Urteil des BPatG vom 10.11.2004

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BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 19/03
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
10. November 2004
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 302 32 233.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2004 durch die Vorsit-
zende Richterin Grabrucker, die Richterin Fink und die Richterin am Amtsgericht
stVDir Dr. Mittenberger-Huber
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 22. November 2002 wird aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
Alles Gute für Ihr Haus
wurde am 2. Juli 2002 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9,
11, 35, 37, 38, 39, 40 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet.
Mit Beschluss vom 22. November 2002 hat die Markenstelle für Klasse 40 des
Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung als nicht unterscheidungs-
kräftigen Werbeslogan zurückgewiesen. In Verbindung mit den beanspruchten
Waren und Dienstleistungen, mit denen man jeweils einem Haus etwas Gutes tun
könne, verstehe das angesprochene Publikum die angemeldete Wortfolge ohne
weiteres als rein werbliche Anpreisung und Hinweis auf die Bestimmung der so
beworbenen Produkte.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie im Wesentli-
chen vor, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um die ungewöhnliche
Kombination der bekannten Glückwunschformel „Alles Gute“ und der Angabe „für
Ihr Haus“ handele. Die vom Senat ermittelten Recherchebelege zeigten keine be-
schreibende Verwendung der Wortfolge für die konkret angemeldeten Waren und
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Dienstleistungen. Die Recherche belege lediglich eine Üblichkeit der Wortfolge
„Alles Gute für“ im Zusammenhang mit Personen, z.B. „Alles Gute für Sie, für Ihre
Familie“, und im Bereich der Gesundheitspflege, z.B. „Alles Gute für die Haut; Al-
les Gute für die Augen“. Die insoweit ungewöhnliche Verknüpfung mit dem weite-
ren Bestandteil „Ihr Haus“ bewirke eine Verfremdung, die dem Zeichen einen
mehrdeutig schillernden Gehalt und damit Unterscheidungskraft verleihe. Dabei
sei zu berücksichtigen, dass nach den von der europäischen und der nationalen
Rechtsprechung zu vergleichbar gebildeten Wortfolgen wie „Das Prinzip der Be-
quemlichkeit“ und „Radio von hier, Radio wie wir“ entwickelten Grundsätzen ein
Mindestmaß an Unterscheidungskraft zur Begründung der Schutzfähigkeit ausrei-
che.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin das Verzeichnis eingeschränkt
auf
Klasse 38:
Dienstleistungen eines Kabelnetzbetreibers;
Klasse 39:
Dienstleistungen eines Energieversorgungsbetriebs, nämlich
Transport und Verteilung von Strom, Gas, Wärme und Wasser;
Stromversorgung; Transport von Gasen, Flüssigkeiten und festen
Stoffen durch Rohrleitungen;
Klasse 40:
Recycling von Kühlgeräten.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
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II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Einschränkung des Ver-
zeichnisses steht der Eintragung der angemeldeten Wortfolge für die Dienstleis-
tungen „Dienstleistungen eines Kabelnetzbetreibers; Dienstleistungen eines Ener-
gieversorgungsbetriebs, nämlich Transport und Verteilung von Strom, Gas,
Wärme und Wasser; Stromversorgung; Transport von Gasen, Flüssigkeiten und
festen Stoffen durch Rohrleitungen; Recycling von Kühlgeräten“ weder das
Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch ein Freihaltebedürfnis
entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr.1 und 2 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke inne-
wohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die an-
gemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen
anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist
es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu
gewährleisten. Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von ei-
nem großzügigen Maßstab auszugehen, so dass auch ein geringes Maß aus-
reicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer
Wortmarke fehlt dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren
und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt oder es
sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdspra-
che handelt, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in
der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel ver-
standen wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar
jeder Vernunft).
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Werbeslogans
gelten die gleichen Grundsätze wie für alle anderen Markenformen (vgl. EuGH
GRUR 2004, 1027 ff, Rn. 34 ff - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH
a.a.O. - Bar jeder Vernunft). Bei einem Werbeslogan ist daher zu prüfen, ob er
einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt vermittelt oder ob er darüber
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hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die bean-
spruchten Waren oder Dienstleistungen aufweist. Beschreibenden Angaben oder
Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art wird daher regelmäßig die er-
forderliche Unterscheidungskraft fehlen. Kürze, Originalität und Prägnanz eines
Werbeslogans sowie Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit können hin-
gegen Anhaltspunkte für die konkrete Unterscheidungseignung sein. Außerdem ist
zu beachten, dass sich die Identifizierungsfunktion einer Marke und ihre Werbe-
wirkung nicht gegenseitig ausschließen, d.h. auch einer einfachen werblichen
Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zum Herkunftshinweis abgespro-
chen werden (vgl. BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 323
- Partner with the Best; GRUR 1997, 308, 310 - Wärme fürs Leben).
2. Nach diesen Grundsätzen lässt sich der angemeldeten Wortfolge für die bean-
spruchten Dienstleistungen kein beschreibender Aussagegehalt zuordnen. Die
vom Senat durchgeführte Internet-Recherche belegt eine häufige Verwendung der
Wortfolge „Alles Gute für Ihr Haus“ zur Bewerbung verschiedenster Dienstleistun-
gen im Zusammenhang mit dem Bau, der Instandhaltung und der Verwaltung ei-
nes Hauses, z.B. „Alles Gute für Ihr Haus, das ist unser Leistungsangebot: Haus-
meisterservice, Garten- und Landschaftsbau, Winterdienst, Objektmanagement,
Hausreinigung“ - www.dienstleistungszentrum-nms.de/angebot.htm; „Alles Gute
für Ihr Haus - Die Handwerkskammer stellt sich vor. Eigene positive Erfahrungen
mit Architekten, Bauunternehmen, Handwerksbetrieben“ - www.immobilienboer-
se-ostbayern.de/misc/goodhouse.html; „Alles Gute für Ihr Haus - Ihr Spezialist für
Wintergärten, Fenster, Haustüren, etc.“ - www.bellnetde/suchen/regional/regio-
nal/de/franken.htm; „Metallbau, Fenster- und Türgitter - Alles Gute für Ihr Haus!“ –
www.baulinks.de/links/adr-tuer_sicherungstechnik.htm; „Rolladen-Klein. Alles Gu-
te für Ihr Haus. Alle Leistungen aus einer Hand“ - www.rolladen-klein.de/rol-
laden_produkte.htm. In diesem Sinne verwendet auch die Anmelderin die
Wortfolge zur Beschreibung ihres Leistungsangebots: „Inhome, Alles Gute für Ihr
Haus“. Inhome bietet Produkte und Dienstleistungen „rund um das Haus“ an
- www.swb-enordia.de/enordiaservice/inhome.html.
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Das angesprochene Publikum versteht die Wortfolge daher als werbeüblichen
Hinweis auf Waren und Dienstleistungen, die einem Haus in besonderem Maße
zugute kommen. Im Zusammenhang mit Dienstleistungen, die auf den Bau, die
Haustechnik, die Instandhaltung und Überwachung sowie die Verwaltung eines
Hauses gerichtet sind und das typische Serviceangebot eines Handwerksbetriebs,
eines Bauunternehmers oder einer Hausverwaltung umfassen, erschließt sich die-
ser rein beschreibende Aussagegehalt ohne weiteres. Demgegenüber stehen die
Dienstleistungen „Dienstleistungen eines Kabelnetzbetreibers; Dienstleistungen
eines Energieversorgungsbetriebs, nämlich Transport und Verteilung von Strom,
Gas, Wärme und Wasser; Stromversorgung; Transport von Gasen, Flüssigkeiten
und festen Stoffen durch Rohrleitungen; Recycling von Kühlgeräten“ in keinem
unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit einem Haus. Für den Transport von
Energieträgern durch Rohrleitungen und das Recycling von Kühlgeräten ist dies
offensichtlich. Denn im Bereich der Energieversorgung bestimmt sich die Trans-
portdienstleistung üblicherweise nach dem Transportgut und nicht dem Erbrin-
gungsort und auch bei der Wiederverwertung kommt es auf das jeweilige Gerät
und nicht seinen Standort an. Die weiteren Dienstleistungen im Bereich des Ka-
belnetzbetriebs, der Stromversorgung und der Verteilung von Strom, Gas, Wasser
und Wärme können zwar für ein Haus erbracht werden, sind ihrer Art nach aber
vom jeweiligen Haus unabhängig und nicht Gegenstand eines auf die spezifischen
Besonderheiten eines Hauses abgestimmten Leistungsangebots. In welcher Hin-
sicht diese Dienstleistungen für ein Haus etwas Gutes darstellen, lässt sich dem
Zeichen daher nicht entnehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Publikum
ein als Marke verwendetes Zeichen regelmäßig in seiner Gesamtheit aufnimmt
und es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht (vgl. BGH GRUR
2000, 323, 325 - Partner with the Best).
3. Mangels eines beschreibenden Aussagehalts kann die Wortfolge hinsichtlich
der beanspruchten Dienstleistungen auch nicht als Sachangabe zur Bezeichnung
von deren Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale dienen und
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ist daher nicht im Interesse der Mitbewerber freizuhalten (§ 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG).
Grabrucker Fink
Dr.
Mittenberger-Huber
Cl