Urteil des BPatG vom 12.09.2006

BPatG: patentfähigkeit, gehalt, variation, form, druck

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 46/06
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 102 22 896.5 - 45
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des Richters Harrer und der Richterinnen Dr. Proksch-Ledig und
Dr. Schuster
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 23. Juni 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Schröder,
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Mit Beschluss vom 12. September 2006 hat die Prüfungsstelle für Klasse A61L
des Deutschen Patent- und Markenamts die am 23. Mai 2002 eingereichte Pa-
tentanmeldung 102 22 896.5 - 45 mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen und flächigen
Gewebetransplantats“
gemäß PatG § 48 aus den Gründen des Bescheids vom 20. Januar 2003 und vom
14. März 2005 zurückgewiesen, nachdem die Anmelderin mit der Eingabe vom
24. August 2006 um Entscheidung nach Lage der Akten gebeten hat.
Dem Bescheid vom 14. März 2005 liegen die Patentsprüche 1 bis 11 vom
25. März 2003 zu Grunde, von denen die Ansprüche 1 und 9 wie folgt lauten:
„1. Verfahren zur Herstellung eines dreidimensionalen und
flächigen Gewebetransplantats, bei dem die dritte Dimension er-
heblich kleiner als die beiden anderen Dimensionen ist, das Ver-
fahren umfassend die Schritte:
a.
Beimpfen eines dreidimensionalen, flächigen Polymervlieses
mit einer Zellsuspension von Zellen des gewünschten Ge-
webetyps in einer Fibrinogen enthaltenden Kulturflüssigkeit;
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b. Überführen des inokulierten Polymervlieses in ein Kultu-
rbehältnis, das eine Thrombin enthaltende Lösung auf einer
Fläche desselben enthält, wobei das Polymervlies auf einer
ersten Fläche desselben mit der Thrombin enthaltenden Lö-
sung in Kontakt gebracht wird;
c.
Auftragen einer zweiten Thrombin enthaltenden Lösung auf
eine zweite Fläche des Polymervlieses, die der ersten Fläche
im wesentlichen gegenüber liegt;
d.
In-Kontakt-bringen der zweiten Fläches des Polymervlieses
mit einer glatten Oberfläche eines Deckmaterials und an-
schließendes Auspolymerisieren des Fibrins;
e.
Entfernen des Deckmaterials; und
f.
Kultivieren der Zellen.
9. Dreidimensionales,
flächiges Gewebetransplantat, bei dem
die dritte Dimension erheblich kleiner als die beiden anderen
Dimensionen ist, hergestellt nach einem der Ansprüche 1 bis 8.“
Die Ansprüche 2 bis 8 sind auf Weiterbildungen des Verfahrens nach Anspruch 1
gerichtet, die Ansprüche 10 und 11 auf die Ausgestaltung des Erzeugnisses nach
Anspruch 9. Wegen ihres Wortlauts wird auf die Akten verwiesen.
Die Zurückweisung ist neben Hinweisen auf formale Mängel im Wesentlichen auf
die im Prüfungsverfahren genannten Entgegenhaltungen
(4) US 5 882 929 A und
(5) FR 2 821 853 A1
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gestützt. Die Prüfungsstelle ist insbesonders der Ansicht, aus den Druckschriften
(4) und (5) gingen Verfahren und Vorrichtungen zur Herstellung dreidimensionaler
Gewebetransplantate hervor, die ausgehend von resorbierbaren Biopolymeren als
Trägersubstanzen in Form eines Vlieses oder einer Matte mit einer Zellsuspension
inkubiert bzw. maturiert würden. Der Gegenstand nach dem geltenden Anspruch 1
unterscheide sich davon lediglich dadurch, dass in der konsekutiven Inkubation
des beimpften und sich einer Fibrinogen enthaltenden Kulturflüssigkeit befindli-
chen Polymervlieses in zwei Thrombin enthaltenden Lösungen die gegenüberlie-
genden Flächen des Vlieses in Kontakt gebracht würden. Diese Variation des
Herstellungsverfahrens sei jedoch nahegelegt, weil es keinen Unterschied mache,
ob beide Flächen des Polymervlieses nacheinander oder zugleich erzeugt würden.
Das Herstellungsverfahren nach Anspruch 1 sei weiterhin dadurch gekennzeich-
net, dass im Verfahrensschritt d. eine Fläche des Polymervlieses mit der glatten
Oberfläche eines Deckmaterials in Kontakt gebracht werde, wobei das Gewebe-
transplantat während der Herstellung einer gewissen Druckbelastung ausgesetzt
sei. Dieses Merkmal gehe aber ebenfalls aus (4) und (5) hervor; im Übrigen sei für
den Fachmann auch unmittelbar klar, dass durch die Ausübung von Druck die
Festigkeit und damit die Zug- und Druckbelastbarkeit der beanspruchten Gewe-
betransplantate erhöht werden könne, so dass ein überraschender Effekt des be-
anspruchten Verfahrens nicht ersichtlich sei. Anspruch 1 sei daher nicht gewähr-
bar. Damit fielen auch die rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8, denen kein ei-
genständiger erfinderischer Gehalt entnehmbar sei.
Nachdem in der Anmeldung ferner keine Hinweise auf die Beschaffenheit des Er-
zeugnisses gemäß Anspruch 9, hergestellt nach den Ansprüchen 1 bis 8, zu fin-
den seien, die die Patentfähigkeit der beanspruchten Gewebeimplantate begrün-
den könnten, sei auch dieser Anspruch, zusammen mit den auf ihn rückbezoge-
nen Ansprüche 10 und 11, nicht gewährbar.
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Gegen den Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und ohne weitere
Stellungnahme in der Sache beantragt,
den Beschluss vom 12. September 2006 aufzuheben und das
nachgesuchte Patent zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (PatG § 73), jedoch nicht be-
gründet.
Die im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgenommene Überprüfung der
Gründe, die zur Zurückweisung der Anmeldung geführt haben, hat ergeben, dass
die Prüfungsstelle die Patentanmeldung zu Recht zurückgewiesen hat. Der Senat
macht sich die Begründung des Beschlusses, ausgeführt im Prüfungsbescheid
vom 14. März 2005, die unter Würdigung des Standes der Technik und des Vor-
bringens der Anmelderin zutreffend zur Verneinung der erfinderischen Tätigkeit in
Bezug auf den Anmeldungsgegenstand gelangt, in vollem Umfang zu eigen (BGH
GRUR 1993, 896 „Leistungshalbleiter“).
Da sich die Anmelderin über ihr im Prüfungsverfahren bereits berücksichtigtes
Vorbringen hinaus im Beschwerdeverfahren in der Sache nicht geäußert hat, ist
auch nicht ersichtlich, in welcher tatsächlichen oder rechtlichen Hinsicht sie den
angefochtenen Beschluss für fehlerhaft hält.
Schröder Harrer
Proksch-Ledig
Schuster
Na