Urteil des BPatG vom 29.01.2003
BPatG: waffen und munition, beschreibende angabe, fachsprache, begriff, englisch, unterscheidungskraft, ware, radar, form, zeitungsartikel
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 52/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
29. Januar 2003
…
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 300 90 740
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Stoppel, der Richterin Schwarz-Angele sowie des Richters Paetzold
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
6.70
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G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortfolge
SMART PROTECTION
für die Waren der Klasse 13
"Granaten, Gefechtsköpfe, Geschosse, Raketen, Wurfkörper und
sonstige militärische Geräte zum Tarnen und Schützen vor und
zum Täuschen, Stören und Abwehren von mit Infrarot- und/oder
Radar- oder sonstigen Sicherungssystemen ausgerüsteten Flug-
körpern unter Einschluss von Nebelwurfkörpern"
Die Markenstelle hat die Anmeldung durch einen Beamten des gehobenen
Dienstes zurückgewiesen mit der Begründung, ihr fehle bereits die erforderliche
Unterscheidungskraft. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Marke
ohne weiteres als Sachhinweis auf wesentliche Eigenschaften der Ware iS von
"intelligentem Schutz" verstehen, ihr aber keinerlei kennzeichnende Funktion bei-
messen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die zunächst das
Warenverzeichnis wie folgt beschränkt :
"Granaten, Gefechtsköpfe, Geschosse, Raketen, Wurfkörper und
sonstige militärische Geräte zum Tarnen vor und zum Täuschen
und Stören von mit Infrarot- und/oder Radar- oder sonstigen Si-
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cherungssystemen ausgerüsteten Flugkörpern unter Einschluss
von Nebelwurfkörpern",
hilfsweise auf "Scheinziel- und Tarnmunition".
Zur Begründung führt sie aus, dass dem fremdsprachigen Markenwort lediglich
eine unscharfe Bedeutung ohne präzise Zuordnung zu einem einzigen Sinngehalt
zukomme und es daher an einer unmittelbaren und konkreten Beschreibung der
beanspruchten Waren fehle, zumal in der militärischen Fachsprache die Wir-
kungsweise der Waren unter den Begriff "camouflage" gefasst würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt sowie auf die dem An-
melder zur Kenntnis gebrachten Rechercheergebnisse des Senats Bezug ge-
nommen.
II.
Die nach § 165 Abs 4 MarkenG zulässige Beschwerde des Anmelders ist nicht
begründet.
Nach Ansicht des Senats unterliegt die angemeldete Wortfolge zumindest dem
Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, denn es handelt sich, wie der Se-
nat festgestellt hat, um eine beschreibende Angabe, die für die beanspruchten
Waren zugunsten der Mitbewerber des Anmelders freigehalten werden muss.
Die Wortfolge "Smart Protection" stellt sich für den Senat als bloßer Sachhinweis
in der deutschen Bedeutung von "intelligenter Schutz" dar. Das wird auch von den
beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt, da auf dem Warengebiet von
Waffen und Munition Englisch die dominante Fachsprache ist. Ein solches Ver-
ständnis liegt aber auch schon deshalb nahe, weil Fachbegriffe wie "smart am-
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munition", "smart projectiles", "smart weapons" usw. auf dem beanspruchten Wa-
rengebiet gängige Praxis sind und nichts anderes zum Ausdruck bringen, als dass
diese Waren über gerätetechnische Intelligenz verfügen. In einem Artikel der Süd-
deutschen Zeitung vom 16.April1999 über Rüstungsfirmen ist beispielsweise auch
von "Smart-Bomben" die Rede. Im übrigen handelt es sich bei "smart protection"
oder dem deutschen Pendant um eine gängige Wortkombination, wenn die be-
sondere Eigenschaft hervorgehoben werden soll, dass eine Ware in ihrer Verwen-
dung "intelligenten Schutz" bietet. So wird etwa von der Flugsicherungsbehörde
auf Sicherheitsgurte für Kleinflugzeuge mit dem Hinweis "Smart protection in small
airplanes" geworben (www.cami.jccb.gov/AAM-400A/Brochures/sbelts.html). Die
Fa. E… bietet elektronische Module unter dem Hinweis "current sense module
provides smart protection" an (www.e-insite.net/ecnmag/index.asp?layout). Im Be-
reich der Computer- und EDV-Technik spricht man ständig vom "intelligenten
Schutz" für Systemdateien oder Netzwerke und für das Automodell "Lexus" wird
ein "intelligenter Schutz" in Form moderner Elektronik angeboten (www.lexus.de).
Bezeichnenderweise wird in einem Zeitungsartikel über die Anmelderin und ihre
Produkte davon gesprochen, dass "smart protection systems for land, sea and air
have long been the speciality of the Buck New Technology"
(//dsei.janes.com/show_daily/news10Sep2001_232815.shtml).
Wenn die Anmelderin demgegenüber einwendet, die vorliegend beanspruchten
Waren dienten allein der Täuschung oder Tarnung, da es sich zB um Störmunition
handele, mit der feindliche Flugkörper abgelenkt werden sollen, oder um Nebel-
oder (elektronische) Blendgranaten, so verkennt sie, dass Verwendungszweck
und Wirkungsweise auch dieser Waren letztlich der Schutz vor einem Angriff ist,
was auch in der militärischen Fachsprache mit dem englischen Wort "protection"
zum Ausdruck gebracht wird (vgl. Militärisches Studienglossar Englisch des Bun-
dessprachenamtes), und zwar auch in Wortverbindungen wie "chemical protec-
tion, self-protection, protection force, area protection" usw., wobei der Begriff
"Blendschutz" (man denke an die Blendgranaten der Anmeldung) sogar mit "pro-
tection against dazzle" bzw. "flashblindness protection" wiedergebeben wird. In
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diese Beispielsfälle reiht sich die beanspruchte Wortfolge nahtlos ein, und zwar
nicht nur rein sprachlich, sondern auch von ihrem unzweideutigen und klaren Aus-
sagehalt her, dass die Waren über "gerätetechnische Intelligenz" verfügen und
dem "Schutz" des Verwenders dienen. Auf einen solchen Sachverhalt hinzuwei-
sen, muss aber jedem Hersteller solcher Waren unbenommen von Monopolrech-
ten Dritter möglich sein, was markenregisterrechtlich die Feststellung eines
aktuellen Freihaltungsbedürfnisses in sich trägt.
Ob der angemeldeten Marke darüber hinaus auch das Eintragungshindernis der
mangelnden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen-
steht, worauf die Markenstelle allein abgestellt hat, lässt der Senat dahingestellt.
Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Stoppel Schwarz-Angele
Paetzold
Bb