Urteil des BPatG vom 14.02.2007

BPatG (marke, unterscheidungskraft, frucht, eintragung, obst, bezug, zeichen, verkehr, eugh, beschwerde)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 130/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 44 302.6
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung …
in der Sitzung vom 14. Februar 2007
BPatG 152
08.05
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 30. Juli 2004 für Waren in den Klassen 5 sowie 29 - 32 angemeldete
Wortmarke
Fruit to Go
ist von der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts mit
Erstbeschluss vom 1. Dezember 2004 teilweise, nämlich für die Waren
„tiefgekühltes Obst; Obstkonserven, Obstpürees; Fruchtzuberei-
tungen; Fruchtaufstriche; Fruchtmus als Dessert; Fruchtsuppen;
Fruchtsaucen; frisches Obst; alkoholfreie Getränke; Frucht- und
Gemüsesäfte; Fruchtnektare; Fruchtsirupe“
als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen worden. Der sprachüblich gebil-
dete Ausdruck „Fruit to Go“ lasse sich ohne weiteres mit „Obst zum Mitnehmen“
oder „Frucht/Früchte zum Mitnehmen“ übersetzen. In dieser Bedeutung sei die
Wortfolge auch lexikalisch nachweisbar, wie sich aus dem Großwörterbuch PONS
ergebe, in dem die Wortfolge „Cheesburger to go“ mit „Cheeseburger zum Mit-
nehmen“ übersetzt werde. Im Zusammenhang mit den vorgenannten Waren er-
schöpfe sich die schlagwortartige Wortfolge in einem Hinweis auf die sofortige
Mitnahmemöglichkeit der betreffenden (frischen, gekühlten, konservierten oder
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verarbeiteten) Obst- und Fruchtwaren. Die Verkehrskreise verstünden die Marke
in Bezug auf diese Waren lediglich als Sachangabe.
Die Erinnerung der Anmelderin ist durch Beschluss vom 14. September 2005
zurückgewiesen worden. In ihrer Gesamtheit werde die Marke im Sinne von
„Frucht zum Mitnehmen“ verstanden. Dass es sich bei den Waren teilweise um
verarbeitete Fruchtprodukte handele, ändere an einem entsprechenden Verständ-
nis nichts, da auch Frucht in flüssiger oder eingemachter Form zum Mitnehmen
geeignet sei. Die Fundstelle aus PONS ist der Anmelderin im Erinnerungsver-
fahren ebenso zur Kenntnis übersandt worden wie diverse Internetausdrucke, die
eine Verwendung von „to go“ im Zusammenhang mit Lebensmitteln im Sinne von
„zum Mitnehmen“ belegen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Be-
gründung hat die Anmelderin auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren verwiesen. Dort
hat sie vorgetragen, „to go“ habe nicht die Bedeutung „zum Mitnehmen“. Zu-
mindest ein Teil der versagten Waren seien keine Waren, die ein Obst zum
schnellen Mitnehmen darstellten. Im Übrigen hat die Anmelderin ihr Eintragungs-
begehren auf die Eintragung von ihrer Ansicht nach vergleichbaren amerikani-
schen und deutschen Marken (z. B. „Coffee to Go“) gestützt.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet. Der angemeldeten
Bezeichnung „Fruit to Go“ fehlt für die beschwerdegegenständlichen Waren jeg-
liche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
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Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einem Zeichen in-
newohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die
von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer
Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht
darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu gewährleisten (st.
Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdn. 27 ff. - BioID; BGH GRUR 2003, 1050
- Cityservice; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die
Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländi-
schen Verkehrskreise, wobei auf die Sicht des normal informierten, angemessen
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist
(EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdn. 50 - Henkel; GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 24
- SAT.2). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwen-
detes Zeichen in der Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer
näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004,
428, 431, Rdn. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWA-
RE CORPORATION). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsin-
halt, der für die in Frage stehenden Waren ohne weiteres und ohne Unklarheiten
als solcher erfasst wird, so ist ihr die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeg-
licher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben
gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterschei-
dungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152, - marktfrisch; GRUR 2005,
417, 418 - BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus
gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fach-
sprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 85). Dabei ist
die Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen abzusprechen, die lediglich allge-
meine Sachaussagen vermitteln (BPatG GRUR 2006, 766, 767 - Choco'n'More).
Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke „Fruit to Go“ für die be-
schwerdegegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich
dieser Waren einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt auf-
weist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden
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wird. Den Bedeutungsgehalt der Wortfolge „Fruit to Go“ hat die Markenstelle auch
in ihrer Gesamtbedeutung zutreffend dargelegt; zur Vermeidung von Wiederho-
lungen wird hierauf Bezug genommen.
Durch die der Anmelderin im Erinnerungsverfahren übermittelten lexikalischen
Auszüge aus PONS und aus LEO sowie die von der Markenstelle ermittelten
Internetauszüge ist ausreichend belegt, dass die Worte „to go“ im Zusammenhang
mit Lebensmitteln im Sinne von „zum Mitnehmen“ übersetzt und verwendet
werden. So wird die Redewendung „do you want that Pizza here or to go?“ in
PONS übersetzt mit „möchten Sie die Pizza hier essen oder mitnehmen?“. Im
folgenden Beispiel heißt es: „I'd like a cheesburger to go“, was übersetzt wird mit
„ich hätte gerne einen Cheeseburger zum Mitnehmen.“. In dem Online-Wörterbuch
LEO wird die Wortfolge „Coffee to go“ mit „Kaffee zum Mitnehmen“ übersetzt. Eine
entsprechende Verwendung von „to go“ im Sinne von „zum Mitnehmen“ ergibt sich
auch aus den von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucken vom
6. Juli 2005. In dem Internetausdruck www.gewerbe-ebe.de/kloster/skarte. heißt
es beispielsweise: „Für besonders eilige bieten wir Ihnen für € 1,50 Kaffee oder
Tee to go an“.
In Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren werden die angesproche-
nen breiten inländischen Verkehrskreise die Bezeichnung „Fruit to Go“ im Sinne
von „Frucht zum Mitnehmen“ verstehen. Sämtliche beschwerdegegenständlichen
Waren können ausnahmslos Früchte enthalten bzw. einen Fruchtgeschmack ha-
ben. „Fruit to Go“ wird von den angesprochenen Verkehrskreisen deshalb un-
mittelbar warenbezogen verstanden, nämlich, dass die so gekennzeichneten
fruchthaltigen Produkte zum Mitnehmen bestimmt sind. Der Verkehr wird hierin
keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Geschäfts-
betrieb sehen.
Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Anmelderin vergleichbare
Marken kann sie keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen füh-
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ren weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundge-
setzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu
befinden haben. Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke
stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z. B. BPatGE 32, 28
- CREATION GROSS; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; EuGH GRUR 2004, 674,
Rdn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Rdn. 63 - Henkel).
Ob der Eintragung der angemeldeten Marke auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ent-
gegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
gez.
Unterschriften