Urteil des BPatG vom 02.03.2005

BPatG: schokolade, verkehr, speiseeis, kennzeichnungskraft, kakao, anfang, verwechslungsgefahr, tee, zucker, herkunft

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 63/04
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 302 38 652
- 2 -
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mit-
wirkung des Richters Viereck als Vorsitzenden sowie der Richter Müllner und
Kruppa am 2. März 2005
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die am 6. August 2002 angemeldete und am 14. Oktober 2002 für unter-
schiedliche Waren in den Klassen 29, 30 und 31, u.a. für
Kaffee, Tee, Kakao, Zucker …; feine Backwaren und Konditorwa-
ren, Speiseeis, Honig, Melassesirup
unter der Nr 302 38 652 in das Markenregister des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts (DPMA) eingetragene Wortmarke
O SOLE BIO
ist aus der prioritätsälteren deutschen Marke 2
026
705 (angemeldet am
20. März 1992)
SOLE MIO
- 3 -
die für
Schokolade und Schokoladewaren, insbesondere mit Schokolade
überzogene Nüsse und Sonnenblumenkerne
Schutz genießt, Widerspruch erhoben worden. Der Widerspruch richtet sich gegen
"alle ähnlichen Waren des Warenverzeichnisses, insbesondere Kakao, feine Back-
waren und Konditorwaren, Speiseeis".
Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens vor dem DPMA hat die Markeninhaberin
erklärt, sie sei bereit, auf folgende Waren der Klasse 30 zu verzichten: "feine
Backwaren und Konditorwaren, Zucker, Speiseeis, Kakao". Ob es daraufhin au-
ßeramtlich zu Verhandlungen der Beteiligten gekommen ist (sowie ggf deren Er-
gebnis), ist nicht bekannt. Im weiteren Verlauf des patentamtlichen und des ge-
richtlichen Verfahrens haben sich die Beteiligten nämlich nicht mehr zur Sache ge-
äußert.
Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 30
hat den Widerspruch mit Beschluß vom 12. Januar 2004 wegen fehlender Ver-
wechslungsgefahr zurückgewiesen. Die jeweils letzten Markenbestandteile, die
Wörter BIO und MIO, unterschieden sich in markanter Weise durch den abwei-
chenden Anfangsbuchstaben, welcher den Sinngehalt der sich gegenüberstehen-
den Wortmarken entscheidend verändere. Die Widerspruchsmarke leite sich ab
von der als Anfang eines neapolitanischen Volksliedes auch deutschen Verkehrs-
kreisen bekannten italienischen Wortfolge "O sole mio", die ein italienisches Flair
vermittele und im Inland als Name italienischer Gaststätten und Pizzerien beliebt
sei. Die jüngere Marke wandele diese Bezeichnung durch den Austausch eines
einzigen Buchstabens in origineller Weise ab und rufe so beim Verkehr eine Asso-
ziation zu Bioprodukten hervor.
- 4 -
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Eine - zunächst angekündigte - Beschwerdebegründung ist nicht zu den Ge-
richtsakten gelangt.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet, weil die sich
gegenüberstehenden Marken keiner Gefahr der Verwechslung im Verkehr nach
§ 42 Abs 2 Nr 1, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG unterliegen.
Nach diesen Bestimmungen ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Wider-
spruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke
älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren
für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Ge-
fahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die
Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in
Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der
Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungs-
kraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren
durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte
Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt
(st. Rspr.; vgl BGH GRUR 2002, 626 - IMS).
Schokolade und Schokoladewaren sind mit den o.a. von der jüngeren Marke be-
anspruchten Waren, gegen die sich der Widerspruch (bei sach- und interessenge-
rechter Auslegung) richtet, in unterschiedlichem Maße ähnlich, wobei der Abstand
allerdings für "Kaffee" und "Tee" ganz erheblich ist. Die Kennzeichnungskraft der
- 5 -
Widerspruchsmarke ist, mangels entgegenstehender Anhaltspunkte, durchschnitt-
lich.
Die Vergleichsmarken sind sich nicht in einer verwechslungsbegründenden Weise
ähnlich. Auf die im wesentlichen zutreffenden Ausführungen der Markenstelle wird
zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Bei optischer Wahrneh-
mung der Marken wird die Abweichung in den Anfangsbuchstaben von BIO und
MIO nicht übersehen werden. Dadurch erhalten beide Marken zugleich in der Ge-
samtheit einen anderen Sinngehalt. Während die Widerspruchsmarke die italieni-
sche Bezeichnung für "meine Sonne" darstellt, verfremdet die jüngere Marke in
spielerischer Weise den Beginn des bekannten Liedes. Klanglich steht der Annah-
me von Ähnlichkeit zudem entgegen, daß der Widerspruchsmarke das charakteri-
stische "O" am Anfang fehlt; dieses darf auch nicht etwa hinzugedacht werden
(Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 453).
Der halbwegs aufmerksame Verkehr, der die Unterschiede beider Marken be-
merkt, hat auch keinen Anlaß, diese gleichwohl irrtümlich ein und derselben be-
trieblichen Herkunft zuzuordnen oder auf eine gemeinsame Produktverantwortung
zu schließen. Die Gefahr der Verwechslung infolge gedanklichen In-Verbindung-
Bringens besteht daher nicht.
Gründe für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs 1 MarkenG)
sind nicht ersichtlich.
Viereck Müllner Kruppa
br/Pü