Urteil des BPatG vom 16.01.2002

BPatG (beschreibende angabe, information, computer, vermietung, klasse, kennzeichnung, angabe, mobiltelefon, unterscheidungskraft, software)

BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 241/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 21 962.5
hat der 29. Senat des Bundespatentgerichts (Marken-Beschwerdesenat) in der
Sitzung vom 16. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den
Richter Baumgärtner und den Richter Guth
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 20. März 2000 wird aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
" mobil info"
soll für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 9:
Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Laptops; Compu-
ter-Notebooks; integrierte Schaltkreise; Compact-Disks; magneti-
sche und optische Datenträger; Speicher für Datenverarbeitungs-
anlagen; Computerperipheriegeräte; Computertastaturen; Laut-
sprecher; Drucker; Modems; Bildflächen mit aktiver Lichtemission,
insbesondere Kathodenstrahl-Bildschirme, LED-Bildflächen,
LCD-Bildschirme, Plasma-Bildschirme; Bildflächen mit passiver
Bildemission, insbesondere Projektionsschirme für Dias und
Filme; Satellitenempfangsantennen; Scanner für Datenverarbei-
tungsanlagen; Computer-Software; Computer-Betriebspro-
gramme; Videobänder; Videobildschirme; Computernetzwerksy-
steme; Navigationsinstrumente;
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Klasse 35:
Werbung; Verbreitung von WerbeanzeigenFernsehwerbung; Her-
ausgabe von Werbetexten; Rundfunkwerbung; Fernsehwerbung;
Vermietung von Werbezeiten in Rundfunkprogrammen und Fern-
sehprogrammen; Zusammenstellen von Daten in Computerdaten-
banken;
Klasse 38:
Telekommunikation; Mobil-Funktelefondienst; Bildschirmtext-
dienst; Sammeln, Liefern und Übermittlung von Nachrichten und
Pressemitteilungen; Redaktionsdienste; elektronische Nachrich-
tenübermittlung; Nachrichtenübermittlung und Bildübermittlung
mittels Computer; Personenruf mittels Rundfunk, Telefon oder an-
deren Mitteln elektronischer Kommunikation; Satellitenübertra-
gung; Auskünfte über Telekommunikation; Ausstrahlung von
Fernsehprogrammen und Hörfunkprogrammen, insbesondere
mittels digitaler Technik (Digital Audio Broadcasting, DAB); Ver-
mietung von Geräten zur Nachrichtenübermittlung; Vermietung
von Telekommunikationsgeräten;
Klasse 41:
Unterhaltung; Zusammenstellung von Hörfunkprogrammen und
Fernsehprogrammen; Fernsehunterhaltung; Filmproduktionen;
Fernsehunterhaltung; Rundfunkunterhaltung; Durchführung von
Lifeveranstaltungen; Bearbeitung von Videobändern; Herausgabe
von Texten, ausgenommen Werbetexten; Vermietung von Rund-
funkgeräten und Fernsehgeräten, Vermietung von Tonaufnahmen
und Filmaufnahmen; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestal-
tung;
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Klasse 42:
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Aktualisie-
rung, Design, Vermietung und Wartung von Computersoftware;
Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Aufzeichnung von
Videobändern; Dienstleistungen bezüglich der Informationsüber-
mittlung zur Navigation von Fahrzeugen; Betreiben und Vermie-
tung eines Computernetzwerkes, insbesondere zum Übertragen
von Daten zwischen verschiedenen Computern mit Kabelverbin-
dungen und Funkverbindungen."
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 20. März 2000 wegen Fehlens jeglicher Unter-
scheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen
(§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Die angemeldeten, sprachüblich analog
bestehenden Begriffe wie "Mobilfunk, Mobiltelefon, Mobilnetz" gebildete Wortfolge
weise lediglich darauf hin, dass die Anmelderin Informationen zusammenstelle
und diese an mobile, d.h. nicht statisch vernetzte Endgeräte übermittle. Die
angemeldete Kennzeichnung stelle somit eine unmittelbar beschreibende Angabe,
nämlich eine Angabe über die Art der beanspruchten Dienstleistungen, ihrer
Erbringungsweise, ihrer Bestimmung sowie des Einsatzzweckes der Waren dar.
Auch wenn der korrekte Ausdruck "mobile Information" lauten müsse, handele es
sich doch um eine werbeübliche schlagwortartige Begriffsbildung, die
ausschließlich beschreibend verstanden werde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der angefochtene Be-
schluss leide an einem Begründungsmangel, denn er gehe nicht auf jede der zu-
rückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ein. Bei der angemeldeten Wortfolge
handele es sich um eine Wortneuschöpfung mit diffusem Begriffsinhalt, die nicht
ohne kompliziertere Überlegungen als beschreibende Angabe verstanden werden
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könne. "Information" bezeichne in der Kommunikationswissenschaft nicht den
Kommunikationsprozess oder die Kommunikationsmittel und auch nicht die über-
tragenen Signale, sondern den durch die Signale übermittelten Sinngehalt. Die
Interpretation des Zeichens als "mobile Information" ergebe daher keine sinnvolle
Sachaussage in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen.
Die angemeldete Kennzeichnung stelle deshalb bei der gebotenen engen Ausle-
gung der Schutzversagungsgründe wegen ihrer Mehrdeutigkeit ein "sprechendes
Zeichen" dar, das unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig sei.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den
Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet.
1. Der Beschluss war nicht wegen eines Begründungsmangels aufzuheben, weil
in der Beschlussbegründung lediglich die beanspruchten Waren und Dienstlei-
stungen gruppenmäßig zusammengefasst wurden und daher noch erkennbar
ist, dass sich die beispielhaft für typische Waren und Dienstleistungen dieser
Waren- und Dienstleistungsgruppen angestellten Überlegungen auf jede in
diesen Gruppen enthaltene Ware oder Dienstleistung beziehen (vgl. Altham-
mer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 83 Rn 49).
2. Der angemeldeten Kennzeichnung fehlt weder jegliche Unterscheidungskraft,
noch handelt es sich bei ihr um eine Angabe, die zur Beschreibung für die be-
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anspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann (§§ 8 Abs. 2 Nr 1 und 2
MarkenG).
2.1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung,
vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde-
liegenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber
solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH, GRUR
1995, 408, 409 - PROTECH; BGH WRP 1999, 1169 - FOR YOU; BGH
GRUR 1999, 1089, 1091 - YES). Kann einer Wortmarke kein für die fragli-
chen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschrei-
bender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst
nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Ver-
kehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Wer-
bung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstan-
den wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorer-
wähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft
fehlt (BGH GRUR 1999, 1089, 1091 – YES; BGH MarkenR 2000, 420 –
RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; zuletzt BGH BlfPMZ 2001, 398
– LOOK).
Nach diesen Grundsätzen ist das Zeichen "mobil info" in seiner Gesamtheit
unterscheidungskräftig (BGH GRUR 1996, 771, 772 - THE HOME DEPOT;
BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; BGH MarkenR 2000, 420
-RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Die Wortfolge setzt sich aus
"mobil" (beweglich, ortsveränderlich, nicht an einen festen Ort gebunden)
und "Info" (Kurzwort für Information, Informationsblatt) zusammen (vgl.
Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.; Wahrig, Deutsches Wör-
terbuch, 7. Aufl, jeweils Stichwort "mobil" und "Info"). Darüber hinaus wird
nach dem online verfügbaren "wortschatz lexikon" der Universität Leipzig
"mobil" (ohne e) derzeit auch in anderer Bedeutung verwendet. Es gibt ei-
nige Wortverbindungen wie "Mobiladresse, Mobil-Services, Mobil-Tochter,
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Mobilanschluss, Mobilanbieter, Mobilbox, Mobilnetz" etc., die sich auf mo-
biles Telefonieren beziehen und bei denen es sich offenbar um Abkürzun-
gen der betreffenden mit "Mobilfunk" gebildeten Begriffe, aber zum Teil
auch um eine Verwendung im Sinne von "Mobiltelefon" handelt. Außerdem
wird "mobil" etwa in den Begriffsbildungen "Mobilprozessor, Mobil-Chip" als
Hinweis auf einen mobilen Computer gebraucht. Die angemeldete Wort-
folge kann somit einmal als "mobile (bewegliche, ortsveränderliche) Infor-
mation" oder aber auch als "Mobiltelefon-Information, Mobilfunk-Informa-
tion" und weiterhin auch als "mobile Computer-Information" verstanden
werden. Diese einzelnen Interpretationsmöglichkeiten sind jeweils noch
weiter interpretierbar und in ihrer Bedeutung unklar: "mobile Information" in
der Bedeutung "ortsveränderliche, bewegliche Information" ergibt aus den
schon von der Anmelderin genannten Gründen keine klare Aussage, denn
bei Information handelt es sich um ein Abstraktum, nämlich um den durch
Medien übertragenen Sinngehalt, eine Botschaft im weitesten Sinne; mobil
können aber allenfalls Empfangs- und Sendegeräte oder Informations-
empfänger sein, nicht aber die Information selbst. Die Interpretation des
Zeichens als "Mobiltelefon-Information" ist nicht eindeutig, weil dies sowohl
Informationen über Mobiltelefone und das mobile Telefonieren als auch
über das Handy zu empfangende Informationen beinhaltet. Ein Verständ-
nis der Wortfolge als "mobile Computer-Information" lässt die gleichen In-
terpretationen bezogen auf mobile Computer zu. Eine weitere Deutungs-
möglichkeit könnte in einer "geistig beweglichen" = aktuellen oder der Si-
tuation angepassten Information liegen.
Aus diesen Gründen lässt sich der angemeldeten Wortfolge keine hinrei-
chend klare Bedeutung in Verbindung mit den beanspruchten Waren und
Dienstleistungen entnehmen, so dass dieser nicht jegliche Fähigkeit zur
Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft fehlt (vgl. zuletzt BGH BlfPMZ
2001, 398, 399 – LOOK).
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2.2. Ein gegenwärtiges oder zukünftiges Freihaltungsbedürfnis an der angemel-
deten Marke ist ebenfalls nicht ersichtlich. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus An-
gaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Be-
schaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen dienen können. Dabei ist bei der Prüfung dieses Schutz-
hindernisses auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch aufgrund
konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zu-
künftiges Freihaltebedürfnis zu beachten (vgl. BGH MarkenR 2000, 420 –
RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989;
BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU).
Wie oben ausgeführt ist die Wortfolge "mobil info" lexikalisch nicht nach-
weisbar. Eine Internet-Recherche des Senats ergab, dass "mobil info" fast
ausschließlich als Kennzeichnung für ein bestimmtes Fahrgast-Informati-
onssystem und daneben als Teil einer Firmenbezeichnung, nie aber als
sachlicher Hinweis auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen der-
zeit verwendet wird, also derzeit nicht als beschreibende Angabe dient.
Wegen ihres unklaren Bedeutungsinhalts stellt sie auch keinen hinreichend
konkreten sprachüblich beschreibenden Hinweis auf diese Waren und
Dienstleistungen dar, so dass eine beschreibende Verwendung in der Zu-
kunft nicht wahrscheinlich ist.
Grabrucker Baumgärtner
Guth
Cl