Urteil des BPatG vom 14.01.2004

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BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 251/03
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
14. Januar 2004
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 05 922.2
hat der 29.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2004 unter Mitwirkung der
Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Baumgärtner und der Richterin
Fink
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die mit den Farben blau, orange und weiß angemeldete Wort-Bildmarke
soll für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16: Papier, Karton und Pappe sowie Waren aus diesen Materialien, so-
weit in Klasse 16 enthalten, insbesondere Briefpapier, Drucksachen,
Magazine, Zeitungen und sonstige Druckereierzeugnisse, ein-
schließlich Schreibblöcke und Grußkarten; Taschenkalender und Ab-
reißkalender; Buchbindeartikel; Gerahmte und ungerahmte Photo-
graphien, Gemälde und Bilder; Schreib- und sonstige in Klasse 16
enthaltene Papeteriewaren; bedruckte und unbedruckte Haftetiketten
als selbstklebende Notizzettel und sonstige nicht aus textilem Mate-
rial gefertigte Etiketten; Klischees; Drucktücher, nicht aus textilem
Material; Lithografien; Setzrahmen; Ziffern als Drucklettern;
Klasse 40:
Druckarbeiten, insbesondere Aufdrucken von Mustern auf Papier,
Karton oder Textilien, lithografische Druckarbeiten, Offsetdruckar-
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beiten, Schablonendruckarbeiten; Prägearbeiten, nämlich Einprägen
von Bildern, Logos oder Textbestandteilen in Papier oder Kartonpro-
dukte; Text- und Bildersatzarbeiten; Buchbindearbeiten; Druckarbei-
ten; Entwicklung von fotografischen Filmen; Erstellen von fotografi-
schen Abzügen; Erstellen von Fotogravuren; Fotosatzarbeiten; Gra-
vieren; Information über Materialbearbeitung, insbesondere in Ver-
bindung mit Druckarbeiten; Laminieren [Materialbearbeitung]; Pa-
pierappretierung; Papierbehandlung; sämtliche Arbeiten der Klasse
40 insbesondere auch im Rahmen eines Internet-Portals;
Klasse 41: Online-Publikation von elektronischen Zeitschriften und Büchern;
Herausgabe von Texten und sonstigen Verlags- und Druckereier-
zeugnissen, einschließlich Zeitschriften und Bücher, auch in elektro-
nischer Form, insbesondere zur Publikation im Internet oder zum
Versand per elektronischer Post; Dienstleistungen eines Verlages
(ausgenommen Druckarbeiten); Digitaler Bilderdienst;
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
die Anmeldung mit Beschluss vom 16. September 2003 zurückgewiesen. Zur Be-
gründung wird ausgeführt, der angemeldeten Marke käme keine herkunftshinwei-
sende Funktion zu. Sie sei nach Art einer Internet-Adresse gebildet. Dieser fehle
jegliche Unterscheidungskraft, wenn sie neben den üblichen Protokoll- und Ad-
ressangaben wie „http“, „www“, „de“ nur Wortbestandteile enthalte, die der Ver-
kehr in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen als reinen
Sachhinweis ansehe. Der hier verwendeten Top-Level-Domain „.de“ komme keine
eigenständige Bedeutung zur individualisierbaren Unterscheidung zu. Der aus
dem Englischen stammende Begriff „Discount“ (= Preisnachlass) bedeute eine
„Einkaufsmöglichkeit, bei der Waren in Selbstbedienung verbilligt erworben wer-
den können“. Die Zahl „24“ werde in den unterschiedlichsten Wortzusammenstel-
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lungen und Bereichen des täglichen Lebens als Kürzel und Synonym für „rund um
die Uhr“ bzw. „24 Stunden“ verwendet. In Kombination mit den Markenbestand-
teilen „Druck Discount“ entnähmen die angesprochenen Verkehrskreise dem Zei-
chen lediglich einen Hinweis auf die Internetadresse eines Discounters für Dru-
ckereierzeugnisse oder Druckdienstleistungen, der 24 Stunden erreichbar sei und
verbilligte Leistungen anbiete. Die konkret gewählte farbige und graphische Aus-
gestaltung könne die herkunftshinweisende Wirkung der Marke nicht begründen,
da sich diese im Rahmen des Werbeüblichen bewege.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. In der mündlichen Ver-
handlung hat sie den beschreibenden Sinngehalt der Wortbestandteile des Zei-
chens nicht mehr in Abrede gestellt. Sie ist aber der Auffassung, dass die grafi-
sche Ausgestaltung in Verbindung mit den verwendeten Farben die Schutzfähig-
keit des Zeichens begründe. Weiß, Blau und Orange hätten keine beschreibende
Bedeutung für die hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Einem ohne
die Wortbestandteile als Bildmarke angemeldeten Zeichen aus einem weißen, ei-
nem blauen und eine orangen Streifen stünden Eintragungshindernisse nicht ent-
gegen.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 16.9.2003 aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung wurden die Ergebnisse der Internetrecherche des
Senats, von denen der Anmelderin Kopien übergeben wurden, erörtert.
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II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da der angemeldeten Marke das
Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach §§ 8 Abs. 2
Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG entgegensteht.
Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke inne-
wohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von
der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegen-
über solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; vgl. BGH Be-
schluss vom 28. August 2003 I ZB 6/03 m. w. N. - Cityservice, BGH GRUR 2001,
1153, 1154 - antiKALK). Kann einem Zeichen ein für die in Frage stehenden Wa-
ren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt
zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wort-
folge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa
auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als
solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr die Unter-
scheidungskraft, was gleichermaßen für Einwortzeichen als auch für Mehrwortzei-
chen wie Slogans, Wort-Bildzeichen und für fremdsprachige Ausdrücke gilt (BGH
GRUR 2001, 1153 „antiKALK“; BGH WRP 2001, 1082, 1083 „marktfrisch“; BGH
GRUR 2001, 1043 „Gute Zeiten – schlechte Zeiten“; BGH GRUR 2001, 1042
„REICH UND SCHOEN“; BGH BlfPMZ 2001, 398 „LOOK“). Diese Voraussetzun-
gen sind hier gegeben.
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und auch von der Anmelderin nicht
mehr in Zweifel gezogen wird, beinhalten die Wortbestandteile „Druck Discount
24.de“ der angemeldeten Wort-Bildmarke ausschließlich einen Sachhinweis auf
die Internetadresse eines Discounters für Druckereierzeugnisse oder Druck-
dienstleistungen, der 24 Stunden erreichbar ist und verbilligte Leistungen anbietet.
Eine analysierende Leistung ist hierbei nicht erforderlich. „Discount“ ist als Hinweis
auf einen verbilligten Verkauf in die deutsche Sprache eingegangen (Wahrig,
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Deutsches Wörterbuch, 7. Auflage 2000). „Druckdiscount“ bedeutet demgemäss,
dass Druckdienstleistungen i.w.S. zu einem günstigen Preis angeboten werden.
Die Zahl „24“ steht für eine Verfügbarkeit rund um die Uhr, der Zusatz „.de“ für den
Hinweis auf eine im Internet abrufbares Angebot (vgl. u.a. auch die Web-Sites
www.discount 24.de, www.huk24.de, www.anzeigenmarkt24.com, www.immobi-
lienscout24.de, www.jobscout24.de und - wie dies im Zusammenhang mit Dis-
countangeboten häufig der Fall ist - auch als Selbstbedienungsangebot, vgl.
www.coach4u.at, sowie die bereits im Anmeldeverfahren eingeführte Rechtspre-
chung). Der Sachhinweis erstreckt sich auch auf die Dienstleistungen eines Verla-
ges (ausgenommen Druckarbeiten), nämlich auf Verlagsdienstleistungen im elek-
tronischen Bereich via Internet. Wie das Ergebnis der Internetrecherche zeigt,
werden in Druckereien neben den eigentlichen Druckarbeiten und Publikations-
dienstleistungen, die die Anmelderin in Klasse 40 und für die jeweiligen elektroni-
schen Varianten in Klasse 41 beansprucht, auch im Zusammenhang mit diesen
Dienstleistungen stehende Waren angeboten (vgl. die Web-Sites von Walther-
Druck oder buerokompetenz.de). Daher umfasst der „Druck Discount 24.de“ auch
für die in Klasse 16 beanspruchten Waren lediglich den Hinweis auf ein on-
line-Angebot günstiger Waren rund um die Uhr. Damit weist der Wortbestandteil
des Zeichens in ausschließlich sachbeschreibender Weise auch auf das von der
Anmelderin in der Erwiderung auf den Beanstandungsbescheid vorgetragene An-
gebotsspektrum hin, das sie erbringt.
Die Grafik des Wort-Bildzeichens ist ebenfalls nicht schutzbegründend. Hierbei
kann nicht, wie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, ein Zeichen be-
rücksichtigt werden, bei dem die Wortbestandteile weggelassen sind. Maßgeblich
ist ausschließlich das angemeldete Zeichen in seiner aus Wort- und Bildbestand-
teil bestehenden Gesamtheit. Die verwendeten Farben Blau, Orange und Weiß
sind weder in ihrer Kombination noch in ihrer konkreten Anordnung geeignet, den
beschreibenden Inhalt zu überwinden und dem Zeichen insgesamt eine Hin-
weisfunktion auf eine betriebliche Herkunft zu verleihen. Einfachste geometrische
Formen oder sonstige graphische Gestaltungselemente, die in der Werbung übli-
cherweise in schmückender Form verwendet werden, sind allgemein nur selten
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geeignet, Waren und Dienstleistungen ausreichend zu individualisieren (vgl. BGH
GRUR 2000, 502 ff, „St. Pauli Girl“ mwN; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 1. Aufl.,
§ 8 Rdn. 44). Hinzu kommt, dass der Bereich, auf dem sich die von der Anmelde-
rin beanspruchten Waren und Dienstleistungen bewegen, von der Verwendung
von Farben und dem Einsatz grafischer Elemente lebt. Dies ist den angesproche-
nen Verkehrskreisen bekannt, die dementsprechend nur dann, wenn in der Art der
verwendeten Farben oder in deren Kombination oder bei besonderen grafischen
Elementen eine charakteristische Ausgestaltung liegt, in der Farbigkeit einen indi-
vidualisierenden Hinweis sehen. Bei einem Kombinationszeichen wie dem hier an-
gemeldeten, bei dem der Wortbestandteil rein beschreibend ist, bestehen zudem
erhöhte Anforderungen an die Grafik (vgl. BGH 2001, 1153 antiKALK), die vorlie-
gend nicht erfüllt sind. Wie die Internetrecherche zeigt, ist es bei 24 Stunden on-
line verfügbaren Angeboten in allen Bereichen üblich, mehrfarbige Wortkombinati-
onen zu verwenden, in denen durch einen Farbkontrast die Zahl 24 von dem Gat-
tungs- oder Spartenhinweis abgesetzt wird (vgl. z.B. die Logos auf den Web-Sites
www.anzeigenmarkt -24.com: „Anzeigenmarkt“: gold, „24“ hellgrau; www.24
heures.ch: „24“ schwarz auf weißem Grund, „heures.ch“ weiß auf rotem Unter-
grund; www.immobilienscout24. de: „Immobilien“ weiß auf blauem Untergrund,
„scout24“: blau auf orangem Untergrund, ebenso www.jobscout24.de; www.dis-
count24.de: „discount“ schwarz, „24“ rot; www.huk24. de: „HUK“: schwarz, „24“:
orange; www.bauchtrainer24.de: „Bauchtrainer“: weiß, „24“: orange; bei www.kauf-
24.de ist „kauf-24“ insgesamt in schwarzen Buchstaben gehalten, der sich an „24“
anschließende Punkt ist orange, ebenso das „de“ und unter der Zahl 24 befindet
sich ein orangefarbener geschwungene Unterstreichung). Die genannten Beispiele
zeigen die Beliebtheit der in der Anmeldung enthaltenen Farben Blau und Orange
zur Hervorhebung der Bestandteile. Die Unterbringung der Schrift in rechteckigen
Umrahmungen, die teilweise mit der Farbe, in der ein anderer Schriftbestandteil
gehalten ist, ausgefüllt sind, findet sich bei den genannten Internetauftritten eben-
falls häufig wieder. In der Gesamtkombination, die überwiegend in den als Druck-
farben weit verbreiteten Grundfarben Weiß und Blau gehalten ist, sticht lediglich
die Farbe Orange heraus. Darin liegt aber keine vom Üblichen abweichende be-
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triebskennzeichnende charakteristische Ausgestaltung, sondern nur eine werbe-
mäßige Hervorhebung der „24“, in ihrer Bedeutung „rund um die Uhr im Internet“.
Grabrucker Baumgärtner
Fink
Cl