Urteil des BPatG vom 06.12.2000
BPatG (form, form der ware, marke, dreidimensionale marke, unterscheidungskraft, verkehr, gestaltung, patent, ware, verpackung)
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 212/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 397 23 601.8
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 6. Dezember 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Schülke sowie des Richters Reker und der Richterin Eder
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 1. September 1998 und vom 7. Juni 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die dreidimensionale Marke
siehe Abb. 1 am Ende
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für die Waren
"Etuis für Parfümfläschchen (gefüllt oder leer) in Gestalt eines Zi-
garrenetuis"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese
Anmeldung von der Eintragung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausge-
führt, der angemeldeten Marke fehle es im Hinblick auf die beanspruchten Waren
an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Sie
zeige nämlich lediglich die beanspruchten Etuis, also eine direkte Wiedergabe der
angemeldeten Waren. Bei Marken aber, die nur aus der Form der beanspruchten
Waren bestünden, sei eine Eignung, sie von Erzeugnissen anderer Unternehmen
zu unterscheiden, nur dann gegeben, wenn sie von herkunftskennzeichnender
origineller Gestalt seien und die Marke diese Originalität erkennen lasse. Zwar
würden üblicherweise Zigarren in Etuis der dargestellten Art angeboten. Dies
begründe aber im vorliegenden Fall keine für die Annahme der Schutzfähigkeit
ausreichende Originalität. Der Verkehr sei nämlich daran gewöhnt, daß auch
Parfüms in ähnlich gestalteten, länglichen Behältnissen mit festem Verschluß
angeboten würden, wie dies beispielsweise bei Probefläschchen der Fall sei.
Insbesondere auch im Hinblick auf die Gestaltungsvielfalt im Bereich der
Parfümverpackungen werde die vorliegende Gestaltung eher unter dem Aspekt
der Praktikabilität und Ästhetik gesehen als unter dem Aspekt der Warenkenn-
zeichnung. Auch die Aufschriften sowie die für Zigarrenetuis typische Bauchbinde
führten die Schutzfähigkeit nicht herbei, da das Etui lediglich Aufschriften enthalte,
die über die Herkunft und Zusammensetzung des Wareninhalts informierten.
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Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde, die er nicht begründet
hat. Er beantragt sinngemäß,
die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. September 1998 und
vom 7. Juni 2000 aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist begründet. Der Eintragung der an-
gemeldeten dreidimensionalen Marke in das Markenregister stehen die Schutz-
hindernisse des § 8 MarkenG nicht entgegen.
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich nicht um eine Angabe, die im Ver-
kehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Be-
zeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs 2
Nr 2 MarkenG). Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlosse-
nen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführten, son-
dern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und die umworbenen Ab-
nehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die be-
treffenden Waren selbst beschreiben (BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE;
BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU) und die überdies entweder bereits als Sach-
aussage benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund kon-
kret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (BGH GRUR
1995, 408, 409 - PROTECH). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die an-
gemeldete Marke nicht.
Zwar können auch dreidimensionale Formen als beschreibende Zeichen freihal-
tebedürftig sein (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdnr 157). Dies
gilt insbesondere dann, wenn die Form der Ware oder ihrer Verpackung be-
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schreibend ist, also beispielsweise die Ware oder Verpackung in ihrer ureigensten
und auch von den Mitbewerbern benötigten Form wiedergegeben wird. Ein
solches beschreibendes Element kann der angemeldeten Form im Hinblick auf
das Warenverzeichnis jedoch nicht entnommen werden. Wie schon die
Markenstelle selbst festgestellt hat, weist die Marke vielmehr die Form einer auf
dem Zigarrensektor üblichen Verpackung auf. Zudem hat die Markenstelle eine
gegenwärtige Verwendung der angemeldeten Darstellung in beschreibendem
Sinne nicht nachgewiesen; auch der Senat hat insoweit keine Feststellungen zu
treffen vermocht. Die vorliegende Warengestaltung für "Etuis für Parfümfläschchen
..." ist damit weder beschreibend noch freihaltebedürftig. Von einem auf ge-
genwärtiger Benutzung als reine Waren- oder Verpackungsform beruhenden
Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen
hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß eine solche Benutzung der Marke in
Zukunft erfolgen wird.
Der angemeldeten Darstellung fehlt für die beanspruchten Waren auch nicht jeg-
liche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unterschei-
dungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende kon-
krete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Wa-
ren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu
werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen,
da der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen keiner analysierenden Be-
trachtungsweise unterzieht. So ist bei Bildmarken davon auszugehen, daß ihnen
nur dann jegliche Unterscheidungskraft fehlt, wenn es sich bei dem Bild - etwa
weil es die Ware selbst abbildet - um eine warenbeschreibende Angabe oder um
eine ganz einfache geometrische Form oder um sonstige einfache graphische
Gestaltungselemente handelt, die in der Werbung, aber auch auf Warenver-
packungen oder sonst üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form
verwendet werden (BGH GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge; GRUR 1999, 495,
496 - Etiketten). Nichts anderes kann für eine als Marke angemeldete dreidimen-
sionale Form gelten. Auch hier ist regelmäßig zu prüfen, ob die Form einen im
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Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert oder ob sie aus
sonstigen Gründen nur als solche und nicht als Herkunftshinweis verstanden wird
(BGH WRP 2000, 1290 - Likörflasche).
Danach kann einem bloßen Behältnis zwar die Unterscheidungskraft fehlen; ent-
hält aber ein solches Behältnis keinen durch Norm oder Üblichkeit bestimmten
beschreibenden Hinweis auf seinen Inhalt, dann kann es, sofern es sich nicht um
eine ganz einfache, bloß werbemäßig schmückende Form handelt, auch als Her-
kunftshinweis verstanden werden. Dabei braucht dieses Behältnis weder eigen-
tümlich noch originell zu sein. Maßgebend ist allein, daß der Verkehr darin einen
Herkunftshinweis erblicken kann.
Das jedoch ist bei der angemeldeten Form der Fall. Ausgehend von den ange-
sprochenen Verkehrskreisen kann der vorliegenden länglichen, an einem Ende
abgerundeten, am anderen Ende abgeflachten Form jedenfalls nicht jegliche
Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Sowohl die äußere Form als auch
die graphische Gestaltung geben nicht nur ein bloßes Behältnis und damit einen
Hinweis auf den Inhalt wieder. Die äußere Gestaltung erschöpft sich auch nicht
nur in einer einfachen geometrischen Form. Ein Abgleich mit dem Sektor von Etuis
oder Parfümfläschchen, der eine Vielzahl von äußeren Gestaltungselementen
aufweist, läßt kaum Parallelen erkennen. Einzig das Behältnis des Duftes "CK
one" von Calvin Klein nähert sich der vorliegenden Gestaltung, was noch keinen
durch Üblichkeit bestimmten Hinweis auf den Inhalt und damit eine Zurückweisung
wegen mangelnder Unterscheidungskraft rechtfertigt.
Schülke Reker
Eder
prö
Abb. 1
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