufweist, ist davon auszuge-
hen, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der Marke zumindest
diesem Regelgegenstandswert entspricht. Abzustellen ist hier insbesondere auch
auf das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der von der Rechtsord-
nung missbilligten Beeinträchtigung und Störung des Wettbewerbs durch die an-
gegriffene Marke (BPatG 27 W (pat) 68/02).
c)
Die Markenabteilung hat auch die einzelnen Gebühren korrekt festgesetzt.
aa)
RVG bestehen vorliegend keine Bedenken. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist das
die BRAGO ersetzende RVG anzuwenden, sofern die Beauftragung des Verfah-
rensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004 erfolgt ist. Davon ist hier angesichts
der Einleitung des Löschungsverfahrens erst im Jahre 2008 auszugehen.
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bb)
nach Nr. 2300 VV - RVG festgesetzt.
Der Rahmensatz der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Teil 2 VV-RVG liegt zwi-
schen 0,5 und 2,5. Ausweislich des Gesetzestextes kann eine Gebühr von mehr
als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Auch in einem Löschungsverfahren, das weder in tatsächlicher noch in rechtlicher
Sicht eine besondere Schwierigkeit oder einen überdurchschnittlichen Aufwand
erkennen lässt, ist deshalb der Ansatz einer 1,3 fachen Mittelgebühr angemessen
(ebenso zu § 118 BRAGO: BPatG 33 W (pat) 196/04; 24 W (pat) 240/03;
28 W (pat) 4/02).
cc)
von dem Antragsteller nach Nr. 3100 VV - RVG beantragte 1,3-fache Verfahrens-
gebühr nicht zuzusprechen war. Eine solche Gebühr kann nämlich nur in gerichtli-
chen Verfahren nach Teil 3 VV - RVG entstehen, wohingegen die Tätigkeit vor
dem DPMA nach Teil 2 der VV - RVG zu vergüten ist.
dd)
Löschungsgebühr nach Nr. 333 300 GebVerz PatKostG ist zu Recht erfolgt. Die
Markenabteilung war nicht dadurch am Austausch der Gebührentatbestände ge-
hindert, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung
dieser Gebühr nicht beantragt hat. Zwar folgt aus der Ausgestaltung des Festset-
zungsverfahrens als antragsabhängiges Parteiverfahren (§ 308 ZPO, § 63 Abs. 3
Satz 1 MarkenG), dass die Festsetzung eines Betrages, der über den gestellten
Antrag hinausgehen würde, nicht zulässig wäre. Dies schließt aber nicht aus, eine
geforderte, nicht entstandene Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte
Gebühr auszutauschen, solange der festgesetzte Betrag den beantragten nicht
überschreitet und beide Gebühren auf denselben Sachverhalt bezogen sind (vgl.
OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 966; OLG Koblenz JurBüro 1996, 211; Frankfurt
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RpflG 1988, 162; Zöller/Herget, ZPO, 28. Auflage, § 104 „Austausch von Kosten,
Gebührenauswechselung“; Müller, JurBüro 1996, 212).
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG
dem vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner aufzuerlegen.
In Kostenbeschwerdeverfahren entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kosten
entsprechend dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen, weil nur auf diese Weise
auch wirtschaftlich akzeptable Ergebnisse erzielt werden können (BPatG,
33 W (pat) 74/06; BPatG 24 W (pat) 13/07; BPatG 27 W (pat) 68/02). Ansonsten
bestünde die Gefahr, dass der in einem solchen Rechtsstreit Obsiegende durch
die Belastung mit seinen eigenen Kosten letztlich einen wirtschaftlichen Schaden
erleiden würde (BPatG, 33 W (pat) 74/06; Ströbele/Hacker, Markengesetz,
9. Aufl., § 71 Rd. 17).
Bender
Metternich
Dr. Hoppe
Cl