Urteil des BPatG vom 06.02.2008

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BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 92/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 13 589.2
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mit-
wirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, des Richters Viereck und der
Richterin Dr. Kober-Dehm in der Sitzung vom 6. Februar 2008
BPatG 152
08.05
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 21. Juni 2006, berichtigt mit Beschluss vom 10. Juli 2006,
aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die am 1. März 2006 zur Eintragung als Wortmarke angemeldete Bezeichnung
Maya Plisetskaya
ist für die Waren und Dienstleistungen
„16: Druckereierzeugnisse;
41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“
bestimmt. Anmelderin ist eine rechtsfähige Stiftung deutschen Rechts, an der die
Namensträgerin, eine aus Russland stammende ehemalige Balletttänzerin, betei-
ligt ist.
Seitens der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts ist
die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung, der mehrere Ausdrucke
von Internet-Seiten beigefügt waren, mit Beschluss einer Beamtin des höheren
Dienstes vom 21. Juni 2006, berichtigt mit Beschluss vom 10. Juli 2006, wegen
fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden.
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Die aus dem Namen einer berühmten ehemaligen Balletttänzerin bestehende Mar-
ke stelle bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine inhaltsbe-
schreibende Angabe dar. Für „Druckereierzeugnisse“ komme sie als Themenbe-
zeichnung in Betracht; es könne sich z. B. um eine Biographie oder um einen Pho-
toband mit Aufnahmen von Auftritten dieser Künstlerin handeln. Bei Veranstal-
tungen unter der angemeldeten Bezeichnung könne es etwa um die Vorführung
von Filmaufnahmen gehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt
den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Zur Begründung führt sie unter Hinweis auf mehrere Entscheidungen des Bundes-
patentgerichts zu Namensmarken aus, es entspreche der Rechtsprechung und
der ständigen Eintragungspraxis, dass die Namen bekannter lebender Personen
der Zeitgeschichte - anders als u. U. die Namen historischer Personen - unter-
scheidungskräftig und somit eintragbar seien. Diese Beurteilung gelte unabhängig
von den konkret beanspruchten Erzeugnissen und Dienstleistungsangeboten.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Be-
zug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet, weil einer Eintragung der
angemeldeten Bezeichnung keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2
MarkenG entgegenstehen.
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Es ist offenkundig, dass es sich bei „Maya Plisetskaya“ in der angemeldeten
Schreibweise in lateinischen Buchstaben um die Transkription eines russischen
Personennamens (Vor- und Zunamen) handelt, wobei Namensträgerin eine - ehe-
mals berühmte und in tanzinteressierten Kreisen auch heute noch sehr bekannte -
Balletttänzerin ist. Personennamen sind gemäß der ausdrücklichen Regelung in
§ 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt markenfähig, unterliegen aber in gleicher Weise wie
sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2
Nrn. 1 und 2 MarkenG (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 946, 947, Nrn. 25,
26, 34 - Nichols; BPatG GRUR 2006, 591, 592 liSp - GEORG-SIMON-OHM).
Einer Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen steht zunächst nicht die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
(auf die sich die Markenstelle zwar nicht ausdrücklich im Zurückweisungsbe-
schluss, wohl aber im vorangegangenen Beanstandungsbescheid gestützt hat)
entgegen. Nach dieser Bestimmung sind nur unmittelbar waren- und dienstleis-
tungsbeschreibende Angaben von der Registrierung ausgeschlossen. Personen-
namen sind aber nur in seltenen Fällen zugleich produktbeschreibend (wie „Otto“
und „Wankel“ für Motoren, „Diesel“ zusätzlich für Kraftstoffe, „Stresemann“ für
einen Gesellschaftsanzug, „Mozart“ für eine kugelförmige Praline). Es gibt keiner-
lei Belege dafür, dass „Maya Plisetskaya“ als Sachbezeichnung, etwa für eine be-
stimmte Stilrichtung des Balletttanzes, gebräuchlich wäre.
Die angemeldete Bezeichnung verfügt auch über die erforderliche Unterschei-
dungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser
Bestimmung ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Ver-
kehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienst-
leistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufge-
fasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ur-
sprungsidentität der so gekennzeichneten Produkte und Dienstleistungsangebote
zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Nr. 27 ff. - BioID;
BGH GRUR
2003, 1050 -
Cityservice; GRUR
2006, 850, 854
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- FUSSBALL WM 2006). Die Prüfung, ob das für eine Registrierung ausreichende
Maß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss generell - im Verfahren vor der Mar-
kenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - eingehend und umfassend sein
(vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Nr. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Nr. 123 - Post-
kantoor; GRUR 2004, 1027, 1030, Nr. 45 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICH-
KEIT). Dabei sind Personennamen, unabhängig davon, wie verbreitet sie sind,
nach denselben Kriterien zu prüfen, wie sonstige Wortmarken, also zum einen im
Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen, für welche die Marke bestimmt ist,
und zum anderen im Hinblick auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise
(EuGH GRUR 2004, 946, 947, Nr. 34 - Nichols).
Da Eigennamen von Hause aus einen individualisierenden Charakter aufweisen,
kommt ihnen grundsätzlich die Eignung zu, einen Hinweis auf die betriebliche Her-
kunft von Waren und Dienstleistungen zu vermitteln (Senatsbeschluss
32 W (pat) 388/02 - Rainer Werner Fassbinder). Ob es sich um einen deutschen
oder - wie hier - fremdsprachigen Namen handelt, ob dieser verbreitet oder selten,
bekannt oder unbekannt ist, ob er mit einer bestimmten (lebenden oder toten)
Person in Verbindung gebracht oder als fiktive Bezeichnung verstanden wird, ist
zunächst nicht maßgeblich (Senatsbeschluss 32 W (pat) 33/06 - Percy Stuart, zur
Veröffentlichung vorgesehen). Unabhängig davon, wie bekannt der Name „Maya
Plisetskaya“ in allgemeinen Publikumskreisen ist, an die sich die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen nach der (neutralen) Fassung des Verzeichnisses
richten, handelt es sich jedenfalls nicht um die Bezeichnung einer (verstorbenen)
historischen Person, die als Teil des kulturellen Erbes der Allgemeinheit nicht
einem bestimmten Unternehmen und dessen Produkten zugerechnet würde (vgl.
BPatG GRUR 2006, 591, 592 - GEORG-SIMON-OHM; MarkenR 2008, 33 - Leo-
nardo da Vinci). Vielmehr liegt hier der Fall vor, dass eine auf ihrem Fachgebiet
bekannte und angesehene (lebende) Künstlerin ihren Namen - als wesentliches
Persönlichkeitsmerkmal - durch eine Stiftung, an der sie beteiligt ist, wirtschaftlich
verwerten lässt und in diesem Zusammenhang Markenschutz erstrebt wird.
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In einem derartigen Fall ist dieser auch für solche Waren und Dienstleistungen zu
gewähren, welche - wie hier - mediale Produkte sowie Dienstleistungen auf den
Gebieten der Unterhaltung, des Sports und der Kultur umfassen. In der Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine bekannte Persönlichkeit
(z. B. ein Künstler oder Sportler) ein legitimes Interesse daran haben kann, ihr An-
sehen und ihre Popularität auch kommerziell zu verwerten (vgl. BGH GRUR 2000,
709, 712, 713 - Marlene Dietrich), wobei die Möglichkeit, für den Personennamen
- als dem, neben der Abbildung, wohl wichtigsten Persönlichkeitsmerkmal - Mar-
kenschutz zu erlangen, ausdrücklich erwähnt wird (BGH a. a. O., 713 liSp). Dass
das Interesse einer darstellenden Künstlerin - also auch, wie hier, einer Ballett-
tänzerin bzw. der ihre Rechte wahrnehmenden Stiftung - vorrangig darauf gerich-
tet sein wird, für künstlerische, sportliche und Unterhaltungsdienstleistungen sowie
für Medienprodukte, welche diese dokumentieren (im vorliegenden Fall für
„Druckereierzeugnisse“), Markenschutz zu erlangen, liegt auf der Hand. Wollte
man bekannten Personen diesen Schutz verweigern, so liefe das auf eine unter
dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht gerechtfertigte Schlechterstellung
gegenüber unbekannten Namensträgern hinaus. Es trifft zwar zu, dass der Ver-
kehr mit dem Namen von bekannten Künstlern nicht nur die Person selbst, son-
dern regelmäßig auch die schöpferische Leistung bzw. den Erfolg verbindet (vgl.
BPatG MarkenR 2008, 26, 28 - Ringelnatz) und deshalb der Name u. U. einen be-
schreibenden Anklang aufweisen kann. Jedoch rechtfertigt dieser Umstand die
Versagung von Markenschutz allenfalls bei Namen solcher Künstler (oder Auto-
ren), die vor längerer Zeit verstorben sind, nicht aber bei lebenden Personen (wo-
bei die Grenze möglicherweise in Analogie zu § 22 Satz 2 KUG gezogen werden
kann, vgl. BGH GRUR 709, 714 - Marlene Dietrich, was vorliegend aber keiner ab-
schließenden Beurteilung bedarf).
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Der angefochtene Beschluss der Markenstelle kann deshalb keinen Bestand ha-
ben und ist auf die Beschwerde der Anmelderin hin aufzuheben.
Hacker Kober-Dehm Viereck
Hu