Urteil des BPatG vom 09.11.2000

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, bekleidung, gewebe, begriff, englisch, internet, austritt, wörterbuch, hersteller

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 2/01
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 43 147.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2002 unter Mitwirkung der Vorsitzenden
Richterin Dr. Schermer, der Richterin Friehe-Wich und des Richters Schwarz
BPatG 154
6.70
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klas-
se 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Novem-
ber 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
"AIRLOCK"
ist für die Waren
"Schutzbekleidung; Bekleidung, Kopfbedeckungen, Schuhe"
zur Eintragung als Wortmarke angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 25 hat die Anmeldung gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 Mar-
kenG zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß bei den angemelde-
ten Waren die Funktion der Dämpfung und Isolierung von Bedeutung sein könne,
die durch Luftblasen oder auch Lufteinschlüsse verbessert werden könne. Die
englischsprachige Bezeichnung "AIRLOCK" stelle damit einen unmittelbar be-
schreibenden Hinweis auf die Beschaffenheit der Waren dar, der zugunsten der
Mitbewerber freizuhalten sei. Die Frage der Unterscheidungskraft der angemelde-
ten Marke (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) könne unter diesen Umständen dahingestellt
bleiben.
- 3 -
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde beantragt die Anmelderin die Aufhe-
bung des angefochtenen Beschlusses unter Zugrundelegung des auf Vorschlag
des Senats wie folgt beschränkten Warenverzeichnisses:
"Schutzbekleidung; Bekleidung, Kopfbedeckungen, Schuhe; sämt-
liche vorgenannten Waren außer solchen, die insgesamt oder als
Teil zu einem luftdichten, nur über eine besondere Vorrichtung mit
der Außenwelt verbundenen Abschluß des Körpers führen".
Zur Begründung trägt sie vor, daß die Markenstelle von einer unzutreffenden Be-
deutung des Wortes "airlock" ausgegangen sei. Es handele sich um einen techni-
schen Fachbegriff mit der Bedeutung "Gasschleuse, Luftdruckkammer, Vakuum-
schleuse, Wetterschleuse", der im normalen Sprachgebrauch, auf den es ent-
scheidungserheblich ankomme, die beanspruchten Waren weder unmittelbar noch
eines ihrer wesentlichen Merkmale verständlich beschreibe. Diese seien weder
Gas- oder Luftschleusen noch bestehe eines ihrer wesentlichen Merkmale darin,
als Luftschleuse, etwa zur Aufrechterhaltung eines Vakuums, zu dienen oder eine
Druckstauung zu erzeugen. Ein beschreibender Gebrauch des Wortes "Airlock" in
bezug auf die beanspruchten Waren sei derzeit nicht festzustellen. Es fehle ihm
auch nicht jegliche Unterscheidungskraft. Im übrigen sei die angemeldete Marke
vom Gemeinschaftsmarkenamt als schutzfähig erachtet worden. Die Eintragung
der am 3. September 2001 veröffentlichten Anmeldung stehe unmittelbar bevor.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angemeldeten Marke steht nach
der Beschränkung des Warenverzeichnisses das Eintragungsverbot des § 8 Abs 2
Nr 2 MarkenG nicht mehr entgegen.
- 4 -
Für die Auffassung der Markenstelle, daß dem englischen Wort "airlock" die Be-
deutung von Luftblase oder Lufteinschluß in einem Gewebe zukommt, bestehen
keine konkreten Anhaltspunkte, denn in den technischen Fachwörterbüchern ist
"airlock" in erster Linie im Sinne von "Luftschleuse, Gasschleuse, Vakuumschleu-
se, Luftdruckkammer, Druckstauung, Luftventil" aufgeführt (vgl ua De Vries, Eng-
lish-German Technical and Engineering Dictionary, 3. Aufl, S 20). Soweit das
Wort "airlock" in den Sprachlexika teilweise auch in der Bedeutung von "Luftblase,
Lufteinschluß" genannt ist, dient es der Bezeichnung der Luftblase bzw des Luft-
einschlusses in einem Rohr oder einer Saugleitung, während der Lufteinschluß in
einem Gewebe im Englischen mit "airpocket" bezeichnet wird (vgl Oppermann,
Wörterbuch der modernen Technik, Deutsch-Englisch, S 1059). Im übrigen konnte
der Senat auch weder in der einschlägigen Fachliteratur des Textilbereichs noch
im Internet ermitteln, daß zur Beschreibung der Beschaffenheit und Struktur von
mikroporösen Geweben, wie sie zB zur Herstellung atmungsaktiver und winddich-
ter Sportbekleidung verwendet werden, die Bezeichnung "Airlock" gebräuchlich ist.
Nach den Feststellungen des Senats ist das Wort "Airlock" aber in seiner Haupt-
bedeutung von "Luftschleuse" in bezug auf Schutzbekleidung als beschreibende
Angabe konkret nachweisbar. Wie aus den in der mündlichen Verhandlung erör-
terten Internetseiten ersichtlich ist, werden bei Raumfahreranzügen, die unter den
Begriff "Schutzbekleidung" fallen, die Anschlüsse an den Versorgungstornister, in
denen sich ua der Hauptsauerstofftank und die Ventilationssysteme befinden, als
"airlock adapter plate" bezeichnet. Ferner bietet ein Hersteller von Tauchsportarti-
keln ein Airlock System an, mit dem die Sauerstoffflasche derart an der Jacke be-
festigt werden kann, daß sich der Inflatorschlauch direkt anschließen läßt und der
Flaschengurt dann vom Luftdruck stramm gespannt wird. Auch in Bezug auf
Schutzbekleidung von Feuerwehrleuten oder Spezialisten, die bei Katastrophen-
einsätzen, zB Austritt von Giftgasen oder Dämpfen, zugezogen werden, bringt der
Begriff "airlock" für die angesprochenen Fachkreise verständlich zum Ausdruck,
daß ein luftdichter Abschluß des gesamten, Kopf- und Fußteil umfassenden An-
zugs, gegen die Umgebung möglich ist.
- 5 -
Nachdem die Anmelderin nunmehr den Zusatz "sämtliche vorgenannten Waren
außer solchen, die insgesamt oder als Teil zu einem luftdichten, nur über eine be-
sondere Vorrichtung mit der Außenwelt verbundenen Abschluß des Körpers füh-
ren" in das Warenverzeichnis aufgenommen hat, kann allerdings nicht mehr davon
ausgegangen werden, daß die angemeldete Bezeichnung "Airlock" im Sinne des
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zur Beschreibung der Waren dienen kann.
Da sie insoweit auch nicht jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt (§ 8 Abs 2 Nr 1
MarkenG), war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Beschluß auf-
zuheben.
Dr. Schermer
Schwarz
Friehe-Wich