Urteil des BPatG vom 15.02.2006

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 9/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 41 34 591
hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 15. Februar 2006 unter Mitwirkung …
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird das Patent widerrufen.
G r ü n d e
I .
Gegen das Patent 41 34 591 mit der Bezeichnung
Brennkraftmaschinensteuerung in Kraftfahrzeugen,
dessen Erteilung am 4. September 1997 veröffentlicht worden ist, hat die
A… GmbH in B…,
Einspruch erhoben.
Nach Prüfung des Einspruchs hat die Patentabteilung 26 des Patent- und Marken-
amts mit Beschluss vom 10. Oktober 2003 das Patent 41 34 591 aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie be-
antragt,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in
vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin hat keinen Antrag gestellt.
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Der geltende Patentanspruch 1 hat folgende Fassung:
Brennkraftmaschinensteuerung in Kraftfahrzeugen mit einem Sen-
sor zur Erfassung der Brennkraftmaschinendrehzahl und mit
einem Steuergerät, das die Brennkraftmaschinendrehzahl als
erstes Eingangssignal erhält und das bei Störschwankungen
dieser Brennkraftmaschinendrehzahl auf unkorrekte Verbren-
dadurch gekennzeichnet,
Steuergerät zumindest ein zweites Eingangssignal erhält, mit dem
das Auftreten von Schlupf an den Antriebsrädern erkennbar ist,
und dass bei Auftreten der Störschwankungen der Brennkraft-
maschinendrehzahl bei gleichzeitigem Auftreten von Schlupf an
den Antriebsrädern der Rückschluss auf unkorrekte Verbren-
nungsvorgänge unterdrückt wird.
Dem Patent liegt gemäß Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 62 bis 66 die Aufgabe
zugrunde, eine Brennkraftmaschinensteuerung für Kraftfahrzeuge mit einem Ver-
fahren zur Erkennung unkorrekter Verbrennungsvorgänge derart zu verbessern,
dass irrtümlich erkannte unkorrekte Verbrennungsvorgänge minimiert werden.
Der Patentanspruch 2 ist auf Merkmale gerichtet, die die Brennkraftmaschinen-
steuerung nach Patentanspruch 1 weiter ausgestalten soll.
Dem Beschluss der Patentabteilung 26 ist als Stand der Technik die deutsche
Offenlegungsschrift 4 009 285 und die japanische Offenlegungsschrift 64-29636
und deren Abstract zugrundegelegt worden.
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II.
1. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und sachlich
gerechtfertigt. Sie hat zum Widerruf des Patents geführt, da die Brennkraftmaschi-
nensteuerung nach dem Patent keine patentfähige Erfindung darstellt.
2. Die
Brennkraftmaschinensteuerung
gemäß dem Patentanspruch 1 ist neu und
gewerblich anwendbar. Sie ist jedoch nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tä-
tigkeit.
Die deutsche Offenlegungsschrift 4 009 285 beschreibt ein Verfahren zur Steue-
rung einer Brennkraftmaschine mit einem Sensor zur Erfassung der Motordrehzahl
und einer Vorrichtung zur Erfassung der relativen Häufigkeiten von Verbren-
nungsaussetzern in allen Zylindern, wobei im Fall der Überschreitung einer kriti-
schen Häufigkeitsschwelle eine Fehleranzeige ausgelöst wird (vgl. PA 1 Merk-
mal e). Somit sind die Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 aus die-
ser Druckschrift bekannt. Darüber hinaus soll bei diesem bekannten Verfahren die
Aussetzererkennung innerhalb einer vorgebbaren Zeitdauer unterdrückt werden,
wenn starke Fahrbahnunebenheiten auf das Kraftfahrzeug einwirken. Ein derarti-
ges Erkennungssignal kann aus bereits im Fahrzeug vorhandenen geeigneten
Sensorsignalen abgeleitet werden oder mit Hilfe von zusätzlichen Wegaufnehmern
erzeugt werden (vgl. S. 6, Z. 63 bis 68). Dass es sich bei derartigen Wegaufneh-
mern nur um solche handeln kann, die den Weg der einzelnen Räder und damit
ihre Geschwindigkeit erfassen, ist dem zuständigen Fachmann, hier einem In-
genieur auf dem Gebiet der Motorregelung mit mehrjähriger Berufserfahrung
aufgrund seiner fachlichen Erfahrung geläufig. Durch das Erfassen der
Geschwindigkeiten der einzelnen Räder kann festgestellt werden, ob Schlupf
vorliegt, d. h. dass der Reibkoeffizient zwischen jedem Rad und dem Untergrund,
z. B. aufgrund schlechtem Fahrbahnzustand, unterschiedlich ist, wodurch die
Geschwindigkeit der Räder sich unterscheidet.
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Eine derartige Erfassung der Geschwindigkeit der einzelnen Räder geht bereits
aus der japanischen Offenlegungsschrift 64-29636 und deren Abstract hervor (vgl.
Abstract Abs. „PURPOSE“). Aufgrund der unterschiedlichen Radgeschwindigkeit
wird auf das Vorliegen einer schlechten Wegstrecke geschlossen, d. h. dass
Schlupf an einzelnen Rädern vorliegt. Dort wird zwar die Information, dass Schlupf
vorliegt, dazu verwendet, um zu entscheiden, ob die Kraftstoff-Abschaltung von
einzelnen Zylindern erfolgen kann oder nicht (vgl. Fig. 4), jedoch geht aus dieser
Druckschrift hervor, dass der Fachmann die Geschwindigkeitsdifferenz dazu ver-
wenden kann, das Vorhandensein von Schlupf an einzelnen Rädern zu erkennen.
Der Fachmann gelangt somit durch eine Zusammenschau der deutschen Offenle-
gungsschrift 4 009 285 und der japanischen Offenlegungsschrift 64-29636 in Ver-
bindung mit seinem Fachwissen zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 ohne
erfinderisch tätig sein zu müssen.
Der Patentanspruch 1 ist daher nicht rechtsbeständig.
Mit ihm fällt der Patentanspruch 2 als echter Unteranspruch.
gez.
Unterschriften