Urteil des BPatG vom 15.01.1999

BPatG (beschwerde, patg, marke, rückzahlung, bundespatentgericht, antrag, billigkeit, sache, begründung, begründungspflicht)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 12/00
_______________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 395 49 403
hat der 32.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. Dezember 2000
durch
Vorsitzende Richterin Winkler, Richter
Dr. Fuchs-Wissemann und Richter Sekretaruk
BPatG 152
6.70
- 2 -
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewie-
sen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
G r ü n d e
I.
Auf Widerspruch gegen die Marke 395 49 403 verwarf das Deutsche Patent- und
Markenamt mit Beschluß vom 15. Januar 1999 diesen als unzulässig, da innerhalb
der Widerspruchsfrist ein Widerspruchsschriftsatz beim Patentamt nicht ein-
gegangen war. Zuvor hatte die Markenstelle allerdings mit Bescheid vom
25. März 1997 den Widerspruch im Hinblick auf den rechtzeitigen Eingang der
Widerspruchsgebühr "anerkannt". Im nachfolgenden Erinnerungsverfahren bean-
tragte die Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchs-(
und des Erinnerungs-) Verfahrens aufzuerlegen.
Die Erinnerung der Widersprechenden wurde mit Beschluß vom 18. August 1999
zurückgewiesen. Der Beschluß enthält keine Bestimmung über die Kosten. Der
Kostenantrag der Markeninhaberin ist nicht erwähnt.
Am 6. September 1999 beantragte die Markeninhaberin, über ihren Kostenantrag
durch "Nachtragsbeschluß" zu entscheiden. Durch Bescheid der Markenabteilung
vom 16.
September
1999 wurde ihr mitgeteilt, daß "der Beschluß vom
18.
August
1999 hinsichtlich der Kostenfolge nicht ergänzungsbedürftig ist
(§ 63 Abs 1 Satz 1 MarkenG) und in einem zweiseitigen Verfahren wegen
§
66
Abs
3 Satz
1
MarkenG auch aus rechtlichen Gründen nicht er-
gänzt/abgeändert werden darf." Daraufhin hat die Markeninhaberin gegen den ihr
am 3. September 1999 zugestellten Beschluß vom 18. September 1999 am Mon-
tag, dem 4. Oktober 1999 Beschwerde eingelegt.
- 3 -
Sie beantragt (sinngemäß),
1. den Beschluß vom 18. August 1999 insoweit aufzuheben,
als ihrem Kostenantrag nicht stattgegeben wurde, der Wi-
dersprechenden die Kosten des Widerspruchs- und Erin-
nerungsverfahrens aufzuerlegen und
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, keine erstattungsfähigen Kosten schuldhaft verursacht zu ha-
ben.
II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig (§ 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG),
in der Sache jedoch unbegründet, denn es entspricht nicht der Billigkeit, der Wi-
dersprechenden die Kosten des Widerspruchs- (und Erinnerungs-) Verfahrens-
verfahrens aufzuerlegen.
1.
Nach § 63 Abs 1 Satz 1 MarkenG kann das Patentamt bestimmen, daß die
Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn
dies der Billigkeit entspricht.
Diese Vorschrift geht von dem Grundsatz aus, daß an Verfahren, an denen meh-
rere Personen beteiligt sind, jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt
(vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 71 Rdn 18). Für ein Abweichen von
- 4 -
diesem Grundsatz bedarf es daher besonderer Umstände, die die Auferlegung
einer Kostenerstattungspflicht als billig erscheinen lassen (vgl
BGH GRUR 1972,600,601 "Lewapur"). Dies wäre dann der Fall, wenn die Wider-
sprechende gegen ihre prozesssualen Sorgfaltspflichten verstoßen hätte, etwa
weil sie in Kenntnis der Aussichtslosigkeit ihres Widerspruchs die Löschung der
angegriffenen Marke weiterverfolgt hätte (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 71
Rdn 16).
Eine Verletzung ihrer prozessualen Sorgfalspflichten ist der Widersprechenden
nicht anzulasten. Die Widersprechende durfte aufgrund des Bescheids vom
25. März 1997, mit dem der Widerspruch "anerkannt" wurde, davon ausgehen, ihr
Widerspruch sei zulässig und werde in der Sache beschieden. Die sachliche Er-
folgsaussicht war mit Rücksicht auf die hochgradige Ähnlichkeit der Marken
günstig. Da der erste Beschluß der Markenstelle im Widerspruch zu dem "Aner-
kenntnis" stand, lag es im Rahmen einer prozessual vertretbaren Interessenwah-
rung, das Widerspruchsverfahren durch Einlegung der Erinnerung fortzusetzen
(vgl BPatG Mitt 1984,177,178).
2.
Der Antrag der Markeninhaberin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr
ist begründet. Nach § 71 Abs 3 MarkenG kann das Bundespatentgericht anord-
nen, daß die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, wenn es aufgrund der be-
sonderen Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten (vgl Alt-
hammer/Ströbele, aaO, § 71 Rdn 37). Das ist der Fall, wenn das Patentamt gegen
wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen hat und bei Beachtung der ver-
letzten Vorschriften die Beschwerde wahrscheinlich nicht erhoben worden wäre
(vgl Schulte PatG 5. Aufl, § 73 Rdn 40 mwN).
Die Markenstelle hat gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift verstoßen, in-
dem sie ihrer Begründungspflicht gemäß § 61 Abs 1 MarkenG nicht nachgekom-
men ist. Danach sind Entscheidungen, die einen Verfahrensbeteiligten beschwe-
ren, mit Gründen zu versehen (vgl Busse, PatG, 5.Aufl, §80 Rdn 8; Benkard,
PatG, 9.Aufl, § 47 Rdn 7). Der Beschluß vom 18. August 1999 enthält keine Be-
stimmung über die Kosten, dh, daß jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten
- 5 -
selbst trägt (§ 62 Abs 1 Satz 3 MarkenG). Damit hat die Markenstelle dem aus-
drücklich gestellten Kostenantrag der Markeninhaberin ohne Begründung nicht
stattgegeben und ihn somit beschwert. Von einer Begründung einer Kostenent-
scheidung kann nur abgesehen werden, wenn es beim Grundsatz der eigenen
Kostentragung bleiben soll und kein Antrag auf Kostenauferlegung gestellt ist.
Dieser Verfahrensfehler war wahrscheinlich kausal für die Einlegung der Be-
schwerde, denn es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Markeninhaberin von der
Einlegung der Beschwerde abgesehen hätte, wenn die Zurückweisung ihres
Kostenantrags begründet worden wäre.
3.
Für die Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei dem Grundsatz,
daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Auch hier ist der Markeninhaberin kein Verstoß gegen ihre prozessualen Sorg-
faltspflichten anzulasten, weil sie Beschwerde gegen einen sie beschwerenden,
nicht mit Gründen versehenen Beschluß eingelegt hat.
Winkler Dr.
Fuchs-Wissemann Sekretaruk
Mü/Na/Ja