Urteil des BPatG vom 05.05.2004

BPatG: erneuerbare energien, unterscheidungskraft, verwertung, form, dienstleistung, beratung, zukunft, verkehr, erstellung, geschäftsführung

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 1/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 26 038.9
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 5. Mai 2004 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker,
des Richters Baumgärtner und der Richterin Fink
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
future energy
soll für die Dienstleistungen der
Klasse 35: Geschäftsführung, insbesondere Projektmanagement-Dienstleistung
in Form von Geschäftsbesorgung und Geschäftsleitungsaufgaben für
andere sowie Projektmanagement und Dienstleistungen auf dem Ge-
biet des Anlagenbaus;
Klasse 37: Bauwesen, insbesondere Inbetriebnahme und technische Betreuung
von Anlagen aller Art, insbesondere von Anlagen zur Erzeugung und
Verwertung erneuerbarer Energien; Bau von Anlagen zur Erzeugung
und Verwertung erneuerbarer Energien; Durchführung von Bauauf-
tragsverfahren;
Klasse 40: Erzeugung von Energie, insbesondere das Betreiben von Anlagen zur
Erzeugung und Verwertung erneuerbarer Energien;
Klasse 42: wissenschaftliche und industrielle Forschung, insbesondere Durchfüh-
rung von wissenschaftlichen Untersuchungen und Forschungen im
Bereich erneuerbarer Energien; Durchführung von Materialtests; Er-
stellung von technischen Gutachten; Erstellung von Umweltverträglich-
keitsstudien; Betrieb von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen
für alternative Energiequellen; Ingenieurarbeiten, insbesondere
Dienstleistungen eines Ingenieurs zur Untersuchung und Begutach-
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tung von Standorten zur Errichtung von Anlagen zur Energiegewin-
nung und deren Umweltverträglichkeit sowie Dienstleistungen eines
Ingenieurs bei der Landschaftsplanung und bei der Erstellung von
Bauleitplänen; Planung, technische Projektierung, Errichtung, Vermitt-
lung von Ausrüstungsteilen auf Gebiet des Anlagenbaus; Bau- und
Konstruktionsplanung und –beratung; organisatorische, wissenschaftli-
che, technische Beratung von Trägern öffentlicher Rechte, nämlich der
Gebietskörperschaften und Behörden, von Grundstückseigentümern,
von Privatpersonen und Unternehmen im Bereich erneuerbarer Ener-
gien, insbesondere bei der Planung und Umsetzung von Vorhaben zur
Erzeugung und Verwertung erneuerbarer Energien; Beratungsdienst-
leistungen bei der Entwicklung von Konzepten zur Energiegewinnung
und Energieverwertung
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 5. November 2001 zurückgewiesen, weil der ange-
meldeten Wortfolge die Unterscheidungskraft fehle und ein Freihaltungsbedürfnis
bestehe. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Begriff "futu-
re energy" übersetzt die Bedeutung "Zukunftsenergie", "Energie der Zukunft" habe
und damit unmittelbar geeignet sei, die beanspruchten Dienstleistungen zu be-
schreiben. Eine relevante Mehrdeutigkeit sei nicht gegeben. Fremdsprachige Wör-
ter seien den entsprechenden deutschen Ausdrücken gleichzustellen, wenn ihnen
wie hier beachtliche deutsche Verkehrskreise ohne weiteres einen beschreiben-
den Hinweis entnähmen. Auf die Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit von Slogans
komme es im vorliegenden Fall nicht an, da das angemeldete Zeichen kein Wer-
bespruch sei, sondern reiner Sachbegriff, der lediglich auf den Gegenstand des
betreffenden Unternehmens hinweise, das der Erforschung und Nutzung alternati-
ver oder erneuerbarer Energien gewidmet sei.
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Mit ihrer Beschwerde trägt die Anmelderin vor das Zeichen verfüge über die erfor-
derliche geringe Unterscheidungskraft, da es weder in die deutsche Umgangs-
sprache Eingang gefunden habe noch lexikalisch nachweisbar sei. Der Bestand-
teil "future" sei dem überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise un-
bekannt, weshalb das Zeichen eigenartig und damit hinreichend unterscheidungs-
kräftig sei. Aber selbst wenn das Zeichen "future energy" im inländischen Verkehr
ohne weiteres verstanden werde, fehle ein klar verständlicher Bezug zu den kon-
kreten Dienstleistungen. Es weise nämlich in seiner Gesamtkombination keinen
eindeutigen Sinngehalt auf. Bei der Wortfolge "future energy" handle es sich nicht
um eine unmittelbare Sachaussage, weil die Wortfolge nicht erkennen lasse, wel-
che Form von "Energie" gemeint sei. Sie könne sich auch auf die körperliche oder
geistige Energie oder auf den Nahrungsmittelsektor beziehen. Eine Reduzierung
auf alternative oder erneuerbare Energien und damit auf Energie zur Gewinnung
von Strom und Wärme sei nicht zulässig. Der auf dem Energiesektor gebräuchli-
che Fachausdruck sei "renewable energy" bzw. "erneuerbare Energie". Die Kürze,
die Originalität und die Prägnanz der Wortfolge sowie die Verbindung der zwei
kurzen Worte "future" und "energy" erwecke die Aufmerksamkeit und mache die
Marke zu einem einprägsamen Slogan. Aus diesen Gründen liege auch kein Frei-
haltebedürfnis vor. Schließlich werde "future energy" weder von der Allgemeinheit
noch in Fachkreisen auf dem Energiesektor aktuell verwendet.
Der Senat hat der Anmelderin das Ergebnis seiner Recherche zu den Begriffen
"future energy" und "Zukunftsenergie" übersandt. Sie hat sich hierzu nicht geäu-
ßert, sondern um Entscheidung in der Sache gebeten.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 5. November 2001 aufzuheben.
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II.
Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Markenstelle hat die Anmeldung
zu Recht zurückgewiesen, da der Wortfolge "future energy" für die beanspruchten
Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Mar-
kenG fehlt.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke
erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen
anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2003,
1050 – Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – antiKALK). Kann einem Zei-
chen ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund
stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich
auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen
Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Ver-
wendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmit-
tel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001,
1153 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 – marktfrisch; BGH GRUR 2001,
1043 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 – REICH UND
SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 – LOOK). Nach diesen Grundsätzen verfügt die
Wortfolge nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft (vgl. BGH
GRUR 2001, 1043, 1044 f. – Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2002,
1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Denn obwohl es kurz ist und eine gewisse Präg-
nanz aufweist, hat die Wortfolge einen im Vordergrund stehenden auf die bean-
spruchten Dienstleistungen bezogenen Inhalt und wird daher nicht als Unterschei-
dungsmittel verstanden.
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Das Zeichen besteht aus den englischen Wörtern "future" und "energy", die beide
mit ihren Bedeutungen "Zukunft" und "Energie" zum englischen Grundwortschatz
gehören, wobei sich die Bedeutung des Wortes "energy" auf den hier relevanten
Versorgungsbereich bezieht (Klett, Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz
Englisch, 1999). Danach wird das Zeichen von den angesprochenen hauptsäch-
lich aus Fachleuten bestehenden Verkehrskreisen, aber auch vom breiten Publi-
kum ohne weiteres als "Zukunftsenergie" verstanden. "Future energy" wird im
deutschen Sprachraum synonym für "Zukunftsenergie" im Sinne alternativer Ener-
gien verwendet und bezieht sich auf nachhaltige Energienutzung, meist auf er-
neuerbare Energie, auch soweit die Wortfolge in Firmenbezeichnungen enthalten
ist (vgl. z.B. www.fzk.de; den Beitrag "Future Energy Zertifikat" der UBS Warburg
AG; die Website zur Ausstellung der Landesinitiative Zukunftsenergie NRW: "Zu-
kunftsenergien aus Nordrhein-Westfalen/Future Energies from Nordrhein-Westfa-
len; www.future-energy-solutions; www.managenergy.net). In Verbindung mit den
beanspruchten Dienstleistungen ist ein anderer inhaltlicher Bezug (geistige, kör-
perliche oder Energie in Verbindung mit Nahrungsmitteln) nicht naheliegend. Eine
Mehrdeutigkeit des Zeichens in anderer Weise ist nicht erkennbar.
"Zukunftsenergie" hat den klaren Aussagegehalt in Form eines schlagwortartig
verkürzten Hinweises, dass die beanspruchten Dienstleistungen auf einen Um-
gang mit Energiequellen ausgerichtet sind, der eine zukünftige Versorgung sichert.
Dem steht nicht entgegen, dass sich der Wortfolge "future energy" nicht konkret
entnehmen lässt, um welche Art von Energie es sich handelt oder auf Grund wel-
cher Maßnahmen die Zukunft der Energieversorgung gesichert ist. Denn in Ver-
bindung mit den beanspruchten Dienstleistungen, die alle dem Bereich der Ener-
gieversorgung und –gewinnung zuzuordnen sind, ist der sachliche Bereich der
nachhaltigen Energienutzung hinreichend genau bestimmt (vgl. BGH GRUR 2000,
882 - Bücher für eine bessere Welt; BPatG 25 W (pat) 174/02 – Energy 21;
29 W (pat) 237/01 – energy unlimited; 29 W (pat) 238/01 – Energie ohne Ende).
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Bei der Dienstleistung "Erzeugung von Energie, insbesondere das Betreiben von
Anlagen zur Erzeugung und Verwertung erneuerbarer Energien" beschreibt die
Wortfolge unmittelbar die Art der unter dem Begriff "Zukunftsenergien" verstande-
nen Energien. Die in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen befassen sich im
Wesentlichen mit der wissenschaftlichen Forschung sowie der technischen Bera-
tung, Begutachtung und Planung im Bereich dieser Zukunftsenergien und damit
weist das Zeichen auf deren inhaltlichen Schwerpunkt hin. In Verbindung mit den
Dienstleistungen des Bauwesens und des Bauauftragsverfahrens ist das Zeichen
lediglich ein beschreibender Hinweis auf die Zweckbestimmung der Bauvorhaben
im Bereich zukunftsgeeigneter Energien. Soweit die Dienstleistungen im Bereich
der Geschäftsführung liegen, sind diese zwar nicht auf den Energiesektor be-
schränkt. Zu berücksichtigen ist hier aber, dass ein Eintragungshindernis für einen
beanspruchten Oberbegriff bereits dann besteht, wenn das Zeichen für eine spe-
zielle, diesem Oberbegriff zuzuordnende Dienstleistung einen beschreibenden
Sachhinweis darstellt. Es bleibt einem Anmelder nämlich unbenommen, diese
spezielle unter den Oberbegriff fallende Dienstleistungen zu nutzen (BGH
GRUR 2002, 261 – AC). Im vorliegenden Fall umfassen die von der Anmelderin
beanspruchten Dienstleistungen "Geschäftsführung, insbesondere Projektmana-
gement-Dienstleistung in Form von Geschäftsbesorgung und Geschäftsleitungs-
aufgaben für andere sowie Projektmanagement und Dienstleistungen auf dem Ge-
biet des Anlagenbaus" ohne weiteres auch solche, die speziell auf die Leitung
oder den Anlagenbau eines Energieunternehmens ausgerichtet sind, das sich mit
nachhaltiger Energieverwendung befasst. Das Zeichen enthält damit für die ange-
sprochenen Verkehrskreise eine Sachinformation im Hinblick auf eine entspre-
chende Spezialisierung.
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Daher war der Beschluss der Markenstelle rechtmäßig. Das Zeichen "future ener-
gy" ist wegen seines für alle Bereiche im Vordergrund stehenden sachbeschrei-
benden Inhalts nicht geeignet als individualisierender Hinweis auf einen bestimm-
ten Geschäftsbetrieb zu dienen und nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Ein-
tragung ausgeschlossen.
Grabrucker Baumgärtner Fink