Urteil des BPatG vom 10.06.2008

BPatG: reformatio in peius, beschreibende angabe, unternehmen, konzern, papier, rückzahlung, unterscheidungskraft, verbraucher, herausgabe, veröffentlichung

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
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(Aktenzeichen)
10. Juni 2008
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 64 303.3
27 W (pat) 21/08
Verkündet am
ch Vorsitzenden Richter
Dr. Albrecht, Richter Dr. van Raden und Richter Kruppa
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2008 dur
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beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutsche Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung der Bezeichnung
Global Player
als Wortmarke nach vorausgegangener Beanstandung durch Beschluss vom
27. Juni 2005 teilweise, nämlich für:
"9: Bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, opti-
sche und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Da-
ten;
16: Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Maga-
zine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Presse-
mappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch
in Buchform, Transparente; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausge-
nommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen;
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38: Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-,
Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über ka-
belfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze,
auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elek-
tronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und
Liefern von Nachrichten; Unterhaltung durch Hörfunk- und Fern-
sehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehpro-
duktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe
von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Tonin-
formationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung
und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von
Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konfe-
renzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstel-
lungen für kulturelle und Unterrichtszwecke und Vorträgen, Veran-
staltung von Sportwettbewerben; Design von Home-Pages und
Web-Seiten; Konzeptionierung von Web-Siten; redaktionelle Be-
treuung von Internetauftritten; Dienstleistungen einer Datenbank;
Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken"
zurückgewiesen. Dagegen hat die Anmelderin Erinnerung und nach deren Zurück-
weisung Beschwerde beim Bundespatentgericht eingelegt. Diese ist Gegenstand
des
Verfahrens
27 W (pat) 22/08.
Mit dem Erinnerungsbeschluss vom
22. März 2006 kündigte die Markenstelle an, das Eintragungsverfahren bezüglich
der zunächst nicht beanstandeten Waren und Dienstleistungen wieder aufzugrei-
fen. Mit Beschluss vom 6. Juni 2006 wies sie die Anmeldung auch für die Waren
und Dienstleistungen
09: codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme
für Computer; Bildschirmschonerprogramme; Maus-Matten; Brillen
und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Datenbankprogramme;
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Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software
(Netware); Firmware;
14; 16: Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Papier-
handtücher, Papierservietten, Filterpapier, Papiertaschentücher,
Papierschmuck, Briefpapier, Toilettenpapier, Papierwindeln, Ver-
packungsbehälter, Verpackungstüten und Einwickelpapier; Trans-
parente, nichtcodierte Telefonkarten, Eintrittskarten, Teilnahme-
karten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhä-
sionspostkarten, nichtcodierte Ausweise; Schreibwaren ein-
schließlich Schreib- und Zeichengeräte; Büroartikel, nämlich
Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermesser,
Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter (Büro-
geräte), Büro- und Heftklammern, Aufkleber (auch selbstkleben-
de); Spielen, Globen, Wandtafeln und Wandtafelzeichengeräten;
Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel, Ta-
schen, Folien (letztere auch selbstklebend); Untersetzer und
Tisch-Sets aus Papier;
42: Datenverwaltung auf Servern; Entwurf und Entwicklung von
Computersoftware
zurück. Das ist damit begründet, auch insoweit fehle der angemeldeten Bezeich-
nung jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und habe sie
als beschreibende Angabe Mitbewerbern zur Verfügung zu stehen (§ 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG). Die angemeldete Bezeichnung werde vom angesprochenen Pu-
blikum als feststehender Gesamtbegriff auch ohne Übersetzung als rein beschrei-
bende Angabe über die Art des Anbieters als ein Unternehmen mit weltweitem
Wirkungskreis verstanden, woraus der Verbraucher den Schluss auf wirtschaftli-
che Überlegenheit und Spitzenerzeugnisse ziehe, nicht aber einen Hinweis auf ein
bestimmtes Unternehmen sehe.
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Gegen diesen Beschluss wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, mit
der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und weiterhin die Eintra-
gung der Marke begehrt. Sie ist der Ansicht, nach der Teilversagung hätte nun-
mehr keine weitere Versagung erfolgen dürfen. Die Erinnerung der Anmelderin
lasse keine reformatio in peius zu. Bei der Bezeichnung "Global Player" handele
es sich keineswegs um eine beschreibende Sachangabe, die vom Publikum ver-
standen werde. Vielmehr sei die Bezeichnung vage und unklar. Auch aus der im
Duden angeführten Bedeutung "Konzern, Unternehmen o. ä. mit weltweitem Wir-
kungskreis" sei kein Schluss auf einen Qualitätshinweis zu ziehen.
Wegen der weiteren Details wird auf den Akteninhalt sowie die eingereichten
Schriftsätze Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Eintragung der Anmelde-
marke zumindest das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ent-
gegensteht.
Was die Voraussetzungen des genannten Schutzhindernisses angeht, so wird auf
die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Beschlüsse verwiesen, denen
sich der Senat vollinhaltlich anschließt. Im Hinblick auf den Vortrag der Beschwer-
deführerin im Beschwerdeverfahren ist ergänzend festzustellen:
Der Umstand, dass ein Hinweis auf einen "global player" im Sinne eines "Konzern,
Unternehmen o. ä. mit weltweitem Wirkungskreis" nicht unmittelbar einen Quali-
tätshinweis darstellen kann, ändert nichts daran, dass diese Bezeichnung, wenn
sie in Verbindung mit den beanspruchten Produkten verwendet wird, gleichwohl
als Sachaussage verstanden wird. Werden dem Verkehr nämlich Waren und
Dienstleistungen angeboten, die mit "Global Player" bezeichnet sind, so wird er
dies - entsprechend der erfahrungsgemäß gegebenen Neigung, Bezeichnungen
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so hinzunehmen, wie sie ihm begegnen, ohne weitergehende Analysen anzustel-
len - als Hinweis darauf ansehen, dass diese Produkte von einem Anbieter stam-
men, der diese Waren und Dienstleistungen weltweit anbietet und, wodurch auch
immer, jedenfalls eine besondere Position im Markt erlangt hat. Dabei ändert es
an dem beschreibenden Charakter dieser Bezeichnung nichts, dass damit im Hin-
blick auf die Qualität der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jeweils
im Einzelnen konkrete Aussagen getroffen sind. Der Umstand, dass eine sinnvolle
Sachaussage sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verstän-
digen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 – Libertel;
GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2) geradezu aufdrängt, schließt die Möglichkeit aus,
dass die angemeldete Marke als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Wa-
ren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst
werden kann. Die angesprochenen Verkehrskreise – letztlich alle Verbraucher –
werden in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder
Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen. Mithin fehlt ihr jede
Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR
2001, 1151, 1153 –
marktfrisch;
GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N.
- RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Angesichts dieser Sachlage war der Frage eines Freihaltungsbedürfnisses an der
Sachangabe "Global Player" zugunsten der Mitbewerber nicht weiter nachzuge-
hen.
2. Die Markenstelle war auch nicht gehindert, mit dem angefochtenen Beschluss
die Anmeldung für zunächst nicht ausdrücklich beanstandete Waren und Dienst-
leistungen zurückzuweisen. Der Erstbeschluss, gegen den die Anmelderin Erinne-
rung eingelegt hatte, welche Gegenstand des gesonderten Verfahrens vor dem
Senat ist, setzte sich nicht ausdrücklich mit den später, im hier verfahrensgegen-
ständlichen Beschluss zurückgewiesenen Anmeldungsgegenständen auseinan-
der, weshalb die eingelegte Erinnerung auch nur auf die zurückgewiesenen Waren
und Dienstleistungen Bezug nahm. Daraus kann indes nicht der Schluss gezogen
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werden, die Markenstelle habe mit dem Beschluss über die teilweise Zurückwei-
sung der Anmeldung eine positive Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit be-
züglich der zunächst nicht angesprochenen Waren und Dienstleistungen getroffen.
Eine ausdrückliche positive Entscheidung, insbesondere eine Eintragungsverfü-
gung, findet sich in der Akte nicht. Auch eine implizite oder stillschweigende Ent-
scheidung ist insoweit dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Vielmehr werden die
weiteren Waren und Dienstleistungen von der Markenstelle erstmals in einem Be-
scheid vom 22. März 2005 angesprochen, in dem das (Eintragungs)Verfahren
ausdrücklich erneut aufgenommen wird. Zu keinem Zeitpunkt hat die Markenstelle
zu erkennen gegeben, dass sie die im Erstbescheid nicht angesprochenen Waren
und Dienstleistungen für eintragungsfähig halte. Eine solche positive Entschei-
dung nicht zu erlassen und mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss die An-
meldung letztlich insgesamt zurückzuweisen, war die Markenstelle auch befugt.
Insbesondere stellt diese Entscheidung keinen Verstoß gegen ein Verbot der
Schlechterstellung (reformatio in peius) dar. Die Erinnerung stellt nämlich kein
Rechtsmittel gegen einen Verfahrensabschluss dar, sondern nur einen Rechtsbe-
helf im Verwaltungsverfahren, mit dem kein Instanzwechsel verbunden ist (vgl.
Ströbele/Hacker, MarkenG., 8. Aufl., Rdn. 2 zu § 64). Der Umstand, dass für das
Erinnerungsverfahren vielfach die Grundsätze des "justizförmigen Verfahrens" gel-
ten und "im Zweifel" (Ströbele/Hacker a. a. O.) bzw. "ergänzend" (Ingerl/Rohnke,
MarkenG., 2. Aufl., Rdn. 2 zu § 64) die Vorschriften zur Beschwerde herangezo-
gen werden können, ändert daran nichts, denn nach dem Wesen des Erinne-
rungsverfahrens als Teil des Verwaltungsverfahrens kann sich diese ergänzende
Heranziehung nur auf den Ablauf und die Ausgestaltung des Verfahrens, nicht
aber auf dessen Verfahrensgegenstand beziehen. Dieser aber ist im Verwaltungs-
verfahren solange einheitlich, bis gegebenenfalls über einen Teil ausdrücklich und
abschließend entschieden ist. Das war aber im vorliegenden Fall, wie dargelegt,
nicht gegeben. Die Markenstelle hat folglich in zulässiger Weise in Wahrnehmung
der Aufgaben der Markenstelle das Eintragungsverfahren erneut aufgegriffen und
die weiterreichende Zurückweisung ausgesprochen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O.,
Rdn. 10).
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3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gründet sich gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG auf den Umstand, dass der Senat, abweichend von Entscheidungen an-
derer Senate (24
W
(pat)
214/99 -
Toners; 24 W (pat) 169/99 - NUTRITIOUS;
30 W (pat) 150/98 - Thermalmineral; 26 W (pat) 90/01 - Stiefel) das markenrechtli-
che Erinnerungsverfahren als Teil eines einheitlichen Verwaltungsverfahrens er-
achtet, bei dem im Anschluss an Teilentscheidungen ein Verbot der Schlechter-
stellung (reformatio in peius) nicht gegeben ist.
4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG aus
Billigkeitsgründen anzuordnen. Die Einlegung der Beschwerde war aus verständi-
ger Sicht der Anmelderin erforderlich geworden, weil die Markenstelle über die Zu-
rückweisung der - einheitlichen - Markenanmeldung in zwei Beschlüssen entschie-
den hatte, worauf die Anmelderin keinen Einfluss hatte. Sie mit der daraus folgen-
den zweifachen Gebührenzahlungspflicht zu belasten, erschiene unbillig.
Dr. Albrecht
Kruppa
Dr. van Raden