Urteil des BPatG vom 13.05.2003

BPatG: kennzeichnung, nummer, herkunft, unternehmen, begriff, unterscheidungskraft, telefon, internet, notfall, bekleidung

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 91/01
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
13. Mai 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 61 392.7
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2003 unter Mitwirkung der Vorsitzenden
Richterin Dr. Schermer sowie der Richterin Friehe-Wich und des Richters Schwarz
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung als Bildmarke für "Signal-, Kontroll- und Rettungsapparate und -in-
strumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Verkehrs- und Hausnotrufgeräte; Geräte
zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Ton und/oder Bild;
Feuerlöschgeräte; Telefon- und Funkgeräte; Unfallschutzbekleidung, einschließ-
lich Schuhe, Spezialbekleidung für Rettungszwecke; Druckereierzeugnisse; Rund-
funk- und Fernsehwerbung; Telekommunikation; Fernsprech- und Funkdienst
(Nachrichtenübermittlung); Betreiben von Pannen- und Notfallrufstellen an Stra-
ßen; Rettung von Personen, Bergung von Kraftfahrzeugen" angemeldet ist
siehe Abb. 1 am Ende
Die Markenstelle für Klasse 9 hat durch Beschluss eines Beamten des höheren
Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, die angesprochenen Verbraucher würden dem
Zeichen lediglich einen Hinweis auf eine in Deutschland anzuwählende Notruf-
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nummer, nicht aber auf die Herkunft der so gekennzeichneten Waren und Dienst-
leistungen entnehmen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, der Anmeldung
sei in keiner Weise zu entnehmen, dass sie einen jederzeit erreichbaren Not- und
Hilfsdienst betreibe. Der Durchschnittsverbraucher werde nicht ohne weiteres da-
von ausgehen, dass es sich bei dem Wortelement "fon" um die Abkürzung von
"Telefon" handele, denn es handele sich hierbei um eine Wortneuschöpfung.
Selbst wenn der Verkehr "Notfon" als Abkürzung von "Nottelefon" sehe, werde
dies in dem Sinne eines Telefons verstanden, das auch bei Ausfall der normalen
Netze noch funktioniere, nicht aber dahingehend, dass damit nur Rettungs- oder
Unfalldienste angerufen werden könnten. In ihrer Gesamtheit sei die Marke unter-
scheidungskräftig. Die Anmelderin weist auf Eintragungen von Marken "BANKO
FON", "FonShopping", "KrediFon" und "LottoFon" hin.
In der mündlichen Verhandlung wurde das Ergebnis einer Internet-Recherche des
Senats erörtert. Die Anmelderin meint, unabhängig davon, ob es sich bei dem
Wort "Notfon" um einen auch von anderen bereits verwendeten Begriff handele,
sei die Marke in ihrer Gesamtheit schutzfähig.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Denn der zur Eintragung als
Marke angemeldeten Darstellung fehlt im Hinblick auf die beanspruchten Waren
und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, so dass die Markenstelle die
Anmeldung zur Recht zurückgewiesen hat (§§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die Eignung, Waren und Dienstleistungen nach ihrer be-
trieblichen Herkunft, nicht nach ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung unter-
scheidbar zu machen (BGH GRUR 1995, 408 – PROTECH). Die angemeldete
Darstellung ist hierzu nicht geeignet, denn die angesprochenen Verkehrskreise
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werden eine Kennzeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit
ihr nicht als Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen an-
sehen, sondern allein als Hinweis auf eine Notruf-Telefonnummer, unter der sie im
Notfall Hilfe herbeirufen können.
Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen sämtlich dem Herbeirufen
von Hilfe in einem Notfall, insbesondere nach einem Verkehrsunfall, und der Hilfe-
leistung in einer derartigen Situation. Wenn in einer Notsituation Hilfe herbeizuru-
fen ist, dann entnimmt der Verkehr der angemeldeten Kennzeichnung, wenn sie
zB an einer Notrufsäule, einem Notruftelefon oder einem Hilfsgerät angebracht ist,
lediglich den Hinweis, dass er unter der auf dem Gerät befindlichen Nummer Hilfe
herbeirufen kann; bei der Hilfeleistung selbst, wie zB bei der Rettung von Perso-
nen oder der Bergung von Kraftfahrzeugen, entnimmt er der angemeldeten Dar-
stellung auf der Bekleidung der Helfer auch nichts anderes als den Hinweis, dass
er unter der dort angegebenen Nummer Hilfe erhalten kann.
Dies ergibt sich aus der konkreten Ausgestaltung der Marke, die nur aus glatt be-
schreibenden Bestandteilen besteht. Sie enthält außer dem Begriff "Notfon", der
- wie das in der mündlichen Verhandlung erörterte Ergebnis der Internet-Recher-
che des Senats ergeben hat - auch von anderen mit der Bedeutung Notfalltelefon
verwendet wird, und dem wie bei einem Länderaufkleber für Autos elliptisch um-
randeten "D" lediglich einen Telefonhörer mit dem Zusatz "SOS", wie er als Kenn-
zeichnung für Notruftelefone üblich ist, sowie eine im Zusammenhang mit den vor-
genannten Markenbestandteilen ohne weiteres als solche erkennbare Telefon-
nummer. Bei dieser Sachlage hat der Verkehr im Zusammenhang mit den sämt-
lich auf das Herbeirufen von Hilfe und die Hilfsleistung gerichteten Waren und
Dienstleistungen keine Veranlassung, der Kennzeichnung mit der Marke etwas
anderes als den Hinweis zu entnehmen, dass er unter der angegebenen Telefon-
nummer einen Notruf absetzen kann.
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Die graphische Ausgestaltung der Anmeldung rechtfertigt keine andere Beurtei-
lung. Denn sie erschöpft sich in der Kombination von völlig üblichen Einzelelemen-
ten, die auch in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, über ihren reinen Informa-
tionsgehalt - Angabe einer Notruftelefonnummer - hinaus dem angesprochenen
Verkehr einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen zu geben. Ein solcher
Hinweis ergibt sich auch nicht daraus, dass die Darstellung eine konkrete Telefon-
nummer enthält. Denn gerade in einer Notsituation wird der Verkehr in der Angabe
einer Telefonnummer zB auf einer Notrufsäule kein bestimmtes Unternehmen er-
kennen, sondern nur die Angabe, unter welcher Nummer er von dieser Säule aus
einen Notruf absetzen kann.
Die von der Anmelderin angeführten Eintragungen anderer Marken, die jeweils
den Begriff "Fon" enthalten, sind mit der angemeldeten Darstellung nicht zu ver-
gleichen und schon deshalb nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu stützen.
Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Dr. Schermer
Schwarz
Friehe-Wich
Abb. 1