Urteil des BPatG vom 22.02.2007

BPatG: unterscheidungskraft, eugh, verkehrsdurchsetzung, beschreibende angabe, form, wartung, kennzeichnung, dienstleistung, computer, unternehmen

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 167/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. Februar 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 302 54 618
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2007 unter Mitwirkung …
BPatG 154
08.05
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
GIGABYTE TECHNOLOGY
ist am 8. November 2002 für die Waren und Dienstleistungen
„PCs, LAN-Karten, Hauptplatinen, Server-Platinen, VGA-Karten,
Kühlgebläse für PCs, Tablett-PCs, Thin Clients (Netzwerk-PCs mit
verringerter Rechenlast), Web-Pads, Mobile PCs, Verteiler, PC-
Gehäuse, Hubs, Tastaturen, WLAN-Karten, Computermäuse,
Router, Panel-PCs, Server, PDAs, auf Bluetooth-Technik basie-
rende Geräte für PCs, PCs mit Flüssigkristallmonitoren, SetTop-
Boxen, WLAN-Zugangspunkte, elektronische Bücher, Monitore,
Mira-Plattformen, TV-Geräte mit Flüssigkristallmonitoren, CD-
ROMS; Agentur für die Vermittlung von Import/Exportdienstleistun-
gen; Computerinstallation und -wartung; OEM (Integration von
Originalkomponenten anderer Hersteller) für Computer-Software-
Design;Systemtests, Reparatur, Wartung und OEM-Design für
Computer und Server; Design, Test, Reparatur, Wartung und OEM
für Hauptplatinen, VGA-Karten, Server, PCs und Internet-Hard-
ware-Ausrüstung“
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zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nach Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernissen nach § 8 II Nr. 1 u. 2
MarkenG durch Bescheid vom 25. Juni 2003 ist die Anmeldung durch Beschluss
der Markenstelle für Klasse 42 vom 9. September 2004 zurückgewiesen worden.
Der angemeldeten Marke fehle für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen
jegliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Der Verkehr werde der Bezeichnung „GIGABYTE TECHNOLOGY“ in Bezug auf
die beanspruchten Waren und Dienstleistungen den ausschließlich beschreiben-
den Hinweis entnehmen, dass diese technisches Wissen in Bezug auf Gigabyte
enthielten bzw. die Gigabyte-Technologie unterstützten. Die angemeldete Marke
stelle insoweit eine Beschaffenheitsangabe dar. So könnten beispielsweise die
beanspruchten Waren „PCs“ oder „LAN-Karten“ in Bezug auf die Speicherkapazi-
tät Gigabyte-Technologie enthalten. Die beanspruchten Dienstleistungen „Sys-
temtests, Reparatur, Wartung und OEM-Design für Computer und Server“ könn-
ten sich auf die Speicherkapazität Gigabyte und deren Technologie beziehen
(z. B. in Form von Systemtests auf diesem Bereich). Entsprechendes gelte für
die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 37. Die Dienstleistungen „Com-
puterinstallation und -wartung“ könnten auf die Gigabyte-Technik ausgerichtet
sein. In Bezug auf die Import- und Exportdienstleistungen der Klasse 35 benenne
die angemeldete Marke deren Gegenstand, nämlich dass diese auf dem Gebiet
der Gigabyte-Technologie erbracht würden.
Nicht maßgeblich sei, ob es sich um eine gebräuchliche oder lexikalisch nach-
weisbare Wortfolge handele, da auch diese nicht dem Markenschutz unterfielen,
wenn sie - wie vorliegend - sprachüblich gebildet seien und ein nicht unbeachtlicher
Teil des Verkehrs ihnen eine eindeutige beschreibende Information bezüglich der
beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnehme.
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Voreintragungen ähnlicher oder sogar identischer Marken könnten weder nach
dem Gleichheitsgrundsatz noch nach anderen Rechtsgrundsätzen einen An-
spruch auf gleiche rechtliche Beurteilung der Schutzfähigkeit einer neu angemel-
deten Marke begründen.
Da der Eintragung somit bereits das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG entgegenstehe, könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem ange-
meldeten Zeichen auch um eine freihaltebedürftige Sachangabe im Sinne von § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handele.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag,
den Beschluss der Markenstelle vom 9. September 2004 aufzuhe-
ben und die angemeldete Marke einzutragen.
„GIGABYTE TECHNOLOGY“ besage, dass es sich um eine Methode oder um
eine Vorrichtung handele, bei welcher Speichervolumen von Gigabytegröße oder
entsprechend große Datenmengen oder auch Übertragungsgeschwindigkeiten
von einigen Gigabyte pro Zeiteinheit involviert seien. Dieser Wortsinngehalt werde
auch von den vorliegend in erster Linie angesprochenen Fachkreisen bzw. fach-
lich interessierten Nutzern von PC´s sofort und ohne weiteres verstanden.
Ausgehend davon könne der Marke dann aber die erforderliche Unterschei-
dungskraft nicht abgesprochen werden, da die angemeldete Bezeichnung einen
konkreten, produktbeschreibenden Aussagegehalt nicht aufweise. So sei unklar,
ob es sich bei „GIGABYTE TECHNOLOGY“ um eine Übertragungsgeschwindigkeit
von Gigabyte pro Sekunde, Gigabyte pro Minute oder Gigabyte pro Stunde
handele, oder „GIGABYTE“ die kleinstmögliche Speichereinheit sei (was in der
Regel nicht der Fall sein könne), oder es einfach darum gehe, dass die Vorrichtung
eine Speicherkapazität von mehreren Gigabyte aufweise, was heutzutage bei
jedem PC der Fall sei.
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Es handele sich bei der angemeldeten Bezeichnung daher um eine fremdsprachli-
che Wortneubildung, die keinen konkreten im Vordergrund stehenden beschrei-
benden Sinngehalt aufweise; vielmehr besitze der Begriff keinen Informationsgehalt
und sei nichtssagend.
Das Zeichen „GIGABYTE TECHNOLOGY“ sei mangels eines objektiv beschrei-
benden Charakters auch nicht freihaltebedürftig. Gegen ein Freihaltebedürfnis
spreche zudem, dass die angemeldete Bezeichnung in den USA eingetragen sei.
Außerdem sei die Marke „GIGABYTE TECHNOLOGY“ gegenwärtig sowie
zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder
Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrs-
kreisen durchgesetzt nach § 8 Abs. 3 MarkenG, wie sich aus den Anlagen I - V
zum Schriftsatz vom 8. Februar 2005 sowie aus den als Anlage zum Schriftsatz
vom 12. Februar 2007 vorgelegten Unterlagen ergebe. Die Tatsache, dass die
Marke teilweise in der gekürzten Form verwendet werde, nämlich „GIGABYTE“,
sei nicht von Bedeutung, da das durchgesetzte Element der Marke die erforderli-
che Unterscheidungskraft verleihe. Auch das Element „GIGABYTE“ der ange-
meldeten Marke trete als eigenständiger markenmäßiger Herkunftshinweis in Er-
scheinung, so dass seine Durchsetzung im Verkehr der Gesamtmarke die erforder-
liche Unterscheidungskraft verleihe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle sowie auf die Schriftsätze des Anmelders nebst Anlagen und den weite-
ren Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Mit der Markenstelle ist
davon auszugehen, dass es der angemeldeten Bezeichnung bereits an der erfor-
derlichen Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG). Es besteht auch
kein Anlass, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur Prü-
fung der geltend gemachten Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und
Markenamt zurückzuverweisen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger
Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsiden-
tität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die ei-
ner Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-
mittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unter-
nehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur
st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; EuGH GRUR 2003, 58 -
COMPANYLINE - zur GMV). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick
auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick
auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung ei-
nes durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-
verbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist. Keine
Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken,
denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen
im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH
GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hinge-
wiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für
die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterschei-
dungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 –
Postkantoor; GRUR 2004, 680 – Biomild). Maßgebend ist allein, ob der Verkehr in
der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Ein Eintra-
gungshindernis kann sich daher auch daraus ergeben, dass die angesprochenen
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Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweili-
gen Waren oder Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinfor-
mation sehen (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; BGH MarkenR
2003, 148, 149 – Winnetou; EuG GRUR Int. 2001, 864, 866 - CINE COMEDY;
BPatG MarkenR 2002, 299, 301 – OEKOLAND).
Ausgehend hiervon fehlt der Wortkombination „GIGABYTE TECHNOLOGY“, de-
ren Bedeutung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleis-
tungen zu beurteilen ist, die erforderliche Eignung, im Verkehr als Unterschei-
dungsmerkmal hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen
angesehen zu werden.
Die aus den in ihrer Bedeutung allgemein bekannten und in den deutschen
Sprachgebrauch eingegangen Begriffen „Gigabyte“ als Maßeinheit für Informati-
onsmenge und Speicherkapazität (vgl. Markt + Technik, Computer Lexikon 2006,
S. 128 u. 336) und „Technology“ als englische Bezeichnung für „Technologie“ ge-
bildete Wortkombination „GIGABYTE TECHNOLOGY“ erschöpft sich in Bezug auf
die beanspruchten Waren in der seitens der Anmelderin selbst zutreffend be-
nannten und auch für allgemeine Verkehrskreise sofort erkennbaren beschreiben-
den Sachangabe, dass die Waren mit einer entsprechenden „Gigabyte-Technolo-
gie“ ausgestattet sind, d. h. bei denen es um Speichervolumen von Gigabytegröße
oder entsprechend große Datenmengen oder auch Übertragungsgeschwindigkei-
ten von einigen Gigabyte pro Zeiteinheit geht. Möglich ist allerdings auch, dass
der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten
Waren einen Hinweis auf die Zweckbestimmung bzw. den Einsatzbereich der da-
mit gekennzeichneten Waren erkennt, z. B. dass diese der Entwicklung von „Gi-
gabyte-Technologie“ dienen, so dass die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf
die Waren einen Hinweis sowohl auf die Beschaffenheit der Waren selbst als auch
auf deren Bestimmungszweck bzw. Einsatzbereich enthalten kann.
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Daraus lässt sich jedoch entgegen der Auffassung der Anmelderin keine schutz-
begründende Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der angemeldeten
Bezeichnung herleiten. Denn der Verkehr wird in beiden in Betracht kommenden
Deutungsmöglichkeiten dem Zeichen eine (beschreibende) Sachinformation ent-
nehmen, sei es als Hinweis auf die Beschaffenheit der Ware oder als Hinweis auf
deren Bestimmungszweck bzw. Einsatzbereich, und darin keine Marke sehen, so
dass in beiden Bedeutungen der sachbezogene Aussagegehalt des Begriffs im
Vordergrund steht.
In rechtlicher Hinsicht ist zudem noch zu beachten, dass nach der Rechtsprech-
nung des EuGH ein Zeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist,
wenn es auch nur in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in
Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH, MarkenR
2003, 450 – DOUBLEMINT; EUG, GRUR 2005, 681 - LIMO), so dass entgegen
der Auffassung der Anmelderin eine Mehrdeutigkeit einer Bezeichnung allein noch
nicht ausreicht, um ihre Schutzfähigkeit zu bejahen.
Auch in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen wird der Verkehr der an-
gemeldeten Bezeichnung nur einen sachbezogenen Hinweis auf Gegenstand und
Inhalt der jeweiligen Dienstleistungen entnehmen, nämlich dass diese im Rahmen
der Dienstleistung zur Anwendung kommt bzw. die entsprechende Dienstleistung
sich mit einer solchen beschäftigt oder diese zum Gegenstand hat, z. B. im Rah-
men von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten oder auch, dass diese mit oder
für eine entsprechende Technologie erbracht werden, so dass die angemeldete
Bezeichnung auch wie bei den beanspruchten Waren in jeder ihrer in Betracht
kommenden Bedeutungsmöglichkeiten einen zu engen Sachbezug aufweist, als
dass sie noch als individueller Herkunftshinweis verstanden würde.
Soweit dabei angesichts des allgemeinen Aussagegehalts der Bezeichnung nicht
erkennbar ist, in welcher Richtung sich die jeweilige Ware oder Dienstleistung mit
„Gigabyte-Technologie“ befasst und welche genauen Inhalte sich damit verbinden,
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führt dies nicht zu einer das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft
überwindenden Interpretationsbedürftigkeit, da auch zusammenfassende ober-
begriffsartige Ausdrücke einen beschreibenden Charakter in Bezug auf Waren
oder Dienstleistungen haben können (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 „Bücher für
eine bessere Welt“). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insoweit sogar erfor-
derlich und gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich waren- oder dienst-
leistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte zu erfassen,
ohne diese im Einzelnen zu benennen.
Es kommt auch nicht maßgeblich darauf an, ob und in welchem Umfang sich eine
beschreibende, sachbezogene Verwendung dieser Wortkombination - bei der es
sich auch um die Firmenbezeichnung der Anmelderin handelt - nachweisen
lässt, da auch eine erstmalige Verwendung einer erkennbar beschreibenden
Bezeichnung dem Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft
unterliegt. Der Verkehr ist daran gewöhnt, ständig mit neuen Begriffen konfrontiert
zu werden, durch die sachbezogene oder werbemäßige Hinweise lediglich in
einprägsamer Form übermittelt sowie neu entwickelte Produkte oder Dienste
beschrieben werden sollen. Dementsprechend hat auch der EuGH in seiner
Rechtsprechung wiederholt betont, dass die bloße Kombination von
schutzunfähigen Bestandteilen selbst bei einer Wortneuschöpfung nicht
zwangsläufig zur Eintragungsfähigkeit führt. Entscheidend sei vielmehr, ob der von
der Wortkombination erweckte Eindruck in seiner Gesamtheit hinreichend weit von
dem abweicht, der durch die bloße Zusammenstellung der Bestandteile entsteht
und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH MarkenR
2004, 111, 115 – BIOMILD/Campina-Melkunie). Das ist hier aber nicht der Fall.
Die durch sprachlich korrekte Aneinanderreihung der Wörter „GIGABYTE“ und
„TECHNOLOGY“ gebildete Wortkombination weist keine ungewöhnliche Struktur
auf, sondern trifft eine sachbezogene Aussage über Inhalt und Bestim-
mungszweck der beanspruchten Waren/Dienstleistungen, ohne dass durch die
Zusammenfügung der Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination
verloren geht.
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Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhalts-
punkte dafür, dass das angemeldete Zeichen in Bezug auf die hier maßgeblichen
beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne
des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes
Freihaltungsbedürfnis haben. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es aber
im Hinblick darauf, dass das Zeichen bereits keine ursprüngliche Unterschei-
dungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, insoweit nicht.
Soweit die Anmelderin sich in ihrer Beschwerdebegründung auf eine Indizwirkung
ausländischer Voreintragungen des angemeldeten Zeichens beruft, hat der EuGH
dazu festgestellt, dass selbst die Eintragung einer identischen Marke für identi-
sche Waren oder Dienstleistungen in einem Mitgliedstaat zwar einen Umstand bil-
den kann, den die zuständige Behörde berücksichtigen kann, der jedoch für die
Entscheidung, die Anmeldung einer bestimmten Marke zur Eintragung zuzulas-
sen, nicht maßgebend sein kann (vgl. EuGH, GRUR 2004, 428, 432 Tz 63 - Hen-
kel). Voreintragungen lediglich ähnlicher Marken oder lediglich für ähnliche Waren
bzw. Dienstleistungen bestimmter Marken können dagegen von vornherein keinen
Einfluss auf die Beurteilung der Schutzfähigkeit einer in einem anderen Mitglied-
staat angemeldeten Marke haben (vgl. Ströbele, Festschrift 50 Jahre VPP, 439,
449). Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Marken handelt es sich um ge-
bundene Entscheidungen, die allein auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmun-
gen und nicht auf Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen
sind (vgl. EuGH, MarkenR 2005, 391, 395 Tz 47 - BioID). Ausländische Entschei-
dungen bzw. Voreintragungen können daher in rechtlicher Hinsicht für die Beur-
teilung der Schutzfähigkeit angemeldeter Marken im Inland nicht maßgebend sein
(vgl. Ströbele/Hacker, Markenrecht, 8. Aufl. § 8 Rdnr. 30) und daher nicht die Ein-
tragungsfähigkeit einer Bezeichnung begründen, wenn diese wie hier einen ein-
deutigen und sofort erkennbaren sachbezogenen Aussagegehalt aufweist, was
auch der BGH in einer aktuellen Entscheidung im Anschluss an die vorgenannten
Rechtsprechung des EuGH betont hat (vgl. GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS).
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Auch für eine von der Anmelderin behauptete Durchsetzung der Anmeldemarke
im Verkehr nach § 8 Abs. 3 MarkenG bieten sich keine hinreichenden Anhalts-
punkte.
Eine Verkehrsdurchsetzung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn ein erhebli-
cher Teil des Verkehrs das von Haus aus nicht eintragbare angemeldete Zeichen
für die angemeldeten Waren als Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens
ansieht (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 321). Als im Rechtssinn
erheblich ist es dabei anzusehen, wenn die Mehrheit der angesprochenen Ver-
kehrskreise in der Marke nicht mehr nur eine nicht unterscheidungskräftige Sach-
oder sonstige Angabe, sondern einen auf ein bestimmtes Unternehmen bezoge-
nen kennzeichnenden Herkunftshinweis sieht (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 727
(Nr. 52) - Chiemsee; BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN;
BPatG GRUR 2005, 337, 341 f. - VISAGE), wobei bei einem Begriff, der die fragli-
che Dienstleistung oder Ware ihrer Gattung nach glatt beschreibt, ein dahinge-
hender Bedeutungswandel erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad
als 50 % der maßgeblichen Verkehrskreise in Betracht kommt (vgl. BGH, Mar-
kenR 2006, 341, 343 - LOTTO). Der Vortrag der Anmelderin und die von ihr einge-
reichten Unterlagen reichen aber nicht aus, um eine Verkehrsdurchsetzung anzu-
nehmen oder auch nur insoweit in Betracht zu ziehen, dass die Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung zur Prüfung der Verkehrs-
durchsetzung gerechtfertigt wäre.
Was die beanspruchten Dienstleistungen betrifft, lassen sich weder dem Vorbrin-
gen noch den eingereichten Unterlagen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die
Anmelderin diese im Inland überhaupt in irgendeiner Form erbringt. Auch in Bezug
auf die meisten Waren fehlt es an jeglichem Vorbringen, dass diese seitens der
Anmelderin im Inland in einem nennenswerten oder gar in einem für eine Ver-
kehrsdurchsetzung erforderlichen Umfang vertrieben werden. Allgemeine Hin-
weise auf die weltweite Marktstellung der Anmelderin in Bezug auf Mainboards;
Grafikkarten; Desktops, Notebooks und PC-Peripheriegeräten (vgl. Anlage V) und
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deren „gigantisches Produktionsvolumen“ erlauben ohne spezifizierten Vortrag
keine Rückschlüsse darauf, welche konkreten Waren in welchem Umfang im hier
allein maßgeblichen Inland von der Anmelderin unter markenmäßiger und nicht
nur rein firmenmäßiger Verwendung der angemeldeten Wortfolge vertrieben wer-
den.
Lediglich in Bezug sog. Mainboards und Grafikkarten - auf die sich die Anmelderin
in ihrem schriftsätzlichen Vorbringen auch ausschließlich bezieht - weisen die ein-
gereichten Unterlagen zu Marktanteil, Verkaufsdaten, Umsätzen (Anlage III, VK 1
bis VK 5) und Werbeaufwendungen (Anlagen II) einen Vertrieb dieser Waren im
Inland in einem jedenfalls nicht unbeachtlichem Umfang aus, wenn auch zuverläs-
sige Feststellungen zum - für die Frage einer Verkehrsdurchsetzung ebenfalls
nicht unerheblichen - Marktanteil der Anmelderin mangels Angaben und Unterla-
gen, die ein Verhältnis zu den Umsätzen der Konkurrenten wiedergeben, nicht
möglich sind.
Aber auch insoweit fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die angmeldete Bezeichnung
für diese Waren funktionsgemäß als Marke benutzt worden ist, was aber Voraus-
setzung für eine Verkehrsdurchsetzung einer von Haus aus schutzunfähigen Be-
zeichnung ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 306). Allein
die allgemeine Behauptung in der mündlichen Verhandlung, die angemeldete
Marke sei auf den Waren der Anmelderin angebracht noch die aus der Anlage AT
ersichtliche Kennzeichnung einer Wireless LAN Card mit der Wortfolge
„GIGABYTE Technology“ - wobei dahingestellt bleibt, ob diese Wiedergabeform
überhaupt der angemeldeten entspricht - bieten allein hinreichende Anhaltspunkte
für eine funktionsgemäße Benutzung der angemeldeten Bezeichnung als Marke
für bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen in einem für eine Verkehrsdurch-
setzung erforderlichen Umfang. Hinweise auf eine markenmäßige Verwendung
der angemeldeten Bezeichnung für Mainboards und Grafikkarten lassen sich auch
nicht den weiteren Unterlagen entnehmen.
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So sind Belege zu Werbeausgaben in den letzten Jahren (Anlagen I a, WA 1 -
WA 9), Rechnungen über Produktlieferungen (Anlage IV) ebenso wenig zum
Nachweis einer kennzeichenmäßgen Verwendung der angemeldeten Wortfolge
für diese Produkte ebenso wenig geeignet wie Angaben und Belege zur Internet-
präsenz der Anmelderin, da diese Unterlagen keine konkreten Verwendungsbei-
spiele enthalten, z. B. in Form von Produktabbildungen, die eine Kennzeichnung
mit der hier angemeldeten Wortfolge aufweisen. Auch den vorgelegten Werbean-
zeigen bzw. Prospekten (Anlagen II - WB 1 - WB 16) kann eine markenmäßige
Verwendung der angemeldeten Bezeichnung zur Kennzeichnung von Mainboards
und Grafikkarten nicht entnommen werden. Soweit die einzelnen Inserate und An-
zeige die Wortfolge „Gigabyte Technology“ enthalten, handelt es sich nicht um
eine kennzeichenmäßige Verwendung für einzelne Produkte. Vielmehr findet sich
die Bezeichnung am oberen oder unteren Rand der jeweiligen Anzeige, so dass
der Verkehr darin keine markenmäßige Nutzung in Bezug auf die einzeln abgebil-
deten und beworbenen Waren, sondern nur einen Hinweis auf die Firma der An-
melderin als Verkäuferin der Produkte und damit einen firmenmäßigen Gebrauch
dieser Bezeichnung erkennen wird. Dies geschieht zudem noch in einer gegen-
über der Anmeldung durchaus abweichenden Form, da in den Werbeanzeigen der
Bestandteil „GIGABYTE“ nicht nur größenmäßig deutlich gegenüber
„TECHNOLOGY“ hervorgehoben ist, sondern auch noch mit dem Zusatz „TM“
(Trademark) versehen ist.
Zweifel an einer kennzeichenmäßigen Verwendung der hier angemeldeten Be-
zeichnung für Waren wie Mainboards und Grafikkarten resultieren nicht zuletzt
auch daraus, dass vorgelegten Rechnungen (Anlage IV) neben der Firmennen-
nung „Giga-Byte Technology B.V“ eine isolierte Verwendung des Wortes
„GIGABYTE“ in Verbindung mit einem Logo aufweisen. Dies gilt vor allem auch in
Bezug auf die Studien zur „Brand Consumer Awarness“ (Anlagen CA 1 und CA 2).
Denn diese verhält sich nur zur Wahrnehmung und Erkennung einer Bezeichnung
„GigaByte“, nicht jedoch zu der hier allein maßgeblichen gesamtbegrifflichen Be-
zeichnung „GIGABYTE TECHNOLOGY“, zudem ohne Differenzierung nach fir-
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menmäßiger bzw. markenmäßiger Verwendung, so dass diese an sich für eine
Verkehrsdurchsetzung durchaus relevanten Studien keine Anhaltspunkte für eine
markenmäßige Verwendung der hier maßgeblichen Bezeichnung enthalten, son-
dern sogar eher gegen eine solche Verwendung jedenfalls in einem für eine Ver-
kehrsdurchsetzung erforderlichen Umfang sprechen.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin würde in rechtlicher Hinsicht für eine
Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Bezeichnung auch nicht genügen, dass
sich lediglich der Bestandteil „GIGABYTE“ im Verkehr durchgesetzt hat, wofür
zudem in tatsächlicher HInsicht aus den vorgenannten Gründen keine Anhalts-
punkte bestehen. Zwar steht bei einer aus mehreren von Haus aus schutzunfä-
higen Teilen bestehenden Marke der Umstand, dass sich nur ein Teil durchge-
setzt hat, der Annahme einer Verkehrsdurchsetzung der Kombination nicht von
vornherein entgegen (vgl. BGH, GRUR 1983, 243, 245 - BEKA Robusta; Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 309). Die Durchsetzung eines
einzelnen Wortes für sich allein kann allerdings nicht zugunsten einer Wortkom-
bination herangezogen werden, wenn dieses sich mit dem weiteren Bestandteil
zu einem neuen Gesamtbegriff verbindet, der vom angesprochenen Publikum nur
als solcher und nicht als Kombination eines Herkunftshinweises mit einer be-
schreibenden Angabe verstanden wird (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz,
8. Aufl., § 8 Rdnr. 30; BPatG PAVIS PROMA 29 W (pat) 115/03 - XtraClever), so
wie es hier aus den genannten Gründen bei der gesamtbegrifflichen Bezeich-
nung „GIGABYTE TECHNOLOGY“ der Fall ist.
Die eingereichten Unterlagen deuten somit zwar darauf hin, dass die Anmelderin
als Herstellerin zumindest bei den Produkten Mainboards und Grafikkarten nicht
nur weltweit, sondern auch im Inland gut am Markt positioniert ist; sie bieten je-
doch keinen Anhaltspunkte dafür, ob, inwieweit und in welcher Form dabei die an-
gemeldete Bezeichnung zur markenmäßigen Kennzeichnung dieser Waren be-
nutzt worden ist. Sie bieten somit keinen Hinweis darauf, inwieweit die Wortfolge
„Gigabyte Technology“ unabhängig davon in Bezug auf die hier maßgeblichen
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Waren und/oder Dienstleistungen vom Verkehr nicht nur als beschreibende Sach-
angabe, sondern als betrieblicher Herkunftshinweis und damit als Marke angese-
hen und erkannt wird, demnach diese schutzunfähige Wortfolge als solche bei ei-
ner Mehrheit der angesprochenen Endverbraucher in Deutschland einen Bedeu-
tungswandel hin zu einem auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen
hinweisenden Kennzeichen erfahren haben könnte.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
gez.
Unterschriften