Urteil des BPatG vom 17.01.2007

BPatG (ex tunc, ex nunc, verhältnis zu, wirkung ex tunc, marke, gerichtskosten, umfang, verhältnis, fussball, eintragung)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 237/04
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
08.05
- 2 -
betreffend die Marke 301 19 919
(hier: verbundene Löschungsverfahren S 158/03, S 210/03 und S 312/03)
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 17. Januar 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass die Wirkungen der Eintragung der
deutschen Marke Nr. 301 19 919 - FUSSBALL WM 2006 über
die bereits rechtskräftig ausgesprochene Teillöschung hinaus
in vollem Umfang als von Anfang an nicht eingetreten gelten.
2. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen
die Markeninhaberin zu 6/10 und die Antragstellerin zu 2) zu
4/10. Die Markeninhaberin trägt die außergerichtlichen Kosten
- 3 -
des Rechtsbeschwerdeverfahrens der Antragstellerinnen zu 1)
und zu 3) in vollem Umfang und die der Antragstellerin zu 2)
zu 6/10. Im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre
außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Verfahrensbeteiligten tragen ihre im Beschwerdeverfahren
angefallenen Kosten selbst.
G r ü n d e
I.
Die am 26. März 2001 angemeldete Wortmarke
FUSSBALL WM 2006
ist am 18. Juli 2002 unter der Nr. 301 19 919 für Waren der Klassen 1, 3, 4, 5, 6,
7, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33 und
34 sowie für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41 und 42 in das
Markenregister eingetragen worden.
Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 1) und die Antragstellerin zu 2)
haben die vollständige Löschung der Marke beantragt. Die Antragstellerin zu 3)
hat die Löschung für die beanspruchten Waren der Klasse 14 begehrt. Die
Markeninhaberin hat der Löschung widersprochen. Die Markenabteilung 3.4 des
Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsanträgen stattgegeben.
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin hat der erkennende Senat den Be-
schluss der Markenabteilung teilweise aufgehoben (Beschluss vom
3. August 2005, GRUR 2005, 948 - FUSSBALL WM 2006). Unter Zurückweisung
- 4 -
der Beschwerde der Markeninhaberin im Übrigen hat das Bundespatentgericht die
Löschungsanträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) insoweit zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Markeninhaberin ihr Begehren,
die Löschungsanträge insgesamt zurückzuweisen, mit der Beschränkung weiter-
verfolgt, dass die Zurückweisung der Löschungsanträge nicht mehr hinsichtlich
der Dienstleistung „Organisation und Bewerbung von Fußballveranstaltungen“
verlangt werde. Die Antragstellerin zu 2) hat sich mit ihrer Rechtsbeschwerde
gegen den angefochtenen Beschluss gewandt, soweit die Beschwerde der Mar-
keninhaberin Erfolg hatte. Die Antragstellerinnen zu 1) und zu 3) haben keine
Rechtsbeschwerde eingelegt.
Die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hatte keinen Erfolg. Auf die Rechts-
beschwerde der Antragstellerin zu 2) hat der Bundesgerichtshof den angefochte-
nen Beschluss des Senats im Umfang der Zurückweisung ihres Löschungsantrags
aufgehoben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entschei-
dung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Bundes-
patentgericht zurückverwiesen (GRUR 2006, 850 - FUSSBALL WM 2006).
Den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Bundesge-
richtshof im Verhältnis zur Antragstellerin zu 1) auf 600.000 €, im Verhältnis zur
Antragstellerin zu 2) auf 1.000.000 € und im Verhältnis zur Antragstellerin zu 3)
auf 50.000 € festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hat die Markeninhaberin gegenüber dem Deut-
schen Patent- und Markenamt auf die streitgegenständliche Marke verzichtet.
Die Antragstellerin zu 2) beantragt,
festzustellen, dass die streitgegenständliche Marke 301 19 919
mit Wirkung nichtig war.
- 5 -
Sie macht geltend, dass der Verzicht auf die streitgegenständliche Marke nur
ab dem 9. Januar 2007 wirke, die Marke 301 19 919 jedoch noch
Grundlage zahlreicher zwischen der Markeninhaberin und der Antragstellerin zu 2)
anhängiger Verletzungsverfahren sei. Die Markeninhaberin erkennt den Fest-
stellungsantrag an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Der Feststellungsantrag der Antragstellerin zu 2) ist, soweit die Löschung der
Streitmarke noch nicht rechtskräftig angeordnet ist, zulässig. Durch den Ver-
zicht der Markeninhaberin auf die streitgegenständliche Marke vom
9. Januar 2007 hat sich das Löschungsverfahren nicht in vollem Umfang in der
Hauptsache erledigt. Denn die Antragstellerin zu 2) hat im vorliegenden Fall
ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der vollständigen
Nichtigkeit der Markeneintragung (vgl. BGH GRUR 2001, 337, 339
- EASYPRESS; zu der vergleichbaren Situation im Patentnichtigkeitsverfahren
vgl. BGH GRUR 1965, 231, 233 - Zierfalten)Der Verzicht hat lediglich zum
Erlöschen des Rechts geführt, so dass zwischen dem Zeitraum der
Eintragung und des Verzichts eventuell entstandene Ansprüche weiter be-
stehen bleiben (BGH GRUR 2001, 337, 339 - EASYPRESS; Kirschneck, in:
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 48 Rdn. 9; Ingerl/Rohnke, Marken-
gesetz, 2. Aufl., § 48 Rdn. 11). Die von der Antragstellerin mit ihrem Lö-
schungsantrag angestrebte Löschung wegen Nichtigkeit sollte dagegen
gemäß § 52 Abs. 2 MarkenG dazu führen, dass die Wirkungen der Eintragung
im Umfang der Löschung als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Die
Marke 301 19 919 ist im Verhältnis zwischen der Markeninhaberin und der
Antragstellerin zu
2) weiterhin Grundlage von Verletzungsverfahren. Die
Markeninhaberin hat in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, den
- 6 -
Feststellungsantrag der Antragstellerin zu 2) anzuerkennen. Sie hat jedoch
nicht auf die ihr gegen die Antragstellerin zu 2) möglicherweise noch zu-
stehenden Ansprüche verzichtet (vgl. BGH GRUR 1965, 231, 233 - Zierfalten).
Die „Anerkennung“ des Feststellungsantrags durch die Markeninhaberin ist
insoweit nicht ausreichend.
2. Der Feststellungsantrag ist auch in der Sache begründet. Das ergibt sich zwar
wiederum nicht schon aus dem Anerkenntnis der Markeninhaberin. In Ver-
fahren der vorliegenden Art ist ein prozessuales Anerkenntnis entsprechend
§ 307 S. 1 ZPO nicht möglich, da dies mit dem Grundsatz der Amtsermittlung
(§ 73 Abs. 1 MarkenG) unvereinbar wäre (vgl. für die insoweit vergleichbare
Sachlage im Patentnichtigkeitsverfahren (Busse/Keukenschrijver, PatG,
6. Aufl., § 83 Rdn. 28; Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 83 Rdn. 6; BPatGE
17, 86, 88). Der Bundesgerichtshof hat jedoch in seiner Entscheidung über die
Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zu 2) festgestellt, dass auch in Bezug
auf diejenigen Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer der Senat in
dem mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss den Löschungsan-
trag der Antragstellerin zu 2) zurückgewiesen hat, die Voraussetzungen der
Löschung gemäß §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erfüllt sind. Der Lö-
schungsantrag hätte daher nunmehr in vollem Umfang Erfolg haben müssen.
Es war daher antragsgemäß festzustellen, dass die Wirkungen der Eintragung
der deutschen Marke Nr. 301 19 919 - FUSSBALL WM 2006 als von Anfang
an nicht eingetreten gelten (vgl. § 52 Abs. 2 MarkenG).
3. Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde beruht auf § 90
Abs. 1 und 2 MarkenG. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass
nach § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG die durch eine erfolglose Rechtsbeschwer-
de veranlassten Kosten zwingend dem Rechtsbeschwerdeführer aufzuerlegen
sind, ohne dass insoweit Raum für eine Billigkeitsentscheidung bliebe
(Ströbele/Hacker, a. a. O., § 90 Rdn. 3).
- 7 -
a) Da die Markeninhaberin mit ihrer Rechtsbeschwerde unterlegen ist, hat
sie nach § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG 6/10 der Gerichtskosten zu tragen.
Zwar handelt es sich dabei nur um einen Teil der Gerichtskosten. Jedoch
entspricht dieser Anteil dem Wert der - erfolglosen - Rechtsbe-
schwerde der Markeninhaberin. Dies ergibt sich aus der Gegenüber-
stellung des im Verhältnis zu der Antragstellerin zu 1), die keine Rechtsbe-
schwerde eingelegt hat, maßgeblichen Gegenstandswerts (600.000,-- €)
und des im Verhältnis zu der Antragstellerin zu 2), die selbst auch Rechts-
beschwerde eingelegt hat, festgesetzten Gegenstandswerts
(1.000.000,-- €).
Hinsichtlich der übrigen 4/10 der Gerichtskosten, die durch die Rechtsbe-
schwerde der Antragstellerin zu 2) veranlasst worden sind, verbleibt es bei
dem in § 90 Abs. 1 Satz 3 MarkenG zum Ausdruck kommenden Grund-
satz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Dies bedeutet, dass
die Antragstellerin zu 2) diesen ihr nach der Kostenrechnung des Bundes-
gerichtshofs vorläufig überbürdeten Teil der Gerichtskosten endgültig zu
tragen hat. Insoweit ist auch nichts dafür vorgetragen oder sonst ersicht-
lich, dass dieser Teil der Gerichtskosten aus Gründen der Billigkeit nach
§ 90 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ebenfalls der Markeninhaberin aufzuerlegen
wäre. Die unterschiedliche Beurteilung der Schutzfähigkeit der streit-
gegenständlichen Marke ließen die Verteidigung der Markeninhaberin im
Rechtsbeschwerdeverfahren nicht als von vorneherein aussichtslos er-
scheinen. Eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin bei der Anmeldung
der Streitmarke hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich verneint.
b) Aus § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG ergibt sich zwingend, dass die Marken-
inhaberin die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen zu 1) und
3) in vollem Umfang zu tragen hat. Hinsichtlich der außergerichtlichen
Kosten der Antragstellerin zu 2) gelten die Ausführungen zu der Verteilung
der Gerichtskosten entsprechend. Dies bedeutet, dass die Markeninha-
- 8 -
berin nach § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG 6/10 der außergerichtlichen Kos-
ten der Antragstellerin zu 2) zu tragen hat. Die restlichen 4/10 ihrer außer-
gerichtlichen Kosten trägt die Antragstellerin zu 2) nach § 90 Abs. 1 Satz 3
MarkenG selbst. Auch insoweit sind keine Gründe ersichtlich, der Marken-
inhaberin die Kosten aus Gründen der Billigkeit vollständig aufzuerlegen.
Ebenso hat die Markeninhaberin ihre durch die Rechtsbeschwerde verur-
sachten außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens bestand kein Anlass, diese
einer der Beteiligten aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
gez.
Unterschriften