Urteil des BPatG vom 10.01.2007

BPatG: zahl, unterscheidungskraft, patent, plakat, wortmarke, amt, fussball, bestandteil, pflege, alarm

BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 137/05
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
10. Januar 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
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betreffend die Marke 302 03 651
hat der 29.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2007 durch …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Wortmarke
Plakat 24
wurde am 7. Mai 2002 für die Waren
Druckereierzeugnisse, insbesondere in Plakat- und Posterformat
in das Register eingetragen.
Am 23. November 2004 hat die Antragstellerin beim Deutschen Patent- und Mar-
kenamt die Löschung der Marke beantragt. Nach ihrer Auffassung sei die Marke
trotz eines Freihaltebedürfnisses und mangelnder Unterscheidungskraft eingetra-
gen worden. Das Wort „Plakat“ beschreibe unmittelbar die mit der Marke ge-
schützten Waren. Bei der Zahl 24 handele es sich um ein im deutschen Sprach-
gebrauch gängiges Synonym für eine 24-stündige Verfügbarkeit. Die Marke er-
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schöpfe sich daher in dem ohne weiteres verständlichen Hinweis auf ein rund um
die Uhr zur Verfügung stehendes Angebot von Plakaten.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Be-
schluss vom 30. August 2005 die Löschung der Marke angeordnet. Der Eintra-
gung habe das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft
nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegengestanden, das auch noch fortbestehe.
Als gängige Bezeichnung für mit Texten oder Bildern bedruckte großformatige Pa-
piere beschreibe der Markenbestandteil „Plakat“ unmittelbar die von der Eintra-
gung erfassten Waren. Die Recherche im Schutzrechtsinformationssystem des
Amtes zeige, dass seit 1999 zahlreiche Zeichenkombinationen mit der Zahl 24
angemeldet worden seien. Bereits im Jahr 2002 habe das Bundespatentgericht
die Schutzunfähigkeit der Zahl 24 in Verbindung mit Sachbegriffen festgestellt. Für
die Annahme einer geänderten Verkehrsauffassung zum beschreibenden Be-
griffsinhalt der Zahl 24 fehle es an Anhaltspunkten. Als reiner Sachhinweis auf ein
rund um die Uhr verfügbares Angebot von Plakaten sei die Marke für die in Rede
stehenden Waren daher nicht schutzfähig. Die Voreintragungen entsprechend ge-
bildeter Marken stünden dieser Beurteilung nicht entgegen, zumal die Eintra-
gungspraxis nicht einheitlich sei und das Amt zahlreiche Markenanmeldungen mit
dem Bestandteil 24 zurückgewiesen habe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Zur
Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass es sich bei der angegriffenen
Marke um eine ihrer Struktur nach ungewöhnliche Wortneubildung handele, der
sich kein klarer Bedeutungsgehalt zuordnen lasse. Im Übrigen habe die Marken-
abteilung in ihrer Entscheidung verkannt, dass die Löschung nur dann erfolgen
könne, wenn das absolute Schutzhindernis bereits zum Zeitpunkt der Eintragung
im Mai 2002 bestanden habe. Das Deutsche Patent- und Markenamt habe aber im
Zeitraum von 2002 bis 2003 zahlreiche entsprechend gebildete Wortmarken, wie
z. B. block24, broschüre24, businesspaper24, card24, formular24, kalender24,
logo24, office24, pen24, Poster 24, print24, prospekt24 eingetragen. Diese Eintra-
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gungspraxis belege die Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke im Zeitpunkt ihrer
Eintragung.
Der Markeninhaber und Antragsgegner beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung vom 30. August 2005 aufzu-
heben.
Er regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an zu der Frage, inwieweit eine
durch eine nicht unerhebliche Zahl einschlägiger Voreintragungen belegte Eintra-
gungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts der Annahme einer Schutz-
unfähigkeit der angegriffenen Marke im Zeitpunkt der Eintragung entgegenstehen
kann.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Die Zahl 24 habe bereits
vor dem Tag der Eintragung der angegriffenen Marke als Synonym für eine
24-stündige Verfügbarkeit Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden.
Nach dem im Verfahren vorgelegten Auszug aus dem amtlichen Schutzrechtsin-
formationssystem habe das Amt bis zum März 2005 insgesamt 310 Anmeldungen
mit der Zahl 24 zurückgewiesen. Von einer Eintragungspraxis, nach der Kombina-
tionszeichen mit der Zahl 24 schutzfähig seien, könne daher nicht ausgegangen
werden.
Die Antragstellerin regt hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an zu der
Frage der Schutzfähigkeit einer aus einem Wort und der Zahl 24 zusammenge-
setzten Marke.
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II
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Der angegriffenen Marke fehlte im Zeitpunkt der Eintragung die erforderliche Un-
terscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dieses Schutzhindernis be-
steht auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag fort
(§ 50 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer
Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegen-
über solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der
Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren
oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft
hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und
andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientie-
ren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. - BioID; GRUR 2004, 674, Rn. 34
- POSTKANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850,
Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006). Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer
Wortmarke nur dann, wenn sich dem Zeichenwort ein für die beanspruchten Wa-
ren und Dienstleistungen klarer und ohne weiteres verständlicher beschreibender
Begriffsinhalt zuordnen lässt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deut-
schen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angespro-
chenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel ver-
standen wird (vgl. BGH GRUR
1999, 1089 -
YES; GRUR
2005, 417, 418
- BerlinCard; GRUR 2006, 850, Tz. 18 ff. - FUSSBALL WM 2006). Nach diesen
Grundsätzen weist die angegriffene Marke weder im Zeitpunkt der Eintragung im
Mai 2002 noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über den Löschungs-
antrag die erforderliche Unterscheidungskraft auf.
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2. Die Kombination des Wortes „Plakat“ und der Zahl 24 erschöpft sich in dem
werbeüblichen und ohne weiteres verständlichen Hinweis auf ein rund um die Uhr
verfügbares Angebot von Plakaten. Das angesprochene Publikum ist an eine Viel-
zahl mit der Zahl 24 zusammengesetzter Bezeichnungen gewöhnt und erkennt
darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis. Diese Beurteilung entspricht der
ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zu entsprechend gebildeten
Kombinationszeichen (vgl. 26 W (pat) 158/04 vom 21. Juni 2006 - mailing24;
25 W (pat) 113/04 vom 26. April 2006 - adress24; 29 W (pat) 196/03 vom
19. Oktober 2005 - Autorecht24; 24 W (pat) 162/03 vom 16. November 2004
- unfallrecht24;
29 W (pat) 155/04
vom
29. September 2004
- design24;
29 W (pat) 137/02 vom 29. September 2004 - cam24; 29 W (pat) 262/02 vom
7. Juli 2004 - auskunft 24; 29 W (pat) 251/03 vom 14. Januar 2004 - DruckDis-
count24.de;
30 W (pat) 210/02
vom
3. November 2003
- pharmacy24;
25 W (pat) 110/03 vom 23. Oktober 2003 - beauty24.de [GRUR 2004, 336 ff.];
24 W (pat) 126/02 vom 24. Juni 2003 - surf24; 28 W (pat) 92/02 vom 14. Mai 2003
- fleisch24; 25 W (pat) 280/01 vom 19. September 2002 - Alarm 24).
3. Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bestand auch schon
im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke im Mai 2002.
3.1. Zu Marken, die aus Zusammensetzungen mit einer Sachangabe und der
Zahl 24 gebildet sind, zeigt die Recherche im amtlichen Schutzrechtsinformations-
system DPINFO, dass das Deutsche Patent- und Markenamt solchen Zeichen
jedenfalls seit dem Jahr 1998 in ständiger Entscheidungspraxis als rein beschrei-
benden Hinweisen auf ein 24-stündiges Waren- oder Serviceangebot für die be-
anspruchten Waren oder Dienstleistungen die Eintragung versagt hat. Dies ergibt
sich z. B. aus der sog. „Nichtschutzbegründung“ für die Zurückweisung der Mar-
ken „SHOPPING 24; Archiv 24; dryclean 24; PFLEGE 24; FITNESS 24; Versand-
apotheke 24; camping 24“. Die Prüfungspraxis des Amtes steht damit im Einklang
mit der oben zitierten Rechtsprechung des Bundespatentgerichts, die ebenfalls
bereits vor dem Zeitpunkt der Eintragung des angegriffenen Zeichens die Schutz-
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unfähigkeit derartiger Kombinationszeichen festgestellt hat. Soweit Marken mit
dem Bestandteil „24“ in dem hier relevanten Zeitraum zur Eintragung gelangt sind,
handelt es sich entweder um Kombinationen, bei denen der zusätzliche Wortbe-
standteil keinen klaren und eindeutigen Aussagegehalt aufweist, wie z.
B.
„MEG 24; PERSO JOB 24; LaLeLu 24; genial
getroffen
24“ oder um Wort-
/Bildmarken, die wegen ihrer grafischen Gestaltung mit der angegriffenen Wort-
marke nicht vergleichbar sind.
3.2. Bei dieser Sachlage bestand für den Senat keine Veranlassung - wie vom
Markeninhaber angeregt - zur Frage des Verkehrsverständnisses der angespro-
chenen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke ein
Sachverständigengutachten einzuholen. Angesichts der vom Deutschen Patent-
und Markenamt veröffentlichten Begründungen für die mangelnde Schutzfähigkeit
von mit der Zahl 24 gebildeten Kombinationszeichen und der tatsächlichen Fest-
stellungen in den genannten Entscheidungen des Bundespatentgerichts bestehen
für den Senat keine Zweifel, dass die angegriffene Marke vom angesprochenen
Publikum bereits im Mai 2002 als reiner Sachhinweis erfasst wurde.
4. Die zu Gunsten des Markeninhabers erfolgten Voreintragungen der Marken
„block24, broschüre24, businesspaper24, card24, formular24, kalender24, logo24,
office24, pen24, Poster 24, print24, prospekt24“ rechtfertigen keine andere Beur-
teilung. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von
Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich
behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleich-
heitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die
bisherige Amtspraxis als willkürlich darstellt und nicht erkennen lässt, welche der
vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche unrechtmäßig waren.
Anhaltspunkte für eine solche auf Willkür beruhende, ungleiche Amtspraxis sind
aber für den Senat nicht ersichtlich. Die Frage, ob diese Voreintragungen für die
hier einschlägigen Waren zu Unrecht erfolgt sind, ist nicht Gegenstand des hier zu
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entscheidenden Verfahrens und bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Aus die-
sem Grund erübrigte sich auch die vom Markeninhaber angeregte Beiziehung der
betreffenden Verfahrensakten.
5. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlen die gesetzlichen Voraus-
setzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung war nicht zu entscheiden, da der Senat in seiner Entscheidung nicht
von den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen zur Beurteilung der
Schutzfähigkeit von Kombinationsmarken und zur Bindungswirkung von Vorein-
tragungen abweicht.
6. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
gez.
Unterschriften