Urteil des BPatG vom 11.07.2001

BPatG: beschreibende angabe, zukunft, unterscheidungskraft, wortmarke, werbung, unternehmen, wortzeichen, urlaub, fremdsprache, software

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 153/99
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
11. Juli 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 64 328.8
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Schülke sowie der Richter Kraft und Reker
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 24. Januar 1999 aufgehoben.
BPatG 154
6.70
- 2 -
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 21 des DPMA hat die für die Waren
"elektrische Geräte zur Förderung der Oralhygiene, insbesondere
elektrische Zahnbürsten, elektrische Zahn- und Mundspülgeräte,
elektrische Zahnprothesenreiniger; sowie Teile vorerwähnter Wa-
ren"
angemeldete Wortmarke
MICROBRUSH
mit Beschluß vom 24. Juni 1999 gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zu-
rückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung
setze sich sprachüblich aus den englischen Bestandteilen "MICRO" und "BRUSH"
zusammen. Das letztgenannte Substantiv beschreibe in seiner Bedeutung "Bür-
ste" die beanspruchten Waren glatt. In der Verbindung mit dem weiteren Be-
standteil "MICRO" ergebe sich der naheliegende Sinngehalt, daß es sich um be-
sonders kleine Bürsten handele. "MICRO" bedeute in Wortbildungen mit Substan-
tiven oder Adjektiven auch im Deutschen "klein, kleiner als normal, sehr klein". Es
handele sich damit, jedenfalls im umgangssprachlichen Gebrauch, um die Angabe
einer relativen, nicht aber einer absoluten Kleinheit im mathematischen Sinne, wie
von der Anmelderin vertreten. An der angemeldeten Bezeichnung bestehe ein er-
hebliches zukünftiges Freihaltungsbedürfnis. Selbst wenn es den angemeldeten
Gesamtbegriff noch nicht geben sollte, liege die Entwicklung von kleineren Zahn-
bürsten als bisher durchaus nahe. Solche kleineren Bürsten könnten durch die
Bezeichnung "MICROBRUSH" beschrieben werden. Ernsthafte Zweifel an der
Verständlichkeit dieser Bezeichnung bestünden nicht.
- 3 -
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie hat das Waren-
verzeichnis in der mündlichen Verhandlung auf
"elektrische Geräte zur Förderung der Oralhygiene, nämlich elek-
trische Zahn- und Mundspülgeräte, elektrische Zahnprothesenrei-
niger; sowie Teile vorerwähnter Waren"
beschränkt und beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nach der erfolgten Einschränkung des Warenver-
zeichnisses auch begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen für
die nunmehr noch beanspruchten Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2
MarkenG nicht entgegen.
Bei der angemeldeten Bezeichnung "MICROBRUSH" handelt es sich für die ver-
bliebenen Waren nicht um eine warenbeschreibende Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2
MarkenG. Nach dieser Bestimmung des Markengesetzes sind solche Angaben
von der Eintragung als Marke ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung
ua der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Wa-
ren dienen können. Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausge-
schlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführ-
ten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umwor-
benen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug
auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (BGH GRUR 1998, 813, 814 –
CHANGE) und die überdies entweder bereits als Sachaussage benutzt werden
oder deren Benutzung als Sachaussage auf Grund konkret feststellbarer tatsächli-
- 4 -
cher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (BGH GRUR 1995, 408, 409 –
PROTECH). Der Beurteilung ist dabei die angemeldete Bezeichnung in ihrer Ge-
samtheit zugrunde zu legen und keine zergliedernde Betrachtungsweise vorzu-
nehmen (BGH MarkenR 2000, 420, 421 – RATIONAL SOFTWARE
CORPORATION).
Für die im Warenverzeichnis noch aufgeführten Waren ist eine gegenwärtige Ver-
wendung der angemeldeten Bezeichnung als beschreibende Angabe, anders als
etwa für Zahnbürsten und andere Bürstchen zur Reinigung der Zahnzwischen-
räume, weder lexikalisch noch im Internet festzustellen. Ein auf gegenwärtiger Be-
nutzung beruhendes aktuelles Freihaltungsbedürfnis der angemeldeten Marke als
beschreibende Sachaussage ist deshalb nicht nachweisbar.
Es liegen auch derzeit keine konkreten Tatsachen vor, die erwarten ließen, daß
die Bezeichnung "MICROBRUSH" in Zukunft als warenbeschreibende Angabe für
die im Warenverzeichnis verbliebenen Gegenstände dienen könnte. Die festge-
stellten Benutzungen der angemeldeten Bezeichnung betreffen durchweg kleine
Bürsten und Schwämmchen für den Dental- und Modellbaubereich. Für andere
Mundhygieneartikel ist die Bezeichnung "MICROBRUSH" hingegen als warenbe-
schreibende Angabe bisher ungebräuchlich, was nicht zuletzt darauf zurückzufüh-
ren ist, daß die Angabe "BRUSH" für andere Waren als Bürsten unzutreffend ist.
Da die angemeldete Bezeichnung "MICROBRUSH" andere Waren als Bürsten
nicht zutreffend benennen würde, steht auch nicht zu erwarten, daß sie in Zukunft
als warenbeschreibende Angabe für andere Waren des Mund- und Zahnpflegebe-
reichs Verwendung finden wird.
Der angemeldeten Marke fehlt es für die nach Einschränkung des Warenverzeich-
nisses noch beanspruchten Waren auch nicht an jeglicher Unterscheidungskraft
iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
- 5 -
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewoh-
nende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemel-
deten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen auf-
gefaßt zu werden. Hierbei ist von einem großzügigen Maßstab auszugehen, da
der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen keiner analysierenden Betrach-
tungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die in Frage ste-
henden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeord-
net werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der
deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das – etwa wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung - nur als solches und nicht als Un-
terscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür,
daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und
damit die Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 1999, 257, 258 – PREMIERE
II).
Ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt fehlt der angemel-
deten Bezeichnung für die nunmehr noch beanspruchten Waren, wie bereits im
Rahmen der Begründung zu § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dargelegt wurde. Ebenso
wenig handelt es sich bei der Bezeichnung "MICROBRUSH" um ein gebräuchli-
ches Wort der englischen oder deutschen Alltagssprache oder um ein solches
Wort, an das sich der Verkehr in Folge einer entsprechenden Verwendung in der
Werbung als ausschließlich warenbeschreibende oder anpreisende Angabe hätte
gewöhnen können. Somit fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten
dafür, daß die angemeldete Bezeichnung bei einer markenmäßigen Verwendung
für die noch beanspruchten Waren nicht mehr als Marke verstanden werden
könnte.
- 6 -
Die übrigen Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 MarkenG sind ersichtlich ebenfalls
nicht gegeben.
Schülke
Richter Kraft hat Urlaub
und kann deshalb nicht
unterschreiben
Schülke
Reker
prö