Urteil des BPatG vom 13.12.2000

BPatG (urlaub, bezeichnung, beschreibende angabe, marke, verkehr, unterscheidungskraft, eintragung, beschwerde, anmeldung, freihaltebedürfnis)

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 163/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 12 320.2
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. Dezember 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Schülke sowie des Richters Kraft und der Richterin Eder
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 1. März 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Beschwerdeführerin hat für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klas-
sen 3, 5, 9, 12, 14, 16, 17, 18, 19, 21 bis 25, 28, 32 bis 36, 38, 39, 41 und 42 die
Bezeichnung
Urlaub direkt
als Wortmarke zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat der
Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft die Eintragung versagt. Die
Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß die angemeldete Marke
aus den beiden Wörtern "Urlaub" und "direkt" gebildet sei. In ihrer Kombination
werde sie von den angesprochenen Verkehrskreisen im Sinne von
"unkomplizierter Urlaub" bzw "Urlaub ohne irgendwelche Verzögerungen" und
damit lediglich als werbeüblicher, unmittelbar beschreibender Hinweis darauf ver-
standen werden, daß die damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen
dazu bestimmt seien, einen solchen unkomplizierten Urlaub zu gewährleisten. Der
Umstand, daß neben branchentypischen Reisedienstleistungen noch eine Vielzahl
weiterer Waren und Dienstleistungen von der Anmeldung beansprucht würden, die
nicht in diesen Dienstleistungsbereich einzuordnen seien, rechtfertige keine
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unterschiedliche Bewertung, denn der Verkehr werde mit der angemeldeten
Bezeichnung ausschließlich beschreibende Vorstellungen assoziieren und sie
nicht als Kennzeichnung im markenrechtlichen Sinn ansehen. Ohne sich hierüber
konkrete, analysierende Gedanken zu machen, würden die angesprochenen Ver-
braucher davon ausgehen, daß die so gekennzeichneten Waren und Servicelei-
stungen unter einem Motto angeboten würden. Die betreffenden Verkehrsteil-
nehmer würden die angemeldete Bezeichnung mithin lediglich als Werbemittel für
ein Gesamtkonzept verstehen, unter dem die vorgesehenen Waren und Dienst-
leistungen vertrieben bzw erbracht würden. Die Verbraucher seien daran gewöhnt,
ständig mit mehr oder weniger klaren Wortbildungen konfrontiert zu werden, durch
die sachliche Informationen übermittelt und die deshalb nicht als betrieblicher
Herkunftshinweise verstanden würden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sie nicht begründet
hat. Gegenüber der Markenstelle hat die Anmelderin die ihrer Meinung nach vor-
handene Eintragungsfähigkeit ihrer Anmeldung damit begründet, daß eine Marke
bereits dann über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge, wenn sie ge-
eignet sei, für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen als Unterschei-
dungszeichen zur Identifikation von Unternehmensprodukten im Markenwettbe-
werb zu dienen. Beispiele aus der Rechtsprechung belegten, daß auch Marken
mit weit weniger herkunftshinweisender Funktion und Charakter eintragungsfähig
seien. An der angemeldeten Wortfolge bestehe auch kein Freihaltebedürfnis im
Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, denn sie beschreibe die betreffenden Waren
und Dienstleistungen nicht unmittelbar.
Im Hinblick auf die verspätet eingelegte Beschwerde und die verspätet eingezahlte
Beschwerdegebühr beantragt sie unter Nachholung der versäumten Handlungen
Wiedereinsetzung.
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II.
Der Anmelderin war gemäß § 31 MarkenG Wiedereinsetzung in die versäumte
Beschwerdefrist (§ 66 Abs. 2 MarkenG) zu gewähren. Durch die vorgetragenen
Tatsachen und die dazu eingereichten Unterlagen hat der Vertreter der Anmelde-
rin glaubhaft gemacht, daß die Versäumung der Frist nicht auf ihrem Verschulden
beruhte.
Die danach fristgerecht eingelegte Beschwerde erweist sich in der Sache als be-
gründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8
Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Be-
zeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung
sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen
können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann
besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher nicht erfolgt ist, eine solche
jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408
- PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausge-
schlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten,
sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen
Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die
betreffenden Waren oder Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH
BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die
angemeldete Bezeichnung "Urlaub direkt" jedoch nicht.
Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende
Angabe hat die Markenstelle nicht nachgewiesen; auch der Senat hat insoweit
keine Feststellungen zu treffen vermocht. Von einem auf gegenwärtiger Benut-
zung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausge-
gangen werden. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß
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insbesondere im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstlei-
stungen in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen wird. Die
angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den beiden Wörtern "Urlaub" und "direkt"
zusammen. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß der
angesprochene Verkehr die angemeldete Wortkombination im Sinne von "Urlaub
ohne Umweg", "Urlaub ohne Verzögerungen" oder "Urlaub ohne weitere
Vermittlung" versteht, sagen diese möglichen Deutungen nichts Konkretes darüber
aus, durch welche besonderen Merkmale sich die unter dieser Gesamtbe-
zeichnung angebotenen Waren und Dienstleistungen konkret auszeichnen. Ins-
besondere in bezug auf die beanspruchten Waren vermag der Senat nicht zu er-
kennen, inwiefern die Gesamtbezeichnung "Urlaub direkt" geeignet sein könnte,
die betreffenden Waren eindeutig und unmißverständlich zu beschreiben. Dies gilt
auch für die Dienstleistung "Veranstaltung von Reisen", denn auch insoweit ist
nicht ersichtlich, welche Art von (Urlaubs-)Reisen unter welchen Bedingungen
unter "Urlaub direkt" angeboten werden. Von einem gegenwärtigen oder zukünfti-
gen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Anmelderin an der angemeldeten
Marke kann deshalb nicht ausgegangen werden.
2. Ebensowenig kann der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft im
Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft
im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung,
vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren
oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unter-
nehmen aufgefaßt zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen
Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht
aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die
fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender
Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein
gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen
einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und
nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen
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Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche
Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2000, 722 -
LOGO).
Hiervon ausgehend kann der Bezeichnung "Urlaub direkt" nicht die erforderliche
Unterscheidungseignung abgesprochen werden; eine konkret beschreibende
Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Waren
und Dienstleistungen selbst Bezug nimmt, stellt die angemeldete Bezeichnung
nicht dar (siehe oben). Die Anmeldung sagt nichts darüber aus, wodurch sich die
betreffenden Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen un-
terscheiden könnten. Für den angesprochenen Verkehr ist insbesondere nicht
eindeutig ersichtlich, was mit dem Markenbestandteil "direkt" zum Ausdruck ge-
bracht werden soll. Während ähnliche Begriffe wie zB "Direktvermarktung, Direkt-
verkauf oder Direktflug" unmißverständlich die Unmittelbarkeit der betreffenden
Leistungen beschreiben, läßt - wie dargelegt - der nachgestellte Bestandteil
"direkt" mehrere Deutungen zu. Auch diese Mehrdeutigkeit spricht für die erfor-
derliche Unterscheidungseignung.
Schließlich handelt es sich bei "Urlaub direkt" nicht nachweisbar um ein ge-
bräuchliches Wort der Alltagssprache, das der Verkehr infolge einer entspre-
chenden Verwendung in der Werbung stets nur als eine schlagwortartige Aussage
versteht.
Schülke
Richterin Eder ist infolge
Urlaubs gehindert zu un-
terschreiben
Schülke
Kraft
Mr/prö