Urteil des BPatG vom 04.10.2006

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BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 122/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 32 359.1
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 2.
Oktober
2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele sowie der Richterin Kirschneck und des Richters Eisenrauch
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
cool edition
ist für die Waren
„Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfer-
nungs- und Schleifmittel; Seifen; Mittel zur Körper- und
Schönheitspflege; Parfümeriewaren; Ätherische Öle;
Zahnputzmittel; Haarwässer“
zur Eintragung in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register
angemeldet.
Mit Beschluss vom 4. Oktober 2006 hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deut-
schen Patent- und Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes,
die Anmeldung wegen bestehender Schutzhindernisse nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und
2, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Der Verkehr werde den Gesamtbegriff
„cool edition“ i. S. v. einer „hervorragenden, besonders guten Ausgabe“ im Zu-
sammenhang mit den beanspruchten Waren nicht als betrieblichen Herkunftshin-
weis, sondern lediglich als werbemäßig anpreisende Angabe bzw. allgemeinen
Qualitätshinweis auffassen. Der in der sprachüblichen Wortzusammenstellung
enthaltende Begriff „edition“ sei vollständig in die deutsche Sprache eingegangen
und werde vom inländischen Verbraucher ohne weiteres als Hinweis darauf ver-
standen, dass es sich bei den betreffenden Waren um eine Sonderausgabe oder
eine limitierte Produktserie handle. Auch wenn ursprünglich insbesondere auf dem
Sektor der Bücher und Musikalien gebraucht, werde die Bezeichnung „Edition“
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heute für die verschiedensten Produkte, u. a. auch auf den hier in Rede stehenden
Gebieten der Kosmetik und der Waschmittel beschreibend verwendet, wie die an-
liegenden Beispiele zeigten. Das weitere englische Wort „cool“ habe sich in
Deutschland über die Jugendsprache zu einem Trendwort mit der Bedeutung
„hervorragend, besonders gut“ entwickelt. Aufgrund des demnach für die deut-
schen Verbraucher im Vordergrund stehenden Qualitätshinweises sei der ange-
meldeten Marke die Unterscheidungskraft abzusprechen. Darüber hinaus müssten
die Mitbewerber der Anmelderin mit der angemeldeten Wortfolge ohne Behinde-
rung durch Markenrechte Dritter auf Qualitätsmerkmale ihrer Waren hinweisen
können, so dass auch ein Freihaltebedürfnis bestehe. Die von der Anmelderin an-
geführten Markeneintragungen führten zu keiner anderen Beurteilung, da ver-
gleichbare oder selbst identische Voreintragungen keinen Anspruch auf Registrie-
rung unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes, der Gleichbehandlung
oder der Selbstbindung der Verwaltung schafften.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Die Anmelderin hat angekündigt, keine Beschwerdebegründung einzureichen, und
um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Nach
Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke jedenfalls
das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Mar-
kenG entgegen.
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Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke in-
newohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. den normal
informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern der in
Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für die
betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber sol-
chen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer
Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f.
(Nr. 61, 62) „Orange“; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) „Henkel“; GRUR 2004,
943, 944 (Nr. 23, 24) „SAT.2“; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) „FUSSBALL
WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung ins-
besondere solche Wortmarken, denen die maßgeblichen Verkehrskreise für die
fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden
beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152
„marktfrisch“; GRUR
2001, 1153 „antiKALK“; a. a. O. (Nr. 19) „FUSSBALL
WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) „Postkantoor“). Jedoch ist das
Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nicht auf konkret Merkmale der
Waren oder Dienstleistungen beschreibende Angaben beschränkt (vgl. EuGH
a. a. O. (Nr. 86) „Postkantoor“; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 19) „BIOMILD“; BGH
GRUR 2003, 1050 „Cityservice“). Vielmehr fehlt nach der Rechtsprechung auch
solchen Marken die erforderliche Unterscheidungseignung, deren Aussagegehalt
sich in einer bloßen Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art erschöpft
(vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 „Test it.“; GRUR 2002, 1070, 1071 „Bar jeder
Vernunft“) oder die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen
Sprache oder geläufigen Wörtern einer fremden Sprache bestehen, welche etwa
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder den Medien stets
nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH
a. a. O. „Cityservice“; a. a. O. (Nr. 19) „FUSSBALL WM 2006“). Ausgehend hier-
von ist die Beurteilung der Markenstelle nicht zu beanstanden, dass die angemel-
dete Wortmarke „cool edition“ von den angesprochenen inländischen Verkehrs-
kreisen nicht als ein Zeichen aufgefasst werden wird, welches auf die Herkunft der
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mit der Anmeldung beanspruchten Waren der Klasse 3 aus einem bestimmten
Unternehmen hinweist, sondern lediglich als eine die besondere Qualität der Wa-
ren anpreisende Angabe werblicher Art.
Das in der zu beurteilenden Wortkombination sprachregelgerecht mit einem Ad-
jektiv zusammengesetzte Substantiv „edition“ ist ein sinngleich in der englischen
und in der deutschen Sprache enthaltener Begriff mit der Bedeutung „Ausgabe,
Auflage, Herausgabe“ (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl.
Mannheim 2005 [CD-ROM]; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6.
Aufl.
Mannheim 2006 [CD-ROM]; jeweils zu „E/edition“). Wie die Markenstelle anhand
von einschlägigen Verwendungsbeispielen aus dem Internet belegt hat, wird der
ursprünglich aus dem Bereich des Verlagswesens stammende Ausdruck mittler-
weile für Waren unterschiedlichster Art zur Bezeichnung von besonderen Ausga-
ben bzw. Serien eines bestimmten Produktes eingesetzt (vgl. hierzu beispielhaft in
der Anlage des angefochtenen Beschlusses die Internet-Seite mit dem Erfah-
rungsbericht eines Verbrauchers über das Flüssigwaschmittel „Ariel Pure Frische
(Special Edition)“, in dem es heißt: „…ein Flüssigwaschmittel von Ariel entdeckt!
Eine Special Edition!! Nur für kurze Zeit erhältlich!!! Das konnte ich mir doch nicht
entgehen lassen….“; s.
auch BPatG PAVIS
PROMA 26
W
(pat)
142/02
„EDITION“, 28 W (pat) 119/00 „Olympic Limited Edition“).
Das in der Marke vorangestellte, die „edition“ näher bestimmende einfache engli-
sche Adjektiv „cool“ ist außer i. S. v. „kühl, ungerührt, lässig“ auch in seiner weite-
ren jugendsprachlichen Bedeutung „hervorragend, sehr gut, in hohem Maße ge-
fallend“ in den deutschen Sprachschatz eingegangen (vgl. Bertelsmann, Wörter-
buch der deutschen Sprache, 2004, S. 296; Duden - Deutsches Universalwörter-
buch, a. a. O. zu „cool“).
In der sich daraus nächstliegend ergebenden gesamtbegrifflichen Bedeutung
„hervorragende, sehr gute, in hohem Maße gefallende Edition“ werden die ange-
sprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „cool edition“ im Zusammenhang mit
den in Rede stehenden Waren der Klasse 3, im Wesentlichen Wasch- und Reini-
gungsmittel sowie Parfümeriewaren und Mittel zur Körper- und Schönheitspflege,
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unmittelbar, ohne weitere Überlegungen anstellen zu müssen, als bloße werbliche
Anpreisung von Produkten begreifen, die einer qualitativ hervorragenden, sehr
guten Produktausgabe bzw. -serie angehören, nicht hingegen als ein die Herkunft
der betreffenden Waren aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnendes
Unterscheidungsmittel.
Soweit sich die Anmelderin vor der Markenstelle auf ihrer Meinung nach ver-
gleichbare in Deutschland eingetragene Marken mit dem Wortbestandteil „cool“
beruft (u. a. Nr. 301 41 160 „coolspirit“, Nr. 303 55 500 „2cool“; Nr. 399 64 670
„cool up“), wurde bereits in dem angefochtenen Beschluss zutreffend darauf hin-
gewiesen, dass Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken für die
Beurteilung der Schutzfähigkeit nachträglich angemeldeter Marken durch das
Deutsche Patent- und Markenamt bzw. das Bundespatentgericht keinerlei ver-
bindliche Bedeutung haben (vgl. BGH GRUR
1997, 527, 529 „Autofelge“;
BlPMZ 1998, 248, 249 „Today“; BPatG GRUR 2007, 333, 335 ff. „Papaya“; BPatG
BlPMZ 2007, 236, 237 ff. „CASHFLOW“; EuGH a. a. O. (Nr. 59-65) „Henkel“). Ab-
gesehen davon sind die von der Anmelderin angeführten Marken im Hinblick auf
die darin enthaltenen abweichenden Wortbestandteile, insbesondere auch in ihrer
(gesamt)begrifflichen Aussage, nicht notwendig mit der vorliegenden Markenan-
meldung vergleichbar.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob die angemeldeten
Marke auch wegen des Schutzhindernisses einer ausschließlich aus beschreiben-
den Angaben bestehenden Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintra-
gung ausgeschlossen ist.
Ströbele Eisenrauch
Kirschneck
Bb