Urteil des BPatG vom 13.04.2010

BPatG: treu und glauben, ex tunc, geistiges eigentum, inhaber, markenregister, anhörung, verfügung, rechtsnachfolger, patent, legitimation

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 13/10
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 302 25 827.2
hier: Umschreibung der Marke
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht, des
Richters Schwarz und des Richters Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
H…
hat
am
24. Mai 2002
die
Wortmarke
302 25 827
Hugyfot
angemeldet. Am 16. Juli 2002 wurde die Marke für ihn eingetragen.
Zum
1. Januar 2003
hat
Frau
T…
ihren
Geschäftsbetrieb
mit den in diesem Vertrag aufgeführten Wirtschaftsgütern (§ 1 des Vertrags) an
die Antragsgegnerin verkauft. Im Einzelnen sind dies … 3 c) sämtliche gewerbli-
chen Schutzrechte …, die sich aus diesem Vertrag als Bestandteil beigefügten
Anlage 1 ergeben. Anlage 1, die mit „Schutzrechte, geistiges Eigentum“ über-
schrieben ist, nennt eine Zeichenformel für das Bestimmen und Positionieren
eines Domeglases.
Seite 6/1 (D54) nennt ein Logo Hugyfot mit Krone, Name und Schriftzug Hugyfot,
das Hugyfot-Taucherlogo sowie Geschmacksmuster und technische Schutzrechte.
Mit Schreiben vom 1. April 2008 wurde die Umschreibung der Marke auf die
Antragsgegnerin beantragt.
- 3 -
Die Marke ist mit Verfügung vom 27. Mai 2008 auf die Antragsgegnerin umge-
schrieben worden (veröffentlicht am 27. Juni 2008); eine Anhörung des damals
noch lebenden Markeninhabers ist nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 haben die im Markenregister benannten Bevoll-
mächtigten „auf die nachrichtliche Mitteilung einer Umschreibung im Markenre-
gister vom 27. Mai 2008 sowie auf die Übermittlung eines Umschreibeantrags vom
1. April 2008“ beantragt, die Umschreibung umgehend rückgängig zu machen.
Den Umschreibeantrag habe weder der Markeninhaber noch seine Ehefrau noch
ein Anwalt der ihn vertretenden Kanzlei unterzeichnet.
Dazu erwiderte die Antragsgegnerin, die Eheleute H1… hätten ihr im
Jahr 2002 das Unternehmen Hugyfot mit allen Kennzeichenrechten verkauft. Als
die Umschreibung der Marken erfolgen sollte, habe der Geschäftsführer der
Antragsgegnerin dem Markeninhaber das Formular zugesendet, das dieser unter-
schrieben zurückgegeben habe. Zweifel an der Unterschrift seien nicht angezeigt
gewesen.
Dem hielt die Antragstellerin entgegen, sie sei Erbin des am 1. Juli 2008 verstor-
benen Markeninhabers. Die streitgegenständliche Marke habe der Vertrag zum
Unternehmensübergang zum 1. Januar 2003 explizit nicht umfasst. Darüber sei
am 3. August 2007 gesprochen worden. Am 7. August habe die Antragsgegnerin
mitgeteilt, die Bevollmächtigten des Markeninhabers sollten keinen Kontakt zu die-
sem suchen und den Vorgang auf Halt setzen.
Die Markenstelle hat mit Beschluss vom 21. September 2009 dem Antrag auf
Rückgängigmachung stattgegeben sowie den Antrag auf Umschreibung auf T…
zurückgewiesen.
Zur
Begründung
ist
ausgeführt,
die
Um-
schreibung sei fehlerhaft gewesen, denn es hätten keine Nachweise für den
Rechtsübergang von dem eingetragenen Inhaber auf die Antragsgegnerin vorge-
legen. Dies hätte bei Anhörung des Markeninhabers festgestellt werden können.
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Eine Anhörung wäre auch erforderlich gewesen, weil die Unterschrift in der Rubrik
„Markeninhaber“ unleserlich und undatiert gewesen sei (§ 28 Abs. 6 DPMAV).
Eine Vermutung zu Gunsten der Antragsgegnerin im Sinn des § 27 Abs. 2
MarkenG habe nicht vorgelegen.
Ob
Frau
T…
die
Marke
für
sich
beanspruchen
könne,
sei
nicht erwiesen und müsse zivilrechtlich geklärt werden. Das handschriftliche Tes-
tament reiche als Nachweis der Rechtsnachfolge nicht aus.
Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 7. Oktober 2009 zugestellt.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin am 30. Oktober 2009 Be-
schwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, für den Antrag auf Rückgängigmachung
der Umschreibung habe die Kanzlei W… keine Vollmacht gehabt. T…
habe
nach
zutreffender
Ansicht
der
Markenabteilung
kein
Recht auf Überschreibung der Marke an sie selbst belegt. Damit könne sie auch
die Rückgängigmachung der Umschreibung nicht beantragen.
Das Verfahren sollte ausgesetzt werden, bis die Erbfrage geklärt sei.
II
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, denn die Umschreibung der Marke
auf die Antragstellerin ist zu Recht rückgängig gemacht worden.
1.
Das konnten die im Markenregister eingetragenen Vertreter am
17. Juni 2008 schon deshalb beantragen, weil der ursprüngliche Markeninhaber
H… zu diesem Zeitpunkt noch lebte.
2.
Weder das Markengesetz noch die Markenverordnung enthalten eine aus-
drückliche Regelung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine einmal
erfolgte Eintragung rückgängig gemacht werden kann. Lediglich für den Fall der
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Eintragung von offenbaren Unrichtigkeiten geben die Vorschriften der § 39 Abs. 2
bzw. § 45 Abs. 1 MarkenG eine Korrekturmöglichkeit.
Zur Behebung von Divergenzen kommt grundsätzlich nur eine Umschreibungsbe-
willigungsklage vor den Zivilgerichten in Betracht. Ob daneben eine Registerein-
tragung auch im Verwaltungsverfahren abänderbar ist - weil sie formell oder mate-
riell unrichtig ist - richtet sich demnach nach den allgemeinen Vorschriften und
Grundsätzen über die Abänderung von behördlichen Verfügungen. Die Umschrei-
bung einer Marke verschafft dem Rechtsnachfolger zumindest insoweit eine for-
male Rechtsposition, als er - solange das Gegenteil nicht feststeht - als vermuteter
Inhaber dieser Marke seine Rechte aus diesem vermögenswerten Recht in
Anspruch nehmen und auch gerichtlich durchsetzen kann (vgl. § 28 MarkenG).
Diese einmal erlangte günstige Rechtsposition (der widerlegbaren Legitimation)
kann ihm nicht ohne weiteres und mit ex tunc Wirkung entzogen werden. Zum
einen ist nämlich das Vertrauen des Empfängers einer behördlichen Verfügung
auf deren Richtigkeit im gewissen Umfang schützenswert, zum anderen ist wegen
der Öffentlichkeit des Markenregisters bereits ein Rechtsschein gesetzt worden,
dessen Änderung sachlicher Gründe bedarf. Demzufolge hat der Bundesgerichts-
hof in der Entscheidung „Marpin“ (GRUR 1969, 43 zu § 8 WZG) hohe Anforderun-
gen an die Rückgängigmachung einer vorgenommenen Umschreibung gestellt.
Die Rückgängigmachung eines solchen begünstigenden Verwaltungsakts sei
weder wegen des bloßen Wandels der Rechtsauffassung, noch wegen ihrer inhalt-
lichen Unrichtigkeit möglich. Wenn jedoch Gründe vorlägen, die sogar das Wieder-
aufnahmeverfahren einer gerichtlichen Entscheidung rechtfertigten, könne abge-
ändert werden. Ebenso gebe die Versagung des rechtlichen Gehörs beim Erlass
des Verwaltungsakts ausreichend Grund für dessen Rücknahme, sofern der zu
Unrecht nicht Gehörte dies rügt. Eine einheitliche Entscheidung aller denkbaren
Fälle sei nicht möglich, es müssten jeweils die Besonderheiten des Einzelfalls
berücksichtigt werden. Im patentamtlichen Verfahren ist damit eine Rückumschrei-
bung nur möglich, wenn die Umschreibung auf einem schweren Verfahrensman-
gel beruht (BGH GRUR 1969, 43, 45 - Marpin; BPatGE 46, 92). Die Entscheidung
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hat unter Abwägung des Vertrauens des Begünstigten und des allgemeinen
Rechtsscheins einerseits und der Schwere des Verstoßes andererseits zu erfol-
gen.
3.
Unter Anwendung dieser Grundsätze können die im patentamtlichen Be-
schluss angeführten Gründe - der Rechtsübergang sei nicht ausreichend belegt
gewesen - eine Rückgängigmachung der Umschreibung rechtfertigen, denn die
Verfügung ist mit dem schwerwiegenden Verfahrensfehler der Versagung des
rechtlichen Gehörs behaftet (vgl. hierzu auch BPatG vom 23.1.2001,
33 W (pat) 80/99).
Eine Rückgängigmachung der Umschreibung war somit nach der zitierten BGH-
Entscheidung „Marpin“ angezeigt, weil Gründe vorliegen, die bei einer gerichtli-
chen Entscheidung ein Wiederaufnahmeverfahren rechtfertigen würden. Ein sol-
cher Grund liegt gemäß § 578 Abs. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nämlich dann vor,
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht vertreten war. Auf die Erbfrage kommt es
dabei nicht an, so dass das Verfahren nicht auszusetzen ist.
Die Voraussetzungen unter denen eine Umschreibung der Marke auf einen neuen
Inhaber erfolgen kann, sind in § 27 Abs. 3 MarkenG, § 31 Abs. 1, 2, 8, §§ 64 ff.
MarkenV geregelt. Danach erfolgt die Umschreibung auf Antrag eines Beteiligten,
wenn der Rechtsübergang nachgewiesen ist. Hierfür ausreichend aber auch not-
wendig sind Unterlagen „aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie zum Bei-
spiel ein Übertragungsvertrag oder eine Erklärung über die Übertragung, wenn die
entsprechenden Unterlagen vom eingetragenen Inhaber .. und vom Rechtsnach-
folger ... unterschrieben sind“ (§ 31 Abs. 3 Nr. 2b MarkenV). Solche hat die
Antragsgegnerin bis heute nicht vorgelegt. Der Vertrag vom 1. Januar 2003 betrifft
die
streitgegenständliche
Marke
nicht
und
die
Vertragspartnerin
T…
war über sie auch nicht verfügungsberechtigt.
- 7 -
Das Deutsche Patent- und Markenamt hätte den Antrag auf Umschreibung wegen
der unleserlichen, nicht erläuterten und nicht datierten Unterschrift überprüfen
müssen. Da es dazu den zur Bewilligung der Umschreibung Berechtigten am Ver-
fahren hätte beteiligen und anhören müssen, war die Umschreibung wegen eines
erheblichen Verfahrensfehlers rückgängig zu machen.
Die Rückgängigmachung der Umschreibung scheitert auch nicht daran, dass
damit ein Rollenstand geschaffen wird, der der wahren Rechtsinhaberschaft nicht
entspricht, denn mit den Grundsätzen von Treu und Glauben ist es jedenfalls nicht
vereinbar, der Antragsgegnerin zu einer formalen Rechtsposition zu verhelfen, auf
die sie mangels gültigen Umschreibeantrags formal keinen Anspruch hat und die
materiell ungeklärt ist.
Die Beschwerde war demnach ohne Erfolg. Eine Entscheidung über die Kosten ist
gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG nicht veranlasst.
Dr. Albrecht
Schwarz
Kruppa
Fa