Urteil des BPatG vom 30.01.2001
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BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 218/00
_______________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 399 64 639.6
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 30. Januar 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler
des Richters Dr. Albrecht und der Richterin am Amtsgericht Dr. Hock
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
10.99
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G r ü n d e
I
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung vom 17. Oktober 1999
der Wortmarke
"Financial-Shopping-Center"
für die Dienstleistungen
"Klasse 36: Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte"
durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß der Marken-
stelle für Klasse 36 vom 10. Juli 2000 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen
fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Marken-
stelle angeführt, daß die in Betracht kommenden Verkehrskreise die aus den eng-
lischen Wörtern "financial", "shopping" und "center" bestehende angemeldete Be-
zeichnung nur in dem beschreibenden Sinne verstehen könnten, daß in einem
"Finanz-Einkaufszentrum" die Produkte verschiedener Finanz- und Versiche-
rungsanbieter verglichen und erworben werden können. Die vom Beschwerdefüh-
rer pauschal behauptete Verkehrsdurchsetzung liege nicht vor.
Mit seiner Beschwerde gegen diese Entscheidung des Patentamts beantragt der
Anmelder sinngemäß,
den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.
Er vertritt die Ansicht, daß von einer Unterscheidungskraft deshalb auszugehen
sei, weil das Wortkonstrukt als Ganzes in der englischen Sprache nicht gebräuch-
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lich und in anerkannten Nachschlagewerken auch nicht verzeichnet sei. Unge-
wöhnlich sei weiter die Verwendung der Bindestriche und der Großbuchstaben an
den Wortanfängen. Auch Marken wie "Deutsche Bank" oder "Dresdner Bank"
seien aus allgemeinverständlichen Begriffen zusammengesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vortrags wird auf die Schriftsätze des
Anmelders Bezug genommen.
Der Senat hat den Anmelder mit Zwischenbescheid vom 13. Dezember 2000 auf
Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen und
ihm Auszüge aus einer Internet-Recherche übersandt.
II
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach Beurteilung des Senats fehlt der als Marke angemeldeten Bezeichnung "Fi-
nancial-Shopping-Center" hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen "Versi-
cherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte" jedenfalls jegliche Unterschei-
dungskraft, so daß sie bereits wegen des absoluten Schutzhindernisses nach § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Markenstelle des
Patentamts hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs 1
MarkenG zurückgewiesen.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden
konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke
erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen
anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger
Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht
aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st.Rspr. vgl BGH MarkenR 2000,
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48 – Radio von hier; MarkenR 2000, 50 – Partner with the Best). Dies gilt
insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in
aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden
Betrachtungsweise unterzieht.
Die Wortfolge "Financial-Shopping-Center" stellt im englischen Sprachgebrauch
eine sinnvolle und üblich gebildete Aussage dar. Hierbei bedeutet das Adjektiv
"financial" naheliegend "finanziell, finanztechnisch, geldlich" (vgl Feldbausch,
Bankwörterbuch, 1997, Seite 293), während unter dem Begriff "Shopping-Center"
ein Einkaufszentrum zu verstehen ist (vgl Pons/Collins 1997, Seite 1795). Das
Deutsche Patent- und Markenamt hat insoweit zu Recht ausgeführt, daß sich aus
der Übersetzung der englischen Begriffe der naheliegende Bedeutungsgehalt er-
gibt, daß in einem "Finanz-Einkaufszentrum" die Produkte verschiedener Finanz-
und Versicherungsanbieter betrachtet, verglichen und erworben werden können.
Auch geht das Gericht davon aus, daß die angesprochenen Verkehrskreise die
englischen Begriffe verstehen und somit nicht als Betriebskennzeichen ansehen.
Zu den mit den beanspruchten Dienstleistungen "Versicherungswesen, Finanzwe-
sen, Geldgeschäfte" angesprochenen Verkehrskreisen gehören zwar nicht nur
Fachleute sowie in Banken- und Börsengeschäften versierte gewerbliche und pri-
vate Kunden, sondern grundsätzlich auch das allgemeine Publikum. Die verwen-
deten Begriffe gehören jedoch zum Grundwortschatz der englischen Sprache, der
im alltäglichen Leben auch ständig dadurch gefestigt und erweitert wird, daß in
Deutschland mit offenbar zunehmender Tendenz außerordentlich zahlreiche eng-
lische Ausdrücke, Begriffe, Bezeichnungen, Redewendungen und Sätze nicht nur
in den Medien sowie der Umgangs- und Werbesprache, sondern auch fach-
sprachlich auf nahezu allen Gebieten verwendet werden. Insbesondere im Bank-
und Finanzwesen dient Englisch als internationale Zweitsprache; viele englische
Fachbegriffe haben in der Praxis die entsprechenden deutschen häufig weitge-
hend ersetzt oder jedenfalls zurückgedrängt – wie beispielsweise "New economy"
"Broker", "Bond" und viele andere mehr.
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Aus der Verwendung von Großbuchstaben an den Wortanfängen der Markenbe-
standteile und von Bindestrichen zwischen den einzelnen Wörtern ergibt sich nach
der Auffassung des Senats keine andere Beurteilung des Vorliegens der
Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Es handelt sich insoweit um
durchgängig übliche und gebräuchliche Gestaltungsmittel, die nicht dazu führen
können, die Dienstleistungen des Anmelders von denen anderer Anmelder zu
unterscheiden.
Somit der Beschwerdeführer einwendet, daß auch Begriffe wie "Deutsche Bank"
oder "Dresdner Bank" aus allgemeinverständlichen Begriffen zusammengesetzt
seien, steht dies der Zurückweisung der Beschwerde nicht entgegen. Es handelt
sich insoweit von Marken, die sich in den beteiligten Verkehrskreisen gemäß § 8
Abs 3 MarkenG durchgesetzt haben und aus diesem Grund eintragungsfähig sind.
Für die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Patentamt behauptete
Verkehrsdurchsetzung der streitgegenständlichen Marke, gibt es vorliegend keine
Anhaltspunkte.
Der Senat neigt im übrigen zu der Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses an
dem beschreibenden Gesamtbegriff "Financial-Shopping-Center" gemäß §
8
Abs 2 Nr 2 MarkenG, das hier jedoch keiner abschließenden Beurteilung mehr
bedarf.
Winkler
Richter Dr. Albrecht ist we-
gen Erkrankung verhindert
zu unterschreiben.
Winkler
Dr. Hock
Cl/Hu