Urteil des BPatG vom 29.07.2008

BPatG: unterscheidungskraft, gefühl, im bewusstsein, eugh, erotik, form, fussball, wörterbuch, anpreisung, englisch

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 82/06
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 22 410.7
_______________________
Richters
Dr. Ströbele sowie der Richterin Kirschneck und des Richters Eisenrauch
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 29.
Juli
2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
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beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse
3 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 8.
August
2005 und 6. Juli 2006 insoweit
teilweise aufgehoben, als die Anmeldung für die Waren
„Schleifgeräte in Form von Bimsstein“, „Abschminkmittel“,
„Hühneraugenmittel“, „Kopfschmerzstifte“ und „Milchzucker“
zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
Erotic Sense
ist ursprünglich für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5
und 44 zur Eintragung in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)
geführte Register angemeldet worden.
Mit Beschlüssen vom 8. August 2005 und 6. Juli 2006, von denen einer im Erinne-
rungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA die An-
meldung in vollem Umfang wegen des Schutzhindernisses fehlender Unterschei-
dungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Be-
gründung hat die Markenstelle ausgeführt. Der Wortkombination „Erotic Sense“
fehle bezogen auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen im Sinne von
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§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft. Die angemeldete Be-
zeichnung sei ihrer Struktur nach keine ungewöhnliche Wortzusammenstellung.
Sie sei aus den englischen Wörtern „erotic“ und „sense“ sprachregelrecht gebildet.
Das Adjektiv „erotic“ sei breiten deutschen Verkehrskreisen mit der Bedeutung
„erotisch“ bekannt. Das englische Wort „sense“ könne im Deutschen die Bedeu-
tungen „Sinn“, „Verstand“, „Empfindungsvermögen“, „Gefühl“ oder „Empfindung“
annehmen. Die englische Sprache sei eine bekannte Fremdsprache und zudem in
der Werbesprache - insbesondere auf dem Gebiet der Kosmetik und Gesundheits-
pflege - eine bevorzugte Ausdrucksform. Die Gesamtbezeichnung bringe in Ver-
bindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne weiteres ver-
ständlich zum Ausdruck, dass die Produkte ein „erotisches Gefühl“ hervorriefen.
Es sei nämlich nicht fernliegend, dass kosmetische oder pharmazeutische Pro-
dukte so beschaffen seien, dass sie erotische Gefühle - z. B. durch erotische Sti-
mulanzien wie Duftstoffe - bewirkten. Zur erotisierenden Wirkung beispielsweise
von Tee, Öl, Schaumbad, Cremes, Parfüms, Produkten der Naturmedizin, Gewür-
zen und Nahrungsmitteln habe die Markenstelle hinreichende Nachweise geliefert.
Die Bezeichnung „Erotic Sense“ sei somit wegen ihres beschreibenden Charak-
ters nicht geeignet, für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine be-
triebliche Zuordnung zu ermöglichen, und werde somit auch nicht als Unterschei-
dungsmittel gegenüber solchen Waren anderer Unternehmen aufgefasst. Darüber
hinaus liege auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor, da es
nahe liege, dass mit der Bezeichnung „Erotic Sense“ auch Mitbewerber der An-
melderin auf entsprechende Vorzüge ihrer Produkte und Dienstleistungen hinwei-
sen wollten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, ein
Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft könne der Bezeichnung „Erotic Sense“ nicht
attestiert werden. Entgegen der Auffassung der Markenstelle beschränke sich die
Bedeutung des Wortes „erotic“ nicht auf die deutschen Bedeutungen „erotisch“
oder „Erotik“. Das Wort „erotic“ könne vielmehr auch für Begriffe wie „sinnlich“ und
„verliebt“ stehen. Auch das Wort „sense“ sei mehrdeutig, wobei hier nicht nur die
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Bedeutungen „Gefühl“, „Empfindung“ oder „Sinn“ möglich seien; vielmehr könne
das Wort „sense“ auch für Begriff wie „Wahrnehmung“, „Verstand“, „Richtung“ und
„Bedeutung“ stehen. Wegen der Vieldeutigkeit der beiden Zeichenbestandteile sei
das Bedeutungsspektrum des Zeichens „Erotic Sense“ viel größer als von der
Markenstelle angenommen. Es stehe daher außer Frage, dass die Wortkombina-
tion über eine notwendige individualisierende Eigenart verfüge. Zum Erfassen der
Zeichenbedeutung und der dahinterstehenden Waren seien mindestens zwei in-
tellektuelle Zwischenschritte notwendig. Angesichts der vielschichtigen Deu-
tungsmöglichkeiten der Wortkombination „Erotic Sense“ könne ihr weder eine un-
mittelbare Sachaussage noch ein irgendwie sonst beschreibender Charakter in
Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen entnommen werden.
Verfehlt sei ferner die Annahme der Markenstelle, dass auf Grund einer angebli-
chen Gewöhnung der maßgeblichen Verbraucherkreise an erotische Körperpfle-
gemittel jeglicher Art die Verbraucherkreise in der angemeldeten Marke „Ero-
tic Sense“ einen unmittelbar verständlichen Produkthinweis erblickten. Selbst
wenn man von einem entsprechenden Sprachverständnis der Verkehrskreise
ausgehen wollte, wäre die Begriffkombination „Erotic Sense“ allenfalls als mit
„Sinn für Erotik“ oder „Gefühl für Liebe“ zu übersetzen. Jedenfalls sei der Um-
stand, dass das streitgegenständliche Zeichen entfernt mit Körperpflegeprodukte
in Verbindung gebracht werden könne, nicht ausreichend, um das Vorliegen des
Schutzausschlussgrundes nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bejahen zu können.
Auch eine Freihaltebedürftigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei nicht
ersichtlich.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin das Waren- und Dienst-
leistungsverzeichnis ihrer Anmeldung wie folgt eingeschränkt:
„Klasse 3:
Parfümeriewaren; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;
dekorative Kosmetikprodukte; kosmetische Cremes und -lotionen;
kosmetische Hautreinigungslotionen und -cremes; getönte
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Feuchtigkeitscremes, kosmetische Abdeck-, Lippen-,
Lippenkonturen-, Eyeliner-Stifte; Mascara; Lidschatten;
Sonnenschutzmittel, nämlich kosmetische Mittel zur
Hautbräunung; kosmetische Fußcremes und -lotionen; Peelings;
Schleifgeräte in Form von Bimsstein; nicht-medizinische Puder
und Lotionen für Fußbäder; Abschminkmittel; Bleichmittel für
kosmetische Zwecke; Duschgels, Haarpflegemittel, Shampoos
und Haarlotionen; Pflegespülungen (Conditioner); Haarsprays;
Styling-Schaum und -Gels; Haarfärbemittel und Haarfarben;
Pflegeprodukte für Babys und Kindern; Badeöle; Pflegeprodukte
für Männer; After-Shave-Balsame; Deodorants für den per-
sönlichen Gebrauch; Mundhygienemittel (nicht für medizinische
Zwecke); Atem- und Munderfrischungsmittel, Mundsprays, Mund-
spülungen; Zahnputzmittel; Zahnpasta; Rasiercreme; Rasiermittel;
Rasierseife; Antischweißmittel (schweißhemmende Toiletten-
mittel); Gelée Royale für kosmetische Zwecke;
Klasse 5:
pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesund-
heitspflege; medizinische Gleitcremes; diätetische Erzeugnisse
sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische
Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel
für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Vitaminen,
Mineralstoffen und Spurenelementen; Vitaminpräparate; Babykost;
Desinfektionsmittel; Gelée Royale (für medizinische Zwecke);
Kräutertees für medizinische Zwecke; Hühneraugenmittel;
Kopfschmerzstifte; Milchzucker; Melkfett;
Klasse 44:
Gesundheits- und Schönheitspflege; Dienstleistungen eines
Schönheitssalons; Gesundheitsberatung; Maniküre;
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therapeutische und ärztliche Versorgung und Betreuung; Beratung
im Bereich von Gesundheits-, Körper- und Schönheitspflege im
Bereich dekorativer Kosmetik und Anti-Aging; Ernährungsbe-
ratung.“
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle vom 8.
Au-
gust 2005 und 6. Juli 2006 auf aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten
verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat im weitaus überwiegenden Umfang
keinen Erfolg. Nach Überzeugung des Senats muss der angemeldeten Marke - mit
Ausnahme der im Tenor unter Ziffer 1. genannten Waren - jedenfalls wegen Feh-
lens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eine
Eintragung versagt bleiben.
Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche
die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend
zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer
Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66)
„EUROHYPO“; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) „Henkel“; GRUR 2003, 514, 517
(Nr. 40) „Linde, Winward u. Rado“; BGH GRUR 2008, 71, 73 (Nr. 23) „Front-
haube“; GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18) „FUSSBALL WM 2006“). Die Unterschei-
dungskraft ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die
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die Marke angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschau-
ung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. u. a. EuGH a. a. O.
(Nr. 67) „EUROHYPO“; a. a. O. (Nr. 50) „Henkel“; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24)
„SAT.2“; BGH a. a. O. (Nr. 18) „FUSSBALL WM 2006“), wobei zu berücksichtigen
ist, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf-
nimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrach-
tungsweise zu unterziehen (vgl. u.
a. EuGH a. a. O. (Nr. 53) „Henkel“,
GRUR Int. 2005, 135, 137 (Nr. 32) „Maglite“; BGH GRUR 2001, 1151, 1152
„marktfrisch“).
Ausgehend hiervon besitzt eine Wortmarke dann keine Unterscheidungskraft,
wenn ihr die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden
beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder die Verkehrskreise in dem Zeichen
nur eine werbemäßige Anpreisung sehen und die Marke deshalb zur Unterschei-
dung der mit ihm gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von denen ande-
rer Hersteller nicht geeignet ist (vgl. u. a. EuGH GRUR 2008, 608, 611 (Nrn. 56 ff.)
„EUROHYPO“; GRUR
2004, 674, 678 (Nrn.
81 u. 86) „Postkantoor“; BGH
GRUR 2006, 850, 854 (Nrn. 18 f.) „FUSSBALL WM 2006“; GRUR 2001, 1151,
1152 „marktfrisch“; GRUR 2005, 417, 419 „BerlinCard“; GRUR 2003, 1050, 1051
„Cityservice“; GRUR 2001, 1043, 1044 „Gute Zeiten - Schlechte Zeiten“). Umfasst
die angemeldete Marke - wie im vorliegenden Fall - fremdsprachige Begriffe, ist
zusätzlich darauf abzustellen, ob die maßgeblichen inländischen Verkehrskreise,
nämlich die Händler und die normal informierten und angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbraucher der angemeldeten Waren und
Dienstleistungen im Stande sind, deren beschreibende oder werbliche Bedeutung
zu erkennen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nrn. 24 ff.) „Matratzen Con-
cord/Hukla“). Gemessen an diesen Maßstäben geht der Senat davon aus, dass
die maßgeblichen Verkehrskreise die Wortkombination „Erotic Sense“ bezogen
auf die beanspruchen Waren und Dienstleistungen - von den genannten Ausnah-
men abgesehen - lediglich als eine werblich-beschreibende Sachangabe auffas-
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sen und die angemeldete Marke daher ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrs-
kreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren und
Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen kann.
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, besteht die angemeldete Wort-
kombination „Erotic Sense“ aus dem zum erweiterten Grundwortschatz der engli-
schen Sprache zählenden Adjektiv „erotic“, das entsprechend mit der deutschen
Bedeutung „erotisch“ übersetzt werden kann (vgl. PONS, Englisch-Deutsch,
Großwörterbuch für Experten und Universität, Stuttgart, 2002); sowie dem eben-
falls dem englischen Sprachkreis zuzurechnenden Wort „sense“, das - wie von der
Anmelderin zu Recht herausgestellt
- grundsätzlich für zahlreiche deutsche
Begriffe, nämlich für „Art“ (im Sinne von „Art und Weise“), „Bedeutung“,
„Einstellung“ (zu), „Gefühl“, „Richtung“, „Sinn“, „Sinnesempfindung“, „Verstand“
oder auch „Wahrnehmung“ stehen kann (vgl. PONS, Englisch-Deutsch,
Großwörterbuch für Experten und Universität, Stuttgart 2002; LEO Online-
Wörterbuch, Englisch-Deutsch, der LEO GmbH). Hiernach können der
Wortkombination „Erotic
Sense“ bei abstrakter Betrachtung verschiedene
Bedeutungen unterlegt werden wie „erotische Art und Weise“, „erotische
Bedeutung“, erotische Einstellung (zu), „erotisches Gefühl“, „erotische Richtung“,
„erotischer Sinn“, „erotische Sinnesempfindung“, und „erotische Wahrnehmung“.
Weniger als mögliche Bedeutungen der Wortkombination „Erotic Sense“ kommen
dagegen die von der Anmelderin favorisierten Begriffe „Sinn für Erotik“ oder „Sinn
für Liebe“ in Betracht. Einem derartigen Sinngehalt entspräche nach den Regeln
der englischen Sprache - wie z. B. anhand von Ausdrücken wie „sense of humour“
(Sinn für Humor) oder „sense of delight“ (Gefühl der Freude) ersichtlich wird - eine
Wortkombination vergleichbar etwa dem englischen Ausdruck „sense of
eroticism“.
Als entscheidungserheblich erweist sich, dass die maßgeblichen Verkehrkreise
- und zwar unter Zugrundelegung durchschnittlicher Englischkenntnisse - in der
Lage sind, der Wortkombination „Erotic Sense“ einen so hinreichend klaren
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Begriffsinhalt zu geben, dass letztlich ein enger beschreibender Bezug zu allen
streitgegenständlichen Dienstleistungen sowie zur weitaus überwiegenden
Mehrzahl der streitgegenständlichen Waren gegeben ist und die Wortkombination
„Erotic
Sense“ von diesen Verkehrskreisen vordergründig als werbliche
Anpreisung verstanden wird. Dem überwiegenden Teil des inländischen Verkehrs
ist bekannt, dass der englische Begriff „sense“ keinen greifbaren körperlichen
Gegenstand beschreibt, sondern im oben genannten Sinne für irgendeine
gedankliche Betätigung des menschlichen Geistes steht. Durch die Hinzufügung
des Adjektivs „erotic“ tritt dahingehend eine Konkretisierung ein, dass sich diese
gedanklichen Betätigung um Erotik im weitesten Sinne dreht, also die Befriedigung
sexueller Bedürfnisse zum Gegenstand hat. Bei den beanspruchten Waren, bei
denen es sich im Wesentlichen um kosmetische und pharmazeutische Produkte
sowie um Dienstleistungen handelt, die entweder unmittelbar oder zumindest
mittelbar auf die Schaffung körperlichen Wohlbefindens gerichtet sind, kann im
Bewusstsein des Verkehrs eine erotische oder erotisierende Wirkung ein
wesentlicher und angestrebter Effekt sein. Sowohl die von der Markenstelle als
auch die vom Senat im Internet durchgeführten Recherchen, deren Ergebnisse
der Anmelderin jeweils übersandt wurden, haben eine ganze Reihe von
Nachweisen geliefert, dass z. B. Tees, Öle, Schaumbäder, Cremes, Parfüms,
Produkte der Naturmedizin, Gewürze und Nahrungsmittel auf dem Markt sind, die
mit einem Hinweis auf ihre erotisierenden Wirkungen beworben werden.
Im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen
werden die maßgeblichen Verkehrskreise somit die Wortkombination „Ero-
tic Sense“ im Sinne von „erotisches Gefühl“, „erotische Sinnesempfindung“ oder
„erotische Wahrnehmung“ verstehen. Eine derartige Mehrdeutigkeit führt hierbei
- im Gegensatz zur Auffassung der Anmelderin – nicht notwendigerweise zur Beja-
hung einer hinreichenden Unterscheidungskraft. So begründet nicht jede begriff-
liche Unbestimmtheit die markenrechtlich erforderliche Unterscheidungskraft.
Vielmehr können auch relativ allgemeine Angaben als verbraucherorientierte
Sachinformationen zu bewerten sein, wenn sie sich auf allgemeine Sachverhalte
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beziehen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine ge-
wisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten
möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften
beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 „Bücher für
eine bessere Welt“; GRUR 2003, 1050 „Cityservice“). Abgesehen davon sprechen
verschiedene Bedeutungen einer Marke nicht für deren Unterscheidungskraft,
wenn sich in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen alle Deu-
tungsmöglichkeiten als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen
(vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 „marktfrisch“; GRUR 2004, 778, 779 „URLAUB
DIREKT“). Hiervon muss im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die Art der
meisten beanspruchten Waren und Dienstleistungen, bei denen eine werbliche
Anpreisung erotisierender Wirkungen durchaus naheliegend erscheint, ausgegan-
gen werden.
Keinen engen beschreibenden Bezug hat die Wortkombination „Erotic Sense“ da-
gegen im Zusammenhang mit den Waren „Schleifgeräte in Form von Bimsstein“,
„Abschminkmittel“, „Hühneraugenmittel“, „Kopfschmerzstifte“ und „Milchzucker“,
da derartige Waren keine erotisierende Bedeutung haben. Damit kommt der an-
gemeldeten Bezeichnung „Erotic Sense“ insoweit ein hinreichend fantasievoller
und interpretationsbedürftiger Begriffsgehalt zu, was dazu führt, dass ein be-
schreibende Begriffsinhalt hier nicht im Vordergrund steht und die angemeldete
Marke im genannten Umfang ihre u. a. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geforderte
Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit ihr ge-
kennzeichneten Waren zu garantieren, erfüllen kann.
In Bezug auf die Waren „Schleifgeräte in Form von Bimsstein“, „Abschminkmittel“,
„Hühneraugenmittel“, „Kopfschmerzstifte“ und „Milchzucker“ ist auch der weitere
Schutzausschließungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben. Aus
den oben dargelegten Gründen kann der Wortkombination „Erotic Sense“ kein
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Sinngehalt entnommen werden, der im Zusammenhang mit den genannten Waren
ernsthaft als Bezeichnung von Merkmalen dieser Waren dienen könnte.
Dr. Ströbele
Kirschneck
Eisenrauch
Na/Bb