Urteil des BPatG vom 17.11.2005
BPatG: inhaber, gebrauchsmuster, beweismittel, patentgesetz, markenregister, vollmachten, vertreter, auflage, patentanwalt, benachrichtigung
BUNDESPATENTGERICHT
5 W (pat) 10/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
BPatG 152
08.05
- 2 -
betreffend das Gebrauchsmuster 203 19 938.3
hier: Umschreibungsantrag
hat der 5. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts
am 30. Juli 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Müllner sowie der
Richter Baumgärtner und Guth
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmuster-
stelle - vom 17. November 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragstel-
ler.
G r ü n d e
I
Das Gebrauchsmuster "Schutzhaube für Kraftfahrzeuge" ist am
23.
Dezember
2003 von Herrn K… beim DPMA angemeldet und am
12. Mai 2005 eingetragen worden. Vertreten wurde der Anmelder bei der Anmel-
dung durch die Patentanwaltskanzlei R…
Die Anmeldung des Gebrauchsmusters wurde vom Anmelder und bisherigen Al-
leininhaber K… am 9. Juni 2004 aufgrund eines ebenfalls von der Patentan-
waltskanzlei R… stammenden Antrags auf Herrn
K… und Frau A… umgeschrieben.
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Am 4. Juni 2004 ging vom selben Vertreter ein erneuter Umschreibungsantrag
vom 3. Juni 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein, in dem beantragt
wurde, namens und in Vollmacht von Frau A… und Herrn K… sowie
der V… die Gebrauchsmusteranmeldung auf Frau
A… und die V… umzuschreiben. Vollmachten
oder weitere Unterlagen waren dem Antrag nicht beigefügt. Die Umschreibung
erfolgte gemäß Verfügung vom 9. Juni 2004.
Mit Schriftsatz vom 18.
Juni
2004 beantragten die Rechtsanwälte S…
namens und in Vollmacht der O… die Eintragung eines Rechtsüber-
gangs. Dem Antrag war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers Herrn
K… vom 11. Juni 2004 beigelegt, in dem er den ihm formal verbliebe-
nen Teil an der Gebrauchsmusteranmeldung der O… übertrug und
die Umschreibung beantragte.
Die Gebrauchsmusterstelle teilte den Vertretern der O… durch Amtsbe-
scheid vom 29. Juni 2004 mit, die beantragte Umschreibung könne nicht erfolgen.
Nach der Umschreibung gemäß Antrag vom 4.
Juni
2004 sei Herr K…
nicht mehr der eingetragene Inhaber des Gebrauchsmusters bzw. der Anmeldung
und könne daher auch nicht seinen Anteil an die Antragstellerin übertragen.
Daraufhin stellte der neue Vertreter von Herrn K…, Rechtsan-
walt U…, namens und in Vollmacht seines Mandanten mit Schriftsatz vom
17. August 2004 den Antrag,
das Gebrauchsmusterregister zu berichtigen und Herrn
K…
wieder als Inhaber des Gebrauchsmusters (bzw. der
Gebrauchsmusteranmeldung) einzutragen.
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Eine Umschreibung allein aufgrund des Schreibens der Patentanwaltskanzlei
R…
ohne weitere Erklärungen, insbesondere
ohne entsprechende Erklärung von Herrn
…, habe ohne materiellrechtliche
Grundlage nicht stattfinden dürfen.
Die Gebrauchsmusterstelle antwortete mit Bescheid vom 6. September 2005, es
liege kein Fehler vor, weil die Umschreibung namens und in Vollmacht von
Herrn
K…, Frau
A… und der V… beantragt wor-
den sei, was nach Ziffer 1.1.1.1 der Umschreiberichtlinien für eine Umschreibung
ausreiche; es habe kein Anlass für Zweifel an der Wirksamkeit des Rechtsüber-
gangs bestanden.
Mit Beschluss vom 17. November 2005 der Gebrauchsmusterstelle erfolgte dann
die Zurückweisung der Korrekturantrag von Herrn K… vom
17. August 2005 aus den Gründen des Amtsbescheid vom 6. September 2005.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers. Sie wird damit be-
gründet, laut § 30 Absatz 3 Satz 1 PatG sei für die Umschreibung ein Nachweis
der Inhaberänderung erforderlich, der grundsätzlich durch Urkunden zu erfolgen
habe. Im vorliegenden Fall sei ein solcher Nachweis nicht erfolgt; nicht einmal die
Vollmacht für die Umschreibung, wofür eine normale Vollmacht nicht ausreiche,
liege vor. Des Weiteren sei die Rechtsprechung des 10. Senats des Bundespa-
tentgerichts im Fall 10 W (pat) 1/04 zu berücksichtigen.
Im Übrigen sei wegen der gleichen Problematik zwischen den Verfahrensbeteilig-
ten vor dem Landgericht Mannheim eine Zivilklage anhängig. Die Übertragungs-
bewilligung vom 19. April 2004 sei wegen arglistiger Täuschung angefochten wor-
den. Außerdem ergebe sich bezüglich der Bewilligung der Übertragung wegen
Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Rückforderungsanspruch nach §§ 812 ff.
BGB des Antragstellers gegen die als Inhaber des Gebrauchsmusters Eingetrage-
nen. Weiterhin wird auf im Verfahren vor dem Landgericht Mannheim vorgelegte
Anlagen und Beweismittel verwiesen.
- 5 -
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Umschreibung
der Gebrauchsmusteranmeldung rückgängig zu machen.
Die Antragsgegnerinnen beantragen übereinstimmend,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerinnen sind der Ansicht, der Vortrag betreffend das Klageverfah-
ren vor dem Landgericht Mannheim sei nicht liquide, da die erforderlichen Be-
weismittel nicht beigefügt seien. Im Übrigen sei dieser Vortrag für das Umschrei-
bungsverfahren auch nicht relevant, weil die Gebrauchsmusterstelle nicht ver-
pflichtet sei, die materiellrechtliche Wirksamkeit der Übertragung vor der Um-
schreibung zu klären. Sei eine Umschreibung ohne materiellrechtliche Grundlage
erfolgt, so sei dies in einem Verfahren vor dem Zivilgericht geltend zu machen. Im
Übrigen sei vor dem Landgericht München ein Verfahren anhängig, in dem die
O… die eingetragenen Inhaberinnen des Gebrauchsmusters auf Vindi-
kation in Anspruch nehme und in dem der Beschwerdeführer Zeuge sei. Bei der
Frage der Rechtsinhaberschaft handele es darum um eine komplexe Sach- und
Rechtslage, mit der die Zivilgerichte befasst seien, so dass kein Platz mehr für
eine rechtliche Bewertung im Umschreibungsverfahren sei.
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt, aber nicht begründet.
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1. Es bestehen bereits Zweifel, ob - ein Fehler der Gebrauchsmusterstelle
vorausgesetzt - überhaupt ein Fall vorliegt, in dem die Umschreibung rück-
gängig gemacht werden könnte.
Eintragungen, die auf Antrag erfolgt sind, können nach allgemeiner Meinung
nicht schon rückgängig zu machen, wenn sie später als unrichtig erkennbar
sind. Dies ist nur ausnahmsweise ohne Bewilligung des neu eingetragenen
Inhabers möglich, nämlich nur dann, wenn die Umschreibung ohne Gewäh-
rung des erforderlichen rechtlichen Gehörs erfolgt ist, die Umschreibung hier-
auf beruht und der durch die fehlerhafte Umschreibung Begünstigte sich noch
nicht darauf eingerichtet hat (vgl. dazu BGH GRUR 1969, 43 - Marpin; BPatG
GRUR 1999, 982; BPatG BlPMZ 2001, 190; Bühring, Gebrauchsmusterge-
setz, 7. Aufl., § 8 Rn. 93). Da im vorliegenden Fall bei der fraglichen Um-
schreibung alle Verfahrensbeteiligten vom selben Anwalt vertreten worden
sind, ist jedoch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich und
von den Verfahrensbeteiligten auch nicht gerügt.
2. Jedenfalls aber liegt kein Fehler der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen
Patent- und Markenamts vor.
Das Deutsche Patent- und Markenamt braucht grundsätzlich die rechtliche,
insbesondere die materiellrechtliche Wirksamkeit des Übertragungsgeschäfts
nicht zu prüfen. Solchen Fragen nachzugehen ist im Umschreibungsverfahren
nicht geboten. Denn dem Wesen des Registerverfahrens vor der Verwal-
tungsbehörde Patentamt entspricht es, den Rahmen der rechtlichen Nach-
prüfung nicht allzu weit zu ziehen, sondern schwierige Tat- und Rechtsfragen
der Klärung durch die ordentlichen Gerichte im Rahmen einer Klage auf die
streitige Umschreibungsbewilligung zu überlassen. Ergeben sich allerdings bei
einer Überprüfung mit registerrechtlichen Mitteln berechtigte Zweifel, so ist die
Umschreibung abzulehnen (st.
Rspr., vgl. BGH a.
a.
O. - Marpin;
BPatGE 46, 42, 44 - Umschreibung; Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 30
Rn. 33, 38; Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 30 PatG Rn. 13a; Busse, Pa-
- 7 -
tentgesetz, 6. Aufl., § 30 PatG Rn. 58 ff.; Bühring, Gebrauchsmustergesetz,
7. Auflage, § 8 Rn. 90; vgl. auch, Deutsches Patent- und Markenamt, Richtli-
nien über die Umschreibung von Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldun-
gen in der Patentrolle, der Gebrauchsmusterrolle, dem Markenregister, dem
Musterregister und der Topographierolle, Einleitung).
Für solche berechtigte Zweifel gab es hier keinen Anhaltspunkt. Zwar ist
grundsätzlich eine Umschreibungsbewilligung des eingetragenen Inhabers
und eine schriftliche Annahmeerklärung des Erwerbers erforderlich. Beantra-
gen der Inhaber und der Erwerber jedoch gemeinsam die Umschreibung, so
sind weitere Unterlagen grundsätzlich nicht vorzulegen (vgl. § 28 Abs. 3
DPMAV; Deutsches Patent- und Markenamt, Richtlinien über die Umschrei-
bung von Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen in der Patentrolle, der
Gebrauchsmusterrolle, dem Markenregister, dem Musterregister und der To-
pographierolle, Nr. 1.1.1.1.), wobei Umschreibungsbewilligung und Umschrei-
bungsantrag vom gemeinsamen Bevollmächtigten erfolgen können (vgl.
Bühring, a. a. O., § 8 Rn. 84; BPatG 5 W (pat) 20/97).
Im vorliegenden Fall gab es für die Gebrauchsmusterstelle keinerlei Anlass,
an Wirksamkeit und Umfang der Vollmacht zu zweifeln. Entgegen der Ansicht
des Antragstellers ist für die Umschreibung keine besondere Vollmacht erfor-
derlich. Die Anwaltsvollmacht, insbesondere die üblicherweise in Verfahren
beim Deutschen Patent- und Markenamt und beim Bundespatentgericht ein-
gereichten Formularvollmachten, sind in aller Regel so umfassend (vgl. auch
Schulte, a. a. O., § 97 Rn. 16), dass das Recht zur Stellung von Umschrei-
bungsanträgen inbegriffen ist. Außerdem braucht das Deutsche Patent- und
Markenamt Vollmachten nicht nachzuprüfen, wenn als Bevollmächtigter ein
Patent- oder Rechtsanwalt auftritt (§ 15 Abs. 4 DPMAV, vgl. auch § 97 Abs. 3
PatG; Bühring, a. a. O., § 28 Rn. 6). Hinzu kommt, dass der Umschrei-
beantrag vom als Bevollmächtigter von Herrn K… schon bei der Anmel-
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dung und bei der späteren Umschreibung auf den Antragsteller und die An-
tragsgegnerin 1. eingeführten Patentanwalt gestellt worden ist.
Auch unter dem Aspekt des § 181 BGB waren Zweifel der Gebrauchsmuster-
stelle nicht veranlasst. Zwar kann grundsätzlich eine Befreiung vom Verbot
des Selbstkontrahierens erforderlich sein, wenn ein Anwalt gleichzeitig beide
Vertragsparteien vertritt. Es ist bereits fraglich, ob das Verbot des Selbstkont-
rahierens auch in Fällen gilt, in denen - wie hier - nur ein Umschreibeantrag
gestellt wird, der für die Übertragung des Schutzrechts nicht konstitutiv ist. Vor
allem aber zeigt der Umstand, dass ein Anwalt von sämtlichen Verfahrensbe-
teiligten bevollmächtigt ist, dass das Verbot des § 181 BGB konkludent aus-
geschlossen wurde (vgl. dazu Bühring a. a. O., § 8 Rn. 78).
Soweit der Beschwerdeführer auf die Rechtsprechung des 10. Senats in der
Sache 10 W (pat) 1/04 Bezug nimmt, führt dies ebenfalls nicht zu einem ande-
ren Ergebnis, denn es handelt es sich nicht um einen vergleichbaren Fall.
Bei der Entscheidung des 10. Senats war entscheidungserheblich, dass der
Umschreibungsantrag nur vom Erwerber des Patents, nicht aber vom Inhaber
gestellt worden war und dem Deutschen Patent- und Markenamt lediglich die
Urkunde über das materiellrechtliche Geschäft vorgelegt wurde. Diese Unter-
lagen wurden dem eingetragenen Inhaber vom Deutschen Patent- und Mar-
kenamt nicht zugeleitet, so dass dieser keine Gelegenheit hatte, deren Un-
wirksamkeit bzw. Unvollständigkeit vor der Umschreibung geltend zu machen.
Auch diesem Grund wurde vom 10. Senat die Verletzung des Grundsatzes
des rechtlichen Gehörs angenommen und angeordnet, die auf Grund dieses
fehlerhaften Verfahrens durchgeführte Umschreibung rückgängig zu machen.
Im vorliegenden Fall jedoch kann - wie schon oben ausgeführt - eine Verlet-
zung des rechtlichen Gehörs nicht vorliegen, weil der Anwalt, der den Um-
schreibungsantrag stellte, namens und in Vollmacht von Inhaber und Erwerber
handelte und somit eine besondere Benachrichtigung eines Verfahrensbetei-
ligten nicht erforderlich war.
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3. Auch die nach der Beschlussfassung der Gebrauchsmusterstelle eingegange-
nen Unterlagen bzw. der Vortrag zu den Rechtsverhältnissen zwischen den
Beteiligten rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Der Vortrag ist streitig und nicht durch Beweismittel belegt. Außerdem sind die
betreffenden Streitsachen Gegenstand von zivilgerichtlichen Verfahren. Wie
bereits oben ausgeführt, entspricht es aber dem Wesen des Registerverfah-
rens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, den Rahmen der rechtlichen
Nachprüfung nicht allzu weit zu ziehen, sondern schwierige Tat- und Rechts-
fragen - wie sie hier vorliegen - der Klärung durch die ordentlichen Gerichte im
Rahmen einer Klage auf die streitige Umschreibungsbewilligung zu überlas-
sen. Angesichts der streitigen Rechtsverhältnisse, insbesondere der (be-
haupteten) Anfechtung des Umschreibungsantrags bzw. der Übertragungsbe-
willigung vom 19. April 2004, ergeben sich darum auch insoweit berechtigte
Zweifel an der materiellrechtlichen Inhaberschaft des inzwischen eingetrage-
nen Gebrauchsmusters, so dass eine Berichtigung des Registers im Wege der
Rück-Umschreibung angesichts der unklaren Sach- und Rechtslage auch bei
Berücksichtigung dieser neuen Unterlagen nicht möglich ist.
4. Die Kostenentscheidung in dem Umschreibungsrechtsstreit als einem echten
Streitverfahren zu Lasten des Beschwerdeführers als dem Unterliegenden er-
folgt aus Billigkeitsgründen (§ 18 Abs. 3 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 80 Abs. 1
PatG).
Müllner Baumgärtner
Guth
Pr