Urteil des BPatG vom 30.07.2007

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 272/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 307 51 801
(Lö S 242)(08)
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
2. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter
Schwarz und Kruppa
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent-
und Markenamtes vom 30. Juli 2007 wird aufgehoben, soweit der
Löschungsantrag hinsichtlich „
zurückgewiesen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung ist die Marke 307 51 801 zu löschen.
3. Die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin wird zurück-
gewiesen.
G r ü n d e
I
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Be-
schluss
vom
30. Juli 2009
den
Antrag
der
Beschwerdeführerin
vom
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13. August 2008 auf Löschung der am 7. August 2007 angemeldeten und seit
25. Januar 2008 im Register für die Dienstleistungen
eingetragenen Wortmarke
PrintPerfection
zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt:
Zwar werde die sich aus den beiden geläufigen englischen Worten „Print“ und
„Perfection“ zusammensetzende angegriffene Marke in ihrer Gesamtheit in der
Bedeutung von „Druckperfektion“ bzw. „perfekter Druck“, „perfektes Drucken“ ver-
standen, so dass sie im Zusammenhang mit Druckereierzeugnissen und Druck-
Dienstleistungen nur als anpreisender Hinweis bzw. als Qualitätsversprechen
wirke. In dieser Bedeutung sei sie aber nur - wie im Anmeldeverfahren auch ge-
schehen - für die zunächst beanspruchte Ware „Druckereierzeugnisse“ nicht ein-
tragbar. Demgegenüber fehle ihr die Unterscheidungskraft hinsichtlich der in
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Frage stehenden Dienstleistungen nicht, weil diese keinen direkten Bezug zu
Druckarbeiten aufwiesen. Bei den beanspruchten
seien „Druckarbeiten“ ausdrücklich ausgenommen; ferner spiele die Druck-
qualität bei der „
en wegen der elektroni-
schen Datenübermittlung keine Rolle, weshalb die Bezeichnung insoweit undeut-
lich und wenig aussagekräftig sei. Für den Verbraucher liege es daher näher, sie
als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft zu verstehen, so dass der streitgegen-
ständlichen Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft für
diese Dienstleistungen nicht abgesprochen werden könne. Das Gleiche gelte in
Bezug auf die Dienstleistungen
Zwar gehören Lay-
outgestaltungen auch zum Dienstleistungsangebot von Druckereien; doch handele
es sich hierbei um ein vom eigentlichen Druckvorgang unabhängiges Dienstleis-
tungsangebot, und die Dienstleistungen Drucken und Layoutgestaltung unter-
schieden sich ihrer Art nach wesentlich, denn während beim Druckvorgang die
technische Ausführung im Vordergrund stehe, überwiege bei der Layoutgestaltung
die schöpferische, kreative Tätigkeit. „PrintPerfection“ beschreibe auch keine we-
sentlichen Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen „
da hier die Unternehmensberatungsfunktion im Vorder-
grund stehe. Auch seien Dienstleistungen im Bereich der Unternehmensberatung
bzw. -verwaltung ihrer Art nach unabhängig von den vermittelten Inhalten, da die
Festlegung auf ein bestimmtes Themengebiet die geschäftlichen Möglichkeiten
unnötig einschränken würde.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die sie
trotz mehrfacher Ankündigung nicht begründet hat.
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Der Beschwerdegegner hat bislang zur Beschwerde keine Stellung genommen.
II.
A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Entgegen der
Auffassung der Markenabteilung kann eine teilweise Löschung der angegriffenen
Marke für die im Tenor genannten Dienstleistungen wegen des Bestehens eines
absoluten Eintragungshindernisses nach §§ 54, 50 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG nicht verneint werden, während im Übrigen der Löschungsantrag
zutreffend zurückgewiesen wurde.
1. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass der angegriffenen
Marke bei ihrer Eintragung für einen Großteil der geschützten Dienstleistungen
nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlte.
Eine hiervon abweichende Beurteilung ist lediglich bei den im Tenor genannten
Dienstleistungen angezeigt, bei denen der streitgegenständlichen Marke bereits
zum Eintragungszeitpunkt, neben den Druckereierzeugnissen, die Unterschei-
dungskraft abzusprechen war und noch ist (§ 50 Abs. 2 MarkenG).
a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3
Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Anglei-
chung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40
vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortiden-
tisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach
Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Unterscheidungskraft“ in § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für
alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer ange-
meldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die
Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ur-
sprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistun-
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gen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungs-
gefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl.
EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944
[Rz. 23] - SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung
des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Ver-
fügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilneh-
mer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR
2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer an-
gemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren
oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung
ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH
GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT. 2)
Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen
und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu
unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington;
MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33]
- Das Prinzip der Bequemlichkeit). Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden
Kennzeichnung der Fall, weil sie nicht nur für Druckereierzeugnisse, sondern auch
für die im Tenor genannten Dienstleistungen nur einen im Vordergrund stehenden
beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – markt-
frisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163
m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION), weil die streitgegenständli-
che Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen jeweils ein Merkmal dieser
Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21]
- Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004,
99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD).
b) Wie die Markenabteilung im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt hat, wird das
von den beanspruchten Dienstleistungen angesprochene Publikum, bei dem es
sich zu einem großen Teil um Fachkreise handelt, die streitgegenständliche Marke
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„PrintPerfection“ ohne weiteres Nachdenken im Sinne von „Druckperfektion“ bzw.
„perfekter Druck“, „perfektes Drucken“ verstehen.
c) In dieser Bedeutung wird das Publikum die angegriffene Marke aber nur bei den
Dienstleistungen
als beschreibende Angabe von ihnen
zukommenden möglichen Merkmalen sehen, während sie ihr eine unmittelbare
beschreibende Bedeutung für die weiteren streitgegenständlichen Dienstleistun-
gen nicht entnehmen kann.
Als solche Sachangaben kommen dabei alle Merkmale in Betracht, die für den
Verkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame
Umstände bezeichnen (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU;
GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER), die mit der Ware oder Dienstleistung selbst
hinreichend eng in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card).
Hierzu zählen damit auch Angaben, welche den möglichen Inhalt oder
Gegenstand von Dienstleistungen angeben. Dies ist aber nur für die im Tenor ge-
nannten Dienstleistungen zu bejahen.
aa) Soweit es die Dienstleistungen
in Klasse 35 und
in Klasse 41 betrifft, hat die Markenabteilung zutreffend einen unmittelbaren be-
schreibenden Sinngehalt der angegriffenen Marke verneint. Fraglos handelt es
sich, wie die Markenabteilung ausgeführt und die Antragstellerin auch nicht in Ab-
rede gestellt hat, bei der Layoutgestaltung, auf welche die Beratungsdienstleistung
konkret eingeschränkt ist, nicht um den Druckvorgang selbst. Zwar mag bei der
Layoutgestaltung das Druckbild insoweit bedeutsam sein, als seine technische
Herstellbarkeit zu berücksichtigen ist. Auch wenn diese damit Einfluss auf die
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Layoutgestaltung haben mag, steht sie bei dieser doch nicht (unmittelbar) im Fo-
kus, weil das Druckbild und seine technische Umsetzbarkeit entweder problemlos
vorausgesetzt oder erst in einem zweiten Schritt nach dem Layoutentwurf themati-
siert wird. Da ihm in beiden Fällen entweder eine nur untergeordnete oder nur
nachrangige Bedeutung zukommt, erschlösse sich dem von den in Rede stehen-
den Dienstleistungen
angesprochenen (Fach-) Publikum eine
beschreibende Bedeutung der im Sinne von „Druckperfektion“ verständlichen an-
gegriffenen Marke nur nach einer eingehenden analytischen Betrachtung, zu der
der Verkehr aber nach ständiger Rechtsprechung gerade nicht neigt (st. Rspr.,
vgl. BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409
- PROTECH). Bei der unmittelbaren Wahrnehmung der angegriffenen Marke liegt
es damit auch für den Fachverkehr näher, die streitgegenständliche Kennzeich-
nung in Zusammenhang mit den vorgenannten Dienstleistungen als Herkunftshin-
weis und damit als Marke aufzufassen, so dass ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Dienstleistungen
nicht abgesprochen werden kann. Insoweit ist der hiergegen gerichteten Be-
schwerde der Antragstellerin somit der Erfolg zu versagen.
bb) Noch weiter entfernt liegt für den Verkehr ein beschreibendes Verständnis der
angegriffenen Marke für die Dienstleistungen
. Es ist schon fraglich, ob bei diesen Tätigkeiten drucktechnische
Fragen überhaupt eine Rolle spielen. Jedenfalls steht bei ihnen die Werbeorgani-
sation bzw. die Unternehmensberatung derart im Vordergrund, dass es nahezu
ausgeschlossen erscheint anzunehmen, dem Publikum könne der Gedanke kom-
men, mit der angegriffenen Marke werde auf mögliche Merkmale dieser Dienst-
leistungen hingewiesen.
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cc) Demgegenüber teilt der Senat nicht die Ansicht der Markenabteilung, dass ein
beschreibendes Verständnis der angegriffenen Marke für den Verkehr auch bei
den weiteren streitgegenständlichen Tätigkeiten „
aus-
scheide. Zutreffend hat die Markenabteilung allerdings im Ansatzpunkt ausgeführt,
dass diese Dienstleistungen nicht den (technischen) Druckvorgang selbst mit um-
fassen, zumal er u.a. bei der geschützten Verlagstätigkeit sogar ausdrücklich aus-
genommen ist. Sie hat dabei aber übersehen, dass eine unmittelbare beschrei-
bende Angabe nach ständiger Rechtsprechung auch dann vorliegt, wenn die frag-
liche Kennzeichnung als Thema in Betracht kommt, mit denen sich die mit ihr ge-
kennzeichneten veröffentlichten Druckschriften befassen können. Da die „Druck-
perfektion“ selbst aber gerade Inhalt und Gegenstand von Print- oder elektroni-
sche Medien sein kann, steht eine beschreibende Bedeutung der streitgegen-
ständlichen Marke nicht nur bei Waren der Klasse 16, sondern auch bei den ent-
sprechenden Dienstleistungen der Klasse 41 im Vordergrund, so dass ihr auch für
die vorgenannten Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderli-
che Unterscheidungskraft fehlt. Insoweit ist auf die Beschwerde der Antragstellerin
der anderslautende Beschluss der Markenabteilung teilweise aufzuheben und die
teilweise Löschung der angegriffenen Marke ist für diese Dienstleistungen anzu-
ordnen.
2. Da der angegriffenen Marke somit sowohl im Eintragungs- als auch im Ent-
scheidungszeitpunkt über den Löschungsantrag die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nur für die im Tenor genannten
Dienstleistungen fehlte, war der Beschwerde nur teilweise stattzugeben und ihr im
Übrigen der Erfolg zu versagen.
B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1
Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei
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zu verbleiben, dass beide Beteiligten ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten
selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
Dr. Albrecht
Kruppa
Schwarz
Ju