Urteil des BPatG vom 08.06.2007

BPatG: kennzeichnungskraft, verwechslungsgefahr, verkehr, eugh, wortmarke, verbraucher, zahl, werbung, ausschluss, sir

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 118/04
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
8. Juni 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
- 2 -
betreffend die Marke 300 69 018
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 18. April 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die für die Waren
Möbel und Büromöbel, Tische einschließlich Arbeitstische, Be-
sprechungstische, Schreibtische, Stehtische und -pulte, Arbeits-
platzmöbel, Schränke und Schrankwände, Sitzmöbel, Empfangs-,
Beratungs- oder Kundentheken, Organisationsmöbel, Regale und
Regalsysteme, Wandregal, Standregal, zugehörige Organisations-
Anbauteile sowie Anbauten, Aufbauten und Unterbauten, insbe-
sondere auch zur Nutzung im Zusammenhang mit EDV-Anlagen
sowie EDV-Komponenten und Multimedia-Präsentationen, vorste-
hend genannte Möbel auch als mobile oder verfahrbare Möbel,
ausgenommen Labormöbel
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eingetragene Wortmarke 300 69 018
Hopper
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren
Möbel, insbesondere Sitzmöbel
eingetragenen prioritätsälteren Wortmarke 396 17 047
SWOPPER
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren er-
gangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei bestehender
Warenidentität und - mangels Vortrags bzw. Nachweises einer intensiven Be-
nutzung - anzunehmender durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke sei aufgrund erheblicher klanglicher und schriftbildlicher Abwei-
chungen am Wortanfang eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Die Lautfolge
„SW“ klinge wesentlich markanter als der Hauchlaut „H“. Zur Unterscheidbarkeit
trage überdies der Sinngehalt in der jüngeren Marke bei, der als substantivische
Form des geläufigen englischen Verbs „to hop“ (= hüpfen) auch für den Verkehr
erkennbar sei.
Hiergegen wendet sich der Widersprechende mit der Beschwerde. Er vertritt die
Auffassung, die bestehende Warenidentität sowie der Umstand, dass die Wider-
spruchsmarke als Fantasiebegriff eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft
aufweise, hätten eine klangliche Verwechslungsgefahr zur Folge. In phonetischer
Hinsicht würden die Zeichen durch die doppelte Konsonantenfolge „PP“ und den
Endkonsonanten „R“ geprägt. Die jeweiligen Anfangskonsonanten „H“ und „S“
seien Reibelaute und würden stimmlos ausgesprochen, was eine akustische Ähn-
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lichkeit begründe. Die Lautfolge „-OPPER“ sei nicht abspaltbar und habe keinen
beschreibenden Sinngehalt. Schließlich verfüge die Widerspruchsmarke
„SWOPPER“ über eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit, die auch den Schutzbe-
reich vergrößere. Die Trefferliste in „Google“ zeige bereits auf den ersten drei von
zehn Seiten 27 Websites des Widersprechenden. Die Marke werde umfangreich
mit einem jährlichen Werbeaufwand von € 300.000 und € 400.000 beworben; zu-
dem erschienen regelmäßig Artikel in auflagenstarken Zeitschriften wie Cosmopo-
litan, Petra etc..
Der Widersprechende beantragt daher sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angegriffe-
nen Marke zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, die Vergleichsmarken seien nicht verwechselbar. Rein
vorsorglich bestreite sie die Benutzung der Widerspruchsmarke für die bean-
spruchte Produktgruppe „Möbel“ mit Ausnahme eines hockerähnlichen Sitzmö-
bels.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genom-
men.
II
Die zulässige Beschwerde erweist sich als nicht begründet.
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Soweit die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke durch den
Widersprechenden in Frage gestellt hat, kann dahinstehen, ob die Einrede der
mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke durchgreift. Jedenfalls hat die
Markenstelle die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. §§ 42,
9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint.
Die Verwechslungsgefahr im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist unter Be-
rücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl.
EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwi-
schen den in Betracht zu ziehenden Faktoren der Zeichen- und der Warenähnlich-
keit sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringer Grad
der Ähnlichkeit der Waren durch eine hohen Grad der Ähnlichkeit der Zeichen
oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen
werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594 ff. - Ferrari-
Pferd; BGH GRUR 2005, 427 ff. - Lila Schokolade).
Zwischen den Vergleichswaren besteht teilweise Identität in Bezug auf die Ware
„Sitzmöbel“ der angegriffenen Marke, da die Benutzung der Widerspruchsmarke
zumindest für hockerähnliche Sitzmöbel nicht bestritten wurde.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus durchschnitt-
lich. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden begründet der Umstand,
dass es sich bei „SWOPPER“ um ein Fantasiewort handelt, das eine uneinge-
schränkte Unterscheidungseignung besitzt, noch keine erhöhte Kennzeichnungs-
kraft (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 185, 189).
Die von dem Widersprechenden vorgelegten Unterlagen sowie sein diesbezügli-
cher Vortrag vermögen ebenfalls keine erhöhte bzw. gesteigerte Kennzeichnungs-
kraft, die auch nicht amtsbekannt ist, zu begründen. Hierfür sind im Einzelfall alle
relevanten Umstände zu berücksichtigen wie etwa der gehaltene Marktanteil, die
Intensität, geografische Verbreitung und die Dauer der Markenverwendung, die
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dafür verwendeten Werbemittel sowie die dadurch erreichte Bekanntheit in den
beteiligten Verkehrskreisen. Diese Bekanntheit vermag nicht in jedem Fall ohne
weiteres allein aus den erzielten Umsatzzahlen hergeleitet zu werden, denn auch
umsatzstarke Marken können wenig verkehrsbekannt sein. Insoweit lassen objek-
tive Statistiken oder demoskopische Befragungen sowie Angaben über Werbe-
aufwendungen zuverlässigere Schlüsse zu (vgl. BGH 2003, 1040, 1044 - Kinder;
BPatGE 44, 1, 4 - Korodin).
Die von dem Widersprechenden vorgelegte Trefferliste aus „Google“ ist wenig
aussagekräftig im Hinblick auf die Bekanntheit ihrer Marke „SWOPPER“; auf-
schlussreicher wäre in diesem Zusammenhang z. B. die Zahl der Zugriffe auf die
Homepage der Widersprechenden. Soweit die Widersprechende Angaben zum
jährlichen Kostenaufwand für die Werbung macht sowie Artikel aus Zeitschriften
(mit Auflagenhöhe) benennt, genügt dies ebenfalls nicht für die Annahme einer
gesteigerten Verkehrsbekanntheit, da hieraus keine unmittelbaren Rückschlüsse
auf die tatsächliche Bekanntheit der Marke beim Verbraucher gezogen werden
können. Insgesamt ist daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke auszugehen.
Der Markenstelle ist darin zuzustimmen, dass die Anforderungen an den Abstand
zwischen den Vergleichsmarken zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr nicht
zu gering bemessen werden dürfen. Dieser Abstand wird indes eingehalten.
Selbst bei identischen Waren/Dienstleistungen und durchschnittlicher Kennzeich-
nungskraft der älteren Marke kann eine Verwechslungsgefahr an zwar noch gege-
bener aber im Wechselverhältnis aller Faktoren zu gering ausgeprägter Marken-
ähnlichkeit scheitern (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 29).
Bei Übereinstimmung der Buchstabenfolge „-OPPER“ in beiden Marken differieren
die Anfangskonsonanten deutlich, sodass zwei insgesamt unterschiedliche Klang-
bilder entstehen. In der Widerspruchsmarke bildet der Zischlaut „S“ mit dem fol-
genden Labiallaut „W“ ein markantes Klanggepräge, das sich deutlich vom klang-
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schwachen Hauchlaut „H“ in der angegriffenen Marke abhebt. Es gilt zu berück-
sichtigen, dass die Wortanfänge stets stärker beachtet werden, sodass diesbe-
zügliche Abweichungen deutlicher in Erscheinung treten (vgl. BGH GRUR 1999,
735, 736 - MONOFLAM/POLYFLAM; GRUR 2002, 1067, 1070 - DKV/OKV). Hinzu
kommt, dass zum einen die Wortbildung mit „-OPPER“ - vornehmlich bei in die
deutsche Sprache übernommenen Anglizismen - häufiger auftritt (vgl. die zahlrei-
chen Beispiele im Erstprüferbeschluss der Markenstelle), sodass der Verkehr oh-
nehin verstärkt auf die charakteristischen Wortanfänge achten wird. Zum anderen
gilt es vorliegend noch zu berücksichtigen, dass der jüngeren Marke ein begriffli-
cher Anhalt innewohnt, der eine zusätzliche Unterscheidungshilfe bietet. Die sub-
stantivische Ableitung „Hopper“ des englischen Verbs „to hop“ (= hüpfen) hat u. a.
Bekanntheit im Inland durch die Musikrichtung „Hip Hop“ erlangt, deren Akteure
häufig als „Hip-Hopper“ bezeichnet werden (vgl. z. B. unter www.br-oline.de/kultur-
szene/...:“Hip-Hop-Outfit; Rap Style - endlich als Hip-Hopper durchgehen …“).
Dieser Begriffsgehalt steht einer Verwechslungsgefahr mit dem reinen Fantasie-
begriff „SWOPPER“ zusätzlich entgegen (vgl. BGH GRUR 1992, 130 Bally/Ball;
PAVIS PROMA EuGH Rechtssache C 206/04 - SIR/ZIRH).
Die klanglichen Unterschiede finden im Schriftbild ihre Entsprechung, so dass
auch eine visuelle Verwechslungsgefahr zu verneinen ist.
Für das Vorliegen anderer Formen der Verwechslungsgefahr ist nichts ersichtlich
oder vorgetragen.
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Für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht kein An-
lass.
gez.
Unterschriften