Urteil des BPatG vom 16.11.2004
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BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 89/04
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
…
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 303 27 460.3
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 16. November 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Winkler sowie der Richterinnen Pagenberg und Dr. Hock
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 28. Mai 2003 die Wortmarke
Hier sind Sie sicher
für folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
„Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; betriebswirtschaftli-
che Beratung, Information und Beratung in Geschäftsangelegen-
heiten, organisatorische Beratung über Förderangebote;
finanzielle Beratung über Förderangebote; Versicherungswesen,
insbesondere Vermittlung von Versicherungen; Finanzberatung
und Finanzplanung; Finanzwesen, insbesondere Dienstleistungen
einer Sparkasse, Finanzierungsberatung und Vermittlung von Fi-
nanzierungen, Vermittlung von Investmentfonds, geschlossenen
Fonds, Venture Capital, Unternehmensbeteiligungen; Vermögens-
verwaltung; Geldgeschäfte; Immobilienwesen, insbesondere Ver-
mittlung von Immobilien“.
Die Markenstelle für Klasse
36 hat die Anmeldung durch Beschluss vom
2. Februar 2004 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat aus-
geführt, dass die Wortfolge einen Werbeslogan darstelle, der in seiner Gesamtheit
keinen Aussagegehalt enthalte, der über die allgemeine Anpreisung der so ge-
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kennzeichneten Dienstleistungen hinausgehe. Dem potentiellen Kunden solle le-
diglich suggeriert werden, dass er bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen kei-
nerlei Risiko eingehe und dass ihm etwa aufgrund von Übungen und Erfahrungen
die bestmögliche Sicherheit geboten werde. Der Verkehr werde daher in der an-
gemeldeten Marke keinen Hinweis auf ein Unternehmen sehen.
Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie bean-
tragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Sie trägt vor, dass dem Slogan in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen
das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft zukomme. Der Slogan
weise eine durchaus originelle gedankliche Konstruktion auf, die eine inhaltliche
Nähe zum Thema „persönliche Sicherheit“ herstelle, ohne jedoch konkret auf das
Thema hinzuweisen. Es bleibe dem angesprochenen Verbraucher überlassen, die
Aussage des Slogans mit einer konkreten Bedeutung wie etwa: „Hier denkt man
an meine Sicherheit“ oder „Hier ist meine Sicherheit in guten Händen“ o.ä. auszu-
füllen.
Der Senat hat die Anmelderin mit der Terminsladung unter Übersendung von Er-
mittlungsunterlagen auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Be-
schwerde hingewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die angemeldete Marke ist von der
Eintragung ausgeschlossen, weil es ihr im Hinblick auf die begehrten Dienstleis-
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tungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt (§§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37
Abs 1 MarkenG).
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden
konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke
erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Un-
ternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab an-
zulegen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um die-
ses Schutzhindernis zu überwinden (st.Rspr. vgl. BGH GRUR
2003, 1050
- Cityservice). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke ver-
wendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es
keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht.
Es dürfen dabei keine unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungs-
kraft von Werbeslogans gegenüber anderen Wortmarken gestellt werden (BGH
MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best).
Dem Werbeslogan wird der Verkehr zwar häufig eine beschreibende Werbeaus-
sage entnehmen. Dies schließt aber eine Identifizierungsfunktion nicht von vorn-
herein aus. Deshalb ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Werbeslogan einen aus-
schließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob er zumindest noch eine ge-
wisse Unterscheidungskraft aufweist. Während bei Werbeslogans, die lediglich
beschreibende Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art
enthalten von mangelnder Unterscheidungskraft auszugehen ist, können dagegen
Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie eine Mehr-
deutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage, Indizien für eine
hinreichende Unterscheidungskraft bieten.
Die von der Anmelderin beanspruchte sprachüblich gebildete Wortfolge rückt für
die angesprochenen Verkehrskreise, hier weitgehend das allgemeine Publikum,
die angemeldeten Dienstleistungen und ein damit verbundenes Wertverständnis in
den Vordergrund. Den potentiellen Kunden der Beschwerdeführerin wird vermit-
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telt, dass bei Inanspruchnahme der angebotenen Dienstleistungen sämtliche
denkbaren Risiken abgesichert werden. Gerade die angemeldeten Finanzdienst-
leistungen der Klasse 36 und insbesondere auch die Dienstleistungen auf dem
Gebiet des Versicherungswesens dienen der Absicherung zukünftiger Risiken und
Schwierigkeiten beispielsweise im Bereich von Haftpflicht- oder auch Lebensversi-
cherungen. Die Dienstleistungen der Klasse 35, insbesondere die Beratungs-
dienstleistungen, können ebenfalls der Sicherheit der angesprochenen Verkehrs-
kreise, hier neben Fachkreisen auch des allgemeinen Publikums, dienen.
Dass „Sicherheit“ ein maßgebliches Kriterium bei der Erbringung derartiger
Dienstleistungen ist, hat sich auch aus der vom Senat durchgeführten Internetre-
cherche ergeben. So wirbt beispielsweise die sogenannte „RKW-Unternehmens-
beratung“ mit den Slogans „Sicher ans Ziel“ und „Sicherer kann Unternehmensbe-
ratung nicht sein“ (www.rkwbw.de). Die „SPIDERSOFT GmbH“ bewirbt ihre Unter-
nehmensberatung als „zuverlässig, schnell, sicher …“ (www.spidersoft.de).
Auch auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen spielt die Frage der „Sicherheit“
eine entscheidende Rolle: „Die Plan F AG“ bewirbt ihre Finanzberatung als „sicher
und flexibel“, die „secumed-Leizpzig GmbH“ präsentiert sich im Internet mit dem
Slogan „Sicher in die Zukunft - Ihr unabhängiger Partner für ausgesuchte US-
Amerikanische Aktienfonds“ und unter "finanzdienstleistungen.finanzpilot.net"
werden Tips für „Sicher investieren“ gegeben. Ähnliches gilt für Anbieter von Im-
mobilien (vgl. insoweit beispielsweise www.wohnnet.at; www.immowelt.de oder
auch www.immobilienscout24.de).
Aber auch die konkret beanspruchte Wortfolge wird in der hier begehrten Form
oder geringfügig abgewandelt bereits in beschreibender Art und Weise verwendet.
So werben beispielsweise Anbieter auf den Internetseiten www.redegold.de und
www.nextroom.at mit dem beanspruchten Slogan. Unter www.versicherungsran-
kings.info findet sich die Wortfolge „Bei uns sind Sie sicher!“.
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Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise somit den beschreibenden
anpreisenden Sinngehalt des beanspruchten Slogans ohne weiteres erkennen.
Eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage ist nicht
ersichtlich.
Winkler Pagenberg
Dr.
Hock
Cl