Urteil des BPatG vom 04.12.2001
BPatG (beschreibende angabe, marke, unterscheidungskraft, klasse, bezeichnung, verkehr, bezug, angabe, begriff, eintragung)
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 98/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 300 38 488.2
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 4. Dezember 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Winkler, des Richters v. Zglinitzki und der Richterin Dr. Hock
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 30. November 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung der Wortmarke
e-IQ
für die Dienstleistungen
"Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroar-
beiten
Insbesondere: Auswertung von Geschäftsdateien, Unterneh-
mensberatung, Internetdienstleistungen
Klasse 38:
Telekommunikation
Insbesondere: Internetdienstleistungen
Klasse 42:
Rechtsberatung, -vertretung; wissenschaftliche und industrielle
Forschung; Erstellung von Programmen für die Datenverarbei-
tung; Dienstleistungen, die nicht in die Klassen 35 – 41 fallen;
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Insbesondere: Auswertung von Geschäftsdateien, Unterneh-
mensberatung, Internetdienstleistungen"
durch Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 vom 30. November 2000 unter Be-
zugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 28. August 2000 gemäß § 37
Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Ziffer 1, 2 MarkenG wegen fehlender Unterschei-
dungskraft sowie wegen eines Freihaltungsbedürfnisses an einer beschreibenden
Angabe zurückgewiesen. Im Beanstandungsbescheid war ausgeführt worden, daß
die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit als "elektronischer Intelligenzquotient"
verstanden werden könne und in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen
damit eine unmittelbar beschreibende Angabe darstelle, da sie darauf hinweise,
daß die Dienstleistungen mit künstlicher elektronischer Intelligenz erbracht
würden.
Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung beantragt die Anmelderin sinn-
gemäß,
den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.
Sie trägt vor, daß die von der Anmelderin angebotenen Dienstleistungen durch
den Begriff "elektronischer Intelligenzquotient" nicht beschrieben würden. Die Be-
zeichnung stelle eine phantasievolle Wortkombination dar, der eine individuelle
Eigenart nicht abgesprochen werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist begründet.
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Der Senat hält die angemeldete Marke "e-IQ" entgegen der Beurteilung der Mar-
kenstelle des Patentamts - im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstlei-
stungen - für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß
ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhinder-
nisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.
1. Die angemeldete Marke besitzt die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die
einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterschei-
dungsmittel für die Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen an-
derer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger
Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht
aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRsp vgl BGH MarkenR 2000, 48
– Radio von hier; MarkenR 2000, 50 – Partner with the Best). Kann demnach einer
Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender
Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein ge-
bräuchliches Wort der deutschen oder einer sonstigen im Inland geläufigen Spra-
che, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden wird, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß einem als
Marke verwendetem Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche
Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO – Partner with the Best; BGH GRUR 1999,
1098 – YES; BGH 1999, 1093 – FOR YOU).
Nach der Auffassung des Senats verbinden die angesprochenen Verkehrskreise
mit der angemeldeten Bezeichnung keinen eindeutigen beschreibenden Begriffs-
inhalt. Zwar ist der Bestandteil "e" im Deutschen als Abkürzung für "elektronisch"
gebräuchlich (vgl Pons, Fachwörterbuch Datenverarbeitung 1997, Seite 77; Com-
puter-Fachlexikon Microsoft Press, 2000, S 235). Hinsichtlich des zweiten Mar-
kenbestandteils "IQ" ist aber bereits fraglich, ob in Bezug auf die beanspruchten
Dienstleistungen davon ausgegangen werden muß, daß dieser als Kürzel von
"Intelligenzquotient" zu verstehen ist. Mit dem Ausdruck "IQ" werden nämlich auch
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die Begriffe "Information Quantity", "Information Quick", "Input Queue", "Instrument
Quality", "Informationsquelle", "Interne Quittung" und "Investitionsquote" abgekürzt
(vgl Amkreutz, Abkürzungen der Informationsverarbeitung, 1. Aufl, 1986, S 325;
Koblischke, Lexikon der Abkürzungen, 1. Aufl, 1994, S 272 sowie Wennrich, Inter-
nationales Verzeichnis, Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Elektrotech-
nik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1. Aufl, 1992, S 483). Schon
aus diesem Grund weist die angemeldete Marke eine gewisse Mehrdeutigkeit auf,
weil bei den genannten Abkürzungen eine für die beanspruchten Dienstleistungen
im Vordergrund stehende Bedeutung nicht festgestellt werden kann.
Selbst wenn der angesprochene Verkehr, hier neben Fachkreisen auch das all-
gemeine Publikum, "IQ" als Abkürzung für "Intelligenzquotient" erkennt, ergibt sich
daraus noch keine ausreichend beschreibende Gesamtaussage hinsichtlich der
angemeldeten Dienstleistungen. Denn Intelligenzquotient ist ein Maß für die
allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Person bezogen auf den durch-
schnittlichen Entwicklungsstand der Gleichaltrigen (vgl Arnold/Eyseneck/Meili, Le-
xikon der Psychologie, 1. Aufl, S 1026). Es handelt sich somit um einen nach
seiner Definition wertneutralen Begriff. Die Annahme, daß der Erbringer der
angemeldeten Dienstleistungen seine "elektronische Intelligenz" zur Verfügung
stellt, erfordert weiterführende analysierende Denkprozesse dahingehend, daß der
Begriff "Intelligenzquotient" mit "hoher Intelligenz" gleichgesetzt wird. Auch wenn
sich eine Begriffswandlung von "IQ" in diese Richtung andeutet (vgl z.B. Zeitschrift
Elektromarkt 7/8.01 S 10 – Werbung für "intelligente IQ-Waschmaschinen") geht
der Senat nach den derzeitigen Ermittlungsmöglichkeiten davon aus, daß diese
Entwicklung noch nicht vollzogen und damit das Gesamtzeichen noch schutzfähig
ist.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlos-
sen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeich-
nung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger
Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dieses Ein-
tragungshindernis bezieht sich nicht nur auf die in der genannten Bestimmung
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ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere für den
Verkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame
Umstände mit konkretem Bezug auf die Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl
BGH aaO – FOR YOU).
Eine gegenwärtige Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als beschrei-
bende Angabe hat die Markenstelle nicht nachgewiesen; auch der Senat hat in-
soweit keine Feststellungen zu treffen vermocht. § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG steht
einer Eintragung somit nicht entgegen.
Winkler
v. Zglinitzki
Dr. Hock
Cl