Urteil des BPatG vom 11.11.2008

BPatG (marke, boden, bundesrepublik deutschland, beschreibende angabe, unterscheidungskraft, brd, verkehr, bezug, eugh, unternehmen)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 65/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die international registrierte Marke 797 948
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 11. November 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele sowie der Richterin Kirschneck und des Richters Eisenrauch
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der IR-Markeninhaberin werden die Be-
schlüsse der Markenstelle für Klasse 11 IR des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 24. November 2004 und 28. März 2006 auf-
gehoben.
G r ü n d e
I.
Die international registrierte Marke (Wortmarke) 797 948
FLOORTEC
beansprucht nach einer im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht
(BPatG) für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (BRD) vorgenommenen
Beschränkung des Warenverzeichnisses zuletzt noch Schutz für die folgenden
Waren:
„Cl. 11: Radiators, heating plates, radiators consisting of elements,
flat radiators, water heaters, hot water tanks for heating
purposes and hot-water cylinders, boilers (not included in
other classes), reverse cycle heating systems, solar
collectors, heat exchangers, heating installations in walls
and ceilings, electric heating elements, damper registers,
heating cycle distributors and heating control systems;
cooling plants (except household applications), namely
dissipators, cooling plates, flat coolers, wall and ceiling
coolings, cooling cycle distributors; all articles mentioned
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before exclusively for heating and cooling installation
systems in walls and ceilings.“
Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat
die Markenstelle für Klasse 11 IR des Deutschen Patent- und Markenamts
(DPMA) der IR-Marke den Schutz in der BRD wegen der absoluten Schutzhinder-
nisse fehlender Unterscheidungskraft und einer beschreibenden freihaltebedürfti-
gen Angabe verweigert (§§ 107, 113, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG;
Art. 5 Abs. 1 MMA i. V. m. Art. 6 quinquies Abschnitt B Satz 1 Nr. 2 PVÜ). Zur Be-
gründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die aus dem einfachen englischen
Wort „FLOOR“ für „Boden, Fußboden“ und der bekannten Abkürzung „TEC“ für
englisch „technical, technic, technology“ sprachüblich gebildete Wortzusammen-
setzung „FLOORTEC“ stelle sich den angesprochenen Verkehrskreisen in ihrer
leicht fassbaren Bedeutung „Fußbodentechnik“ lediglich als eine für die bean-
spruchten Waren im Vordergrund stehende beschreibende Angabe dar, welche
diese als der Fußbodentechnik zugehörig bezeichne. Wie die von der Marken-
stelle im Internet recherchierten Belege zeigten, könnten die beanspruchten Wa-
ren alle der Fußbodentechnik zugerechnet werden. Der Marke fehle daher die
Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die in Rede stehenden Waren
eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu
werden. An der unmittelbar warenbeschreibenden Sach- und Bestimmungsan-
gabe bestehe außerdem ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der IR-Markeninhaberin, nach deren Auf-
fassung dem Schutz der IR-Marke in Deutschland nicht die von der Markenstelle
angenommenen Schutzhindernisse entgegenstehen. Selbst in der von der Mar-
kenstelle angenommenen Bedeutung „Fußbodentechnik“ könne der IR-Marke
„FLOORTEC“ schon deshalb keine beschreibende Aussage entnommen werden,
weil die beanspruchten Waren mit Ausnahme von „Fußbodenheizungen und
-kühlungen, Wärmedämmung und Isolierung für Fußbodenheizungen und
-kühlungen“ mit Fußböden nichts zu tun hätten. Dabei handle es sich allerdings
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auch bei Fußbodenheizungen nicht um Fußböden, sondern um Heizungen. Durch
die erfolgte weitere Einschränkung des Warenverzeichnisses der IR-Marke für
Deutschland sei zudem jetzt insoweit ein möglicher beschreibender Bezug besei-
tigt. Um Schutz werde im Übrigen nicht für das Wort „Fußbodentechnik“ nachge-
sucht, sondern für die englische Begriffsbildung „FLOORTEC“, die keinem gängi-
gen Wörterbuch entnommen werden könne und die mehrdeutig sei. Das darin
enthaltene englische Wort „FLOOR“ sei nicht ausschließlich mit „Fußboden“, son-
dern z. B. auch mit „Stockwerk“ zu übersetzen. Für die Schutzfähigkeit spreche
außerdem, dass der IR-Marke in allen übrigen beanspruchten Ländern Schutz
gewährt worden sei; selbst in Großbritannien seien keine absoluten Schutzversa-
gungsgründe geltend gemacht worden.
Die IR-Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der IR-Markeninhaberin hat in der Sache Erfolg. Nach
Auffassung des Senats stehen dem Schutz der IR-Marke nach der im Beschwer-
deverfahren erfolgten Beschränkung des Warenverzeichnisses für das Gebiet der
BRD keine absoluten Schutzhindernisse gemäß §§ 107, 113, 37 Abs. 1 i. V. m.
§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3, Art. 5 Abs. 1 MMA i. V. m. Art. 6 quinquies Abschnitt B
Satz 1 Nr. 2 PVÜ entgegen.
Insbesondere kann der IR-Marke nicht jede Unterscheidungskraft gemäß § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2, 1. Alt. PVÜ abgespro-
chen werden. Unterscheidungskraft ist die - konkrete - Eignung, die beanspruch-
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ten Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen
und diese Waren von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Denn
die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekenn-
zeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH
GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35) „Philips“; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) „Linde,
Winward u. Rado“; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) „Henkel“; GRUR 2008, 608,
610 (Nr. 59) „EUROHYPO“; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18) „FUSSBALL
WM 2006“). Die Unterscheidungskraft ist zum Einen im Hinblick auf die
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und zum Anderen im Hinblick auf die
beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke
durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen
ist (vgl. EuGH a. a. O. (Nr. 41) „Linde, Winward u. Rado“; a. a. O. (Nr. 50)
„Henkel“; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24) „SAT.2“; BGH a. a. O. (Nr. 18)
„FUSSBALL WM 2006“). Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Verkehr ein
als Marke verwendetes Zeichen i. d. R. so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt,
ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl.
EuGH a. a. O. (Nr. 53) „Henkel“; BGH MarkenR 2000, 420, 421 „RATIONAL
SOFTWARE CORPORATION“; GRUR 2001, 1151, 1152 „marktfrisch“). Nach der
Rechtsprechung besitzen Wortmarken dann keine die Ursprungsidentität
gewährleistende Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen
Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im
Vordergrund stehenden, ohne weiteres und ohne Unklarheiten fassbaren
beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen
Wörtern der deutschen oder geläufigen Wörtern einer fremden Sprache bestehen,
die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den
Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden
werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) „Postkantoor“; BGH
GRUR 2001, 1153 „antiKALK“; GRUR 2002, 1070, 1071 „Bar jeder Vernunft“;
GRUR 2005, 417, 418 „BerlinCard“; a. a. O. (Nr. 19) „FUSSBALL WM 2006“). Die
danach für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft zu fordernden
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Voraussetzungen vermag der Senat bei der IR-Marke - jedenfalls nach der
vorgenommenen Beschränkung des Warenverzeichnisses - nicht festzustellen.
Bei der IR-Marke handelt es sich um eine englischsprachige Wortbildung aus dem
Wort „FLOOR“, das u. a. „Boden, Fußboden, Grund, (tech.) Plattform, Stockwerk,
Geschoß, Sitzungs/Plenarsaal, Minimum“ bedeutet (vgl. Langenscheidt Mu-
ret-Sanders, Großwörterbuch Englisch, Teil I, Englisch-Deutsch, 2001, S. 445)
und der Abkürzung „TEC“ für „technic, technical, technology“ (= Technik, tech-
nisch, Technologie; vgl. Stahl/Kerchelich, Abbreviations Dictionary, Tenth Edition,
S. 988). Der Markenstelle kann darin gefolgt werden, dass für die angesprochenen
inländischen Verbraucherkreise in Bezug auf Fußböden oder Produkte, die in ei-
nem unmittelbaren Zusammenhang mit Fußböden stehen (z. B. Fußbodenbeläge,
Estriche,
Fußbodenkonstruktionen),
ein
Verständnis
der
Wortbildung
„FLOORTEC“ i. S. v. „Fußboden-Technik/-Technologie“ naheliegen mag. Zu den
Produkten mit unmittelbarem Bezug zu Fußböden wird man dabei auch noch
Fußbodenheizungen und -kühlungen zählen können, die ursprünglich vom
Schutzgesuch der IR-Marke mitumfasst waren. Ein solches Verständnis wird in-
soweit dadurch gefördert, dass der deutsche Begriff „Fußbodentechnik“ im Ver-
kehr für Dienstleistungen und Produkte rund um Fußböden eine nachweislich ver-
wendete Bezeichnung darstellt (vgl. in der Anlage zum Beschluss der Marken-
stelle vom 24.11.2004 auf der Internet-Seite
Durch die im Beschwerdeverfahren vorgenommene positiv gegenständliche Be-
schränkung des Warenverzeichnisses der IR-Marke für das Gebiet der BRD auf
Waren der Klasse 11 mit ausschließlicher Bestimmung für Wand- und Deckenhei-
zungssysteme sowie Wand- und Deckenkühlungssysteme ist nunmehr jedoch
ausgeschlossen, dass die Marke dem Verkehr auf Produkten des Fußbodenhei-
zungs- oder Fußbodenkühlsektors begegnet. Auch ein sonstiger Bezug der
verbleibenden Waren zu Fußböden ist nicht erkennbar. Daher kann nicht erwartet
werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise, selbst wenn sie das englische
Wort „FLOOR“ i. S. v. „Boden, Fußboden“ verstehen, in der Bezeichnung
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„FLOORTEC“ ohne weiteres und ohne Unklarheiten lediglich einen im Vorder-
grund stehenden Sachhinweis und nicht ein Unterscheidungsmittel für die Her-
kunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen sehen werden (vgl. BGH
a. a. O. „BerlinCard“; a. a. O. (Nr. 19) „FUSSBALL WM 2006“). In Bezug auf
Wand- und Deckenheizungssystem sowie Wand- und Deckenkühlungssysteme
bzw. dafür bestimmte Waren ruft die Begriffskombination vielmehr nur
uneinheitliche vage Vorstellungen ohne einen konkret als Sachangabe fassbaren
Aussagegehalt hervor, so dass ihr insoweit nicht jede Unterscheidungskraft
abgesprochen werden kann.
Nachdem der Begriffskombination „FLOORTEC“ für die konkret noch bean-
spruchten Waren kein unmittelbar merkmalsbeschreibender Bedeutungsgehalt
entnommen werden kann, steht dem Schutz der IR-Marke in der BRD ferner nicht
das Schutzhindernis einer beschreibenden Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 Mar-
kenG, Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2, 2. Alt. PVÜ entgegen. Ebenso wenig be-
steht die IR-Marke aus einer im Verkehr für die Waren üblichen Bezeichnung ge-
mäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2, 3. Alt. PVÜ.
Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger absoluter Schutzhindernisse sind nicht
ersichtlich und von der Markenstelle im Übrigen auch nicht innerhalb der Jahres-
frist des Art. 5 Abs. 2 MMA dem Internationalen Büro der WIPO mitgeteilt worden.
Dr. Ströbele
Eisenrauch
Kirschneck
Bb