Urteil des BPatG vom 11.04.2008

BPatG: eugh, unterscheidungskraft, gewerblicher rechtsschutz, elektrizität, form der ware, chemische industrie, verbraucher, software, computer, markt

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 75/08
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 61 847.8
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) in der Sitzung vom 10. März 2010
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und
des Richters Schell
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beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 11. April 2008 aufgehoben, soweit die angemeldete Marke für
die Waren:
„Bussysteme, bestehend aus Hardware und Software; Software;
optische, magnetische und elektronische Datenträger; codierte Iden-
tifikationskarten; codierte Servicekarten; Compact-Discs für Ton
und/oder Bild; Computer; Computerbetriebsprogramme (gespei-
chert); Computerperipheriegeräte; Datenverarbeitungsgeräte; Drähte
aus Metalllegierungen für elektrische Sicherungen; Elektrodrähte;
Elektrokabel; Elektrokondensatoren; Geräte zur Fernbedienung von
Apparaten und Geräten, auch bidirektional; Halbleiter; integrierte
Schaltkreise; Interfaces (Schnittstellengeräte oder -programme für
Computer); Kabelkanal (elektrisch); Kabelklemmen (Elektrizität);
Karten mit integrierten Schaltkreisen (Smartcards); Klemmen (Elek-
trizität); Komparatoren; Kupferdraht (isoliert); Leiter (elektrisch);
Lichtleitfäden (optische Fasern); Magnetbänder; Magnetkarten; Mi-
kroprozessoren; Modems; Monitore (Computerprogramme); RFID-
Chips; RFID-Leser; Rostschutzvorrichtungen (kathodisch); Speicher
für Datenverarbeitungsanlagen; Strichcodeleser; Stromleitungen;
Tonträger; Verbindungsmuffen für Elektrokabel; Verbindungsteile
(Elektrizität); Zentraleinheiten (für die Datenverarbeitung)“
zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Angemeldet ist die nachfolgend wiedergegebene Bildmarke
für die folgenden Waren der Klassen 7, 9 und 11
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Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat der
Anmeldung den Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 und 2 MarkenG verweigert. Die angemeldete Marke erschöpfe sich einer
üblichen Schnittzeichnung eines Maschinenelements und damit in der Wiedergabe
der beanspruchten Waren bzw. ihrer Teile. Aus diesem Grund werde die
überwiegende Mehrheit der angesprochenen Verkehrsteilnehmer das Zeichen
lediglich als produktbezogenen Sachhinweis, nicht aber als betrieblichen Her-
kunftshinweis auffassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie
vor, bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke müsse
im vorliegenden Fall auf Fachpublikum abgestellt werden, da der Markt für
Heizungspumpen sehr spezifisch sei. Die maßgeblichen Fachkreise begegneten
den hier beanspruchten Spezialprodukten im Hinblick auf ihre betriebskenn-
zeichnenden Merkmale mit erhöhter Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund und
bei Anlegung des gebotenen, großzügigen Prüfungsmaßstabs könne dem an-
gemeldeten Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen
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werden. Es erfülle die Multifunktionalität einer Marke und entfalte insbesondere
eine Garantie- und eine Herkunftsfunktion. Dies gelte umso mehr, als ihm keinerlei
produktbeschreibender Bedeutungsgehalt zukomme. Die angesprochenen Ver-
kehrskreise seien daran gewöhnt, auf dem hier einschlägigen Warensektor aus
der Form von Produkten auf deren betriebliche Herkunft zu schließen. Aufgrund
dieser speziellen Wahrnehmungsgewohnheiten besitze die angemeldete Marke
wegen ihrer besonderen, individuellen Produktmerkmale ausreichende Unter-
scheidungskraft. Die Anmeldemarke zeige die Konzeption des von der Anmelderin
gewählten Designs und dessen Willkürlichkeit. Sie bestehe zwar teilweise aus
einem Teil der Gestaltung der beanspruchten Waren, teilweise aber habe fehle ein
solcher Bezug. Außerdem ergebe sich aus der Facettendarstellung bzw. aus der
den facettenartigen Kreis begrenzenden Linie ein schutzbegründender Gesamt-
eindruck der Bildmarke, denn die Facettenform sei willkürlich gewählt und bein-
halte keinerlei technische Funktion. Die Anmelderin sei neben einer weiteren
Mitbewerberin auf dem hier einschlägigen Markt der führende Anbieter der
fraglichen Produkte und halte in der EU einen Marktanteil von nahezu …%. Dies
gelte entsprechend auch für Deutschland. Die Marke sei deshalb auch als
verkehrsdurchgesetzt i. S. v. § 8 Abs. 3 MarkenG anzusehen. Außerdem ergebe
sich ihre Eintragbarkeit auch aus lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten sowie
aus Voreintragungen vergleichbarer Marken durch das HABM.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und
Markenamts, Markenstelle für Klasse 7, vom 11. April 2008 auf-
zuheben.
Im Übrigen regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an sowie ggf. die
Vorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung gemein-
schaftsrechtlicher Fragen.
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Nach Durchführung einer von der Anmelderin beantragten mündlichen Ver-
handlung wurde mit Beschluss vom 20. Mai 2009 ins schriftliche Verfahren
übergegangen. Zur Vorbereitung einer abschließenden Entscheidung wurde der
Anmelderin mit gerichtlichem Zwischenbescheid vom 6. November 2009 eine
Zusammenfassung der in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen
übermittelt.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat nur teilweise, hinsichtlich der unter Punkt 1. des
Tenors genannten Waren Erfolg. Im Hinblick auf die übrigen mit der Anmeldung
beanspruchten Waren steht der Eintragung der Marke bereits das Schutzhindernis
der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung
einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von
einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für
den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH
GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608,
Rdn. 62 – Libertel). Auch wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung die „Mul-
tifunktionalität“ von Marken durchaus anerkennt (vgl. EuGH GRUR 2009, 756,
761, Rdn. 58 – L’Oréal), ist die Herkunftsfunktion von Marken nach ständiger
Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756,
761, Rdn. 58 – L’Oréal; EuGH GRUR 2006, 229, 230; Rdn. 27 ff. – BioID; BGH
GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 –
FUSSBALL WM 2006, m. w. N). Die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole
kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion
erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – Arsenal Football Club;
EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 –
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VISAGE; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006,
m. w. N.). Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, widerspricht es dem Allge-
meininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zu-
gunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die All-
gemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 –
EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR 2003,
604, 608, Rdn. 60 – Libertel).
Die angemeldete Bildmarke zeigt in der Art einer technischen Schnittzeichnung,
die Umrisse eines Gegenstandes, bei dem es sich, wie von der Anmelderin
vorgetragen, um die Aufsicht auf bzw. den Flansch für ein Pumpen- bzw.
Elektromotorengehäuse handeln kann, aber auch um einen sonstigen Teil einer
technischen Anlage, Maschine oder eines Gerätes, z. B. ein Bedienelement, wie
einen Drehregler oder etwa auch um eine Fassung, Abdeckung bzw. Kappe.
Damit gibt die angemeldete Marke die versagten Waren selbst bzw. einen ihrer
Teile wieder (wie z. B. von Rührwerken in der Klärtechnik, Hebeanlagen,
Ventilatoren für Motoren, Kompressoren, Sprinkler und Löschwasseranlagen,
Entstörgeräte, Kontrollapparaten, physikalischen Apparaten und Instrumenten,
Wärmetauscher oder Wasserversorgungsanlagen). Hinsichtlich der darüber hin-
aus mit der Anmeldung beanspruchten, aber ebenfalls versagten Produkte weist
die Marke auf deren thematischen Inhalt (z. B. für belichtete Filme, herun-
terladbare Publikationen) oder ihren Verwendungs- bzw. Bestimmungszweck hin,
indem sie diejenige Ware wiedergibt, für die die fraglichen Produkte (wie etwa
Software, Dämmungsschalen als Teile von Pumpen oder Heizungs- und/oder
Wasserleitungsanlagen, oder Dichtungen als Motorenteile) bestimmt sind.
Das angemeldete Bildzeichen hält sich völlig im bekannten Rahmen technischer
Zeichnungen. Bei der Prüfung, ob ein derartiges, produktbezogenes Bildzeichen
die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, sind zwar dieselben Maßstäbe
anzuwenden, wie bei allen anderen Markenformen (vgl. EuGH GRUR 2003, 514,
517, Rdn. 41 f., 46 – Linde, Winward u. Rado; BGH GRUR 2001, 413, 414 –
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SWATCH). Es bleibt allerdings immer zu berücksichtigen, dass ein Zeichen, das
aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst oder eines ihrer Teile besteht, von den
angesprochenen Verkehrskreisen in der Regel nicht in derselben Weise wahr-
genommen wird, wie Zeichen, die vom Erscheinungsbild der mit ihnen ge-
kennzeichneten Waren unabhängig sind. Denn die Verbraucher schließen aus der
Form der Ware oder ihrer Teile erfahrungsgemäß nicht auf deren betriebliche
Herkunft, sondern ziehen aus ihr lediglich Rückschlüsse auf ihre funktionellen oder
ästhetischen Eigenschaften (vgl. EuGH GRUR Int. 2008, 135, 137, Rdn. 80 –
Form einer Kunststoffflasche; BGH GRUR 2006, 679, 681, Rdn. 17 – Porsche
Boxter; BGH WRP 2004, 749, 751 – Transformatorengehäuse; BGH MarkenR
2004, 492, 494 – Käse in Blütenform; BGH GRUR 2003, 332, 334 – Ab-
schlussstück; BGH GRUR 2001, 56, 57 – Likörflasche). Dementsprechend geht
die Rechtsprechung davon aus, dass Bildmarken, mit denen die beanspruchten
Waren oder ihre Teile abgebildet werden, die notwendige Unterscheidungskraft
abzusprechen ist, wenn es sich bei ihnen um eine weitgehend naturgetreue
Wiedergabe typischer Produktmerkmale handelt (BGH GRUR 2004, 502, 504 –
Gabelstapler II; BGH GRUR 2001, 239, 240 – Zahnpastastrang). Die Schutz-
fähigkeit solcher Abbildungen setzt somit regelmäßig voraus, dass die wieder-
gegebene Ware erheblich von der Norm bzw. den branchenüblichen Ge-
staltungsvarianten abweicht und sich nicht nur in gebräuchlichen bzw. funktionell
bedingten Gestaltungsmerkmalen erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 234,
Rdn. 31 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2006, 842, 844, Rdn. 25 – Form eines
Bonbons II; EuGH GRUR Int. 2004, 639, 643, Rdn. 37 – Dreidimensionale
Tablettenform III; BGH WRP 2008, 107, Rdn. 23 – Fronthaube, m. w. N.). Nur
dann ist es den angesprochenen Verbrauchern möglich, einem solchen Bild-
zeichen ohne besondere Aufmerksamkeit oder eine intensiv vergleichende Be-
trachtungsweise einen betrieblichen Herkunftshinweis zu entnehmen.
Entgegen der Wertung der Anmelderin werden mit den verfahrensgegenständ-
lichen Waren nicht nur Fachkreise, sondern ebenso Haus- und Wohnungs-
eigentümer und damit Endverbraucherkreise angesprochen, da der Vermark-
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tungsprozess der fraglichen Produkte von vornherein auf diese Verkehrskreise
ausgerichtet ist (vgl. hierzu die grundsätzlichen Ausführungen des EuGH GRUR
2004, 682, 683, Rdn. 23 ff. – Bostongurka). Soweit die Anmelderin dem sinn-
gemäß entgegenhält, die Auswahl- bzw. Kaufentscheidung werde bei den frag-
lichen Waren ausschließlich von Fachleuten und nicht etwa von deren Kunden
getroffen, da diese nicht über die hierfür erforderlichen Spezialkenntnisse
verfügten, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Die Rolle der Zwischen- und
Fachhändler besteht darin, die Nachfrage nach den fraglichen Produkten zu
fördern bzw. zu lenken und ist somit selbstverständlich von relevanter Bedeutung.
Die Annahme, den Endabnehmern würde die Entscheidung über den Kauf der
betreffenden Produkte aber quasi „“ geht jedoch zu weit.
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Wahrnehmung der Marke
durch das Fachpublikum zwar mit zu berücksichtigen, die Wahrnehmung der
Endabnehmer spielt insoweit aber ebenfalls eine entscheidende Rolle, da die
Marke hier Verwendung findet bzw. Auswirkungen hat (vgl. hierzu EuGH GRUR
2004, 682, Rdn 23 ff. – Bostongurka; BGH GRUR 2002, 340, 342 – Fabergé; BGH
GRUR 1990, 360 f, - Apropos Film II). Selbst wenn die Anmelderin ihre Produkte
ausschließlich an den Fachhandel bzw. das Fachpublikum liefern sollte, vermag
dies in markenrechtlicher Hinsicht keine andere Wertung zu bewirken, da ein
solches – jederzeit veränderbares – Vermarktungskonzept für die Frage der
Schutzfähigkeit eines Zeichens ohne Bedeutung ist.
Für die Beurteilung der Frage, ob eine Marke die erforderliche Unterschei-
dungskraft aufweist, ist immer auf ihren Gesamteindruck abzustellen. Um diesen
Gesamteindruck genau bestimmen zu können, ist es aber gerade bei pro-
duktabbildenden Marken zweckmäßig und auch zulässig, zunächst ihre einzelnen
Gestaltungselemente zu bewerten. In einem weiteren, entscheidenden Prüfungs-
schritt bleibt dann die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. EuGH
MarkenR 2008, 475, 482, Rdn. 82 – Form einer Kunststoffflasche). Im Hinblick auf
die Frage, ob eine Marke über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügt, ist
zudem immer auf die besonderen Verhältnisse des maßgeblichen Warengebiets
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abzustellen; dabei sind zum Einen die Herkunftsvorstellungen der jeweiligen
Verkehrskreise zu ermitteln und zum Anderen ist über einen Vergleich der dort
bereits verwendeten Gestaltungsformen zu klären, ob bzw. inwieweit die mit der
fraglichen Marke wiedergegebene Produktvariante hiervon abweicht (vgl. BGH
GRUR 2004, 502, 504, m. w. N. – Gabelstapler; sowie Rohnke, in Festschrift für
Erdmann, 2002, S. 455, 462).
Als schutzbegründende Merkmale hat die Anmelderin vornehmlich den „facet-
tenartigen Kreis“ des dargestellten Bildelements bzw. die diesen Kreis be-
grenzende „Linie“ hervorgehoben. Diese Gestaltungselemente sind jedoch nach
den Feststellungen des Senats nicht als erhebliche Abweichung vom Bran-
chenüblichen anzusehen. So stellt sich die von der Anmelderin als Facettierung
bezeichnete Abflachung des Grundkörpers als lediglich geringfügige Abweichung
bekannter Gestaltungsvarianten dar, wie sie bei einer Vielzahl technischer Teile zu
finden sind, etwa bei Drehreglern, Fassungen, Abdeckungen, Kappen. Dies gilt
insbesondere auch für Gehäuse, wie sie üblicherweise etwa für Pumpen oder
Motoren verwendet werden. So setzt beispielsweise die Firma G… zur
Gestaltung der Oberflächen ihrer Pumpengehäuse u. a. eine Struktur in Form
einer Riffelung ein, die in ihrer optischen Wirkung der von der Anmelderin als
„facettiert“ bezeichneten Gestaltung ihrer Produkte ausgesprochen nahe kommt.
Dies gilt ebenso für die im Vergleich zu den G… -Produkten noch etwas
gröber geriffelten Oberflächen der Pumpengehäuse der Firmen V…, D… und
S…, die ebenfalls mit der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung erörtert
wurden. Die von der Anmelderin mit Schriftsatz vom 9. November 2006 im
patentamtlichen Verfahren eingereichten Produktbeispiele der Firma B… (dort
Anlage 2) lassen sogar facettierte Gestaltungsvarianten erkennen.
Auf den hier einschlägigen Produktsektoren sind ist die Verwendung von
Gestaltungselementen wie Riffelungen oder Facettierungen allgemein gebräuch-
lich und bekannt. Vor dem Hintergrund dieser Branchengegebenheiten weicht die
angemeldete Bildmarke in ihrem für die Schutzfähigkeitsprüfung maßgeblichen
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Gesamteindruck somit keineswegs erheblich von der Norm bzw. dem Bran-
chenüblichen ab, wie dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfor-
derlich wäre. Vielmehr ist ihr Gesamteindruck im Vergleich mit Modellen von
Mitbewerbern als üblich bzw. allenfalls unerheblich abweichend zu werten. Die
von der Anmelderin gewählte Produktgestaltung stellt lediglich eine weitere,
geringfügig abgewandelte Variation der für die einschlägigen Waren bzw. ihren
Teilen verwendeten Grundformen dar. Soweit Abweichungen vorhanden sind,
bleiben diese relativ unauffällig, so dass sie für die angesprochenen Verbraucher
allenfalls mit besonderer Aufmerksamkeit und intensiv prüfender Betrachtungs-
weise erkennbar wären. Auch wenn es sich bei den beanspruchten Waren zum
Teil um höherpreisige, technische Produkte handelt, bei deren Auswahl die
angesprochenen Verkehrsteilnehmer erfahrungsgemäß besonders aufmerksam
vorgehen, ist bei dieser Sachlage davon auszugehen, dass die betreffenden
Verbraucher das angemeldete Zeichen lediglich als Abbildung eines bran-
chenüblichen, technischen Produktteils auffassen werden, nicht aber, wie dies
zwingend erforderlich wäre, als betrieblichen Herkunftshinweis. Dies gilt umso
mehr, als die Wahrnehmung technischer Produkte nicht zuletzt bei den End-
abnehmern ohnehin von vornherein eher funktionell ausgerichtet ist, so dass die
Verbraucher grundsätzlich dazu neigen, der Formgebung eine technische Funk-
tion zuschreiben – unabhängig davon, ob diese Wertung zutreffend ist oder nicht.
Dies gilt auch für die bildliche Darstellung technischer Gegenstände, wie bei-
spielsweise einem Pumpengehäuse. So wird beispielsweise eine facettierte Form
der Geometrie dem Betrachter in erster Linie suggerieren, dass diese Gestaltung
z. B. der Griffsicherheit und damit der leichten Dreh- bzw. Handhabbarkeit des
Produkts dienen soll, oder dass die Form zur besseren Passgenauigkeit der
Anbringung bzw. Montage von Vorteil sein kann.
Bei der Prüfung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft bleibt immer auch zu
berücksichtigen, ob und inwieweit sich der maßgebliche Verkehr bereits an die
herkunftskennzeichnende Wirkung von Produktgestaltungen gewöhnt hat und
deshalb deren Form nicht mehr nur unter funktionsgemäßen bzw. ästhetischen
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Gesichtspunkten betrachtet, sondern sie als Hinweis auf ihren betrieblichen
Ursprung wertet (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 65 – Libertel; BGH
GRUR 2003, 332, 334 – Abschlussstück). Den Kennzeichnungsgewohnheiten auf
den jeweils einschlägigen Produktsektoren kommt somit eine maßgebliche
Bedeutung zu (vgl. hierzu Rohnke, NJW 2005, 1624, 1626). Hierzu hat die
Anmelderin vorgetragen, kaum ein anderer Markt werde in dieser Hinsicht so
umfassend und nachhaltig von der Form der Produkte geprägt, wie der Markt für
Heizungs- und Sanitärpumpen – hinreichend substantiierte Belege für diese
Behauptung ist sie jedoch schuldig geblieben. Der Senat hat jedenfalls bei seinen
Recherchen keinerlei Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass Produktformen
in dem genannten Warenbereich – zumindest auch – als Herkunftszeichen ein-
gesetzt bzw. beworben würden. Insbesondere ist keine Praxis der Anmelderin
oder ihrer Mitbewerber feststellbar, mit entsprechenden Hinweisen wie etwa
„“, „“ oder mit vergleichbaren
Maßnahmen für die angesprochenen Verbraucherkreise den Markencharakter der
entsprechenden Produktmerkmale hervorzuheben und so eine Gewöhnung des
Publikums herbeizuführen. Allein aus dem von der Anmelderin vorgetragenen
Umstand, dass ein Teil der hier einschlägigen Waren (aktuell) nur von einer relativ
überschaubaren Anzahl von Mitbewerbern auf dem deutschen Markt angeboten
würden, kann für sich genommen noch nicht auf besondere Wahrnehmungs-
gewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise geschlossen werden. Ein
solcher Rückschluss ist umso weniger möglich, als sämtliche Anbieter bei der
Kennzeichnung ihrer Produkte nachweislich vor allem auf die Verwendung „klas-
sischer“ Markenformen, wie Wort- und Bildmarken setzen.
Um eine auch nur annähernd vergleichbar hohe Eindeutigkeit der herkunfts-
hinweisenden Wirkung von Produktformen zu erreichen, müssten die Verbraucher
durch entsprechend intensive Bemühungen der Anbieter über einen längeren
Zeitraum hinweg an eine solche Bedeutung gewöhnt worden sein (vgl. hierzu etwa
Eisenführ, in Festschrift für Eike Ullmann, 2006, S. 175, 180 f.). Eine derartige
Praxis hat die Anmelderin aber nicht schlüssig dargetan. Vielmehr hebt die
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Anmelderin ausweislich ihrer Homepage sowie den von ihr zu den Akten ge-
reichten Unterlagen die von ihr im Verfahrensverlauf immer wieder geltend
gemachte, kennzeichnende Wirkung von Formelementen in keiner Weise hervor.
Die betreffenden Produktmerkmale werden nach den Feststellungen des Senats
von ihr im geschäftlichen Verkehr gerade nicht betont oder werbemäßig her-
ausgestellt. Damit liegen keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür vor, dass die
Verbraucher – erfolgreich – an eine markenmäßige Wahrnehmung der fraglichen
Produktmerkmale herangeführt worden wären. Die von der Anmelderin behaup-
tete Wahrnehmung von Produktformen als betriebliche Herkunftszeichen er-
scheinen vor dem dargestellten Hintergrund somit als ausgesprochen unwahr-
scheinlich, zumal Formgestaltungen ohne technische Funktion auf den hier
einschlägigen Produktsektoren immer noch als Ausnahme anzusehen sind. Im
Hinblick auf die unternehmerische Herkunft der betreffenden Waren orientieren
sich die angesprochenen Verbraucher deshalb erfahrungsgemäß vornehmlich an
denjenigen Zeichen, die ihnen seit jeher als sicherste Identifizierungsmöglichkeit
vertraut sind, d. h. an den jeweils vorhandenen Wort- oder Bildmarken bzw.
Firmenbezeichnungen.
Der beantragten Eintragung der Marke steht somit bereits ihre fehlende Unter-
scheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Dass dieses
Schutzhindernis durch die Durchsetzung des Zeichens im Verkehr i. S. v. § 8
Abs. 3 MarkenG überwunden worden wäre, hat die Anmelderin weder schlüssig
dargetan, noch war dies sonst festzustellen. Wie mit ihr in der mündlichen Ver-
handlung erörtert, stellt es eine zentrale Voraussetzung für die Glaubhaftmachung
einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG dar, dass die entsprechend
erfolgreiche, markenmäßige Benutzung des fraglichen Zeichens belegt wird
(st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2008, 710, 711, Rdn. 23 – VISAGE, m. w. N.).
Verwendungsbeispiele auf der Grundlage konkreter Aufmachungen, wie sie von
der Beschwerdeführerin vorgelegt wurden, sind für den Nachweis einer Ver-
kehrsdurchsetzung in aller Regel ungeeignet. Dies insbesondere dann, wenn sie
- wie die zu den Akten gereichten Beispiele zeigen – neben den angeführten
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Produktmerkmalen andere Gestaltungselemente aufweisen, die vorrangig auf die
jeweiligen Hersteller hinweisen, wie deren Firmennamen oder entsprechende
Wort- und/oder Bildmarken. Ein markenmäßiger Gebrauch würde im vorliegenden
Fall voraussetzen, dass das angemeldete Bildzeichen entsprechend der Haupt-
funktion von Marken als unternehmensbezogenes Unterscheidungsmittel ein-
gesetzt wurde. Dagegen ist es keineswegs ausreichend, dass die Produktform im
geschäftlichen Verkehr „irgendwie“ in Erscheinung tritt. Ebenso wenig genügt eine
mögliche
Bekanntheit
der
betreffenden
Produkte
(vgl.
v. Gamm,
in
Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht,
§ 8 MarkenG, Rdn. 53 m. w. N.). Stattdessen ist es unabdingbar, dass die kon-
krete Produktgestaltung unzweideutig als betriebliches Herkunftszeichen einge-
setzt wurde, um für das angesprochene Publikum als solches erkennbar zu sein
(vgl. EuGH GRUR Int. 2006, 842, 845, Rdn. 62 – Form eines Bonbons II; BGH
GRUR 2007, 780, 784, Rdn. 36 – Pralinenform; sowie Ströbele in Strö-
bele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 382 f., m. w. N.). Dies kann zwar
grundsätzlich auch dann der Fall sein, wenn das Zeichen als Teil oder in
Kombination mit einer anderen Marke benutzt wurde, wie die Anmelderin zu Recht
betont hat. Dies macht es aber nicht entbehrlich, dass die beteiligten Ver-
kehrskreise die Benutzung des angemeldeten Zeichens an sich als marken-
mäßigen, eigenständig kennzeichnenden Hinweis ansehen müssen. Im Rahmen
des Verkehrsdurchsetzungsverfahrens muss also die Glaubhaftmachung gelingen,
dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Produktgestaltung als
selbständigen, auf ein bestimmtes Unternehmen bezogenen Herkunftshinweis
ansieht. Davon kann vorliegend aber keine Rede sein, zumal – was die An-
melderin übersieht – der bloße Verkauf des Produkts keine markenmäßige
Benutzung impliziert.
Die Anmelderin hat insoweit zwar darauf hingewiesen, dass sie auf dem maß-
geblichen Produktsektor als einer der beiden führenden Anbieter anzusehen ist.
Darüber hinaus wurde jedenfalls für Heizungspumpen ein entsprechend hoher
Marktanteil benannt. Es fehlen aber jegliche konkreten und belastbaren Angaben
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zu Maßnahmen, mit denen die verfahrensgegenständliche Marke als betriebliches
Herkunftszeichen zur Geltung gebracht wurde sowie zu den mit der Marke (also
nicht lediglich mit den entsprechenden Produkten) erzielten Umsätzen oder dem
für die Marke erbrachten Werbeaufwand. Dies gilt ebenso für Angaben zum Erfolg
dieser Maßnahmen, d. h. zum erzielten Feedback bei den beteiligten Ver-
kehrskreisen. So hat die Anmelderin im gesamten Verfahrensverlauf keinerlei
relevante Angaben zum Durchsetzungsgrad der angemeldeten Marke bei den
angesprochenen Verkehrskreisen vorgetragen, zu denen eben auch die End-
abnehmerkreise gehören, worauf der Senat im Zwischenbescheid vom 6. No-
vember 2009 nochmals ausdrücklich hingewiesen hat. Allgemein gehaltene Aus-
führungen, wie etwa, wegen der „tatsächlichen Umstände der Marktsituation“
genüge dem Fachpublikum „ein Blick“, um z. B. eine Pumpe als W… -Produkt zu
erkennen, sind keineswegs ausreichend, die dargestellten, gravierenden Mängel
auszugleichen (vgl. hierzu nochmals Ströbele, a. a. O., § 8 Rdn. 383). Bei der
gebotenen Gesamtschau aller vorgelegten Unterlagen ergeben sich nicht einmal
ansatzweise Anhaltspunkte dafür, dass sich die Anmeldemarke als marken-
mäßiger Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beschwerdegegenständlichen
Waren im Verkehr durchgesetzt hätte. Bei dieser Sachlage waren auch keine
weiteren Ermittlungen des Senats oder eine Zurückverweisung der Sache an die
Markenstelle veranlasst.
Da der angemeldeten Bildmarke bereits die erforderliche Unterscheidungskraft
i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kommt es auf die Frage, ob an
ihrer freien Verwendung auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, nicht mehr an.
Soweit die Anmelderin sinngemäß geltend macht, die angemeldete Marke sei
schon aus lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten einzutragen, verkennt sie die
unterschiedlichen Regelungsgehalte des markenrechtlichen Registerschutzes
einerseits und des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes andererseits. So
kann die Nachahmung bzw. der Nachbau von technischen Erzeugnissen, die nicht
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oder nicht mehr unter Sonderrechtsschutz stehen unter bestimmten Umständen
unlauter sein, wie dies die Anmelderin sinngemäß vorgetragen hat. Dies setzt u. a.
voraus, dass die betreffenden Erzeugnisse eine gewisse wettbewerbliche Eigenart
aufweisen (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2010, 80, 82, Rdn. 21 – LIKEaBIKE; BGH
MarkenR 2008, 354, 357, Rdn. 26 – Rillenkoffer, m. w. N.). Das Kriterium der
„wettbewerblichen Eigenart“ kann aber nicht mit der markenrechtlichen Unter-
scheidungskraft gleichgesetzt werden. Vielmehr ist die Unterscheidungskraft
i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG enger gefasst als die wettbewerbliche Eigenart
i. S. d. UWG (vgl. hierzu etwa Rohnke, Festschrift für Erdmann, 2002, 455,
461 ff.). Die Prüfung der absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 MarkenG ist
vorrangig darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit,
insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden
Gestaltungsfreiraums einerseits und die berechtigten Individualinteressen der
Anmelder an der Erlangung von Markenschutz andererseits miteinander in
Einklang zu bringen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass
die Eintragung einer Produktgestaltung als Marke letztlich auf einen – zeitlich
unbegrenzten – Schutz des Produkts selbst hinausläuft. Ein derartiger „Pro-
duktschutz“ ist nach der gesetzlichen Systematik aber grundsätzlich den hierfür
speziell konzipierten und dabei zeitlich befristeten Schutzrechten vorbehalten, wie
dem Patent-, Gebrauchs- oder Geschmacksmusterrecht. Um der Gefahr system-
widriger Entwicklungen wirksam begegnen zu können, sind deshalb die über § 8
Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG geschützten Allgemeininteressen bei der Schutz-
fähigkeitsprüfung produktabbildender Marken besonders sorgfältig mit den An-
melderinteressen abzuwägen (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 519, Rdn. 76 f. –
Linde, Winward u. Rado; BGH MarkenR 2004, 242, 245 – Gabelstapler II; sowie
Kur in: Eichmann/Kur, Designrecht, 2008, § 3 Rdn. 71 m. w. N.). Im vorliegenden
Fall musste diese Abwägung aus den dargelegten Gründen zur Zurückweisung
des angemeldeten Zeichens führen. Ein schutzwürdiges Bedürfnis nach einem
„ergänzenden“ lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz, wie ihn die Anmelderin
im Verfahrensverlauf immer wieder eingefordert hat, scheidet auch deshalb aus,
weil das Markenschutzsystem keine entsprechenden Schutzlücken aufweist (vgl.
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BGH GRUR 2008, 793, Rdn. 26 – Rillenkoffer; sowie Schalk, in Büscher/Ditt-
mer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 2
MarkenG, Rdn. 11 f. m. w. N.; Lubberger, in Eichmann/Kur, Designrecht, 2008, § 6
Rdn. 13, 129 ff.; Ingerl, WRP 2004, 809, 816). Mit dem Inkrafttreten des MarkenG
als eine umfassende und in sich geschlossene kennzeichenrechtliche Regelung,
verdrängt der Markenschutz in seinem Anwendungsbereich deshalb grundsätzlich
den lauterkeitsrechtlichen Schutz. Auch die Bestimmung des § 2 MarkenG, wo-
nach der Schutz nach dem Markengesetz die Anwendung anderer Vorschriften
zum Schutz dieser Kennzeichen nicht ausschließt, steht dem nicht entgegen (vgl.
BGH MarkenR 2006, 110, 114, Rdn. 36, m. w. N. – Gewinnfahrzeug mit Fremd-
emblem; BGH GRUR 2002, 622, 623 – shell.de; BGH GRUR 1999, 161, 163 –
MAC Doc).
Die Beschwerde beruft sich ohne Erfolg auf die Voreintragung vermeintlich
vergleichbarer Marken durch das HABM. Voreintragungen haben generell kei-
nerlei Bindungswirkung für die Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse im
konkreten Einzelfall. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der
gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) auf der Grundlage einer vorherigen
Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 –
American Clothing; BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL). Dies
gilt auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte und von der Anmelderin
besonders hervorgehobene Veröffentlichung der Gemeinschaftsmarkenanmel-
dung 5805676, die in ihren Konturen mit der hier verfahrensgegenständlichen
Marke – soweit erkennbar – gewisse Ähnlichkeiten aufweist bzw. zu derselben
„Anmelde-Familie“ gehört. Die genannte Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde
zunächst vom HABM wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Diese Entscheidung wurde im Beschwerdeverfahren bestätigt, der Marke aber
aufgrund Verkehrsdurchsetzung teilweise – für die Waren „Pumpen für
Heizungsanlagen“ – Schutz gewährt (vgl. hierzu die Entscheidung der Be-
schwerdekammer in der Sache R 1263/2008-1, veröffentlicht unter
ropa.eu/ows/rw/pages/QPLUS/databases/databases.de.do). Der Umstand, dass
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Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die
umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen
werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778,
779, Rdn. 18 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der
Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin ange-
führten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus schutzfähig-
keitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten.
Die Beschwerde war somit in dem im Tenor genannten Umfang zurückzuweisen.
Eine andere Wertung ergibt sich dagegen im Hinblick auf die weiteren, unter
Ziffer 1 des Tenors genannten Waren. Für diese Produkte hat der Senat keinen
produktbezogenen Bedeutungsgehalt der angemeldeten Marke feststellen kön-
nen. Bei dieser Sachlage besteht für den Verkehr keine Veranlassung, dem
Zeichen nur eine Beschreibung der betreffenden Waren zu entnehmen, so dass
der angemeldeten Marke insoweit weder die erforderliche Unterscheidungskraft
abzusprechen, noch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an seiner ungehin-
derten Verwendbarkeit zu bejahen ist. Insbesondere weist das Zeichen keinerlei
beschreibende Bezüge zu dem von der Anmelderin besonders hervorgehobenen
Bereich der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikprodukte auf, so dass auch die
Möglichkeit, die Gestaltungsfreiheit der Mitbewerber auf diesem Produktsektor
durch markenrechtliche Verbietungsrechte einzuschränken von vornherein aus-
scheidet. Auf die Beschwerde der Anmelderin war der angefochtene Beschluss
der Markenstelle deshalb in dem unter Punkt 1 des Tenors genannten Umfang
aufzuheben.
Der Senat sieht keine Veranlassung, von einer Entscheidung in der Sache
abzusehen und den Fall entsprechend der Anregung der Anmelderin dem EuGH
vorzulegen. Die von der Anmelderin aufgeworfene Frage, wie bei divergierenden
Entscheidungen des HABM und des BPatG zu verfahren sei, ist bereits mehrfach
vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundesgerichtshof entschieden worden.
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Die Anmelderin verkennt, dass die nationalen Markensysteme einerseits und das
Gemeinschaftsmarkensystem andererseits voneinander unabhängige Rechts-
systeme darstellen. Deshalb ist es durchaus möglich und von der höchst-
richterlichen Rechtsprechung sogar ausdrücklich anerkannt, dass es selbst bei
identischen Sachverhalten und bei Anwendung inhaltlich übereinstimmender
Rechtsvorschriften des harmonisierten nationalen Rechts bzw. des Gemein-
schaftsrechts zu unterschiedlichen Beurteilungen der absoluten Schutzhindernisse
kommen kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 432, Rdn. 62 ff. – Henkel; EuGH
GRUR 2004, 674, Rdn. 43 f. – Postkantoor). Die bloße Abweichung von einer auf
der Basis der GMV getroffenen Entscheidung kann also für sich genommen in
keinem Fall eine Vorlagepflicht auslösen. Eine solche Pflicht könnte allerdings
dann in Betracht kommen, wenn es im konkreten Einzelfall um offene ge-
meinschaftsrechtliche Fragen geht, die also weder aus den gesetzlichen Quellen
eindeutig zu beantworten noch durch die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes geklärt sind (vgl. BVerfG GRUR 2005, 52 ff. – REVIAN). Dies ist
vorliegend jedoch nicht der Fall. Auch die Anmelderin hat keine entsprechende
Rechtsfrage aufzeigen können.
Die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt ebenfalls nicht in Be-
tracht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Weder ist eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die vorliegende Entscheidung ist vielmehr in jeder Hinsicht
auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des
Bundesgerichtshofs ergang
Stoppel
Martens
Schell
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